Dürrenmatt greift in „Das Verbrechen“ das Motiv der schuldbehafteten Wanderung auf, indem er Gulliver, einen Überlebenden der Konzentrationslager, als zentrale Figur in seine Erzählung einführt. Die Frage, die sich in dieser Arbeit stellt, ist, inwiefern sich zwischen der literarischen Gestalt des Ahasver und Dürrenmatts Gulliver intertextuelle und figurale Parallelen erkennen lassen. Beide Figuren sind durch das Motiv des ewigen Exils und der moralischen Schuld geprägt, wenngleich sich ihre historische Einbettung und ihre spezifischen Handlungen deutlich unterscheiden. Der Ewige Jude steht in einem religiösen und mythologischen Kontext, während Gulliver die historischen Traumata des Holocausts verkörpert. Dennoch teilen sie die Bürde, moralische Instanzen zu sein, die durch ihre Existenz die Gesellschaft zur Reflexion anregen.
Eine zentrale These dieser Arbeit ist, dass sowohl der Ewige Jude als auch Gulliver in ihrer jeweiligen Symbolik als Verkörperungen des menschlichen Ringens mit Schuld und Verantwortung betrachtet werden können. Dabei überschreiten beide Figuren ihre individuelle Geschichte und fungieren als Mahner. Die Unterschiede in ihrer moralischen Funktion, ihrer Darstellung als Täter und Opfer und die Art und Weise, wie sie sich mit ihrer Schuld auseinandersetzen, erlauben jedoch eine differenzierte Analyse. Diese Arbeit untersucht intertextuelle Bezüge, wie Dürrenmatt die Figur des Gulliver als moderne Adaption des Ahasver-Mythos interpretiert und welche literarischen und symbolischen Ebenen dadurch eröffnet werden.
Um diese These zu untermauern, gliedert sich die Arbeit in mehrere Abschnitte. Zunächst wird der historische und literarische Kontext des Ewigen Juden dargestellt, gefolgt von einer detaillierten Analyse der Figur Gulliver in Dürrenmatts Erzählung. Anschließend erfolgt eine vergleichende Analyse der symbolischen und moralischen Funktionen beider Figuren, wobei sowohl die Motive des Exils und der Schuld als auch Unterschiede und Gemeinsamkeiten in ihrer Darstellung im Fokus stehen. Abschließend soll ein Fazit die Erkenntnisse dieser Arbeit zusammenfassen und zeigen, inwiefern Gulliver als literarische Figur das Erbe des Ahasver-Mythos in der modernen Literatur aufgreift und weiterführt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der Ewige Jude: Historischer und literarischer Kontext
- 2.1 Ursprung und Entwicklung des Ewigen Juden in der Literatur
- 2.2 Der Ewige Jude und seine Rezeption im 20. Jahrhundert
- 3. Friedrich Dürrenmatts „Das Verbrechen“: Eine Analyse der Figur Gulliver
- 3.1 Charakterisierung von Gulliver in „Das Verbrechen“
- 3.2 Symbolische Bedeutung und Narration der Figur Gulliver
- 4. Parallelen zwischen dem Ahasver und Dürrenmatts Figur Gulliver
- 4.1 Motive des Exils und der Schuld
- 4.2 Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der moralischen und symbolischen Funktion
- 4.3 Vergleichende Analyse der symbolischen Gestaltung
- 5. Fazit: Identitätsfindung und moralische Reflexion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese wissenschaftliche Arbeit untersucht die intertextuellen und figuralen Parallelen zwischen der Erzählung des Ahasver und der Figur des Gulliver in Friedrich Dürrenmatts „Das Verbrechen“. Die Arbeit zielt darauf ab, die symbolischen und narrativen Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Figuren aufzuzeigen und ihre Bedeutung im Kontext von Exil, Schuld und moralischer Verantwortung zu analysieren.
- Der Ahasver-Mythos und seine literarische Rezeption
- Die Figur des Gulliver in Dürrenmatts „Das Verbrechen“
- Vergleichende Analyse der Motive Exil und Schuld bei Ahasver und Gulliver
- Symbolische und moralische Funktionen beider Figuren
- Identitätsfindung und moralische Reflexion im Kontext beider Figuren
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der intertextuellen Analyse ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach den Parallelen zwischen dem Ahasver-Mythos und der Figur des Gulliver in Dürrenmatts „Das Verbrechen“. Sie skizziert den Ansatz der Arbeit und benennt die zentralen Themen: Exil, Schuld und moralische Verantwortung. Die Einleitung begründet die Relevanz der Gegenüberstellung beider Figuren und kündigt den Aufbau der Arbeit an.
2. Der Ewige Jude: Historischer und literarischer Kontext: Dieses Kapitel beleuchtet die lange und komplexe Geschichte des Ahasver-Mythos. Es untersucht den Ursprung der Legende in christlichen Überlieferungen und deren antisemitische Ausprägungen. Das Kapitel verfolgt die Transformation des Ahasver-Bildes durch die Jahrhunderte, von einem Symbol für die Bestrafung der Juden bis hin zu einer ambivalenten Figur in der Romantik und einem Symbol für Exil und Unbehaustheit im 20. Jahrhundert. Der Wandel in der Interpretation des Mythos im Kontext des Nationalsozialismus wird ebenso thematisiert wie die existenzielle Dimension des Mythos.
Schlüsselwörter
Ahasver, Ewiger Jude, Friedrich Dürrenmatt, Das Verbrechen, Gulliver, Intertextualität, Exil, Schuld, moralische Verantwortung, Symbolismus, Holocaust, Identität, literarische Analyse, Vergleichende Literaturwissenschaft.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dieser Textvorschau?
Diese Textvorschau gibt einen Überblick über eine wissenschaftliche Arbeit, die sich mit den Parallelen zwischen dem Ahasver-Mythos und der Figur des Gulliver in Friedrich Dürrenmatts "Das Verbrechen" beschäftigt. Sie umfasst ein Inhaltsverzeichnis, Zielsetzungen, Themenschwerpunkte, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die zentralen Themen der Arbeit sind der Ahasver-Mythos und seine literarische Rezeption, die Figur des Gulliver in Dürrenmatts "Das Verbrechen", eine vergleichende Analyse der Motive Exil und Schuld bei Ahasver und Gulliver, die symbolischen und moralischen Funktionen beider Figuren sowie die Identitätsfindung und moralische Reflexion im Kontext beider Figuren.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Ziel der Arbeit ist es, die intertextuellen und figuralen Parallelen zwischen der Erzählung des Ahasver und der Figur des Gulliver in Friedrich Dürrenmatts "Das Verbrechen" zu untersuchen. Die Arbeit zielt darauf ab, die symbolischen und narrativen Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Figuren aufzuzeigen und ihre Bedeutung im Kontext von Exil, Schuld und moralischer Verantwortung zu analysieren.
Was wird im Kapitel über den Ewigen Juden behandelt?
Das Kapitel über den Ewigen Juden beleuchtet die Geschichte des Ahasver-Mythos, untersucht den Ursprung der Legende und deren antisemitische Ausprägungen, verfolgt die Transformation des Ahasver-Bildes durch die Jahrhunderte und thematisiert den Wandel in der Interpretation des Mythos im Kontext des Nationalsozialismus.
Wer ist Gulliver in „Das Verbrechen“?
Gulliver ist eine zentrale Figur in Friedrich Dürrenmatts Roman "Das Verbrechen". Die Arbeit analysiert seine Charakterisierung, symbolische Bedeutung und narrative Funktion innerhalb des Romans.
Welche Schlüsselwörter sind für diese Arbeit relevant?
Die relevanten Schlüsselwörter sind: Ahasver, Ewiger Jude, Friedrich Dürrenmatt, Das Verbrechen, Gulliver, Intertextualität, Exil, Schuld, moralische Verantwortung, Symbolismus, Holocaust, Identität, literarische Analyse, Vergleichende Literaturwissenschaft.
Was wird in der Einleitung der Arbeit behandelt?
Die Einleitung führt in die Thematik der intertextuellen Analyse ein, stellt die zentrale Forschungsfrage nach den Parallelen zwischen dem Ahasver-Mythos und der Figur des Gulliver in Dürrenmatts "Das Verbrechen", skizziert den Ansatz der Arbeit und benennt die zentralen Themen: Exil, Schuld und moralische Verantwortung. Sie begründet die Relevanz der Gegenüberstellung beider Figuren und kündigt den Aufbau der Arbeit an.
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- Nel Oostendorp (Author), 2024, Ahasver in Friedrich Dürrenmatts "Das Verbrechen", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1555988