Mustergutachten Demenz


Skript, 2010

30 Seiten


Leseprobe


Das psychologische Gutachten basiert auf:

- Psychologisch diagnostisches Interview
- Psychologische Untersuchung der Patientin mittels SKT, CERAD[1], c.I.-Test[2], TPL[3], KAI[4], IDSR, NAI[5]

Das psychologisch-diagnostische Interview

Das psychologisch diagnostische Interview ist eine Methode zur Erfassung diagnostisch relevanter Informationen im Gespräch und umfasst Problembeschreibung und allgemeine Befindlichkeit. Neben dem Informationsgewinn hat das Gespräch auch die Funktion, einen persönlichen Eindruck von der betreffenden Person zu gewinnen. Es wird in teilstrukturierter Form erhoben.

Psychologische Testverfahren

SKT (Kurztest zur Erfassung von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen)

Der SKT ermöglicht die Quantifizierung von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen. Er besteht aus neun Untertests und erlaubt getrennte Auswertungen für die Faktoren Gedächtnis und Aufmerksamkeit. Der Gesamtwert des SKT erlaubt eine Abschätzung des Schweregrades kognitiver Leistungsstörungen, deren Verbalisierung an klinischen Beschreibungen orientiert ist. Die faktorenorientierte Ergebnisdarstellung liefert Informationen über kognitive Störungsschwerpunkte, die insbesondere im Bereich der leichten, beginnenden Erkrankungsstadien klinische Relevanz (Demenz) haben können.

CERAD

Mit der CERAD Testbatterie liegen gut etablierte Verfahren zur neuropsychologischen Diagnostik charakteristischer kognitiver Störungen vor. Sie umfasst mehrere kurze Subtests: einem Subtest zur verbalen Flüssigkeit, den Boston Naming Test, den Mini Mental Status, eine Wortliste (Gedächtnis), Konstruktionsaufgaben, einen Test zum Bereich Wortlisten abrufen, einen Subtest zum Wortlisten Wiedererkennen und einen Test zur Konstruktiven Praxis (Abrufen) und überprüft damit verschiedene neuropsychologische Fähigkeiten wie Orientierungsfähigkeit, Gedächtnis, Sprache und Visomotorik.

c.I.-Test (Test für cerebrale Insuffizienz/ zur Objektivierung des Demenzverdachts)

Der Test für cerebrale Insuffizienz dient als diagnostische Differenzierungshilfe, wenn der Verdacht auf eine leichte Demenz gegeben ist. Er leistet einen Beitrag zur diagnostischen Differenzierung zwischen den Zuständen „gesund“ und „cerebral insuffizient“. Er besteht aus 2 Subtests.

TPL (Test für das prämorbide geistige Leistungsniveau)

Der TPL bedient sich des verbalen Wissens und erhebt eine Stichprobe von Wissen, das im Laufe des Lebens erworben wurde[6]. Es besteht die Möglichkeit, bei einem bereits hirnorganisch abgebauten Patienten durch Messung des noch weitgehend erhaltenen kristallisierten Bereichs das Niveau von dessen prämorbider geistiger Leistungsfähigkeit festzustellen.

KAI (Test für das aktuelle geistige Leistungsniveau)

Der KAI ist ein Leistungsverfahren zur Erfassung der Basisgrößen der zentralen Informationsverarbeitung, welche das allgemeine geistige Leistungsniveau bestimmen. Er besteht aus 2 Teilen: Der erste Teil dient der Messung des Informationsflusses zum Kurzspeicher („Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit“), der 2. Teil gibt Aufschluss über die Gegenwartsdauer („unmittelbares Behalten“).

IDSR

Das IDSR (Intacetegorial Delayed Selective Reminding) wird als Screeninginstrument bei Verdacht auf eine beginnende Gedächtnisstörung oder leichte Demenz bei Patienten mit höherer Bildung eingesetzt: Er ist unterteilt in 2 Subtests, in dem die Patienten im ersten Subtest 5 Begriffe lernen sollen, und sich im 2. Subtest – je nach Leistung bei Test 1 – entweder wieder 5 Begriffe (Subtest 2a) oder 7 Begriffe (Subtest 2b) merken sollen. Erreicht der Patient unter 31 Punkten im 2. Test (Subtest 2b) bzw. unter 23 Punkten[7] im 1. und 2. Test (Subtest 2a), kann man von einer beginnenden Gedächtnisstörung ausgehen.

NAI

Mit dem Nürnberger-Alters-Inventar NAI liegt ein speziell für das höhere Lebensalter konzipiertes Testinventarium zur Erfassung der kognitiven Leistungsfähigkeit, der Befindlichkeit sowie der Pflegebedürftigkeit in deutscher Sprache vor. Es zielt theoriegeleitet darauf ab, den individuellen Ausprägungsgrad altersabhängiger psychischer Funktionsbereiche zu bestimmen. Als mutidimensionales Inventar umfasst es sowohl wichtige kognitive Leistungsbereiche, alternsbezogene Selbstbeurteilungen als auch die Erfassung von Alltagsaktivitäten.[8] Beim Labyrinth-Test handelt es sich um ein Verfahren, das die Erfassung des Tempos der visuellen Informationsaufnahme und –organisation sowie die visuell- motorische Koordination zum Inhalt hat.

Die Bearbeitungszeit des Labyrinth-Tests lässt auf eine eventuell vorliegende cerebrale Insuffizienz schließen.

Zur Situation:

Frau **** ist *** Jahre alt und wurde am **** in der ***klinik aufgenommen. Sie lebt zusammen mit ihrem Gatten in ****. Um den Haushalt ****, Essen ****. Sie könne sich gut selbst versorgen, sei körperlich und geistig noch fit.

Befund und Gutachten

Beim SKT kann sie von 12 gelernten Begriffen 3 reproduzieren, was bei einem durchschnittlichen IQ[9] einem Normwert von 2 entspricht. Beim Zahlenlesen, ordnen und zurücklegen erreicht sie jeweils einen Normwert von 1. Für das Zählen der Symbole braucht sie 40,01 Sekunden, für die Interferenzaufgabe 45,15 Sekunden. Subtest 8 (Gegenstände reproduzieren) löst sie nicht: Sie kann keinen der gelernten Begriffe nennen, beim Reproduzieren der Gegenstände kann sie 8 von 12 gelernten Begriffen nennen, verkennt aber auch 10 Bilder. Sie liegt mit 12 erreichten Punkten im Durchschnittsbereich ihrer Altersgruppe. Die Wahrscheinlichkeit für eine Demenzerkrankung ist aufgrund der Ergebnisse gegeben (2 Wertpunkte in Subtest 6 und 7 => erhöhte Demenzwahrscheinlichkeit)

Von der neuropsychologischen Testbatterie CERAD wurden Frau **** die Subtests 2 bis 8 vorgegeben: Beim MMST (Subtest 3 der CERAD) weisen die erreichten Punkte[10] auf eine kognitive Beeinträchtigung hin. Die Ergebnisse der Subtests 4,6,7 und 8 bestätigen diesen Verdacht: Sie kann die Wortliste (Subtest 4) mit den 10 gelernten Begriffen nicht reproduzieren. Beim Abrufen der Wortliste (Subtest 6) kann sie nur einen Begriff nennen. Das Wiedererkennen der Begriffe (Subtest 7) bereitet ihr große Schwierigkeiten, wie auch schon im SKT erkennt sie Begriffe nicht wieder, sie verkennt auch hier einige Begriffe. Beim Abrufen der geometrischen Figuren (Subtest 8) kann sie nur eine von 5 gezeigten und nachgezeichneten Figuren nennen.[11]

Beim c.I.-Test überschreitet sie bei Subtest 1 und in Subtest 2 (40,01 sec./45,15 sec.) den Grenzwert ihrer Alterskategorie, was auf eine erhöhte Demenzwahrscheinlichkeit hindeutet. TPL und KAI lassen auf einen Leistungsabfall von 10% schließen[12].

Auch im IDSR finden sich die Gedächtnisprobleme wieder. Die Ergebnisse sprechen für eine beginnende Demenzerkrankung. Die Patientin erreicht weniger als 23 Punkte, was einen Demenzverdacht rechtfertigt.

Frau **** benötigt für den Labyrinth-Test 112 Sekunden[13], was einem Prozentrang von 24-40 in der Gruppe der 80-96-jährigen schließen lässt und auf einen Prozentrang von 41 bis 59 bei dem Demenzpatienten, d.h., max. 40% der gesunden 80-96-jährigen brauchen hierfür länger als Frau ****, unter dem Demenzpatienten sind maximal 59% der Personen langsamer als Frau **** (hier liegt sie im Durchschnitt (MW=127; SD=77)).

[...]


[1] Subtests 2 bis 8

[2] Aus dem BSfD

[3] Aus dem BSfD

[4] Aus dem BSfD

[5] Labyrinth Test

[6] Dieses Wissen erweist sich als relativ stabil, d.h. weder Drogen noch Medikamente beeinflussen diese kristalline Leistungsfähigkeit in entscheidendem Maße, gegen Störungen ist sie also weitgehend unempfindlich, sogar im Falle einer hirnorganischen Erkrankung.

[7] die Anzahl der richtigen wiedergenannten Begriffe wird aufsummiert

[8] Aus Zeitgründen wurde bei Frau **** nur der Labyrinth-Test durchgeführt

[9] von dem aufgrund der früheren Tätigkeit der Patientin (Angestellte) ausgegangen werden kann

[10] 23

[11] Die Konstruktionsaufgaben selbst (Subtest 5) bereiten ihr keine Schwierigkeiten, sie zeichnet die Figuren sicher ab.

[12] Stellt man prämorbides und aktuelles Leistungsniveau gegenüber, ergibt sich dieser Leistungsabfall

[13] In der Gruppe der Alzheimer-Patienten (n=140) liegen die Testzeiten bei durchschnittlich 127 Sekunden (SD=77).

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Mustergutachten Demenz
Veranstaltung
Klin. Psychologie/Geronotopsychologie
Autor
Jahr
2010
Seiten
30
Katalognummer
V156718
ISBN (eBook)
9783640764808
ISBN (Buch)
9783640765157
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Beeinhaltet vier Mustergutachten (Anm. der Red.)
Schlagworte
Gerontopsychologie, psychologische Diagnostik, Mustergutachten, Gutachten, Demenzdiagnostik, SKT, CERAD, c.I.-Test, TPI, KAI, IDSR, NAI, Nürnberger Altersinventar, Uhrentest, MMPI
Arbeit zitieren
MMag. DDr. B.Sc. Ulrike Kipman (Autor:in), 2010, Mustergutachten Demenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/156718

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