„Ich wünsche mir, dass Führungspersönlichkeiten der Wirtschaft gerade heute eine Kultur der Verantwortung und der Mäßigung vorleben.“ (Bundespräsident Horst Köhler zu seiner Antrittsrede am 01.07.2004)
Spätestens seit dem Goldenen Handschlag von Mannesmann-Vorstand Klaus Esser im Jahr 2000 wird über die Höhe von Abfindungen in Deutschland diskutiert. Hohe Abfindungszahlungen an Vorstandsmitglieder, die vorzeitig aus dem Organ ausscheiden, sind ein Politikum und mitverantwortlich für den schlechten Ruf, den Manager bei vielen Menschen haben. So verlängerte beispielsweise der ehemalige Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff im Juli 2002 seinen Vertrag um fünf Jahre, um dann nach nur wenigen Wochen aufgrund von Unstimmigkeiten mit dem Aufsichtsrat das Unternehmen zu verlassen und eine Abfindungszahlung in Höhe von 25 Mio. Euro zu erhalten. Klaus Kleinfeld verließ Siemens und erhielt für sein Ausscheiden 7 Mio. Euro, Werner Seifert verließ die Deutsche Börse (8 Mio. Euro), Ron Sommer die Deutsche Telekom (11,6 Mio. Euro), Karl-Gerhard Eick den insolventen Arcandor-Konzern (15 Mio. Euro), Clemens Börsig die Deutsche Bank (17 Mio. Euro), Wendelin Wiedeking die Porsche AG (50 Mio. Euro), Bob Eaton die DaimlerChrysler AG (60 Mio. Euro). Diese Aufzählung ist bei weitem nicht vollständig.
Im Gegensatz dazu, wurde in den letzten Jahren in einigen Unternehmen die Belegschaft teilweise drastisch reduziert, einigten sich Gewerkschaften für tarifliche Angestellte in vielen Branchen auf sogenannte Nullrunden und stiegen die Aktien vieler Unternehmen, wenn überhaupt, vergleichsweise nur mäßig an. Instinktives Empfinden von Maßlosigkeit und Unangemessenheit prägte stets die dadurch aufkommende öffentliche Debatte, ob solche Abfindungen gerechtfertigt seien. Das Gefühl der Unverhältnismäßigkeit und moralisches Empfinden sind jedoch keine juristischen Maßstäbe. Von dem „Schaudern über die Höhe von Abfindungen gilt es sich zu befreien, wenn man beurteilen will, ob sie rechtswidrig waren.“
Hinsichtlich eines Abfindungs-Caps bzw. einer Begrenzung der Abfindungshöhe für Vorstandsmitglieder gilt es in der vorliegenden Arbeit den gesetzgeberischen Rahmen zu kennzeichnen, innerhalb dessen frei vergütet und abgefunden werden kann. Des Weiteren sind die für diese Entscheidung maßgeblichen Kriterien aufzuzeigen, wobei die wesentlichen normativen Vorgaben und deren Umsetzung durch die Judikative ausgiebig dargestellt und erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung und Zielsetzung
- Aktuelle Diskussion über die Höhe von Abfindungen
- Abfindungs-Caps als mögliche Lösung?
- Das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG)
- Gang der Untersuchung
- Abfindungszahlungen an Vorstandsmitglieder
- Organstellung und Anstellungsvertrag
- Normativer Begriff der Abfindung
- Abfindungen bei Beendigung von Dienstverträgen
- Gemeinsamkeiten bei Arbeitnehmern und Organmitgliedern
- Abgeltung enttäuschter Entgelterwartungen
- Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes
- Übergangsgeld
- Abgeltung des eventuellen Verlusts einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung
- Befriedungsfunktion
- Relevante Unterschiede bei Arbeitnehmern und Organmitgliedern
- Definition
- Bestandteile einer Abfindungsvereinbarung
- Ablösende Abfindungen
- Zusätzliche Abfindungen
- Abgrenzung zu Zahlungen ohne Abfindungscharakter
- Pensionsansprüche
- Anerkennungsprämien (appreciation awards)
- Honorare aus Beraterverträgen
- Karenzentschädigungen für nachvertragliche Wettbewerbsverbote
- Abfindungen im Anstellungsvertrag
- Praktische Relevanz
- Sonderfälle
- Change-of-control-Klauseln
- Koppelungsklausel
- Außerordentliche Kündigung
- Abfindungs-Caps
- Erscheinungsformen
- Absolute Caps
- Relative Caps
- Standort
- Gesetz
- Satzung
- Anstellungsvertrag
- Begrenzung der Abfindungshöhe nach dem BGB, HGB und AktG
- Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB
- Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrats nach § 84 AktG
- Zusammenspiel von Abfindungen und § 87 AktG
- Anwendbarkeit von § 87 AktG
- Maßstab für die Abfindungshöhe bei Abberufung
- Allgemeiner Begriff der Angemessenheit
- Materielle Kriterien
- Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds
- Lage der Gesellschaft
- Üblichkeit der Vergütung
- Branchen-, Größen- und Landesüblichkeit
- Lohn- und Gehaltsgefüge im Unternehmen
- Konsequenzen
- Weitere Kriterien für die Angemessenheit
- Funktionale Kriterien
- Abgeltung enttäuschter Entgelterwartungen
- Übergangsgeld
- Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes
- Abgeltung einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung
- Befriedungsfunktion
- Ermessen des Aufsichtsrats
- Business Judgment Rule, § 93 12 AktG
- Anwendung der Business Judgment Rule
- Begründungspflicht des Aufsichtsrats
- Ausrichten am Unternehmensinteresse
- Zwischenergebnis
- Anpassung nachträglich unangemessen werdender Abfindungszahlungen
- Herabsetzungsmöglichkeit nach § 87 II AktG
- Anwendbarkeit von § 87 II AktG
- Herabsetzung nach Abfindungsfunktionen
- Ergebnis
- Offenlegungspflichten nach § 285 Nr. 9 HGB
- Rechtsfolgen unangemessener Abfindungen
- Auswirkungen auf die Abfindungszahlung
- Haftungsfolgen für die beteiligten Personen
- Zwischenergebnis
- Die Höhe von Abfindungen für Vorstandsmitglieder im deutschen Recht
- Die rechtliche Einordnung von Abfindungs-Caps
- Die Auswirkungen von Abfindungs-Caps auf die Gestaltung von Anstellungsverträgen für Vorstandsmitglieder
- Die rechtliche Bewertung von Abfindungs-Caps im Kontext des Deutschen Corporate Governance Kodex
- Die möglichen Folgen für die beteiligten Akteure bei Nichtbeachtung von Abfindungs-Caps
- Problemstellung und Zielsetzung: Dieses Kapitel stellt den aktuellen Diskussionsstand über die Höhe von Abfindungen für Vorstandsmitglieder dar und erläutert die Notwendigkeit von Abfindungs-Caps. Es wird auf das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) eingegangen und die Ziele der Arbeit dargelegt.
- Abfindungszahlungen an Vorstandsmitglieder: Dieses Kapitel behandelt die rechtliche Einordnung von Abfindungen im Kontext von Anstellungsverträgen für Vorstandsmitglieder. Es werden die verschiedenen Funktionen von Abfindungen im Arbeitsrecht erläutert und Unterschiede zwischen Arbeitnehmern und Organmitgliedern aufgezeigt.
- Begrenzung der Abfindungshöhe nach dem BGB, HGB und AktG: Dieses Kapitel untersucht die rechtlichen Grenzen für die Höhe von Abfindungen für Vorstandsmitglieder im deutschen Recht. Es werden die Normen des BGB, HGB und AktG sowie die Angemessenheitsprüfung nach § 87 AktG analysiert.
- Abfindungs-Caps im Rahmen des Deutschen Corporate Governance Kodex: Dieses Kapitel untersucht die Bedeutung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) für die Gestaltung von Abfindungs-Caps. Es werden die Vorgaben des DCGK zur Begrenzung von Abfindungszahlungen an Vorstandsmitglieder erläutert und die Auswirkungen auf die Praxis diskutiert.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit untersucht die Rechtslage zu Abfindungs-Caps für Vorstandsmitglieder im deutschen Recht. Sie analysiert die aktuelle Diskussion über die Höhe von Abfindungen und die mögliche Lösung durch Abfindungs-Caps. Dabei wird das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) berücksichtigt.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Abfindungs-Caps, Vorstandsvergütung, Corporate Governance, Aktiengesellschaft, Anstellungsvertrag, Deutsches Recht, BGB, HGB, AktG, VorstAG, Deutscher Corporate Governance Kodex, Angemessenheit, Sittenwidrigkeit, Entschließungsfreiheit, Business Judgment Rule, Offenlegungspflichten, Haftungsfolgen.
- Arbeit zitieren
- Philipp Jakobus (Autor:in), 2009, Abfindungs-Caps für Vorstandsmitglieder im deutschen Recht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/156156