Diese Arbeit untersucht die Herausforderungen und Möglichkeiten der Digitalisierung im Controlling kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) in Deutschland. Ziel ist es, alternative Ansätze zu etablierten Lösungen wie Excel und VBA zu identifizieren, die die Effizienz und strategische Ausrichtung des Controllings verbessern können. Besondere Schwerpunkte liegen auf der Analyse von Balanced Scorecard und Benchmarking-Tools sowie deren Eignung für KMU. Die Untersuchung zeigt, dass KMU oft mit begrenzten Ressourcen, mangelndem Fachwissen und hohen Investitionshürden konfrontiert sind, was die Einführung digitaler Technologien erschwert. Gleichzeitig bieten Automatisierung, Predictive Analytics und Echtzeitdaten enorme Potenziale zur Optimierung von Prozessen und Entscheidungsfindung. Basierend auf den identifizierten Herausforderungen werden Anforderungen für digitale Tools formuliert, die Kosteneffizienz, Benutzerfreundlichkeit und Skalierbarkeit priorisieren, um die Digitalisierung für KMU zugänglicher zu machen.
Die Wirtschaft wird durch Megatrends wie Globalisierung, Digitalisierung und gesellschaftlichen Wandel grundlegend verändert, wodurch Unternehmen vor neue Herausforderungen in Bezug auf ihre Wettbewerbsfähigkeit gestellt werden. Der demografische Wandel macht es Unternehmen zunehmend schwere, geeignetes Personal zu finden. Zudem ist der optimale Einsatz von Ressourcen im Unternehmen ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Das strategische Controlling zur Erreichung der langfristigen Unternehmensziele berücksichtigt sowohl die Marktentwicklungen als auch die Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens, wobei hierfür Instrumente wie Benchmarking und Balanced Scorecard eingesetzt werden.
Die digitale Transformation im Controlling bietet erhebliche Potenziale, insbesondere durch Effizienzsteigerungen, datengetriebene Analysen und die Nutzung von Echtzeitdaten. Insbesondere die Automatisierung von Prozessen, der Einsatz fortschrittlicher Analytik und die Integration Künstlicher Intelligenz (KI) prägen diese Entwicklung und ermöglichen Unternehmen, die Effizienz ihrer Controlling-Funktionen deutlich zu verbessern.
Abkürzungsverzeichnis, Symbole und Formelverzeichnis
1. Digitalisierung im Controlling
1.2.1 Digitalisierungsgrad von KMU im Vergleich zu Großunternehmen
1.2.2 Herausforderungen der KMU bei Digitalisierung
1.2.3 Eignung etablierter Lösungen für KMU
1.2.4 Allgemeine Anforderungen für digitale Tools
1.3 Excel und VBA für KMU
1.3.1 Definition VBA
1.3.2 Vorteile von VBA im Vergleich zu anderen Lösungen
1.3.3 Welche Möglichkeiten bietet VBA
1.3.4 Grenzen von VBA und Ausblick auf neue Technologien
Anhang
Anhang A: Ergänzende Abbildungen und Tabellen
Zusammenfassung
Diese Arbeit untersucht die Herausforderungen und Möglichkeiten der Digitalisierung im Controlling kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU). Ziel ist es, alternative Ansätze zu etablierten Lösungen wie Excel und VBA zu identifizieren, die die Effizienz und strategische Ausrichtung des Controllings verbessern können. Besondere Schwerpunkte liegen auf der Analyse von Balanced Scorecard und Benchmarking-Tools sowie deren Eignung für KMU. Die Untersuchung zeigt, dass KMU oft mit begrenzten Ressourcen, mangelndem Fachwissen und hohen Investitionshürden konfrontiert sind, was die Einführung digitaler Technologien erschwert. Gleichzeitig bieten Automatisierung, Predictive Analytics und Echtzeitdaten enorme Potenziale zur Optimierung von Prozessen und Entscheidungsfindung. Basierend auf den identifizierten Herausforderungen werden Anforderungen für digitale Tools formuliert, die Kosteneffizienz, Benutzerfreundlichkeit und Skalierbarkeit priorisieren, um die Digitalisierung für KMU zugänglicher zu machen.
Schlagworte: Digitalisierung, Controlling, Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Balanced Scorecard, Benchmarking, Automatisierung, Predictive Analytics, Echtzeitdaten, Excel, VBA, Kostenmanagement, Prozessoptimierung, Ressourcenplanung, Business Intelligence (BI), Strategisches Controlling
Abstract
This study explores the challenges and opportunities of digitalization in the controlling of small and medium-sized enterprises (SMEs). The objective is to identify alternative approaches to established solutions such as Excel and VBA, aiming to enhance the efficiency and strategic focus of controlling functions. Key areas of analysis include Balanced Scorecard and benchmarking tools and their suitability for SMEs. The study reveals that SMEs often face limited resources, a lack of expertise, and high investment barriers, which complicate the adoption of digital technologies. Simultaneously, automation, predictive analytics, and real-time data offer significant potential for process optimization and improved decision-making. Based on the identified challenges, the study formulates requirements for digital tools that prioritize cost-efficiency, user-friendliness, and scalability, making digitalization more accessible for SMEs.
Keywords: Digitalization, Controlling, Small and Medium-Sized Enterprises (SMEs), Balanced Scorecard, Benchmarking, Automation, Predictive Analytics, Real-Time Data, Excel, VBA, Cost Management, Process Optimization, Resource Planning, Business Intelligence (BI), Strategic Controlling
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Herausforderungen von KMU bei der Digitalisierung
Abbildung 2: Einfluss der Digitalisierung auf KMU
Abbildung 3: Erfolgsfaktoren für KMU bei der Digitalisierung
Abbildung 4: Personalcontrolling - präskriptiv, prädiktiv, descriptiv
Abbildung 5: Anforderungen an Tools im Controlling für KMU
Abbildung 6: Vorteile VBA für KMU gegenüber etablierten Lösungen
1. Digitalisierung im Controlling
1.1 Aktuelle Trends
Die Wirtschaft wird durch Megatrends wie Globalisierung, Digitalisierung und gesellschaftlichen Wandel grundlegend verändert, wodurch Unternehmen vor neue Herausforderungen in Bezug auf ihre Wettbewerbsfähigkeit gestellt werden[1]. Der demografische Wandel macht es Unternehmen zunehmend schwerer geeignetes Personal zu finden[2]. Zudem ist der optimale Einsatz von Ressourcen im Unternehmen ein wesentlicher Erfolgsfaktor[3]. Das strategische Controlling zur Erreichung der langfristigen Unternehmensziele[4] berücksichtigt sowohl die Marktentwicklungen als auch die Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens[5], wobei hierfür Instrumente wie Benchmarking und Balanced Scorecard eingesetzt werden[6].
Die digitale Transformation im Controlling bietet erhebliche Potenziale, insbesondere durch Effizienzsteigerungen, datengetriebene Analysen und die Nutzung von Echtzeitdaten. Insbesondere die Automatisierung von Prozessen, der Einsatz fortschrittlicher Analytik und die Integration Künstlicher Intelligenz (KI) prägen diese Entwicklung und ermöglichen Unternehmen, die Effizienz ihrer Controlling Funktionen deutlich zu verbessern.
1. Effizienzsteigerung durch Automatisierung
Automatisierung beschreibt den Einsatz von Technologien, die regelbasierte, wiederkehrende Aufgaben eigenständig durchführen können. Machine Learning (ML) und Robotic Process Automation (RPA) sind zwei Technologien zur Automatisierung. Dies umfasst unter anderem die Datenaggregation, Datenverarbeitung, Erstellung von Berichten und Durchführung komplexer Berechnungen. Mit RPA lassen sich beispielsweise manuelle und zeitintensive Aufgaben wie die Rechnungsprüfung oder Berichterstellung schneller und fehlerfrei automatisieren, wodurch Controlling-Abteilungen deutlich effizienter arbeiten können[7].
Vorteile der Automatisierung sind:
- Zeitersparnis, da Aufgaben automatisiert schneller erledigt werden;
- Fehlerreduktion, da menschliche Eingabefehler minimiert werden; und
- Kostenreduktion, da weniger personelle Ressourcen benötigt werden.
- Zudem können sich Mitarbeitende auf wertschöpfende Tätigkeiten wie die Analyse und Interpretation von Ergebnissen konzentrieren, was die strategische Relevanz des Controllings stärkt.[8]
Für KMU, die oft mit begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen arbeiten, ist die Automatisierung besonders wichtig. Sie hilft dabei, Engpässe zu überwinden und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben. Technologien wie VBA (Visual Basic for Applications) und RPA spielen hierbei eine zentrale Rolle und ermöglichen kostengünstige Automatisierungslösungen.[9]
2. Vorhersagen durch Predictive Analytics
Predictive Analytics (PA) beschreibt die Anwendung von Algorithmen und Modellen auf historische Daten, um zukünftige Entwicklungen vorherzusagen. Im Controlling wird PA eingesetzt, um Planungsunsicherheiten zu reduzieren und datengetriebene Entscheidungen zu ermöglichen. Typische Anwendungsfelder sind die Prognose von Kostenentwicklungen, Absatzprognosen oder die Vorhersage von Liquiditätsengpässen.[10]
Die Vorteile von Predictive Analytics liegen in einer besseren Planungssicherheit, da Trends frühzeitig erkannt und berücksichtigt werden können. Zudem optimiert die datenbasierte Bedarfsplanung die Ressourcennutzung, wodurch sich Prozesse effizienter gestalten lassen. Durch den Einsatz von Technologien wie Machine Learning, statistischen Modellen, Data Mining und der Verarbeitung großer Datenmengen im Rahmen von Big Data wird die Genauigkeit der Vorhersagen kontinuierlich verbessert. Dies ermöglicht Unternehmen, proaktiv statt reaktiv zu handeln und sich so einen Wettbewerbsvorteil zu sichern.[11]
3. Entscheidungsunterstützung (Echtzeitdaten; KI)
Einen weiteren Innovationsschub im Controlling bieten Echtzeitdaten, die es Unternehmen ermöglichen, dynamische Veränderungen in der Geschäftsumwelt unmittelbar zu erfassen und darauf zu reagieren. Dies ist beispielsweise im Risikomanagement oder der Liquiditätssteuerung von großer Bedeutung, da Abweichungen oder Risiken sofort identifiziert und adressiert werden können. Ergänzend dazu trägt KI dazu bei, aus großen Datenmengen Muster zu erkennen, Prognosen zu erstellen und Handlungsempfehlungen abzuleiten.[12]
Die Integration von Big Data und KI führt zu einem zunehmend strategischeren Ansatz im Controlling, da Finanzmanager fundierte Entscheidungen auf Basis umfassender Analysen treffen können. Insbesondere die Verknüpfung von Echtzeitdaten mit Szenario Modellen ermöglicht es, potenzielle Entwicklungen zu simulieren und auf sich ändernde Marktbedingungen proaktiv zu reagieren.[13]
Die Digitalisierung verändert das Controlling grundlegend, indem sie Automatisierung, Predictive Analytics und Echtzeitdaten zusammenführt. Dadurch entsteht ein agileres, datengestütztes Finanzumfeld, das nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch die Qualität von Entscheidungen verbessert. Besonders für KMU eröffnen sich durch die Nutzung dieser Technologien neue Chancen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und nachhaltiges Wachstum zu fördern.[14]
1.2 Digitalisierung in KMU
1.2.1 Digitalisierungsgrad von KMU im Vergleich zu Großunternehmen
Im Jahr 2019 hatten im Mittelstand (maximal 500 Beschäftigte, Umsatzvolumen <50 Mio. Euro) noch über 80 Prozent der Unternehmen ihr MS-Excel noch nicht durch ein BI oder MIS System abgelöst[15]. Als eine der Hauptursachen wird das autokratische und autoritäre Managementverhalten genannt, das durch Unternehmenspersönlichkeiten bestimmt wird und weniger hierarchischen Strukturen[16]. Nur 11 Prozent der deutschen KMU nutzten 2023 ein Verfahren der KI[17]. Großunternehmen nutzten mit 35 Prozent KI Verfahren deutlich häufiger als KMU[18]. 79 Prozent der Großunternehmen beschäftigten 2023 IKT-Fachkräfte, während es im Mittelstand 47 Prozent waren und bei den Kleinunternehmen (< 2 Mio. EUR Umsatz p.a. und <10 Mitarbeiter laut EU) nur 15 Prozent[19]. Die meisten Kleinstunternehmen nutzen noch MS-Excel, weil meist ausgewählte Kennzahlen und Basiswerte ausreichen, um die monatlichen Abweichungsanalysen zu erstellen[20]. Auf einer DIN-A4 Seite wird die Gewinn-/Verlustrechnung dargestellt und die Daten zur Bilanz und der Liquidität des Unternehmens[21]. Darüber hinaus werden Informationen über die unternehmerische Produktivität, allgemeine Markttrends und Informationen über die Auftragslage mit Excel dargestellt.[22]
Untersuchungen zeigen, dass kleinere Unternehmen während des Digitalisierungsprozesses häufig mit besonderen finanziellen Herausforderungen konfrontiert sind, was auf ihre begrenzten Ressourcen und Budgetbeschränkungen im Vergleich zu größeren Unternehmen zurückzuführen ist. Der Digitalisierungsstand ist bei kleinen Unternehmen daher häufig geringer als bei mittelständischen oder Großunternehmen Während große Unternehmen beispielsweise erhebliche finanzielle Mittel für digitale Initiativen bereitstellen können, haben KMU Schwierigkeiten, ausreichende Mittel zu finden, was zu langsameren Einführungsraten und verpassten Wachstumschancen führt. Darüber hinaus deuten Belege darauf hin, dass sich der Unterstützungsbedarf von KMU deutlich von dem größerer Unternehmen unterscheidet, sodass maßgeschneiderte Interventionen erforderlich sind, um diese Unterschiede wirksam zu beseitigen.[23]
Um den Digitalisierungsgrad zu messen, gibt es Reifegradmodelle (oder auch Digitalisierungsindex), die speziell auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten sind und ihre individuellen Anforderungen berücksichtigen. Diese Reifegradmodelle dienen dabei als Orientierungshilfe für die Erfassung des Ist-Zustandes des Digitalisierungsgrades und einer klareren Zielformulierung[24].
Reifegradmodelle, die sich aus dem Qualitätsmanagement (QM) entwickelt haben[25], setzen sich aus verschiedenen Einzelindikatoren zusammen, die objektive (z.B. Umsatzanteil aus Online-Handel) und subjektive (z.B. Selbsteinschätzung der Digitalkompetenz) Kriterien kombinieren[26]. Ein Beispiel hierfür ist das Capability Maturity Model Improvement (CMMI), dass die „fünf Reifegrade – (1) Initial, (2) Geführt, (3) Definiert, (4) Quantitativ geführt und (5) Prozessoptimierung“[27] beinhaltet und ausgehend von dem Status-Quo versucht die Erreichung des Zielzustandes zu unterstützen[28]. Ein anderes Modell, das sich besonders gut eignet zur Überprüfung des digitalen Reifegrades im Controlling ist das Reifegradmodell von Langmann, das die sechs Dimensionen Rollenmodell, Organisation, Prozesse, Governance, IT-System sowie Personal & Kompetenzen beinhaltet[29]. Für die Beurteilung des Reifegrades wird oft die IT, Unternehmenskultur, die Organisation, die Unternehmensstrategie und das Managementsystem begutachtet[30]. Es existiert jedoch kein einheitlicher Standard und es gibt Unterschiede zwischen Unternehmensgrößen, Branchen und Regionen.[31]
- Unterschiede nach Unternehmensgröße:
o Kleine Unternehmen erreichen oft niedrigere Indexwerte (z. B. 93,9 in einer Studie des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) im Vergleich zu mittleren (119,4) und großen Unternehmen (205,2).[32]
o Kleine Unternehmen punkten besonders bei Produkten und Geschäftsmodellen, während sie im Bereich Qualifizierung hinterherhinken. Mittlere Unternehmen zeigen Defizite bei Forschung und Innovation, während große Unternehmen häufig hohe Werte bei Prozessen, aber Schwächen bei Produkten aufweisen.[33]
- Branchenspezifische Unterschiede:
o Branchen wie die Informations- und Kommunikationsbranche (IuK) weisen hohe Digitalisierungswerte auf (z. B. 2,1 auf einer Skala von 1 bis 6). Weniger digitalisiert sind das Baugewerbe (3,2) und das Gastgewerbe (3,4).[34]
o Laut der Deutschen Telekom bewerten Banken und Versicherungen sowie die IuK-Branche ihre Digitalisierung am besten, während das Baugewerbe und Handwerk Defizite in geplanten Investitionen zeigen.[35]
- Regionale Unterschiede:
o In NRW zeigt sich, dass die Branche der entscheidendste Faktor für die Digitalisierung ist, während die Unternehmensgröße nur bei IT-Ausstattung und -Sicherheit weniger relevant ist.[36]
o Betriebe in Berlin und Baden-Württemberg messen der digitalen Transformation größere Bedeutung bei als Unternehmen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern laut einer Studie von Ernst & Young.[37]
Ein weiterer Unterschied besteht in der Finanzierung und Investition. Laut der KfW Bankengruppe haben 40 Prozent der mittelständischen Unternehmen zwischen 2016 und 2018 Digitalisierungsprojekte abgeschlossen, wobei größere Unternehmen und forschungsstarke Branchen führend sind.[38]
Die durchschnittlichen Ausgaben pro Unternehmen bleiben mit 17.000 Euro unverändert gering[39]. Kleine Unternehmen empfinden den Zugang zu Digitalisierungskrediten oft als schwieriger als für Sachinvestitionen[40].
Darüber hinaus kann mit dem Relevanzstufenraster ermittelt werden, in welchen Unternehmensbereichen die Digitalisierung besonders wichtig ist[41].
Eine Metaanalyse zeigt, dass Unternehmen mit geringerem Umsatz und aus traditionellen Branchen wie Bau und Gesundheitswesen der Digitalisierung oft eine geringere Priorität einräumen[42].
Kleinere KMU tendieren dazu, fehlende IT-Kompetenzen durch Schulungen bestehender Mitarbeitender auszugleichen, anstatt neue IT-Fachkräfte einzustellen[43].
Studien wie die von Lichtblau et al. zeigen, dass nur ein Fünftel der KMU Daten und Algorithmen zur Virtualisierung nutzen[44].
1.2.2 Herausforderungen der KMU bei Digitalisierung
Die Digitalisierung bringt viele Herausforderungen für KMU mit sich (siehe Abbildung 1), die sowohl struktureller als auch technologischer Natur sind. Besonders schwierig ist es, dass die Grenzen zwischen den verschiedenen Aufgaben in einem Unternehmen wie wertschöpfenden und unterstützenden Prozessen z.B. Produktion und Verwaltung, immer mehr verschwimmen (siehe Einflussfaktoren Abbildung 2). Die Rolle des Controllers oder der Controllerin verändert sich und das hat Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung von KMU. Um damit umgehen zu können, müssen Unternehmen passende Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) einsetzen, was jedoch oft nicht einfach ist. Oft überschätzen KMU ihren eigenen Digitalisierungsstand. Das liegt daran, dass sie nicht genau wissen, was Digitalisierung wirklich bedeutet und welche Möglichkeiten die Digitalisierung bietet. Besonders in den Bereichen Software, Produktion, Logistik und Cloud-Dienste gibt es noch viel Nachholbedarf.[45]
Abbildung 1: Herausforderungen von KMU bei der Digitalisierung[46]
Viele Unternehmen wissen zwar, dass moderne Technologien wichtig sind, haben aber Probleme, sie einzuführen. Gründe dafür sind zum Beispiel fehlendes Wissen, zu hohe Kosten, begrenzte Ressourcen oder Unsicherheiten bei der Umsetzung[47]. Außerdem fehlt es oft an einem klaren Überblick darüber, wie weit die Digitalisierung im eigenen Unternehmen wirklich ist[48]. Deshalb brauchen KMU nicht nur technische Unterstützung, sondern auch Hilfe bei der Planung, Zielformulierung und Strategie, um die Chancen der Digitalisierung besser nutzen zu können und wettbewerbsfähig zu bleiben[49].
Mit der Einführung von Industrie 4.0 erleben Unternehmen einen tiefgreifenden Wandel, der vor allem die Fertigung und Produktion betrifft. Ziel der vierten industriellen Revolution ist es, durch Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen sowie den Einsatz neuer Technologien die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen langfristig zu stärken. Viele Unternehmen betrachten Industrie 4.0 daher als eine große Chance, da sie sich durch digitale Technologien Wettbewerbsvorteile und die vollständige Ausschöpfung ihres Potenzials erhoffen.[50]
Abbildung 2: Einfluss der Digitalisierung auf KMU[51]
Die Digitalisierung im Controlling eröffnet KMU zahlreiche Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und Optimierung von Prozessen. Gleichzeitig bringt sie jedoch auch spezifische Herausforderungen mit sich, insbesondere in Bezug auf ökologische Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR).[52]
Die Digitalisierung von KMU ist geprägt durch branchenspezifische und regionale Faktoren, begrenzte Investitionen sowie Herausforderungen bei Qualifizierung und Finanzierung. Große Unternehmen und forschungsintensive Branchen zeigen deutliche Fortschritte, während traditionelle Branchen und kleine Unternehmen Nachholbedarf haben.[53]
Green IT und Green IS (Informationssysteme) haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und werden zunehmend als wichtige Instrumente für eine nachhaltige Unternehmensführung betrachtet. Trotz dieser Relevanz bleibt unklar, wie stark nachhaltige IT- und IS-Maßnahmen tatsächlich in KMU verbreitet sind, welche Ziele sie verfolgen und wie ihre Wirkung gemessen wird. Eine Umfrage unter 1535 Unternehmen aus der DACH-Region zeigte, dass zwar ein Großteil der Unternehmen (70,8 %) ökologische Nachhaltigkeit als wichtig einstuft, jedoch nur wenige (23,7 %) entsprechende Kennzahlen zur Überwachung eingeführt haben. Noch seltener finden sich konkrete Maßnahmen wie der Einsatz von Green IT (11,2 %) oder Green IS (9,4 %).[54]
Neben der ökologischen Dimension spielt auch CSR eine entscheidende Rolle im Controlling von KMU. Controlling-Instrumente, die auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten sind, können die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen gezielt unterstützen. Positive Effekte von CSR umfassen beispielsweise eine Verringerung der Eigenkapitalkosten, Schutz in Krisenzeiten sowie ein langfristig verbessertes Image. Besonders Nachhaltigkeitsberichte sind ein effektives Mittel, um einer möglichen negativen Reputation entgegenzuwirken und gleichzeitig die langfristige Ausrichtung des Unternehmens zu dokumentieren.[55]
Studien zeigen, dass es eine Vielzahl von Herausforderungen gibt, die Unternehmen auf dem Weg zur digitalen Transformation begegnen (siehe Anhang Tabelle 2), während bestimmte Faktoren den Erfolg fördern können (siehe Anhang Tabelle 3). Ein großes Hindernis ist der Mangel an Wissen, der von 17 der analysierten Studien als wesentliches Problem benannt wird. Dieser Aspekt ist eng verbunden mit dem Fehlen qualifizierter Fachkräfte, was in 14 Studien hervorgehoben wird. Die Abhängigkeit von spezialisiertem Personal erschwert es vielen Unternehmen, den erforderlichen Know-how-Aufbau für Digitalisierungsprojekte zu gewährleisten.[56]
Ein weiteres häufig genanntes Hemmnis sind fehlende finanzielle Mittel (zehn Nennungen), was oft mit einer Unsicherheit über den Nutzen von Digitalisierungsmaßnahmen (neun Nennungen) korreliert. Unternehmen, die keine klaren Vorteile erkennen oder die Kosten-Nutzen-Relation als ungünstig einschätzen, priorisieren Digitalisierungsprojekte weniger oder setzen sie gar nicht um.[57]
Darüber hinaus bestehen Bedenken hinsichtlich der IT- und Datensicherheit, die, wenn auch weniger häufig genannt, dennoch eine signifikante Rolle spielen. Intern können Widerstände und Skepsis gegenüber digitalen Technologien ebenfalls dazu führen, dass Projekte blockiert oder verzögert werden.[58]
Erfolgsfaktoren (siehe Abbildung 2) werden in der Literatur seltener explizit behandelt als Hemmnisse, aber sie zeigen auf, wie KMU Digitalisierungsmaßnahmen erfolgreich umsetzen können. Zu den am häufigsten genannten Faktoren gehören Transparenz und Kommunikation, sowohl intern als auch extern. Eine frühe Einbindung der Mitarbeitenden in die Planung und Umsetzung von Projekten wird als besonders wichtig erachtet, da sie Akzeptanz schafft und interne Widerstände reduziert.[59]
Abbildung 3: Erfolgsfaktoren für KMU bei der Digitalisierung[60]
Weiterhin spielen Wissen, Qualifikation und Projekterfahrung eine entscheidende Rolle. KMU, die bereits ein erfolgreiches Digitalisierungsprojekt durchgeführt haben, zeigen oft eine höhere Bereitschaft und Fähigkeit, weitere Projekte umzusetzen. Positive Projekterfahrungen wirken motivierend und können Unsicherheiten abbauen.[61]
Agile Methoden werden ebenfalls als hilfreich genannt, um Risiken zu minimieren. Sie ermöglichen eine kontinuierliche Evaluation des Nutzens und der Einsatzmöglichkeiten im Verlauf eines Projekts, was Unsicherheiten über den Erfolg verringern kann.[62]
Die genannten Erfolgsfaktoren beinhalten oft sogenannte „weiche Faktoren“ wie Unternehmenskultur, Offenheit und Kommunikation. Diese sind zwar schwer zu messen, haben aber erheblichen Einfluss auf die Umsetzung und den Erfolg von Digitalisierungsprojekten.[63]
Die Analyse macht deutlich, dass die Digitalisierung von KMU sowohl durch strukturelle Probleme wie Fachkräftemangel und finanzielle Engpässe als auch durch weiche Faktoren wie interne Kommunikation und Unternehmenskultur geprägt wird. Während Hemmnisse oft greifbare Ressourcen betreffen, können Erfolgsfaktoren wie transparente Kommunikation und Projekterfahrung dazu beitragen, diese Herausforderungen zu überwinden.[64]
1.2.3 Eignung etablierter Lösungen für KMU
Im Kontext des Controllings bieten technische Innovationen wie Big Data, Business Analytics, RPA (Robotic Process Automation) und ML (Machine Learning) eine Vielzahl an Möglichkeiten, die jedoch hinsichtlich ihrer Eignung für KMU spezifische Vor- und Nachteile aufweisen[65].
Big Data beschreibt große, heterogene Datenmengen, die schnell generiert und verarbeitet werden können[66]. Im Controlling lassen sich dadurch aktuelle Markttrends analysieren, die strategische Planungen unterstützen können[67]. Für KMU liegt die Stärke von Big Data in der Möglichkeit, datengetriebene Entscheidungen zu treffen. Allerdings erfordert die Nutzung erhebliche Investitionen in Technologien und Expertise, was für kleinere Unternehmen oft ein Hemmnis darstellt[68].
Business Analytics nutzt statistische Modelle und Algorithmen, um aus Daten Erkenntnisse zu gewinnen[69]. Es wird zwischen deskriptiven, prädiktiven und präskriptiven Analysen unterschieden[70]. Besonders Predictive Analytics ist relevant, da es Unternehmen ermöglicht, künftige Ereignisse wie Zahlungseingänge oder Rohstoffpreisentwicklungen vorherzusagen[71]. Für KMU ist die Stärke dieser Lösungen ihre Fähigkeit, fundierte Entscheidungen zu erleichtern. Die Schwäche liegt in der Komplexität der Integration solcher Systeme, insbesondere bei fehlenden Daten oder unzureichender IT-Infrastruktur.
People Analytics (PA) wird als gezielte Nutzung von Daten und Datenanalysen zur Entscheidungsfindung im Personalmanagement definiert[72]. Synonym werden häufig Begriffe wie Workforce Analytics und HR Analytics verwendet, wobei sie unterschiedliche Schwerpunkte haben: Workforce Analytics konzentriert sich stärker auf operative und strategische Personalplanung, während HR Analytics die Analyse von Prozessen der Personalabteilung in den Fokus rückt[73].
Es lassen sich drei Entwicklungsstufen von PA unterscheiden (siehe Abbildung 1), die sich aus dem klassischen Personalcontrolling weiterentwickelt haben[74]:
- Deskriptives People Analytics: Diese erste Stufe bezieht sich auf die Analyse und Darstellung historischer Daten, um vergangene Ereignisse und deren Ursachen zu verstehen. Beispiele umfassen die Analyse von Krankheitsquoten oder Überstunden in verschiedenen Unternehmensbereichen. Zur Datenanalyse werden häufig Tabellenkalkulationen, Reportgeneratoren oder OLAP-Tools in Business-Intelligence-Systemen (BI-Systeme) eingesetzt, die mehrdimensionale Datenanalysen ermöglichen. Besonders vorteilhaft sind Dashboards, die eigenständige Datenauswertungen ermöglichen und Abhängigkeiten von Fachabteilungen reduzieren. Schwächen dieser Stufe liegen in manuellen Tätigkeiten und Medienbrüchen, die die Effizienz einschränken können.[75]
- Prädiktives People Analytics: Diese Stufe geht über deskriptive Analysen hinaus, indem statistische Zusammenhänge aus Vergangenheitsdaten genutzt werden, um zukünftige Szenarien vorherzusagen. Zum Beispiel können im Einzelhandel oder in der Eventbranche Wetterdaten mit Kundenzahlen verknüpft werden, um Personalbedarfsprognosen zu erstellen. Die Datenbasis hierfür sind häufig Data Warehouses oder Data Marts, und es kommen Data-Mining-Methoden sowie Simulationsmodelle zum Einsatz. Schwächen bestehen in der begrenzten Verfügbarkeit von Standardsoftware, weshalb oft individuelle Softwarelösungen erforderlich sind.[76]
- Präskriptives People Analytics: In der dritten Entwicklungsstufe können durch die Anwendung von Optimierungsmodellen, Expertensystemen und Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) Handlungsempfehlungen für komplexe Personalentscheidungen generiert werden. Beispielsweise kann in einem Callcenter die optimale Teamzusammensetzung ermittelt werden. Diese Stufe stellt höchste Anforderungen an die Hardware (von C#, Java über SAS, Python, Matlab zu GAMS, R oder FICO Xpress) und es gibt keine Standardsoftware, weshalb viele Berechnungen in der Cloud durchgeführt werden. Die Ergebnisse können mit BI-Tools visualisiert und analysiert werden. Die Schwäche liegt in den hohen Anforderungen an technologische und analytische Expertise, sowie in der häufigen Notwendigkeit von Eigenentwicklungen.[77]
Abbildung 4: Personalcontrolling - präskriptiv, prädiktiv, descriptiv[78]
RPA automatisiert regelbasierte Prozesse, indem Software-Roboter menschliche Interaktionen nachahmen[79]. Typische Einsatzbereiche sind die Kreditorenbuchhaltung, wo RPA Aufgaben wie Rechnungsbearbeitung und Zahlungsfreigaben übernimmt[80]. Für KMU bietet RPA den Vorteil der Effizienzsteigerung, da Fehler vermieden und Ressourcen geschont werden. Jedoch können die Implementierungskosten und der Anpassungsaufwand für kleinere Unternehmen eine Herausforderung darstellen.
ML nutzt selbstlernende Algorithmen, um aus Daten Muster abzuleiten und Vorhersagen zu treffen[81]. Ein Beispiel im Controlling ist die Prognose des Zahlungsverhaltens von Kunden[82]. Durch kontinuierliche Datenverarbeitung verbessert sich die Genauigkeit der Vorhersagen[83]. Für KMU liegt die Stärke von ML in der Präzision und Automatisierung von Prognosen. Allerdings erfordert es hohe Datenqualität und umfassende IT-Kenntnisse, was für kleinere Unternehmen oft schwer umsetzbar ist.
Die Digitalisierung von Controlling-Prozessen, insbesondere im Bereich der Balanced Scorecard (BSC) und des Benchmarkings, stellt viele KMU vor große Herausforderungen. Eine Analyse der verfügbaren Tools zeigt, dass zahlreiche Lösungen für kleinere Unternehmen ungeeignet sind, insbesondere wenn diese wenig Erfahrung mit digitalen Technologien haben. Beispielhaft wird die Software BWA 2002 betrachtet, die aufgrund ihrer Benutzerfreundlichkeit und geringen Schulungsanforderungen grundsätzlich gut für KMU geeignet ist. Sie ermöglicht Benchmarking-Vergleiche und unterstützt Kunden mit Controlling-Verständnis bei der Interpretation der Daten. Allerdings zeigt die Praxis, dass Unternehmen mit unstrukturierten Kontenplänen oder ohne grundlegendes Rechnungswesen-Know-how Schwierigkeiten bei der Implementierung und Nutzung haben.[84]
BSC ist ein breit einsetzbares Tool im Berichtswesen, das verschiedene Inhaltsbereiche abbilden kann wie strategische und operative Informationen, aber auch externe Trends und weiche Faktoren. Das englische Wort „Card“ steht hierbei für Berichtsbogen, der zur Darstellung von ausgewogenen („balanced“) Unternehmensinformationen dient und klare Zielvorgaben nutzt („score“), warum es als Instrument für die operative und strategische Unternehmensführung genutzt wird.[85]
Benchmarking dient dazu durch externe Indikatoren und den Vergleich mit Wettbewerbern Informationen fürs Management bereitzustellen über die Marktentwicklung und Wettbewerber.[86]
Business Intelligence (BI) hat sich in den letzten Jahren zunehmend auch für KMU als praktikable Lösung etabliert. Während BI früher primär mit größeren, mittelständischen Unternehmen oder Unternehmensgruppen assoziiert wurde – typischerweise solchen mit über 250 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro –, galt es lange Zeit als unpraktisch und zu komplex für kleinere Betriebe. BI war traditionell mit vollintegrierten Enterprise-Resource-Planning (ERP)-Systemen wie SAP verbunden, die erhebliche Investitionen und technische Expertise erforderten. Solche Systeme waren mit der Nutzung zentralisierter Datenbanken (Business Warehouses, BW) und teuren Schnittstellen verbunden, die oft weit außerhalb des Budgets und der Bedürfnisse von KMU lagen.[87]
Dieser Ansatz hat sich jedoch grundlegend verändert. Moderne BI-Software ist heute wesentlich zugänglicher und erfordert keine teuren, vollintegrierten Systeme mehr. Stattdessen ermöglichen solche Lösungen den Import bestehender Daten aus über Jahre gewachsenen, unabhängigen Softwaresystemen – oft über manuelle oder automatisierte Exporte in Form von CSV- oder Excel-Dateien. Die Notwendigkeit kostspieliger IT-Beratung oder Schnittstellenentwicklung entfällt, was besonders für KMU einen großen Vorteil darstellt.[88]
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- Annika Henrieke Sill (Autor), 2025, Digitalisierung im Controlling von KMU. Alternativen zu Excel und VBA, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1556602