Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Psychische Belastungen am Arbeitsplatz
2.1 Ursachen psychischer Belastungen am Arbeitsplatz
2.2 Negative Folgen psychischer Belastungen am Arbeitsplatz.
2.3 Strategien zur Prävention psychischer Belastungen am Arbeitsplatz
2.3.1 Resilienz
2.4 Positive Folgen der Prävention psychischer Belastungen am Arbeitsplatz
3 Praxisbeispiel Deutsche Bahn
4 Fazit
5 Eigene Stellungnahme
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn es anders wird. Wenn es aber besser werden soll, muss es anders werden."; Diese Aussage stammt von Georg Christoph Lichtenberg, einem im 18. Jahrhundert lebenden Aphoristiker und Physiker. Das The- ma „Wandel"; mit seinen Folgen ist besonders in der heutigen Welt von hoher Aktualität geprägt. In Zeiten der Globalisierung und des Strukturwandels hat sich die Gesellschaft aufgrund technischer und organisatorischer Veränderungen zu einer Dienstleistungs- gesellschaft entwickelt, was erhebliche Veränderungen in der Arbeitswelt inkludiert. Arbeitnehmer sind in der heutigen Zeit anderen Belastungen als noch vor 50 oder 100 Jahren ausgesetzt. Während sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter monotoner und körperlich schwerer Arbeit zu leiden hatten, müssen sie heute komplexe und verant- wortungsvolle Aufgaben unter Zeitdruck bewältigen und dabei mit der Ungewissheit eines Arbeitsplatzverlustes leben. Diese Belastungen können sich darüber hinaus auf das Privatleben der Arbeitnehmer bei der Interaktion mit Familienmitgliedern, Freunden und dem Lebenspartner und somit auf die allgemeine Lebensqualität auswirken.
Bei der Behandlung physischer und chemischer Belastungsfaktoren (z.B. aufgrund des Tragens schwerer Gegenstände) ist die Medizin weit fortgeschritten. Bei den relativ neuen psychischen Belastungen können u.a. Mediziner, Unternehmen sowie Psycho- logen jedoch noch nicht aus einem vergleichbaren Erfahrungsspektrum schöpfen. Dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz negative Folgen für eine zunehmende Zahl der Arbeitnehmer haben, belegen aktuelle, alarmierende Zahlen von Studien und Krankenkassen. Hieraus ergibt sich v.a. für Unternehmen die Notwendigkeit und Her- ausforderung, präventiv und intervenierend vorzugehen und nicht nur ihre Arbeitneh- mer zu schützen, sondern auf diese Weise auch die Produktivität ihres Unternehmens zu gewährleisten.
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Problematik von Stressoren am Ar- beitsplatz, die als Ursachen psychischer Erkrankungen gelten sowie deren negative Folgen, sowohl für Arbeitnehmer als auch Unternehmen. Im Folgenden werden Strate- gien zur Prävention vorgestellt, die psychischen Erkrankungen vorbeugen. Hieraus lassen sich positive Folgen, ebenfalls für Arbeitnehmer und Unternehmen, ableiten. In einem anschließenden Praxisbeispiel wird auf Präventionsmaßnahmen der Deutschen Bahn und deren Umgang mit Lokführern, die ein traumatisches Erlebnis hatten, einge- gangen. Im Anschluss daran werden die Erkenntnisse dieser Hausarbeit in einem Fazit wiedergegeben und kritisch beleuchtet.
2 Psychische Belastungen am Arbeitsplatz
In den folgenden Kapiteln wird auf wesentliche Elemente und Folgen psychischer Be- lastungen am Arbeitsplatz eingegangen. Es wird verdeutlicht, weshalb in Unternehmen akuter Handlungsbedarf besteht und welche Präventions- und Interventionsmaßnah- men zur Gesunderhaltung der Arbeitnehmer sowie zur Sicherung des Unternehmens- erfolges von Bedeutung sind.
2.1 Ursachen psychischer Belastungen am Arbeitsplatz
Es gibt verschiedene Aspekte und Stressoren1, die als Ursachen für psychische Belas- tungen sowie Stress am Arbeitsplatz angesehen werden und sich negativ auf das Le- ben von Arbeitnehmern auswirken können. Diese werden auch als „moderne Feinde der Gesundheit im Arbeitsleben"; (Rigotti & Mohr, 2008, S. 45) bezeichnet und im Fol- genden näher betrachtet.
Als nicht abeitsplatzspezifische Faktoren werden allgemeine Veränderungen in der Wirtschaft, z.B. die bereits erwähnte Globalisierung und der Strukturwandel, als Ursa- chen psychischer Belastungen genannt (Bamberg, 2007). Hieraus resultiert die Not- wendigkeit für Unternehmen, in möglichst kurzer Zeit ein Höchstmaß an Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen zu gewährleisten und dabei kostensenkend zu arbeiten (Leidig, 2007). Dies wirkt sich in erster Linie auf Arbeitnehmer aus, die unter zuneh- mendem Leistungs- und Zeitdruck arbeiten müssen (Rigotti & Mohr, 2008). Gleichzeitig liegt eine steigende Arbeitsplatzunsicherheit vor, was für Arbeitnehmer bedeutet, nicht ein Leben lang für ein Unternehmen tätig zu sein, sondern befristete Arbeitsverträge sowie Arbeitsplatzwechsel in Kauf nehmen zu müssen (Scharnhort, 2008). Hierdurch müssen sie sich an ständige (organisationale) Umstrukturierungen, an neue Kollegen und Vorgesetzte sowie Aufgaben anpassen (Rigotti & Mohr, 2008).
Innerhalb eines Unternehmens kommt den Arbeitsbedingungen und -aufgaben sowie Vorgesetzten und Kollegen eine große Bedeutung hinsichtlich der Ursachen psychi- scher Erkrankungen zu. Zu den Umfeldstimuli zählen u.a. physikalische Stressoren wie Lärm, unangenehme Gerüche, aber auch Staub und Schmutz (Frieling & Sonntag, 1999; Schwarzer, 1997). Dabei spielen zudem zeitliche Aspekte wie Schicht- und Nachtarbeit eine Rolle (Mohr & Udris, 1997). Arbeitsaufgaben können Arbeitnehmer sowohl über- als auch unterfordern, nicht vielfältig genug sein und ihnen keinen bzw. unzureichenden Handlungsspielraum bieten. Letzterer steht in Verbindung mit der Kontrollüberzeugung der Mitarbeiter, d.h. wie stark die Einengung und die soziale Kon- trolle bei der Arbeitsausführung durch Vorgesetzte sind (Oetting, 2008). Darüber hin- aus können Gratifikationskrisen entstehen, wenn der Arbeitnehmer die für seine Tätig- keit erhaltene Belohnung als nicht angemessen bzw. als zu gering in Relation zu sei- nem Arbeitsaufwand ansieht, was Stress auslösen kann (Rigotti & Mohr, 2008). Darü- ber hinaus können sich mangelnde Wertschätzung durch Vorgesetzte und Mitarbeiter sowie mangelhaftes Führungsverhalten und soziale Interaktionen mit Kollegen, z.B. Spannungen und Streitigkeiten bis hin zu Mobbing2, negativ auf das Befinden von Mit- arbeitern auswirken (Oetting, 2008; Frieling & Sonntag, 1999). Des Weiteren können auch private Probleme und finanzielle Sorgen das Stressempfinden beeinflussen und Wechselwirkungen mit Stressoren am Arbeitsplatz bilden (Leidig, 2007). Im folgenden Kapitel wird auf die Konsequenzen der beschriebenen psychischen Belastungen am Arbeitsplatz eingegangen.
2.2 Negative Folgen psychischer Belastungen am Arbeitsplatz
Die heutige moderne Technologie sowie die Anwendung fortschrittlicher Maschinen und Produkte haben Arbeitnehmern zwar Lasten abgenommen und Arbeitsschritte vereinfacht, sie „garantieren [jedoch] keineswegs moderne und humanverträgliche Ar- beitsbedingungen"; (Frieling & Sonntag, 1999, S. 269). Aktuelle Studien zeigen, dass die Zahl krankheits- und unfallbedingter Abwesenheitstage zwar insgesamt gesunken ist, jedoch die Zahl der Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgrund psychischer Erkrankungen rasant gestiegen ist. Demzufolge erleiden knapp 30% der in Europa lebenden Men- schen innerhalb eines Jahres mindestens eine psychische Erkrankung. Darüber hinaus wird „Stress"; als das zweithäufigste, auf die Arbeit zurückzuführende Gesundheitsprob- lem angesehen (Rigotti & Mohr, 2008). Schätzungen zufolge werden im Jahr 2020 de- pressive Störungen die Liste der frühzeitigen Behinderung oder Sterblichkeit zuge- schriebenen Krankheiten anführen (Rösler, 2008). Stress wird auch für physiologisch- somatische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf- und Magen-Darm-Probleme sowie Dia- betes und Bluthochdruck verantwortlich gemacht (Bamberg, 2007). Betroffene Perso- nen leiden teilweise auch unter Rücken- und Muskelschmerzen, Nervosität, Schlafstö- rungen und einer verringerten Immunabwehr. Zudem besteht die Gefahr einer Wirk- stoffabhängigkeit (z.B. Alkohol, Zigaretten). Langfristig verschlimmern sich die Folgen, wenn sich die Person ungesund ernährt und sich zu wenig bewegt (Oetting, 2008). Aber auch auf kognitiv-emotionaler Ebene lassen sich Folgen (arbeitsplatzspezifischer) Belastungen aufzeigen. Hierzu zählen u.a. Depressionen3 und Angst (Bamberg, 2007). In einer Studie fand man heraus, dass Personen mit einem hohen Status, deren Arbeit hohe Anforderungen an sie stellt und zudem eine geringe Arbeitsplatzsicherheit sowie soziale Anerkennung besteht, erhöhte Depressivitätswerte aufweisen (Rösler, Ste- phan, Hoffmann, Morling, Müller & Rau, 2008).
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1 Stressoren sind interne oder externe Stress auslösende Faktoren, die wiederum zu Stressreaktionen führen können (Frieling & Sonntag, 1999; Zimbardo, 2006).
2 Mobbing bezeichnet negative kommunikative Handlungen einer oder mehrerer Personen gegen eine andere über einen längeren Zeitraum mit einer deutlichen Interaktion zwischen Täter(n) und Opfer (Frieling & Sonntag, 1999).
3 Bei Depressionen handelt es sich um psychische Störungen, die mit einer emotionalen Leere, Lustlosig- keit, Stimmungsbeeinträchtigungen, Niedergeschlagenheit sowie körperlichen Beeinträchtigungen verbun- den sind (Hautzinger, 1998).