Wirnt von Grafenberg hat mit seinem Wigalois einen Artusroman geschaffen, der sich enormer Beliebtheit unter den mittelalterlichen Rezipienten erfreute, zu damaliger Zeit sogar mehr Ansehen als die Artusepen Hartmanns genoss, auch wenn diesen in der gegenwärtigen Forschung eine viel größere Bedeutung eingeräumt wird. Die Wertschätzung des nachklassischen Artusromans vom Ritter mit dem Rade könnte nicht zuletzt auch mit der Korntin-Glois-Episode zusammenhängen, in welcher der Held Wigalois das Land Korntin von dem gewaltsamen Eindringling Roaz befreit. Dabei sticht eine Häufung an Ausprägungen des Wunderbaren, die als Elemente aus der keltischen Mythologie zu den Bauelementen des Artusromans zählen, ins Auge.
Die vorliegende Arbeit will sich mit eben dem Wunderbaren beschäftigen: Im Fokus stehen zum einen die Art und Weise, wie das Wunderbare in der Korntin-Glois-Episode dargestellt wird, und zum anderen die Funktion, die dem Wunderbaren innerhalb dieser Aventiure-Reihe zukommt. Zu diesem Zweck wird zunächst einmal die Begrifflichkeit des Wunderbaren zu klären sein, die den Gedanken Le Goffs folgen wird (1.). Im Anschluss daran folgt eine Untersuchung der Darstellung des Wunderbaren, die, indem sie auf verschiedene Ausprägungen des Wunderbaren wie die wunderbaren Aventiure-Gegner, die wunderbaren Hilfsmittel im Kampf und die wunderbaren Begebenheiten (wie z.B. landschaftliche Besonderheiten) in chronologischer Art eingeht, einen Überblick über dieses Phänomen in der Korntin-Glois-Episode geben soll (2.). Aus diesen Ergebnissen wird die Funktion des Wunderbaren innerhalb der Episode abzuleiten sein, wobei sich zunächst die Frage stellen wird, ob diese Funktion über einen dekorativen Gebrauch hinausgeht und ob ein Funktionswandel im Vergleich zum klassischen Artusroman Hartmanns festgestellt werden kann (3.). Danach hebt sich der Blick über die Korntin-Glois-Episode hinaus auf das Gesamtwerk des Wigalois: Durch eine strukturelle Einordnung der Aventiure-Reihe in den Gesamtkontext soll der Frage nachgegangen werden, ob die Korntin-Glois-Episode eine funktionale Einbindung in einen übergeordneten Sinnentwurf aufweist (4), wobei die Ergebnisse über das Wunderbare aus dem ersten Teil (2. u. 3.) mit in die Überlegungen einzubeziehen sein werden. Zum Abschluss werden in Anbetracht dieser Befunde mögliche Konsequenzen für die Beurteilung des Gesamtwerks anzusprechen sein (Schlussbetrachtung).
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Das Wunderbare nach Le Goff
- Die Darstellung des Wunderbaren in der Korntin-Glois-Episode
- Die Einführung des Korntin-Glois-Reiches
- Die ersten Gegner
- Pfetan
- Ruel
- Das Innere des Reiches
- Karrioz
- Marrien
- Roaz
- Die Konsequenzen der Befreiung
- Die Funktion des Wunderbaren in der Korntin-Glois-Episode
- Das Wunderbare als Dekoration?
- Funktionswandel im Vergleich zum klassischen Artusroman Hartmanns?
- Die metaphysische Aufladung des Wunderbaren und deren Zweck
- Die strukturelle Einbettung der Korntin-Glois-Episode im Gesamtwerk
- Inhaltlicher Überblick über den Wigalois: Die vier Erzählblöcke
- Der Bruch mit der Form des klassischen Artusromans
- Funktionale Einbindung der Korntin-Glois-Episode in einen übergeordneten Sinnentwurf?
- Schlussbetrachtung: Mögliche Konsequenzen für die Beurteilung des Wigalois
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Darstellung und Funktion des Wunderbaren in der Korntin-Glois-Episode des Wigalois von Wirnt von Grafenberg. Sie analysiert, wie das Wunderbare in der Episode dargestellt wird, welche Funktion es dort erfüllt und ob es in Bezug auf klassische Artusromane einen Funktionswandel erfahren hat. Schließlich wird die strukturelle Einbettung der Episode in das Gesamtwerk des Wigalois beleuchtet, um zu untersuchen, ob sie in einen übergeordneten Sinnentwurf eingebunden ist.
- Darstellung des Wunderbaren in der Korntin-Glois-Episode
- Funktion des Wunderbaren in der Episode
- Funktionswandel im Vergleich zu klassischen Artusromanen
- Strukturelle Einbettung der Episode im Gesamtwerk
- Bedeutung des Wunderbaren für die Beurteilung des Wigalois
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einführung stellt die Relevanz der Korntin-Glois-Episode für das Verständnis des Wigalois heraus und skizziert die Forschungsfragen der Arbeit. Kapitel 1 erläutert den Begriff des Wunderbaren nach Le Goff, wobei verschiedene Ebenen und Bereiche des Wunderbaren sowie seine Entwicklung im Mittelalter beleuchtet werden. Kapitel 2 analysiert die Darstellung des Wunderbaren in der Korntin-Glois-Episode, indem es auf die Einführung des Reiches, die Begegnung mit verschiedenen Gegnern und die landschaftlichen Besonderheiten eingeht. In Kapitel 3 wird die Funktion des Wunderbaren in der Episode untersucht, wobei Fragen nach einem dekorativen Gebrauch und einem möglichen Funktionswandel im Vergleich zu klassischen Artusromanen im Vordergrund stehen. Kapitel 4 betrachtet die strukturelle Einbettung der Korntin-Glois-Episode in das Gesamtwerk des Wigalois und untersucht die Frage, ob die Episode in einen übergeordneten Sinnentwurf eingebunden ist. Die Schlussbetrachtung fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und erörtert mögliche Konsequenzen für die Beurteilung des Wigalois.
Schlüsselwörter
Das Wunderbare, Korntin-Glois-Episode, Wirnt von Grafenberg, Wigalois, Artusroman, Le Goff, Aventiure, Heilsbringer, Mythologie, Dekoration, Funktionswandel, strukturelle Einbettung, Sinnentwurf.
- Arbeit zitieren
- B.A. Bastian Heger (Autor:in), 2008, Die Darstellung und Funktion des Wunderbaren in der Korntin-Glois-Episode in Wirnts von Grafenbergs 'Wigalois', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155589