Kreditrisikotransfer - Fluch oder Segen?


Diplomarbeit, 2010

73 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Ziel dieser Arbeit
1.2 Einordnung in den thematischen und literarischen Kontext
1.3 Zentrale Ergebnisse dieser Arbeit

2. KRT im Kontext der Subprime-Krise
2.1 KRT als eine der Ursachen der Subprime-Krise
2.2 Verbriefung von Hypothekenkrediten
2.2.1 Prozess der Verbriefung
2.2.2 Zunehmende Verbriefung
2.3 Kreditratings und deren Relevanz für Investoren

3. KRT und dessen Auswirkung auf die Wohlfahrt – Das Modell von Christine A. Parlour und Guillaume Plantin
3.1 Modellannahmen und zeitlicher Ablauf
3.2 Interpretation des Modellrahmens
3.2.1 Opportunitätskosten dargestellt durch den Diskontierungsfaktor
3.2.2 Deutung des Modellrahmens hinsichtlich Hypothekenkredite
3.3 Voraussetzungen für KRT
3.4 Optimale Verträge
3.4.1 Optimaler Vertrag ohne KRT
3.4.2 Optimaler Vertrag bei möglichem KRT
3.5 KRT und soziale Effizienz im Vergleich
3.5.1 Rendite und Finanzierungsstruktur als Einflussgrößen auf die Wohlfahrt
3.5.2 Opportunitätskosten als Einflussgröße auf Liquidität und Wohlfahrt
3.5.3 Die Folgen einer Zunahme in den Opportunitätskosten
3.6 Abschließende Bemerkung zum Modell

4. KRT und dessen Auswirkung unter Bankenwettbewerb – Das Modell von Hendrik Hakenes und Isabel Schnabel
4.1 Modellannahmen und zeitlicher Ablauf
4.2 Interpretation des Modellrahmens
4.3 Bankenwettbewerb ohne KRT
4.4 Bankenwettbewerb mit KRT
4.4.1 Erweiterung des Modells – Investoren und unterschiedliche Informations-grundlagen
4.4.2 KRT bei verifizierbaren Informationen
4.4.3 KRT bei nicht verifizierbaren Informationen
4.5 Abschließende Bemerkung zum Modell

5. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Modelle

6. Zusammenfassung

Anhang

Auflistungen und Abbildungen
Typische Kapitalstruktur von Subprime und Alt-A MBSs
Kriterien eines Subprime-Hypothekenschuldners
Differenz des Abschlages auf den Lohn zu Misserfolgswahrscheinlichkeit
Theorem
Auswirkungen von zunehmendem Wettbewerb ohne KRT
Auswirkungen von zunehmendem Wettbewerb mit KRT (verifizierbare Informationsbasis)
Auswirkungen von zunehmendem Wettbewerb mit KRT (nicht verifizierbare Informationsbasis)
Herleitungen
Beweis
Beweis
Beweis
Optimierungsproblem ohne KRT (P&P)
Optimierungsproblem mit KRT (P&P)
Beschränkung der Parameter
Hervorgehen der Rente der Bank
Auswirkung von KRT auf die Rendite der Bank
Anstieg des über Kredit finanzierten Anteils durch KRT
Theorem
(12) Kreditvolumen gute Unternehmer
(14) Kreditvolumen mittlere Unternehmer
Optimierungsproblem ohne KRT (H&S)
Theorem
Optimierungsproblem mit KRT und verifizierbaren Informationen (H&S)
Theorem
Kreditzinsen für Unternehmer mittlerer Bonität
Theorem

Literaturverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne unerlaubte fremde Hilfe verfasst habe und dass alle wörtlich oder sinngemäß aus Veröffentlichungen entnommenen Stellen dieser Arbeit unter Quellenangabe einzeln kenntlich gemacht sind.

Datum Unterschrift

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Entwicklung der Immobilienpreise in den USA

Abb. 2: Subordinationsprinzip

Abb. 3: Spielbaum – Existenz liquider Sekundärmarkt

Abb. 4: Liquidität und soziale Effizienz

Abb. 5: Struktur des Kreditmarktes gemäß Salop-Modell

Abb. 6: Abdeckung des Kreditmarktes ohne KRT

Abb. 7: Typische Kapitalstruktur von Subprime und Alt-A MBSs

Abb. 8: Differenz des Abschlages auf den Lohn zu Misserfolgswahrscheinlichkeit

Abb. 9: Zunehmend liquider Sekundärmarkt für zunehmende Opportunitätskosten

Abb. 10: Kreditzinsen bei zunehmendem Wettbewerb ohne KRT

Abb. 11: Kreditvolumen bei zunehmendem Wettbewerb ohne KRT

Abb. 12: Schattenpreis bei zunehmendem Wettbewerb ohne KRT

Abb. 13: Kreditzinsen bei zunehmendem Wettbewerb mit KRT und verifizierbaren Informationen

Abb. 14: Kreditvolumen bei zunehmendem Wettbewerb mit KRT und verifizierbaren Informationen

Abb. 15: Anteil versicherter, mittlerer Kredite bei nicht verifizierbaren Informationen

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Schaffung und Emission von Hypothekenkrediten

Tab. 2: Ohio Police & Fire Pensionsfond: Festverzinslicher Portfolioanteil 2006 [2005]

Tab. 3: Zeitlicher Ablauf des Modells von Parlour und Plantin

Tab. 4: Zeitlicher Ablauf des Modells von Hakenes und Schnabel

1. Einleitung

1.1 Ziel dieser Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es, die negativen und positiven Effekte des Kreditrisikotransfers (KRTs) auf das Finanzsystem und die Wohlfahrt zu erläutern. Hierfür soll das Modell von Christine A. Parlour und Guillaume Plantin,[1] sowie das Modell von Hendrik Hakenes und Isabel Schnabel,[2] dargelegt und analysiert werden. Desweiteren sollen empirische Daten und Ausführungen aus dem Bereich der Mortgage Backed Securities[3] (MBS) einen Realitätsbezug zur Thematik und der Subprime-Krise herstellen.[4]

1.2 Einordnung in den thematischen und literarischen Kontext

Das Verbriefen von Krediten und anschließendes Weiterverkaufen auf dem Sekundärmarkt bewirkte einen Wandel vom traditionellen Bankengeschäft hin zum Originate-to-Distribute (OTD) Geschäftsmodell.[5] Traditionell war es üblich, einmal vergebene Kredite bis zu Tilgung oder Ausfall in den Büchern zu halten. Durch das Aufkommen der Möglichkeit, Kreditrisiken an Dritte zu transferieren, entstand für die Banken neben der Diversifikation des Kreditportfolios ein neues Instrument des Risikomanagements.[6]

Den originierenden Banken ist es möglich, sich durch den Verkauf der Kredite an eine Zweckgesellschaft, welche diese dann verbrieft und weiterverkauft, gegen einen Ausfall zu schützen.[7] Die Auswirkungen, der auf diesem Wege entstandenen Kreditderivate,[8] werden in der Literatur viel diskutiert.

Gemäß Franklin Allen und Elena Carletti[9] führt KRT zu einer wünschenswerten Umverteilung und Diversifikation des bestehenden Kreditrisikos über den Bankensektor hinaus, so dass letzten Endes jeder Marktteilnehmer das Risiko trägt, zu welchem er bereit ist. Allerdings erhöht sich auch die Gefahr einer Krise über den Kanal der Ansteckung zwischen Versicherungs- und Bankensektor. Ferner beschreiben Vittoria Cerasi und Jean-Charles Rochet[10] die Möglichkeit, dass Banken ihr Vermögen, durch einen liquiden Sekundärmarkt für verbriefte Kredite schnell umschichten können, sollten sie Kapital für eine sich eröffnende, lukrativere Investitionsmöglichkeit benötigen. Ein weiterer Aspekt ist, dass durch KRT der Zugang zu Krediten für potentielle Kreditnehmer erleichtert wird.[11] Dies hat die Realisierung von Projekten zur Folge, welche die Wohlfahrt steigern, ohne die Möglichkeit von KRT, aber nicht zustande gekommen wären.

Bei asymmetrischer Information bezüglich der Qualität der verbrieften Kredite ist der Thematik KRT auch immer das Problem eines verminderten oder zerstörten Monitoringanreizes immanent. Banken, welche planen, Kredite weiterzuverkaufen, haben einen geringeren Anreiz, die Qualität der Kredite zu kontrollieren als Banken, welche die Kredite selbst in den Büchern halten.[12] Antje Berndt und Anurag Gupta[13] gehen in einer empirischen Analyse auf dieses Moral Hazard Problem ein und untersuchen ebenso das Problem der Adversen Selektion, welches auftritt, sobald Banken aufgrund ihrer privaten Information nur die minderwertigen Kredite verkaufen.[14]

Diese Arbeit wird sich ausführlich damit beschäftigen, dass durch KRT Vermögen leichter umgeschichtet werden kann, der Zugang zu Krediten erleichtert wird und ein verminderter Anreiz zur Kreditüberwachung besteht. Zunächst wird jedoch im Kontext der Subprime-Krise der Prozess der Verbriefung von hypothekenbesicherten Krediten, deren stetige Zunahme in der Verbriefung sowie die Bedeutsamkeit von Kreditratings für die Investoren dargestellt.

1.3 Zentrale Ergebnisse dieser Arbeit

Anhand von empirischen Daten wird deutlich, wie sehr Kreditratings das Handeln der Investoren beeinflussen.

Daraufhin folgt der modelltheoretische Teil, welcher analysiert, unter welchen Umständen KRT eine Wohlfahrtssteigerung hervorruft. Im ersten Modell wird gezeigt, dass ein aktiver Markt, auf dem Kredite gehandelt werden, nur zustande kommt, wenn die Investoren davon ausgehen, dass sich die Banken von ihren Krediten aufgrund ihrer Opportunitätskosten und nicht aufgrund ihres Wissens um die schlechte Qualität der Kredite trennen. Wann immer KRT möglich ist, verringert sich auch der Anreiz der Banken, die Kredite zu überwachen. Trotzdem kann ein liquider Sekundärmarkt für Kredite wohlfahrtsfördernd sein. Dies gilt immer dann, wenn die erwarteten Kosten eines Kredites kleiner sind als in einer Situation ohne KRT. In der Summe hängt es von den Opportunitätskosten der Banken und von den Erfolgswahrscheinlichkeiten beziehungsweise den Ratings der Kredite ab, ob ein liquider Markt für Kredite zustande kommt und ob dieser sozial effizient ist.

In einem weiteren Modell wird dargestellt, dass durch KRT generell der Zugang zu Krediten verbessert wird. Dies ist wohlfahrtsfördernd, wenn hierdurch Schuldner mit ausreichender Bonität die Möglichkeit erhalten, ein Darlehen aufzunehmen, was ihnen in einer Situation ohne KRT aber verwehrt geblieben wäre. Besteht zwischen den Banken jedoch ein starker, unvollkommener Wettbewerb und die Informationen, auf denen die Kreditvergabe beruht, sind von schlechter beziehungsweise nicht verifizierbarer Art, so hat KRT die negative Auswirkung, dass Banken nun auch an Schuldner mit schlechter Bonität Kredite vergeben.

Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass KRT in den meisten Fällen zu einer Wohlfahrtssteigerung führt, doch der Sekundärmarkt für Kreditrisiken in der Vorkrisenzeit versagt hat, weil die von den Hypothekenkrediten ausgehenden Risiken von Ratingagenturen und Investoren falsch eingeschätzt wurden.

2. KRT im Kontext der Subprime-Krise

2.1 KRT als eine der Ursachen der Subprime-Krise

Die Anfang 2007 offenkundig gewordene Subprime-Krise[15] auf dem amerikanischen Hypothekenmarkt hat sich sukzessive zu einer Bankenkrise, Finanzmarktkrise und letzten Endes zu einer globalen realwirtschaftlichen Krise entwickelt. Ihren Ursprung findet sie auf dem amerikanischen Immobilienmarkt und ihre Entstehung ist auf das Zusammenwirken mehrerer Ursachen zurückzuführen. Grundlage war die politische Zielsetzung, auch wenig begüterten Amerikanern den Traum vom Eigenheim zu erfüllen und so einen Beitrag zur Altersvorsorge und sozialen Absicherung zu leisten.[16] Angefeuert wurde die Hypothekenkreditaufnahme der US-Bürger durch niedrige Zinsen[17] und Lockangebote seitens der Banken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Entwicklung der Immobilienpreise in den USA

Quelle: (Sachverständigenrat 2008, S. 124)

Die Bonität der Schuldner war für die Banken aus zwei Gründen nebensächlich: Zum einen wurde davon ausgegangen, dass die Immobilienpreise immer weiter steigen und es dem Schuldner so stets möglich ist, sich über den gestiegenen Wert der Immobilie zu refinanzieren.[18] Zum anderen konnten die Banken mittels KRT das Ausfallrisiko der Kredite auf andere Parteien übertragen. Dies führte zu einer leichtfertigen Kreditvergabe. So wurden im Extremfall auch an Kreditnehmer Darlehen, vergeben, die über keine feste Einkommensquelle und keinen Eigenkapitalbeitrag verfügten, sogenannte „NINJAs“ (No Income, No Job or Assets).[19] Dementsprechend konnten auch andere Schuldner schlechter Bonität problemlos Hypothekenkredite aufnehmen. Der Subprime-Hypothekenschuldner war geboren.

2.2 Verbriefung von Hypothekenkrediten

2.2.1 Prozess der Verbriefung

Bei einer Verbriefung von Hypothekenkrediten bündeln ( poolen ) die originierenden Banken zunächst die Kredite und verkaufen diese dann an Special Purpose Vehicles (SPVs). Diese Zweckgesellschaften strukturieren ( tranchieren ) die Forderungen, das heißt, sie schnüren Pakete aus verschiedenen Risikoklassen und emittieren diese als MBSs. Die erfolgte Einteilung in verschiedene Klassen ermöglicht es den Investoren, je nach Risikoneigung in die jeweilige Tranche zu investieren. Wer bereit ist, ein hohes Risiko zu tragen, investiert in die Equity Tranche und wird durch hohe Zinsen für sein Risiko kompensiert. Allerdings ist dies auch jene Tranche, welche Kreditausfälle des gesamten Pools zuerst absorbiert ( First Loss ). Überdecken die Ausfälle die Equity Tranche werden sie als nächstes von der Mezzanine Tranche aufgefangen. Erst dann ist die Klasse mit dem höchsten Rating, die Senior Tranche, von eventuellen Ausfällen betroffen ( Last Loss ). Abbildung 2 verdeutlicht dieses Subordinationsprinzip anhand einer typischen Klasseneinteilung.[20]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Subordinationsprinzip

Durch Gründung eines SPVs ist es den Banken möglich, die geltenden, risikogewichteten Eigenkapitalanforderungen für Kredite gemäß Basel II[21] zu umgehen.[22] Durch einen Übertrag der Kredite auf die SPVs werden die Kredite aus der Bankbilanz ausgegliedert und die Banken müssen somit auch kein risikogewichtetes Eigenkapital mehr für diese vorhalten.[23] Für die Investoren wiederum bringen die Zweckgesellschaften den Vorteil mit sich, dass diese eine vom Originator insolvenzferne Position einnehmen. Somit sind sie von einer möglichen Insolvenz der Bank nicht betroffen, weil ihre Forderung gegen ein Sondervermögen gerichtet ist. Mit Hilfe strukturierter Schuldverschreibungen lassen sich Risiken infolgedessen nicht nur transferieren, sondern auch in ihrer Qualität transformieren.[24]

In der Entstehungszeit der Subprime-Krise waren die emittierenden SPVs die Government Sponsored Enterprises (GSEs)[25], aber auch die Banken selbst, welche die Zweckgesellschaften extra gründeten.

2.2.2 Zunehmende Verbriefung

Die Tabelle dokumentiert einen Anstieg in der Kreditvergabe im Non-Agency Bereich, vor allem für qualitativ minderwertige Subprime und Alt-A Hypothekenkredite. Ebenso bemerkenswert ist deren zunehmende Verbriefung als MBS und darauffolgende Emission:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Schaffung und Emission von Hypothekenkrediten

Quelle: (Ashcraft und Schuermann 2008, S. 2)

Alle Angaben sind in Mrd. USD

Entspricht ein Kredit den Vorschriften[26] der GSEs,[27] so fällt dieser in die Klasse der Agency-Kredite. Diese beinhaltet Schuldner mit hoher Bonität. Es liegt eine grundsätzlich hohe Kreditqualität vor. Alle Kredite die diese Vorschriften nicht erfüllen, sind sogenannte Non-Agency-Kredite. Darunter fallen Jumbo, Alt-A und Subprime Kredite. Hinter einem Jumbo-Kredit steht ein erstklassiger Schuldner, allerdings überschreitet die Verbindlichkeit dass für einen Agency-Kredit geltende Höchstvolumen von 417.000 USD. Auch die Alt-A Klasse besitzt relativ gute Schuldner, jedoch muss hier unter anderem bezüglich des Einkommens keine detaillierte Dokumentation vorliegen und die Schuldner weisen einen hohen Verschuldungsgrad auf. Die Kreditnehmer mit sehr schlechter Bonität sind schließlich die sogenannten Subprime-Hypothekenschuldner.[28]

Wie zu erkennen ist, verblieben nur relativ wenige Subprime und Alt-A Kredite in den Bilanzen der Banken. Jedoch wurden solche Papiere nicht nur emittiert, sondern wanderten über direkte oder indirekte Investments in diese strukturierten Papiere wieder in die Bücher der Banken zurück.[29]

2.3 Kreditratings und deren Relevanz für Investoren

Das vergebene Kreditrating einer Ratingagentur ist eine Beurteilung und Meinung über die vorherrschende Ausfallwahrscheinlichkeit eines emittierten Finanzproduktes; hier im speziellen der MBSs.[30] Viele MBSs wurden von den großen Agenturen Moody’s , Standard &Poor‘s und Fitch Ratings als qualitativ hochwertig beurteilt, i.e. mit einem Investment-Grade Rating klassifiziert,[31] obwohl diese Papiere lediglich durch Subprime-Hypotheken gesichert wurden.[32] Diese Papiere versprachen relativ hohe Erträge trotz guten Ratings. So war es zum Beispiel Fond Managern innerhalb ihres Portfolios möglich, von Agency Papieren in Non-Agency Papiere umzuschichten und trotzdem die Richtlinien des Fonds einzuhalten. Ein Beispiel hierfür ist der Ohio Police & Fire Pensionsfond, welcher 2006 Vermögenswerte von 11,8 Milliarden USD besaß.[33] Gemäß seiner Investment Richtlinien ist er verpflichtet, 18% seiner gesamten Assets in festverzinslichen Titeln zu halten. Hiervon sollen wiederum 12% ein Investment-Grade Rating besitzen.[34] Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, wurde 2006 eine Umschichtung innerhalb des festverzinslichen Anteils des Portfolios weg von den staatlich gesicherten MBSs und hin zu den Non-Agency MBSs, vorgenommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Ohio Police & Fire Pensionsfond: Festverzinslicher Portfolioanteil 2006 [2005]

Quelle: (Jahresbericht Ohio Police & Fire Pension Fund, S. 21)

Hierin wird beispielhaft das „blinde“ Vertrauen oder zumindest die Auswirkung von Ratings auf das Kaufverhalten von Investoren deutlich. Ohne die erstklassigen Ratings für Papiere, welchen letztlich minderwertige Kredite unterlagen, wäre eine Ausbreitung der Krise vermutlich nicht in diesem Ausmaß möglich gewesen. Die Investoren wären wahrscheinlich vom Kauf zurückgeschreckt oder hätten diese Papiere entsprechend der für sie geltenden Richtlinien gar nicht kaufen dürfen. Pikant ist diesbezüglich auch das Bestreben der Banken, Poolzusammensetzungen und Tranchenbildungen der MBSs auf die Vorgaben der Ratingagenturen abzustimmen, so dass gerade noch eine gewisse Rating-Klassifizierung erreicht wird.[35]

3. KRT und dessen Auswirkung auf die Wohlfahrt – Das Modell von Christine A. Parlour und Guillaume Plantin

Im folgenden Modell wird gezeigt, unter welchen Umständen ein liquider Sekundärmarkt existiert, auf dem Kredite gehandelt werden können und unter welchen Gegebenheiten dies aus sozialer Perspektive wünschenswert ist.

3.1 Modellannahmen und zeitlicher Ablauf

Es gibt drei verschiedene Klassen von risikoneutralen[36] Agenten: Eine Firma, eine Bank und eine große Anzahl miteinander im Wettbewerb stehender Investoren. Nur die Bank diskontiert zukünftige Zahlungen, Firma und Investoren nicht. Die Agenten haften für übertragbare Zahlungen nur beschränkt bis zu einem gewissen Betrag. Dieser endliche Betrag ist auf Null normalisiert.

Es gibt drei Zeitpunkte mit . Die Firma besitzt das Recht auf ein Investitionsprojekt mit konstanten Skalenerträgen. Für jede in investierte Geldeinheit (GE) ergibt sich zum Zeitpunkt eine zufällige Auszahlung. Mit Wahrscheinlichkeit ist diese und mit der Gegenwahrscheinlichkeit ist diese 0. Das Projekt kann die Firma über ihr anfängliches Nettovermögen finanzieren und sich zusätzlich durch eine Kreditaufnahme bei der Bank und den Verkauf von Bonds an die Investoren, Kapital zur Finanzierung beschaffen. Aus diesem Grund bietet die Firma den Banken und Investoren zum Zeitpunkt einen Vertrag an, mit dem Ziel ihren eigenen Gewinn zu maximieren.

Da es sich um ein Modell mit asymmetrischer Information handelt, sind gewisse Aktionen nicht für alle Agenten zu beobachten. Die Firma kann, nachdem sie Finanzmittel über Kredite und Bonds aufgenommen hat, das Projekt „vernachlässigen“[37] und so zum Zeitpunkt einen privaten Nutzen von pro investierter GE generieren. Entscheidet sich die Firma dafür, das Projekt zu „vernachlässigen“, dann misslingt dieses und erbringt in eine Auszahlung von 0. Dieses Moral Hazard Problem kann durch Monitoring[38] seitens der Bank zum Zeitpunkt abgemildert werden, ist für die Bank aber verglichen mit dem Fall, dass sie nicht „überwacht“,[39] mit einem Verlust von privaten Erträgen in Höhe von verbunden. Vereinfachend wird angenommen, dass der Informationsgewinn durch Monitoring perfekt ist. Wenn die Bank „überwacht“, erfährt sie zum Zeitpunkt , ob das Projekt erfolgreich sein wird oder nicht. Die Informationsasymmetrie zwischen Firma und Investoren besteht aber weiterhin. Ferner verringert sich durch Monitoring seitens der Bank der private Ertrag der Firma pro investierter Einheit auf . Hieraus geht auch ein wichtiger, modellhafter Unterschied zwischen der Bank und den Investoren hervor. Die Bank hält den Kredit und besitzt zusätzlich die Möglichkeit, das Projekt zu überwachen. Die Investoren hingegen halten die Bonds und sind passiv in dem Sinne, dass sie nie überwachen und dies auch nicht können.[40]

Die Bank maximiert ihre Nutzenfunktion, welche zu als Erwartungswert gegeben ist mit:

Der Nutzen der Bank ergibt sich als Erwartungswert, der Summe ihres jeweiligen „Konsums“ pro Periode. Alle stochastischen Variablen sind durch eine Tilde gekennzeichnet und es wird angenommen, dass diese voneinander jeweils unabhängig sind. Der stochastische Diskontfaktor der Bank wird in realisiert und ist gegeben durch:

Während lediglich als Diskontfaktor dient, um den Gegenwartswert des „Konsums“ zum Zeitpunkt zu ermitteln, kommt dem stochastischen Diskontfaktor eine andere Interpretation zu. Diese wird im kommenden Abschnitt näher erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3: Zeitlicher Ablauf des Modells von Parlour und Plantin

Es sei angemerkt, dass die Verträge anreizverträglich ausgestaltet werden. Somit wird die Firma niemals das Projekt „vernachlässigen“ und sich die Bank immer dafür entscheiden, das Projekt zu „überwachen“. Ebenso ist die Firma der einzige Agent, der einen tatsächlichen erwarteten Gewinn realisiert. Die Investoren erwarten Nullgewinne und die Bank kann aus dem Projekt zwar eine positive Rente erwirtschaften, doch stellt diese lediglich eine Kompensation für das Diskontieren und die Monitoringkosten dar.[41]

3.2 Interpretation des Modellrahmens

3.2.1 Opportunitätskosten dargestellt durch den Diskontierungsfaktor

Dem zuvor eingeführten stochastischen Diskontierungsfaktor kommt eine zentrale Bedeutung in diesem Modell zu. Es sei angenommen, der Bank eröffnet sich eine private Außenoption, mit einer erwarteten Eigenkapitalrendite von μ. Besitzt sie nicht genug liquide Mittel um dieses Projekt auszuführen, so entstehen den Eignern der Bank durch die entgangene Durchführung Opportunitätskosten in Höhe der entgangenen Eigenkapitalrendite. Diese werden von invers widergespiegelt.[42] Dementsprechend ergibt sich für die Realisation von zum Zeitpunkt :

Ist der Diskontierungsfaktor groß, so sind die Opportunitätskosten klein und umgekehrt. Die Opportunitätskosten entstehen also immer dann, wenn die Bank den Kredit bis zum Zeitpunkt hält und ihn nicht weiterverkauft. Kann die Bank den Kredit verkaufen und das dadurch erhaltene Kapital in das private Investitionsprojekt investieren, dann entfallen diese Opportunitätskosten.

Besonders in Bezug auf die in Abschnitt 2.2.1 erwähnte Möglichkeit der Bank, mittels eines SPVs regulatorische Eigenkapitalanforderungen zu umgehen, ist die nächste Erweiterung in der Interpretation von δ interessant. Eine Bank muss für jeden Kredit einen gewissen Prozentsatz des Kredites als Eigenkapital halten. In sei die mit der Forderung auf den Kredit gesetzlich vorgeschriebene Höhe des gebundenen Eigenkapitals . Das neue Investitionsobjekt hingegen hat eine regulatorische Eigenkapitalanforderung von . Zum einen wird also durch den Verkauf des Kredites regulatorisch gebundenes Eigenkapital frei, zum anderen muss aber auch wieder Eigenkapital für das neue Projekt hinterlegt werden. In anderen Worten: Für den Fall, dass , ergibt sich eine um das -fache höhere Eigenkapitalrendite verglichen mit dem Fall, dass der Kredit nicht verkauft wird. Die Opportunitätskosten erhöhen sich und für den Diskontierungsfaktor gilt somit:

[...]


[1] (Parlour und Plantin 2008, S. 1291–1314)

[2] (Hakenes und Schnabel 2008)

[3] Hypothekarisch gesicherte Wertpapiere

[4] Diese Daten werden hauptsächlich aus dem Staff Report für die Federal Reserve Bank of New York entnommen (Ashcraft und Schuermann 2008).

[5] Vgl. (Breton und Ahn 2008, S. 2)

[6] Davon machten die Banken seit Mitte der 90er Jahre, stark zunehmenden Gebrauch Vgl. (Duffie 2007, S. 5)

[7] Dies ist auch synthetisch über einen Credit Default Swap (CDS) möglich.

[8] Hier im speziellen die MBSs oder häufig auch nach dem Überbegriff als Collateralized Debt Obligations (CDO) bezeichnet.

[9] Im Unterschied zu den hier untersuchten Modellen wird bei F. Allen und E. Carletti von symmetrischer Information zwischen den Marktteilnehmern ausgegangen (Allen und Carletti 2006).

[10] (Cerasi und Rochet 2008) Im Gegensatz zu dem Modell von C. A. Parlour und G. Plantin wird hier symmetrische Information bezüglich des Verkaufsmotives der Banken angenommen.

[11] Vgl. (Rudolph 2007, S. 3)

[12] Vgl. (Duffie 2007, S. 9)

[13] (Berndt und Gupta 2009)

[14] Siehe (Duffee und Zhou 2001) für eine Modellierung der Thematiken Adverse Selektion und Moral Hazard in Bezug auf Kreditderivate.

[15] Vgl. (Brunnermeier 2009, S. 82)

[16] Manifestiert wurde dies am 16. Dezember 2003 in der “American Dream Downpayment Initiative“ Vgl (European Economic Advisory Group 2009, S. 70).

[17] Beginnend im Jahr 2001 hat die Federal Reserve Bank, die Funds Rate, schrittweise von 6% auf schließlich 1% im Jahr 2003 gesenkt (Board of Governors of the Federal Reserve System).

[18] Dies gipfelte in der Einführung von Huckepack-Krediten (Piggybacks). Eine Kombination von zwei Hypothekenkrediten. Hierbei wurde die Differenz aus antizipierter Hauspreissteigerung und der Belastung des Grundstücks zu Konsumzwecken ausgezahlt Vgl. (Rudolph 2009, S. 10).

[19] Vgl. (Rudolph 2009, S. 10)

[20] Vgl. (Ashcraft und Schuermann 2008, S. 29 f.). Siehe auch Anhang: Typische Kapitalstruktur von Subprime und Alt-A MBSs.

[21] Nähere Informationen: (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht kein Datum)

[22] Aufgrund der gesammelten Erfahrungen wird zurzeit an Basel III gearbeitet.

[23] Vgl. (Bloss, et al. 2008, S. 10 f.)

[24] Vgl. (Rudolph 2009, S. 12 f.)

[25] Diese sind im Wesentlichen die Federal Home Loan Banken sowie Fannie Mae und Freddi Mac. Durch deren implizite Staatsgarantien waren die Ratings dieser MBSs besonders hoch, was die Krise weiter verschärfte.

[26] (Freddie Mac: Underwriting Guidelines kein Datum)

[27] Diese sind im Wesentlichen die Federal Home Loan Banken sowie Fannie Mae und Freddi Mac.

[28] Siehe Anhang: Kriterien eines Subprime-Hypothekenschuldners

[29] Vgl. (Rudolph 2009, S. 17)

[30] Vgl. (Ashcraft und Schuermann 2008, S. 37)

[31] Umfasst Paper mit Investmentqualität, was sich in der Rating-Skala von Aaa/AAA bis Baa/BBB ausdrückt.

[32] Vgl. (Ashcraft und Schuermann 2008, S. 62.)

[33] (Jahresbericht Ohio Police & Fire Pension Fund, S. 19)

[34] (Ashcraft und Schuermann 2008, S. 64)

[35] (Rudolph 2009, S. 28)

[36] Zur Erläuterung siehe (Breyer 2005, S. 167 ff.)

[37] Dies soll zum Ausdruck bringen, dass die Firma Schritte unterlässt, welche notwendig wären damit das Projekt erfolgreich ist. Jene Schritte sind mit Kosten Verbunden z.B. zusätzlich benötigtes Personal.

[38] Monitoring kann hier zum Beispiel auch eine Beschränkung der Vermögensgegenstände bedeuten, welche die Bank akzeptiert.

[39] Der Verlust, welcher Bank entsteht, könnte auch als private Überwachungskosten der Bank modelliert werden. Die obige Modellierung stellt jedoch am einfachsten sicher, dass alle Anreiz- und Teilnahmebedingungen im Optimum binden.

[40] In der Realität gibt es natürlich auch private Investoren, wie etwa Hedgefonds, die sehr wohl die Fähigkeit haben die den Krediten unterliegenden Projekte zu überwachen.

[41] Hierzu mehr in dem Abschnitt: 3.4 Optimale Verträge

[42] und . Somit gilt der inverse Zusammenhang: μ↑ → δ↓ → ↓

[...]


[R1]Zeilenabstan 1,5! Römische Zahlen

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Details

Titel
Kreditrisikotransfer - Fluch oder Segen?
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Alfred-Weber-Institut)
Veranstaltung
Organisations- und Verhaltensökonomik
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
73
Katalognummer
V155046
ISBN (eBook)
9783640679195
ISBN (Buch)
9783640679188
Dateigröße
981 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kreditrisikotransfer, Fluch, Segen
Arbeit zitieren
Raphael Klein (Autor:in), 2010, Kreditrisikotransfer - Fluch oder Segen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155046

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