Ob Rapmusik im Radio oder im Fernsehen, Techniken von HipHop-DJs in modernen Rock- und Popsongs, Breakdance in Jugendzentren und Einkaufspassagen, ’HipHop-Slang’ in der Werbung und in Kinderzimmern, Graffiti auf Zügen und an Häuserwänden, Raptexte in Schulbüchern und im Fremdsprachenunterricht, HipHop-Szenekleidung in Pausenhöfen und an Universitäten – HipHop ist heute in aller Munde und nahezu omnipräsent. Die HipHop-Kultur, bestehend aus den Elementen Rap, DJ-Techniken, Breakdance und Graffiti, die in den 1970er-Jahren als kleine Minderheitenkultur im New Yorker Ghetto ihren Anfang nahm, ist innerhalb weniger Jahrzehnte zu einer globalen, vielmehr glokalen Jugendkultur herangewachsen.
Im Zuge seiner Popularisierung wurde HipHop nicht nur zum Thema unzähliger journalistischer Artikel und Bücher, die zumeist von (ehemals) aktiven Vertretern der Szene (für die Szene) geschrieben wurden, sondern zog auch die Aufmerksamkeit der Wissenschaft auf sich, so dass sich HipHop zu einem akademischen Gegenstand entwickelte. Die HipHop-Forschung ist der Vielschichtigkeit des zu untersuchenden Phänomens und dessen sozialer, politischer, ökonomischer und medialer Reichweite Rechnung tragend interdisziplinär ausgerichtet. Neben der Kulturwissenschaft und Soziologie, der Medien- und Musikwissenschaft, der Kunstgeschichte und Pädagogik sowie der Politik- und Literaturwissenschaft beschäftigt sich auch die Linguistik mit HipHop, womit der zentralen Position von Sprache innerhalb der HipHop-Kultur Tribut gezollt wird. Insbesondere in der Soziolinguistik werden im Zuge der Öffnung gegenüber empirischer Forschung und der Hinwendung zu Populärkultur und neuen Medien HipHop und dessen vielfältige Möglichkeiten der Identitätsarbeit vor dem Hintergrund der kommunikativen Hervorbringung von Identität und deren sprachlich-stilistischer Realisierung ins Zentrum des Interesses gerückt. Während sich unter anderem Androutsopoulos (2005/ 2007a) und Bierbach/ Birken-Silverman (2002/ 2007) der Fan-Kommunikation von jugendlichen HipHoppern zuwenden, wobei das Internet bzw. eine Breakdance-Gruppe den Rahmen der Analysen darstellen, untersuchen Berns/ Schlobinski (2003) die diskursive Konstruktion von Identität innerhalb der am stärksten wahrgenommenen und kommerziell erfolgreichsten kulturellen Ausdrucksform des HipHop, dem diskursiven Phänomen des Rap bzw. des Raptexts.
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Inhaltsverzeichnis
- I. Einführung
- II. Kommunikative Verhandlung von Identität in der Gattung des HipHop
- 1. Theoretischer soziolinguistischer Rahmen
- 1.1. Identität(en)
- 1.1.1. Kollektive Identität
- 1.1.2. Soziale Identität in der Sozialpsychologie
- 1.1.3. Soziale Identität in der Soziolinguistik
- 1.1.3.1. Acts of Identity
- 1.1.3.2. Soziale Identität in der Interaktion
- 1.2. Kommunikative soziale Stile
- 1.2.1. Stil als holistisches Konzept
- 1.2.2. Stil als soziale Praxis
- 2. Einführung in die HipHop-Kultur und die Textsorte Rap
- 2.1. Kurze Geschichte des HipHop und seiner Genres
- 2.1.1. Ursprünge und Entwicklung des HipHop in den USA
- 2.1.2. Appropriation des HipHop in Deutschland
- 2.2. Gattungskonstituenten der Textsorte Rap
- 2.2.1. Thematische Ebene
- 2.2.2. Ebene der Sprechhandlungen
- 2.2.2.1. Aktionalität
- 2.2.2.2. Lokalisierung
- 2.2.3. Referentielle Ebene
- 2.2.3.1. Kulturelle Referenzen
- 2.2.3.2. Intertextualität
- 2.2.4. Sprachlich-stilistische Ebene
- 2.2.4.1. Sprachliche Orientierung
- 2.2.4.2. Englische Elemente
- 2.2.5. Rhetorische Ebene
- 3. Analyse der HipHop-Gruppe Advanced Chemistry
- 3.1. Vorstellung der Gruppe
- 3.2. Doing "afrodeutsch": Fremd im eigenen Land
- 3.2.1. Rap als Medium der Thematisierung sozialer Probleme: Die Situation von Migranten in Deutschland
- 3.2.2. Rap als Plattform der Auseinandersetzung mit kultureller Identität
- 3.2.3. Sprachliche Realisierung der doppelten kulturellen Identität
- 3.2.3.1. Sprachwahl
- 3.2.3.2. Code-Switching
- 3.2.3.3. Varietätswahl
- 3.2.3.4. Selbst- und Fremdkategorisierungen
- 3.3. Doing "Untergrund-Old School-HipHop": HipHop lebt im Untergrund
- 3.3.1. Rap als Arena des Szenediskurses
- 3.3.1.1. Untergruppierungen innerhalb des HipHop
- 3.3.1.2. Szenespezifische Positionierung
- 3.3.2. Kommunikative Verhandlung einer szenespezifischen Identität
- 3.3.2.1. Englische Elemente
- 3.3.2.2. Rhetorische Mittel
- 3.3.2.3. Sprechhandlungen
- 3.3.2.4. Kulturelle Verweise und Intertextualität
- III. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der kommunikativen Verhandlung von Identität in der Gattung des HipHop. Sie untersucht, wie HipHop-Künstler ihre Identität in ihren Texten und Performances sprachlich und stilistisch konstruieren und wie diese Konstruktionen von der gesellschaftlichen Umgebung und den verschiedenen Subkulturen des HipHop beeinflusst werden.
- Soziale Identität im HipHop
- Kommunikative Stile in der HipHop-Kultur
- Sprachliche und stilistische Mittel der Identitätsverhandlung
- Die Rolle von Intertextualität und kulturellen Referenzen im HipHop
- Die performative Inszenierung von Identität im HipHop
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Thematik der kommunikativen Verhandlung von Identität im HipHop. Anschließend wird der theoretische Rahmen der Untersuchung vorgestellt, der die Konzepte der sozialen Identität und der kommunikativen sozialen Stile beleuchtet. Im zweiten Kapitel wird die HipHop-Kultur und die Textsorte Rap vorgestellt, wobei die Geschichte des HipHop, seine Gattungsmerkmale und die spezifischen sprachlichen Mittel der Rapmusik behandelt werden.
Das dritte Kapitel analysiert die HipHop-Gruppe Advanced Chemistry und ihre sprachliche Inszenierung von Identität. Es werden die verschiedenen Aspekte der Identität der Gruppe, wie z.B. ihre doppelte kulturelle Identität und ihre Positionierung innerhalb der HipHop-Szene, untersucht. Die Analyse konzentriert sich dabei auf die sprachlichen Mittel, die die Gruppe nutzt, um ihre Identität zu kommunizieren und zu verhandeln.
Schlüsselwörter
Identität, HipHop, Rap, Soziolinguistik, Kommunikation, Sprachliche Mittel, Stil, Intertextualität, Kulturelle Referenzen, Performativität, Advanced Chemistry, "afrodeutsch", "Untergrund-Old School-HipHop", Szenediskurs.
- Arbeit zitieren
- Bastian Heger (Autor:in), 2010, Kommunikative Verhandlung von Identität in der Gattung des HipHop, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155524