Mit den militärischen Anfangserfolgen der Wehrmacht in Osteuropa wuchs bei den
Herrenmenschenideologen des Dritten Reiches auch die Zuversicht, ihre Träume zur
dauerhaften Aneignung der eroberten Gebiete durch „Germanen“ in die Praxis
umzusetzen. Bevölkerungspolitische Gesamtkonzeption dafür war das Projekt
„Generalplan Ost“- seit 1941 diskutiert, am 12. Juni 1942 durch Heinrich Himmler
gebilligt. Danach waren eine Handvoll größerer deutscher Siedlungsmarken in
Osteuropa und als Siedlungsbrücken zwischen ihnen und dem Deutschen Reich drei
Dutzend Siedlungsstützpunkte anzulegen. Auch auf diese Weise sollten die
geschlossenen ethnischen Einheiten der slawischen Völker zerstört und der
germanischen Herrenrasse die Hegemonie im östlichen Europa gesichert werden. Einen
großen Teil der ansässigen slawischen Bevölkerung beabsichtigten die
Nationalsozialisten nach Sibirien auszusiedeln. Der andere Teil sollte zur Sklavenarbeit
herabgewürdigt in den entsprechenden Gebieten vorerst verbleiben dürfen. Die geplante
Bevölkerungsverschiebung hätte zwischen 30 und 90 Millionen Menschen erfasst,
wobei der Tod eines Teils dieser „Masse“ einkalkuliert war. Die Realisierung des
Generalplans Ost, dessen Entstehungsgeschichte und genauer Inhalt hier nicht referiert
werden sollen, blieb glücklicherweise Utopie. Sie war für die Zeit nach dem erhofften
Endsieg vorgesehen. In seinen Anordnungen im Oktober und November 1939 hatte sich
Himmler auch betreffs der Ansiedlung von Reichsdeutschen dahingehend
ausgeprochen.3 Allerdings wurde noch während des Krieges mit der ersten Phase der
„Umvolkung“ begonnen. Himmler war seit dem 7. Oktober 1939 als Reichskommissar
für die Festigung deutschen Volkstums für ... die Gestaltung neuer deutscher
Siedlungsgebiete durch Umsiedlung, im besonderen durch Seßhaftmachung der aus dem
Ausland heimkehrenden Reichs- und Volksdeutschen verantwortlich. Es scheint, dass
er in dieser Funktion ungeduldig mit der Umsetzung seines „Lieblingsplanspiels“
beginnen wollte und deshalb mit seinem SS-Apparat an einigen Stellen losschlug. Dabei
ignorierte er die Kompetenzen anderer Institutionen des Reichs. Jedoch wird es für den
verhältnismäßig raschen Beginn der Aktion auch rationalere Überlegungen gegeben
haben, denn je schneller Himmler seinem Führer formal hervorragende Pläne vorlegte,
desto eher konnte er sich als Garant ideologischer Fernziele des Regimes profilieren und
den Anspruch der SS auf den Osten untermauern. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung: Die Vorbereitung der „Aktion Zamość“
- Die Aussiedlung der polnischen Bevölkerung aus dem Umsiedlungsgebiet
- Theorien für die Aussiedlung
- Die Praxis der Aussiedlung
- Die Folgen der Vertreibungen
- Fiasko und Fazit der Aussiedlungsaktion
- Kollaboration von ukrainischer und polnischer Seite
- Die,,deutsche Ansiedlung in der Zamojszczyzna
- Die Suche nach deutschen Ansiedlern für den ersten „Ostlandstützpunkt“
- Der Ansiedlungsvorgang
- Vermögensprobleme
- Planung und Aufbau der Siedlungen der Neusiedler
- Die Bau- und Planungsbehörden
- Die Landschaftsplanung
- Die Verwaltung der Neusiedlungen
- Die Infrastruktur
- Die Institution der „Polizeistützpunkte“
- Die,,deutsche“ Stadt Zamość
- Das Ende der Umsiedlungsaktion in der Zamojszczyzna
- Literaturverzeichnis
- Anmerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit untersucht die erste Realisierungsphase des „Generalplans Ost“ in der Zamojszczyzna, einem Gebiet im Generalgouvernement, das als Testfeld für die Germanisierungspolitik der Nationalsozialisten diente. Die Arbeit beleuchtet die Aussiedlung der polnischen Bevölkerung, die Ansiedlung deutscher Siedler und die Planung und den Aufbau der neuen Siedlungsgebiete.
- Die Aussiedlung der polnischen Bevölkerung aus der Zamojszczyzna als Teil der „Aktion Zamość“
- Die Ansiedlung deutscher Siedler in der Zamojszczyzna als erster „Ostlandstützpunkt“
- Die Planung und der Aufbau der Siedlungen der Neusiedler, einschließlich der Infrastruktur und der Verwaltung
- Die Folgen der Umsiedlungsaktion, einschließlich des Widerstandes der polnischen Bevölkerung
- Die Bedeutung der „Aktion Zamość“ als Testfall für die „Germanisierung“ Ostmittel- und Osteuropas
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den historischen Kontext der „Aktion Zamość“ dar und erläutert die Bedeutung des Projekts für die NS-Ostraumpolitik. Kapitel 2 beschreibt die Aussiedlung der polnischen Bevölkerung, einschließlich der Theorien, der Praxis und der Folgen der Vertreibungen. Kapitel 3 beleuchtet die Kollaboration von ukrainischer und polnischer Seite während der Aussiedlungsaktion. Kapitel 4 befasst sich mit der Ansiedlung deutscher Siedler in der Zamojszczyzna, einschließlich der Suche nach deutschen Ansiedlern, des Ansiedlungsprozesses und der Vermögensprobleme. Kapitel 5 analysiert die Planung und den Aufbau der Siedlungen der Neusiedler, einschließlich der Bau- und Planungsbehörden, der Landschaftsplanung, der Verwaltung, der Infrastruktur und der „Polizeistützpunkte“. Das letzte Kapitel behandelt das Ende der Umsiedlungsaktion in der Zamojszczyzna.
Schlüsselwörter
Generalplan Ost, Aktion Zamość, Umsiedlung, Vertreibung, Germanisierung, Ostlandstützpunkt, Zamojszczyzna, Siedlungspolitik, Nationalsozialismus, Widerstand, Kollaboration.
- Arbeit zitieren
- Harms Mentzel (Autor:in), 1997, Die erste Realisierungsphase des "Generalplans Ost" in der Zamojszczyzna, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15571