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Der Propagandafilm des IS. Medialer Terrorismus im Informationszeitalter

Summary Excerpt Details

Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie es dem IS gelingt, durch die Aneignung westlicher Kulturartefakte mit seiner Propaganda an die Sehgewohnheiten westlich geprägter Zuschauer anzudocken. Die Organisation „Islamischer Staat“ wurde sowohl aufgrund der Professionalität ihrer Mediennutzung als auch aufgrund der Bedeutung als vormalig größte Terrororganisation der Welt als Betrachtungsgegenstand gewählt.

Der Propagandafilm der Terrororganisation „Islamischer Staat“ erfuhr in den letzten Jahren des vergangenen Jahrzehnts weltweite Verbreitung. Die Videos, welche mitunter an Actionfilme und Videospiele erinnern, verbreiteten sich über das Internet und insbesondere die sozialen Medien rasend schnell. Aufgrund der Inszenierung von Thriller und Actionszenarien sowie sorgfältig ausgearbeiteter Erzählungen wird dem Propagandafilm des IS oft ein „Hollywood-Stil“ nachgesagt. Die vergleichsweise hohe Qualität und Quantität seiner Medienproduktion, machen den IS auch für westliche Zuschauer und redaktionelle Medien interessant. Etwa veröffentlichte der US-amerikanische Fernsehsender „Fox News“ ein Propagandavideo des IS auf seiner Website, das die Verbrennung eines Gefangenen in cineastischen Bildern zelebriert und weltweit eine Welle der Empörung auslöste.
Das Ziel, das der IS mit diesem globalen Diskurs verfolgt, ist, Sympathisanten in westlichen Ländern zu erreichen und zur Einreise in das Territorium des IS zu bewegen. Dabei richtet sich die Auslandspropaganda des IS vor allem an junge, westlich geprägte Muslime. Der Erfolg, den der IS mit seinem „Cyber-Jihad“ hat, lässt sich in Zahlen erfassen: Bis 2020 schlossen sich zehntausende Ausländer dem IS an, darunter auch etwa 1000 Deutsche. In vielen Fällen wird den Propagandavideos des IS eine tragende Rolle bei der Radikalisierung späterer Terroristen zugesprochen. Nach der militärischen Niederlage ab 2017 verschwand der IS zwar aus dem Bewusstsein der westlichen Öffentlichkeit, die Produktion und Verbreitung der medialen Propaganda des IS hält jedoch trotz militärischer Verluste bis heute an.

Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist Propaganda?

3. Westliche Popkulturtrifft Dschihad-Kultur
3.1 Fernsehenund Live-Medien
3.1.1 Live-Charakter
3.1.2 Affektivität
3.1.3 Serialität
3.1.4 Formale Strategien
3.1.5 Rekapitulation
3.2 Der Dokumentarfilm
3.2.1 Der Off-Kommentar
3.2.2 Das Interview
3.2.3 Das Re-Enactment
3.2.4 Rekapitulation
3.3 Der Actionfilm
3.3.1 Freund-Feind-Denken
3.3.2 Männlichkeit und Gewalt
3.3.3 Aneignung von Filmszenen
3.3.4 Rekapitulation
3.4 Das Videospiel
3.4.1 Die First-Person-Perspektive
3.4.2 Aneignung von Artefakten der Gaming-Kultur
3.4.3 Rekapitulation

4. Zusammenfassung

5. Filmverzeichnis

6. Literaturverzeichnis

7. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Nach der Ausrufung des Kalifats im Irak und in Syrien im Jahr 2014 avancierte der Islamische Staat (IS) zur größten Terrororganisation der Welt. Die dschihadistische Miliz befehligte zehntausende Kämpfer und hielt im Irak und Syrien zeitweise ein Gebiet von der Größe Großbritan - niens besetzt (Biene & Schmetz, 2015, S. 1). Ziel des IS war die Errichtung eines weltumspannenden Kalifats, in dem die Scharia, das islamische Rechtssystem, das oberste Gesetz ist. Wie alle politischen Akteure im Informationszeitalter ist auch der IS auf digitale Medien angewie - sen, um mit seinen Anhängern und Gegnern zu kommunizieren. Aus diesem Grund verfugte der IS zwischen 2014 und 2017 über etwa 50 Medienstellen, die eine große Bandbreite digitaler Inhalte abdecken konnten - von Liedern über Musikvideos bis hin zu Hochglanzmagazinen und Propagandafilmen (Beese, 2017, S. 75). Die Verbreitung der Propaganda des IS erfolgt dabei hauptsächlich über den digitalen Weg (Schrader, 2015, S. 12). Aufgrund des Verbots der Organisation in vielen westlichen Ländern ist der IS bei der Rekrutierung ausländischer Kämpfer auf das Internet, insbesondere die sozialen Medien, angewiesen. Der IS hat wie keine andere Terrororganisation die Mechanismen des Internets verstanden und zu nutzen gelernt. Über das Internet kann der IS seine Botschaften zielgruppenorientiert ausrichten und in Echtzeit an Empfänger aus aller Welt verbreiten. Um ein möglichst breites Publikum erreichen zu können, publiziert der IS seine Propaganda in verschiedenen Sprachen wie Englisch, Französisch, Deutsch, Dänisch und Russisch (Schrader, 2015, S. 13). Dass die mediale Strategie des IS zur Rekrutierung ausländischer Kämpfer Erfolg hat, lässt sich anhand der Zahl der Ausreisen zum IS belegen. Bis 2020 schlossen sich zehntausende Ausländer dem IS an, darunter auch etwa 1000 Deutsche (Zywietz, 2020, S. 10). Welche Rolle die Propagandavideos des IS, mit denen sich die vorliegende Arbeit beschäftigt, bei dieser Entwicklung spielten, ist jedoch schwer nachzuweisen, da es keine experimentellen Studien gibt, die eine radikalisierende Wirkung von Propagandavideos belegen (Frischlich, 2016, S. 53). Dennoch wird den Propagandavideos des IS in vielen Fällen eine tragende Rolle bei der Radikalisierung späterer Terroristen zugesprochen (Schmitt et al., 2017, S. 13).

Dabei ist der Einsatz dschihadistischer Videopropaganda kein neues Phänomen. Bereits 2008 erklärte der Islamist und spätere „Bildungsminister“ des IS Reda Seyam in einem Interview: „Wir haben die Amerikaner und ihre Hollywood-Visionen mit ihren eigenen Waffen geschlagen - der Kamera“ (El Difraoui & Steinberg, 2011, S. 22). Allerdings gilt der IS als erste dschihadistische Organisation, der ein „versierter und gezielter Umgang mit filmischen Zeichen“ und die Durch - setzung einer „weitgehend einheitlichen Filmsprache“ gelungen ist (Beese, 2017, S. 78). Die vergleichsweise hohe Qualität und Quantität seiner Medienproduktion machen den IS auch für westliche Zuschauer und redaktionelle Medien interessant. Obwohl Terrororganisationen wie der IS seit der Öffnung des Internets für die Allgemeinheit nicht in gleichem Maße wie zuvor auf die Aufmerksamkeit der Massenmedien angewiesen sind, werden Videos des IS immer wieder auch von westlichen Medienhäusern aufgegriffen. Beispielsweise strahlte das linksliberale US-amerikanische Nachrichtenformat The Young Turks den Trailer des IS-Propagandafilms Flames ofWar (2014) in voller Länge aus. Ein Jahr später veröffentlichte der rechtskonservative US-amerikanische Nachrichtensender Fox News das IS-Video Healing OfThe Believers' Chest (2015) auf seiner Website, das die Verbrennung des in Gefangenschaft geratenen jordanischen Piloten Muath al-Kasasbeh in cineastischen Bildern zelebriert. Angesichts der Tatsache, dass bei den genannten Akteuren kein ideologisches Interesse hinter der Verbreitung von IS-Propaganda zu vermuten ist, stellt sich die Frage, warum immer wieder Szenen aus IS-Videos über die Kanäle westlicher Medienhäuser veröffentlicht werden. Inwiefern verändert sich der Nachrichtenwert, wenn anstelle gesamter Videos lediglich Bilder oder kommentierte Ausschnitte gezeigt werden? Worin besteht der Nachrichtenwert überhaupt? Einen Erklärungsansatz bieten die zahlreichen Diskussionen, in welchen IS-Videos mit Hollywoodfilmen verglichen werden. Etwa versah der Deutschlandfunk einen Artikel aus dem Jahr 2015 mit der Überschrift IS-Propagan- davideos - Zwischen Horrorfilm und Hollywood (Engelhardt, 2015). Dabei ist offensichtlich, dass der Vergleich, gemessen an der Qualität und dem Inhalt von IS-Videos, völlig abwegig ist. Weder handelt es sich bei den IS-Videos um fiktionale Erzählformen, noch ist der Produktionswert annähernd mit dem von Hollywood-Produktionen vergleichbar. Dennoch nehmen die Rezipienten etwas bei den Medieninhalten des IS wahr, dass sie bei der Propaganda vergleichbarer Terrororganisationen wie al-Qaida nicht beobachten. Diese Wahrnehmung, so die These dieser Arbeit, beruht darauf, dass sich der Propagandafilm des IS westlicher Ästhetik und (pop)kultu- reller Artefakte bedient. Der IS nutzt diese kulturellen Codes bewusst, um seine Ideologeme an ein Publikum zu kommunizieren, das mit dieser Ästhetik vertraut und in vielen Fällen sogar aufgewachsen ist.

Im zweiten Kapitel dieser Arbeit soll zunächst der Begriff Propaganda definiert werden. Anschließend wird anhand der von Klaus Merten genannten Strukturkriterien von Propaganda überprüft, ob es sich bei den Videos des IS um Propaganda handelt. Ziel ist es, einerseits eine Grenze zwischen den Filmen des IS und den ästhetischen Vorbildern, die im dritten Teil der Arbeit miteinander verglichen werden, zu ziehen. Andererseits soll dem Leser Einblick in das religiös-ideologische Fundament des IS gegeben werden, welches ein wichtiger Bestandteil der „Dschihad-Kultur“ ist. Im dritten Kapitel sollen westliche Kulturartefakte, welcher sich der IS in vielen Propagandavideos bedient, benannt und hinsichtlich ihrer Wirkung analysiert werden. Dabei wird zwischen vier medialen Formen unterschieden, deren Codes und Konventionen in zahlreichen IS-Videos aufgegriffen werden:

1. Fernsehen und Live-Medien, die durch einheitliches Design und wiederkehrende Formate ihren Sendebetrieb strukturieren und ordnen

2. Der Dokumentarfilm, welcher wie kein anderes Genre einen „Wahrhaftigkeitsanspruch im Sinne einer unverfälschten Realitätswiedergabe“ erhebt (Keutzer et al., 2014, S. 288)

3. Der Actionfilm, welcher aufgrund seiner Genrekonventionen für die Verbreitung ideologischer und extremistischer Inhalte besonders geeignet ist

4. Das Videospiel, insbesondere der Ego-Shooter, dessen ästhetische Codes der IS appro- priiert, um mit seiner Propaganda die Gaming-Community anzusprechen

Zwar ließen sich mit Sicherheit noch weitere mediale Formen und Genres finden, welche der IS in seinen Videos aufgreift, allerdings erscheinen mir die oben genannten für eine kategoriale Be - trachtung am besten geeignet.

2. Was ist Propaganda?

Propaganda gilt als analytisch prekärer Begriff, zum einen, weil sich die mit ihm verbundenen Implikationen im Laufe der Geschichte gewandelt haben. In den von Krisen geprägten ersten Jahren des 20. Jahrhunderts war der Begriff Propaganda positiv besetzt. Er entwickelte sich simultan zu der Vorstellung einer Massengesellschaft, in der das Individuum seine persönlichen Interessen einem „Herdentrieb“ unterordnet. Die Masse wurde überall, sowohl in demokratischen als auch in totalitären Staaten, zum „idealen Subjekt des Politischen“ erklärt (Niney, 2012, S. 160). Infolgedessen etablierte sich Propaganda als Begriff für Maßnahmen, um die Massen im Sinne ihrer politischen Führung zu erziehen (Niney, 2012, S. 160). Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird der Begriff, unter anderem aufgrund seiner Konnotation mit den rassistischen und revisionistischen Hetzkampagnen der Nationalsozialisten, überwiegend in ab - wertender Absicht verwendet. Zum anderen gestaltet sich die Definition des Begriffs Propaganda schwierig, da Propaganda viele Erscheinungsformen „über sämtliche Medien- und Textgattungsformen hinweg“ annehmen kann (Zywietz, 2020, S. 77). Im modernen Sinne beschreibt Propaganda eine persuasive Kommunikation, die darauf abzielt „Wahrnehmungen zu gestalten, Kognitionen (und Emotionen) zu manipulieren und Verhalten zu lenken, um eine Reaktion im Sinne des Propagandisten zu erzielen“ (Frischlich, 2016, S. 52). Dabei kann der Begriff sowohl den Prozess der Erzeugung als auch das Erzeugnis selbst beschreiben. Häufig versucht Propaganda, ein geschlossenes, allgemeingültiges Weltbild zu vermitteln und abweichende Meinungen aus dem Diskurs auszuschließen. Auch die Einschüchterung ideologischer Gegner kann Absicht oder Auswirkung von Propaganda sein. Außerdem behauptet Propaganda von sich, dass sie die objektive Wahrheit vertritt.

Vor dem Hintergrund dieser Diskussion nimmt der Film als Medium eine Sonderstellung ein, da er mit „physischen Evidenzen vor der Linse der Kamera arbeitet“ (Lichtmesz, 2010, S. 15). Filmische Bilder erwecken den Anschein von Objektivität, obwohl bereits durch die Wahl von Standort und Bildausschnitt eine Aussage über das Abgebildete getroffen wird (Lichtmesz, 2010, S. 15). Demzufolge wäre eine objektive Schilderung der Realität im Film illusorisch (trotz experimenteller Bemühungen wie dem „Direct Cinema“). Realisten wie André Bazin behaupten hingegen, dass Film ein Abbild der Realität sei, da er die Welt vor der Linse reproduziere. Unbestreitbar ist jedoch, dass Filme, auch und insbesondere Genrefilme, „ideologisch sein, bzw. wirken, kulturelle Überzeugungen kräftigen und Identitäten mitformen und stärken“ und somit zur „Unterstützung dominanter Weltanschauungen, politischer Programmatiken und des Erhalts herrschender Zustände und Machtstrukturen“ beitragen können (Zywietz, 2016, S. 76). Auch Hollywood-Filme, wie etwa der von John Wayne inszenierte Kriegsfilm The Green Bereis ( Die grünen Teufel, 1967), der eine Rechtfertigung des Vietnamkriegs darstellt, können Propagandatendenzen aufweisen. Propaganda ist deshalb als „etwas Perspektivisches sowie Graduelles“ zu verstehen (Zywietz, 2020, S. 13). Der Kommunikationswissenschaftler Klaus Merten nennt fünf Kriterien, mit denen sich die Struktur von Propaganda beschreiben lässt. Anhand die - ser sollen im Folgenden die Videos des IS hinsichtlich ihres Propagandaaspekts untersucht werden.

Nach Merten besteht der erste Aspekt von Propaganda darin, dass ein „beliebiges Objekt [...] als einzigartig propagiert wird“ (Merten, 2000, S. 153). In religiöser Propaganda nimmt diesen Platz eine übersinnliche göttliche Autorität ein (Merten, 2000, S. 153). Im Islam konstituiert der Tauhid [Monotheismus] die Unterscheidung zwischen Muslim und Shirk [Götzendiener]. DerIS geht dabei so weit, dass er selbst Muslime, die einer anderen Auslegung des Islam folgen, als Shirk bezeichnet und auslöschen will. Dementsprechend proklamiert der IS, die einzig wahre Interpretation des Islam zu vertreten (Biene & Schmetz, 2015, S. 35). Um seinen Alleinvertretungsanspruch zu legitimieren, beanspruchte der als „Kalif“ bezeichnete IS-Chefideologe Abu Bakr al-Baghdadi (f 2019), das religiöse und politische Oberhaupt aller Muslime zu sein (Rosi- ny, 2014, S. 1).

An zweiter Stelle nennt Merten eine Verhaltensprämisse für den Umgang mit diesem Objekt, die Ausschließlichkeitscharakter besitzt (Merten, 2000, S. 153). In religiöser Propaganda ist dies der Glaube an Gott (Merten, 2000, S. 153). Im „Islamischen Staat“ sind alle religiösen Gebote und Verbote (wie Kleidungsvorschriften, das Verbot „sündhafter Handlungen“ und die Gebetspflicht) in der Scharia geregelt, die durch den IS-Kalifen interpretiert wird (Rokbelle, 2015, S. 162). Die IS-Propaganda stellt die Scharia als „göttliches Gesetz“ dar, das zeitlose, universelle Gültigkeit besitze: „It is 1400 years old and it is the rule of god, the rule of Allah, and therefore it can not be changed“ (From Inside Halab, 2015). Der IS behauptet außerdem, der einzige Staat zu sein, in dem die Scharia uneingeschränkt als Rechtssystem gilt (Rokbelle, 2015, S. 161). Aus diesem Grund fordert der IS in seinen Videos alle Muslime dazu auf, in sein Territorium auszuwandern, da nur dort der wahre Islam gelebt werden könne (Steinberger, 2015, S. 144).

Als dritten Aspekt fuhrt Merten die Aufforderung der Propaganda an den Rezipienten an, die Verhaltensprämisse(n) vorsätzlich und konsequent zu befolgen. Da mit der Befolgung der Ver- haltensprämisse(n) des IS die Pflicht zur Ausreise in den „Islamischen Staat“ verbunden ist, werden Ausreiseaufrufe oft von westlichen Emigranten, die zum IS ausgereist sind, verbreitet. Um den Zuschauer auf emotionaler Ebene zu adressieren, bedient sich der IS bei der Appellation in seinen Videos des Mittels der direkten Ansprache. Beispielsweise ruft der IS in seinem Video Stories From the Land of the Living: Abu Khalid al-Kambudi (2015) Sympathisanten mit einem emotionalen Appell zur Ausreise auf: „Look what he [Allah] has planned for me. He can plan this for you, too. All you have to do is put your trust in him. All you have to do is believe“ Das vierte Kriterium, welches Merten anfuhrt, ist die Aufzählung positiver und insbesondere ne - gativer Sanktionen bei Befolgung bzw. Nichtbefolgung der im zweiten Punkt genannten Verhal- tensprämisse(n) (Merten, 2000, S. 153). Dabei ist zwischen dies- und jenseitigen Sanktionen zu unterscheiden. Bei der Warnung vor diesseitigen Sanktionen spielt Gewalt als Kommunikationsmittel eine zentrale Rolle. Der IS droht bei der Abweichung von der Scharia nicht nur mit drakonischen Strafen, sondern stellt diese in seinen Videos explizit zur Schau. Dies ist insbesondere im Hinrichtungsvideo, dem meistdiskutierten Format des IS, der Fall. Die Darstellung von Exekutionen erfüllt eine doppelte Kommunikationsfunktion. Sie dient sowohl der „Gratifikation der ideologischen Anhängerschaft“ als auch der „Einschüchterung der ideologischen Gegnerschaft“ (Beese, 2017, S. 98). Neben der direkten Ausübung von Gewalt, zeigen viele IS-Videos Aufnahmen von Leichen gefallener IS-Gegner und Leichenschändung. Der IS nutzt solche Bilder als letzte Demonstration der Dominanz, der Demütigung und Warnung (Dauber et al., 2019, S. 21). Da sich jedoch die Fähigkeit des IS, Gewalt auszuüben, hauptsächlich auf seinen territorial begrenzten Herrschaftsbereich beschränkt, seine Videopropaganda sich allerdings an im Westen lebende Sympathisanten richtet, stellt der IS in seiner Auslandspropaganda die Warnung vor jenseitigen Sanktionen in den Vordergrund. Dies geschieht vor allem durch die Rezitation religiöser Schriften, entweder durch die allwissende Off-Stimme oder den Videoprotagonisten zugunsten parasozialer Rezeptionsmechanismen. Unter Berufung auf seine vorgeblich göttliche Legitimation warnt der IS allerdings nicht nur vor jenseitiger Bestrafung, sondern lockt auch mit dem ultimativen Heilsversprechen: Dem ewigen Leben im Paradies nach bzw. durch den Märtyrertod.

Der fünfte und letzte Punkt der Struktur von Propaganda ist, dass die Sanktionen „möglichst so formuliert werden, dass sie nicht überprüft werden können“ (Merten, 2000, S. 153). Im Falle religiöser Propaganda geschehe dies, so Merten weiter, indem die Konsequenzen erst für das „Leben“ nach dem Tod angedroht werden. Aufgrund der weltlichen Ausrichtung der IS-Propaganda sowie der Multimodalität des Mediums Film werden in den IS-Videos dies- und jenseitige Strafen auf sinnlich-affektive Art miteinander verknüpft. Während der Hinrichtungsszene in dem Film Flames ofWar II (2017) werden Suren aus Koran und Hadithen eingeblendet, in denen verschiedene Arten der Tötung Ungläubiger beschrieben werden. Parallel dazu werden vom IS durchgeführte und inszenierte Hinrichtungen gezeigt, die den textuellen Schilderungen eine Bildebene hinzufügen. So wird den jenseitigen Sanktionen durch die Montage mit Bildern weltlicher Grausamkeiten eine sinnlich erfahrbare Bedrohlichkeit verliehen.

Anhand der von Klaus Merten genannten Strukturkriterien von Propaganda kann also bestätigt werden, dass es sich bei den IS-Videos um Propaganda handelt.

3. Westliche Popkultur trifft Dschihad-Kultur

Während sich die Debatten seit dem Aufstieg des IS hauptsächlich mit der religiösen Ideologie der Organisation beschäftigten, erkannten Journalisten und Wissenschaftler bei der Auseinandersetzung mit der IS-Propaganda eine ästhetische Annäherung an westliche Kultur: „In their recruitment ofWestern jihadis, ISIS has used a broad, pop-culture-laden campaign that seems to be aimed at turning what once might have been a radical religious message into something more worldly“ (Kang, 2014). Der Film- und Medienwissenschaftler Bernd Zywietz glaubt, dass die filmischen Zeichen und popkulturellen Anspielungen, die sich in der Propaganda des IS wiederfinden, beim westlichen Publikum einen verstörenden Wiedererkennungseffekt hervorrufen (Zywietz, 2020, S. 8). Demnach lässt sich die morbide Faszination des Westens an den Bildern des IS damit erklären, dass der IS seine Propaganda in einer uns vertrauten Bildsprache verpackt. Dabei bedient er sich einem Repertoire aus Mitteln, Techniken und Referenzen, die aus diversen Gattungen und Genres stammen (Zywietz, 2020, S.8).In den folgenden Abschnitten werden die ästhetischen Codes von vier Medien analysiert, die der IS in seinen Videos verwendet.

3.1 Fernsehen und Live-Medien

3.1.1 Live-Charakter

Die Produktion der Propagandavideos des IS erfolgt dezentral, aber koordiniert. Das Territorium des Islamischen Staates ist in Verwaltungsbezirke unterteilt. Jeder der Bezirke verfügt über eine eigene Medienstelle. Die Videos der jeweiligen Medienstelle sind durch eine hauseigene WortBild-Marke am rechten oberen Bildrand gekennzeichnet. Diese setzt sich aus einem Ornament und dem Namen der jeweiligen Provinz (Ninawa, Khurasan, etc.) zusammen. Beide Elemente sind in Weiß gehalten. Durch das reduzierte Design suggeriert der IS handwerkliche und institutionelle Seriosität. Etwa alle 17 Sekunden wird eine Animation abgespielt, bei der ein speerför miger Fahnenmast erscheint. Das Logo des Medienuntemehmens wird durch eine Wischbewegung des Fahnenmastes verborgen und das schwarze Banner, die Flagge der Dachorganisation Islamischer Staat, wird freigelegt. Die Flagge ist in zweifacher Hinsicht bedeutsam für die Ge - staltung. Zum einen ist das wehende schwarze Banner ein zentrales religiöses Motiv in der Propaganda des IS. Im sunnitischen Glauben symbolisiert die schwarze Flagge die Ankunft des Endzeitherrschers, der den Islam in gereinigter Form wiederherstellen wird (ORF, 2015). Zum anderen bindet das schwarze Banner alle regionalen Medienunternehmen in die totalitäre Ordnung des IS ein. Damit soll nach innen wie nach außen der Eindruck innerer Geschlossenheit erweckt werden. Außerdem kann hinter den Branding-Bemühungen der Versuch, sich in den Rang etablierter Bildagenturen zu erheben und den Medienstellen des IS Legitimität zu verleihen, vermutet werden.

Neben den regionalen Medienhäusern gibt es überregionale Produktionsstätten wie das al-Hayat Media Center, das Inhalte für ein nicht-arabischsprachiges Publikum produziert. Aufgrund seiner besonderen Bedeutung als Auslandssprachrohr des IS, ist das al-Hayat Media Center für aufwändige Produktionen (z.B. Flames ofWar und Flames ofWar II) verantwortlich. Auch al- Hayat führt sein Logo in der rechten oberen Bildecke. Allerdings wird hierbei auf die Einblendung der Animation des schwarzen Banners verzichtet. Ein möglicher Grund könnten die Asso - ziationen sein, welche die Flagge als Symbol des Terrors unter im Westen lebenden Muslimen hervorruft. Stattdessen hat sich der IS für ein Logo entschieden, das dem Logo des Nachrichtensenders Al Jazeera zum Verwechseln ähnlich sieht.

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Abb 1: Logo des al-Hayat Media Center

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Abb 2: Logo von al Jazeera

Die Sender Al Jazeera bzw. Al Jazeera English erreichen im Westen Millionen Zuschauer. Durch die Vertrautheit des Logo-Designs besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass die Propaganda des IS auch von Menschen, die dem IS ablehnend gegenüberstehen, konsumiert wird.

Hinzu kommt, dass die Präsenz des Logos am Bildrand den IS-Videos einen Live-Charakter verleiht. Das Branding, gepaart mit der endlos geloopten Animation, vermittelt den Eindruck einer fortlaufenden Übertragung, ähnlich einem Fernsehbild. Der Live-Charakter wird zusätzlich durch CGI-Elemente wie Bauchbinden und Motion Graphics verstärkt. Yorck Beese spricht in diesem Zusammenhang von einem „On-Air-Design“, das den dschihadistischen Videos einen „journalistischen Anstrich“verleihe (Beese, 2020, S. 204).

Ein weiteres aus Live-Situationen bekanntes technisches Mittel ist die Wiederholung. Der IS verwendet Wiederholungen in Zeitlupe und/oder aus anderen Kameraperspektiven zur Hervorhebung spezieller Ereignisse und Pseudo-Events (siehe 3.1.4). Beispielsweise hat der IS für den Film Flames of War ein Selbstmordattentat kameragerecht in Szene gesetzt. Die Explosion wird aus verschiedenen Blickwinkeln gezeigt, während eine Einblendung am oberen Bildrand ( Camera 1, Camera 2, usw.) zu verstehen gibt, dass es sich um dasselbe Ereignis aus verschiedenen Perspektiven handelt. Dieses Stilmittel verstärkt den Echtzeit-Charakter, da Wiederholungen, etwa von Toren und Fouls bei Fußballspielen, aus Live-Situationen bekannt sind.

3.1.2 Affektivität

Die Medienpsychologen Gary Bentle und Bettina Fromm prägten 1997 den Begriff Affektfernsehen in ihrer gleichnamigen Publikation. Dieser bezeichnet nicht-fiktionale Ausdrucksformen, die Affektpotenziale besitzen und dadurch beim Zuschauer Emotionen auslösen. Zu den bekanntesten Genres, die dem Affektfernsehen zuzurechnen sind, gehören Beziehungs-, Casting- und Spielshows. Anhand des Erfolgs solcher Formate lässt sich ein gesteigertes Bedürfnis nach Authentizität und wirklichkeitsgetreuer Darstellung beim Fernsehzuschauer ablesen, welches um die Jahrtausendwende durch die medialen Affordanzen des Internets ausgelöst wurde. Die Beliebtheit von Affektformaten lässt sich außerdem darauf zurückführen, dass in der heutigen Welt „authentische Primärerfahrungen seltener werden“ und „immer mehr Erlebnisse und Erfahrungen [...] medial vermittelt“ werden (Moschitz, 2008, S. 6). Für Knut Hickethier besteht gar die zentrale kulturelle Aufgabe der Medien darin, Emotionen durch mediale Affektbilder abzurufen bzw. zu lenken (Hickethier, 2007, S. 106). Ästhetische Charakteristika des Affektfernsehens sind zum Beispiel der Live-Charakter und das Zeigen von Emotionen in Großaufnahme (Hochreiter, 2012, S. 12). Zu den Gratifikationen medialer Affektbilder zählt unter anderem die parasoziale Interaktion. Dieses Phänomen beschreibt die Wahrnehmung des Rezipienten, eine „scheinbare Interaktion mit dem [sic] Bildschirmakteuren [...] einzugehen“ (Hochreiter, 2012, S. 29). Eine parasoziale Interaktion kann durch technische Stilmittel, wie das direkte Ansprechen des Zuschauers, ausgelöst werden. Das Verhalten der Medienfigur orientiert sich dabei am „legeren Konversationsstil orthosozialer [...] Interaktionen“ (Klewer, 2020, S. 245).

In zahlreichen Videos des IS richten sich seine Anhänger mit einem Appell direkt an den Zu - schauer. Der direkte Blick in die Kamera ist eine aus TV-Formaten wie Nachrichten oder Ansprachen bekannte ästhetische Strategie. Die O°-Handlungsachse bezieht „perspektivisch den Zuschauer ein und suggeriert so Nähe“ (Korte & Zywietz, 2O2O, S. 221). Um neben situativen, auf ein einzelnes Video beschränkten parasozialen Interaktionen auch längerfristige parasoziale Beziehungen zu ermöglichen, versucht der IS, Charaktere, wie den deutschen Terroristen und ehemaligen Rapper Dennis Cuspert, als Identifikationsfiguren aufzubauen. Dadurch soll zwischen dem Zuschauer und der Medienfigur ein „Beziehungsschema“ entstehen, das sich im Laufe mehrerer parasozialer Interaktionssituationen herausbildet und verfestigt (FSF, 2O22, S. 31). Darüber hinaus zeigen viele IS-Videos affektive Bilder von Kampfsituationen, die von IS- Kämpfern mit Helm- oder Handkameras aufgenommen wurden. Diese Bilder sind oft verwackelt, die Wahl des Bildausschnitts erscheint willkürlich und helle Farbwerte clippen, da die Belichtung der Kamera nicht an die Lichtverhältnisse angepasst wurde. Paradoxerweise profitieren die Bilder durch ihre technische und gestalterische Unvollkommenheit von einem Phänomen, das Hito Steyerl als „Unschärferelation des modernen Dokumentarismus“ bezeichnet (Steyerl, 2O2O, S. 8). Steyerl erklärt, dass dokumentarische Bilder, die verwackelt, dunkel oder unscharf sind, auf viele Zuschauer besonders authentisch wirken. Das „begehrte Gefühl der Echtheit“ entstehe gerade dann, wenn Bilder „kaum etwas zeigen außer ihrer eigenen Aufregung“ (Steyerl, 2O2O, S. 7). Ein Beispiel, das Steyerl anführt, sind die von CNN gesendeten Live-Bil- der der Invasion des Irak aus dem Jahr 2OO3, auf denen kaum etwas zu erkennen ist. Anhand dieser erläutert die Autorin einen Wandel der Erwartungen an dokumentarische Formen, weg von einer informativen und objektiven hin zu einer immersiven und emotionalen Funktion. Die von Steyerl beschriebene Entwicklung begann in Folge der durch die Digitalisierung herbeigeführten Verfügbarkeit erschwinglicher Videotechnik und hält bis heute an. Live-Berichterstat- tung aus Kriegsgebieten, der gestiegene (und weiter steigende) Einsatz von Amateurfilmaufnahmen in Nachrichtensendungen und die zunehmende Selbstdokumentation des Alltags haben einen neuen Stil affektiv-dokumentarischer Visualität erschaffen und einen Wandel unserer Sehgewohnheiten herbeigeführt, bei dem die Unschärfe dokumentarischer Bilder zu einem Garant von deren Glaubwürdigkeit geworden ist. Anders als im fiktionalen Film, bei dem jeder Hinweis auf den Herstellungsprozess ausgelöscht wird, um die Realitätsillusion aufrechtzuerhalten, wird in zahlreichen modernen dokumentarischen Formaten, deren Ästhetik der IS appropriiert, die Existenz des Aufnahmegerätes nicht verborgen, sondern als „Indiz der Nicht-Inszenierung“ ausgestellt (Korte & Zywietz, 2O2O, S. 234). Dadurch erheben die Bilder einen besonderen Realitätsanspruch.

3.1.3 Serialität

Ein wichtiges Struktur- und Ordnungsprinzip beim Fernsehen ist die Serialität. Sie strukturiert den Sendebetrieb und verweist auf eine „zukunftsgerichtete Beständigkeit“ (Zywietz, 2O2O, S. 112) . Außerdem „sorgt [Serialität] für Wiedererkennungseffekte, steuert die Erwartung und verheißt eine gewisse Verlässlichkeit“ (Zywietz, 2020, S. 111). Der IS bedient ein breit gefächertes Spektrum von Genres und Inhalten, vom Video-Blog bis zum Hinrichtungsvideo. Für Olaf Jacobs und Timo Großpietsch erfüllen klar definierte Genres bei der Planung von Programmflächen zwei Funktionen:

Wenn verschiedene Filme aneinanderstoßen, kann man einerseits durch variierende Erzählweisen die Gesamtattraktivität von Programmen erhöhen und andererseits einzelne Sendeplätze durch für die Zuschauer berechenbare Erzählweisen klar identifizierbar machen und damit zu Marken entwickeln. (Jacobs & Großpietsch, 2015, S. 138)

Trotz der Fülle verschiedener Medientexte, die der Medienapparat des IS produziert, bemüht dieser sich um formale sowie inhaltlich-thematische Geschlossenheit. Einerseits hatjedes IS-Vi- deo seit der Konsolidierung der Corporate Identity im Dezember 2016 einen Vor- und Abspann im Einheitsdesign (mit Ausnahme der Videos von al-Hayat und al-Furat ). Die IS-Naschids (islamische Gesänge) werden ebenfalls bezirksübergreifend in den Videos aller Medienhäuser als Hintergrundmusik verwendet. Andererseits gibt es serielle Formate wie Harvest of the Soldiers (2018 - 2019, 25 Folgen), eine grafische Aufbereitung der militärischen Erfolge des IS, die wöchentlich erschien, oder Mujatweets (2014, 8 Folgen), eine Serie von kurzen, unzusammenhängenden Impressionen aus dem Kalifat.

Für den Aufbau parasozialer Beziehungen über einen längeren Zeitraum ist Serialität gar eine Grundvoraussetzung (Klewer, 2020, S. 256). Aus diesem Grund hat der IS die Videoreihen Lend Me Your Ears (2014, 7 Folgen) und Inside (2014 - 2015, 3 Folgen), in denen der in IS- Geiselhaft geratene britische Journalist John Cantlie als (scheinbar) neutraler politischer Kommentator, Journalist und Reporter auftritt, als „langfristig angelegte, personenzentrierte Formate“ konzipiert (Klewer, 2020, S. 251 ff.). Inhalt und formale Gestaltung grenzen beide Reihen voneinander ab, markieren die Folgen derjeweiligen Reihe aber als Teil eines seriellen Formats. Gemeinsam haben beiden Reihen, dass der Zuschauer direkt von Cantlie adressiert wird. Dadurch wird der Aufbau einer parasozialen Beziehung zu Cantlie als Medienfigur ermöglicht. Am Ende der Folgen verweist Cantlie noch einmal verbal auf das serielle Prinzip („Join me again for the next programm [ sic ]“), womit Kontinuität impliziert und ein Anreiz zum Weiterschauen geschaffen wird (Klewer, 2020, S. 259).

Zusätzlich wurden manche Propagandafilme, die anhand hoher Klickzahlen ausgewählt oder von der Propagandaleitung des al-Hayat Media Center positiv bewertet wurden, als Videoreihe fortgesetzt. Zu diesem Zweck existierte im Jahr 2016 eine Siegerehrung der besten Propagandafilme, die vom al-Hayat Media Center in Videoform unter dem Titel Selected 10 Videos From the Provinces ofThe Islamic State monatlich herausgegeben wurde und damit ein eigenes serielles Format darstellt.

Die intertextuelle (Selbst-)Referenzierung wird sowohl durch Serialität als auch den Collage-Charakter der IS-Propagandavideos begünstigt. In vielen IS-Videos wird durch die Montage von Videoartefakten Bezug auf andere Medientexte des IS genommen. Dies gilt insbesondere für dynamisch geschnittene, sinnlich-affektive Montagesequenzen, wie Nashid-Musikvideos. Auch die Eröffnungssequenz von Flames of War II, eine Aneinanderreihung affektiver Momente, nutzt bereits aus anderen Videos bekanntes Material. Bei Zuschauern, die den intertextuellen Verweis bemerken und entsprechend einordnen können, wird dadurch ein Wiedererkennungseffekt ausgelöst. Dieser vermittelt dem Rezipienten das Gefühl, über Insiderwissen zu verfügen, was die empfundene Zugehörigkeit zu der IS-Kultur stärken kann.

3.1.4 Formale Strategien

Eine Nähe zur Fernsehästhetik besteht neben der ästhetischen auch auf der formalen Ebene. Der IS appropriiert unter anderem journalistische Genres bzw. deren stilistische Mittel, um eine dokumentarische Realität vorzutäuschen. Bernd Zywietz hat fünf inhaltlich-formale „Situationstypen“ identifiziert, die der IS regelmäßig in seinen Videos verwendet (Zywietz, 2020, S. 98 f.). Eine trennscharfe formale Einordnung der Videos ist aufgrund des Collage-Charakters nur sel - ten möglich. Die folgenden Kategorien sind daher als formale Strategien, die sich innerhalb derselben Erzählung überschneiden können, zu verstehen.

1. Die Erklärung nutzt meist einen Off-Kommentar (siehe 3.2.1), der dem Zuschauer Informationen und Deutungen präsentiert (Zywietz, 2020, S. 98 f.). Das übrige Video- und Audiomaterial hat eine dekorative oder illustrative Funktion. Etwa verwendet der IS in seinem Erklärvideo The Structure of the Caliphate (2016) animierte Staffelungen ornamentaler 2D-Grafiken, um das Video sinnlich ansprechend zu gestalten.
2. Der Bericht gehört zu den Urformen des Journalismus (Jacobs & Großpietsch, 2015, S. 108). Charakteristisch für diese Gattung ist es, Informationen objektiv und den Tatsachen entsprechend wiederzugeben. Berichte kommentieren nicht selbst, sondern präsentieren eine ausgewogene Darstellung, durch die der Zuschauer in die Lage versetzt wird, sich seine eigene Meinung zu bilden. Die Gestaltungsmittel sind im Bericht gegenüber der inhaltlichen Sache zweitrangig. Der IS nutzt filmästhetische Mittel des Berichts (Statements und Interviews, Straßenumfragen, Ereignismitschnitte, etc.) lässt jedoch keine Meinungen zu, die konträr zur Ideologie des IS verlaufen, ohne diesen durch eine Rhetor-Instanz zu widersprechen (Zywietz, 2020, S. 98).
3. Das Ereignis dokumentiert ein Vorkommnis, das entweder „real“ oder medial inszeniert ist. Letzteres, ein sogenanntes Pseudo-Event, stellt ein „kommunikationsstrategisches Instrument“ dar, das mit Nachrichtenwert aufgeladen und mediengerecht vorstrukturiert ist, um mediale Aufmerksamkeit zu generieren und dadurch die enthaltene ideologische Botschaft einem breiteren Publikum zugänglich zu machen (Jarren & Sarcinelli, 1998, S. 713). Darunter fällt ein großer Teil der Hinrichtungsvideos des IS: „Die Bilder sind hier nicht Ausdrucksmittel, sondern eigentlicher Zweck der Tötung. Das Opfer muss sterben, damit die Aufnahmen entstehen können“ (Klonk, 2017, S. 134).
4. Die Ansprache wurde bereits im zweiten Kapitel als affektive Strategie benannt. Dieser Absatz vertieft noch einmal die filmischen Aspekte der Ansprache. Ein starkes ästhetisches Mittel der Ansprache ist die Face-to-Face-Situation: Der Blick des Sprechers ist dabei zentral in die Kamera gerichtet. Durch das direkte Ansprechen des Zuschauers wird eine parasoziale Interaktion induziert und Vertrauen zwischen der Medienfigur und dem Zuschauer hergestellt, was wiederum „große Aufmerksamkeit und einen Anreiz zur Rezeption des Videos“ erzeugt (Klewer, 2020, S. 250). Allerdings untergräbt der IS in den meisten Ansprachen die affektive Intensität der 0°-Handlungsachse, indem auf eine zweite, seitliche Kameraperspektive umgeschnitten wird (Zywietz, 2020, S. 121). Zywietz vermutet, dass es sich dabei um den deplatzierten Einsatz des aus Interviewsituationen bekannten Dispositivs handelt (siehe 3.2.2), welcher auf ein Unvermögen der Medienakteure des IS mit der technischen Ausrüstungsfälle umzugehen, hindeutet (Zywietz, 2020, S. 121). Der IS nutzt Ansprachen sowohl zur Rekrutierung als auch als Warnung an seine Feinde.
5. Bei dem Erlebnis handelt es sich um kein natives Fernsehformat. Hier wird Affektivität durch den verstärkten Einsatz ästhetischer Mittel (z.B. dynamisches Editing, rhythmische Montage und Computeranimationen) erzeugt. Demgegenüber tritt die Vermittlung ideologischer Botschaften in den Hintergrund (Zywietz, 2020, S. 99). Eine Unterform des Erlebnis-Videos stellen Naschid-Musikvideos wie Answer the Call (2018) dar, deren audiovisuelle Gestaltung auf sinnliche Überwältigung abzielt. Charakteristisch für dieses „Genre“ ist eine Bilderflut, die den Rhythmus des Gesangs aufnimmt und den Inhalt mit ausdrucksstarken Bildern unterstreicht. Der Liedtext ( lyrics ) wird in animierter Typografie vor den Bildern ein- und ausgeblendet. Auf der Tonebene werden die Übergänge zwischen den Bildern durch cineastische SFX ( sound effects ), die auch in SpielfilmTrailern zum Einsatz kommen, hervorgehoben. Dadurch entsteht beim Zuschauen eine rauschhafte Sogwirkung.

3.1.5 Rekapitulation

IS-Videos weisen auf vielen Ebenen eine Verwandtschaft zu Fernseh- und Live-Formaten auf. Die Gestaltungselemente des IS-Markendesigns (animiertes Logo am Bildrand, Bauchbinden, etc.) imitieren eine Fernsehästhetik und erwecken den Eindruck eines kontinuierlichen Sendebetriebs. Um ein Gefühl von Authentizität und persönlicher Beteiligung des Rezipienten am „Sendegeschehen“ zu erzeugen, nutzt der IS unter anderem ästhetische Strategien des Affektfernsehens. Mit direkten Ansprachen des Rezipienten durch eine Medienfigur und der Etablierung wiederkehrender Medienfiguren arbeitet der IS gezielt am Aufbau parasozialer Interaktionen und Beziehungen, um Zuschauer langfristig an sich zu binden. Als weiteres Merkmal von Authentizität gilt im modernen Dokumentarismus der Einsatz von verwackelten oder unscharfen Bildern. Der IS verwendet entsprechende Aufnahmen in seinen Videos und verweist damit auf die technischen Dispositive von moderner Berichterstattung, die der Zuschauer aufgrund seiner medialen Prägung mit Authentizität in Verbindung bringt. Darüber hinaus spielt die Produktion serieller Inhalte eine wichtige Rolle in der Medienarbeit des IS, da sie den unüberschaubaren Medienkosmos des IS übersichtlich und einheitlich gestaltet. Durch die Aneignung von Formaten des Fernsehjournalismus versucht der IS außerdem, institutionelle und inhaltliche Seriosität zu suggerieren.

3.2 Der Dokumentarfilm

Fast alle Videos des IS weisen Strukturen des Dokumentarfilms auf, durch die der IS seiner Propaganda einen dokumentarischen Anstrich verleihen will. Fiktionale Elemente finden sich in IS- Videos hingegen kaum wieder. Die Dominanz (pseudo)dokumentarischer Formate lässt sich damit erklären, dass diese sich besonders für politisch- und religiös-radikale Propaganda eignen, da diese „wirklichkeitsformende Ziele“ verfolgt (Beese, 2020, S. 211). Um eine Analyse der vom IS verwendeten dokumentarischen Gestaltungsmittel vorzunehmen, müssen zunächst die Unterschiede zwischen dokumentarischen und fiktionalen Formen betrachtet werden.

François Niney erklärt in seinem Buch Die Wirklichkeit des Dokumentarfilms, dass der Begriff Documentaire seit 1915 einen „Film ohne fiktionale Handlung“ bezeichnet (Niney, 2012, S. 21). Jedoch merkt Niney an, dass es schwierig ist, absolute stilistische Merkmale zu finden, die den Spiel- vom Dokumentarfilm unterscheiden. Beide Erzählformen basieren auf demselben Aufnahmeverfahren und können dokumentarische Formen annehmen. Jedoch ergeben sich bei der Betrachtung des Rezeptionsmodus Unterschiede. Die Frage, ob das, was wir sehen, wahr ist, stellt sich der Zuschauer intuitiv, allerdings nur beim Dokumentarfilm. Die Rezeption eines Spielfilms erfordert stattdessen, dass der Zuschauer seine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Erzählung ablegt. Niney kommt zu dem Schluss, dass die Erwartungshaltung des Zuschauers beim Dokumentarfilm viel stärker auf der Vermittlung von Wissen liegt, während beim Spielfilm das Verstehen menschlicher Verhaltensweisen im Vordergrund steht. Als Reaktion auf den Zweifel, der sich automatisch bei der Rezeption dokumentarischer Medientexte einstellt, hat der Dokumentarfilm ästhetische Strategien entwickelt. Dazu zählt Niney den „intensive[n] Rückgriff auf Zeugen- und Expertenaussagen, auf Interviews und auf den Kommentar“ und die nachstellende Rekonstruktion (Niney, 2012, S. 82).

Auch der IS verwendet die genannten dokumentarischen Stilfiguren in einer Vielzahl seiner Vi - deos. Im Folgenden werden drei dokumentarische Zeichen, die inzwischen fester Bestandteil der Filmsprache des IS sind, genauer betrachtet.

3.2.1 Der Off-Kommentar

Niney ist der Überzeugung, dass ,,[s]tumme Bilder der Welt, überladen vom allwissenden Kommentar des anonymen Sprechers“ das „dominierende Muster der <Objektivität>“ in dokumentarischen Formen sind (Niney, 2012, S. 141). Der Off-Kommentar, für Niney eine „besonders illusionäre [...] Form von Autorität“, entstand vor dem Hintergrund der im zweiten Kapitel beschriebenen Entwicklung des Bewusstseins von Massengesellschaften. Der Film wurde als Medium zur Erziehung und Lenkung der Massen im Sinne ihrer politischen Führung eingesetzt. Der Off-Kommentar war und ist aufgrund seiner didaktischen Funktion dazu geeignet, den Zuschauern das gewünschte Narrativ der jeweils herrschenden Ideologie eindeutig zu vermitteln und die Propaganda der Gegenseite zu denunzieren (Niney, 2012, S. 142 ff.). Niney stellt fest, dass sich der Off-Kommentar als Form audiovisueller Propaganda in dokumentarischen Kontexten, insbesondere der Kriegsberichterstattung, bis heute durchsetzen konnte.

Nahezu alle IS-Videos sind mit einem Audiokommentar unterlegt. Die Off-Komentare der meisten Videos sind in arabischer Sprache verfasst, allerdings werden auch Videos mit englischem, französischem oder deutschem Off-Kommentar produziert. Der IS lässt seine Texte von Muttersprachlern - wie etwa dem lange Zeit anonymen, kanadischen IS-Mitglied Mohammed Khalifa - einsprechen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich speziell auf den Off-Kommentar des Films Flames ofWar, jedoch ist dieser für die Gesamtheit der Propagandafilme des IS repräsentativ. Nineys Ansicht nach verleiht der (im Falle des IS wortwörtlich) anonyme Sprecher den Bildern die Illusion einer visuellen Beweisführung (Niney, 2012, S. 142). Der Zuschauer ist einerseits aufgrund der vermeintlichen Evidenz des fotografischen Bildes bereit zu glauben, dass der Off-Kommentar die Realität, auf überprüfbaren Tatsachen beruhend, wiedergibt. Andererseits suggeriert die körperlose, unpersönliche Off-Stimme die Allwissenheit und Unvoreingenommenheit eines absoluten Zuschauers (Niney, 2012, S. 143). Als vermeintlich objektiver nobody's point of view eignet sich der Off-Kommentar im Propagandakontext als Kontroll- und Manipulationsinstrument (Niney, 2012, S. 147). Niney charakterisiert audiovisuelle Propaganda folgendermaßen:

Dieser geht es nicht darum, ihren Standpunkt durchzusetzen, sondern vielmehr darum, glauben zu machen, dass sie weder einen Standpunkt hat noch eine Meinung vertritt, sondern die sichtbare Wirklichkeit der Dinge vermittelt, die Wahrheit der Geschichte selbst, so wie sie in aller Evidenz aufLeinwandundBildschirmerscheint. (Niney, 2012,S. 147)

Die Art und Weise, auf die der IS-Sprecher das Geschehen kommentiert, erscheint hingegen aus heutiger Sicht anachronistisch, erinnern doch Formulierungen wie „They tum back on their heels, fleeing like the cowards they are“ mehr an die angestaubte Rhetorik der nationalsozialistischen Deutschen Wochenschau als an zeitgenössische Dokumentarfilme. Dennoch treffen Ni- neys Aussagen insofern zu, als dass der IS-Kommentar seinen Standpunkt als den Standpunkt, als „evidente Wahrheit der Welt“ verkauft (Niney, 2012, S. 142). Die Off-Stimme ist allwissend und „allsehend“ Sie interpretiert die Bilder nicht, sondern trifft Aussagen, etwa über die Motive abgebildeter Personen, die sich beim bloßen Anschauen der Bilder der Wahrnehmung des Zuschauers entziehen würden. Beispielsweise kommentiert die Off-Stimme den Rückzug gegnerischer Soldaten mit der Bemerkung: „[...] the Safawis were scared to meet death“ Die von allen Zweifeln freie Off-Stimme wird so als Stimme des man ausgewiesen, hinter der kein subjektives Ich steht.

3.2.2 Das Interview

Für François Niney besteht das einzigartige Potential des Dokumentarfilms darin, „sichtbar Zeugen und überlebende Akteure der Geschichte in Szene setzen“ zu können, „etwa in Interviews [...] oder in Zeugenaussagen“ (Niney, 2012, S. 100). Im Dokumentarfilm wird auf Interviews zurückgegriffen, um „möglichst »echtes« und »authentisches« Datenmaterial von denjenigen zu generieren, die als Erfahrene und Wissende erachtet werden“ (Heinze, 2017, S. 53) Aufgrund seiner (vermeintlichen) Eigenschaft als audiovisueller Beweis hat sich das Interview zu einem zentralen ästhetischen und strukturellen Merkmal des Dokumentarfilms entwickelt. Die Mise-en-scène folgt in der Regel einem standardisierten Dispositiv: Die Hauptkamera ist ein Talking Head, bei dem der Kopf der sprechenden Person in Nahaufnahme gezeigt wird. Der Raum ist „zur Blick- und Sprechrichtung hin offen“ (Jacobs & Großpietsch, 2015, S. 18). Der Fragesteller, zu dem gesprochen wird, sitzt neben oder hinter der Kamera. Eine zweite Kamera zeigt den Interviewten in einer Halbnahen aus einem anderen Winkel. Der Einsatz von zwei oder mehr Kameras bietet den technischen Vorteil, dass sich das Gespräch in der Montage belie - big schneiden und neu zusammenfügen lässt, ohne dass es zu einem Bruch in der Bildfolge kommt.

Der Zuschauer hat beim Dokumentarfilm die Erwartung, dass die Personen und Ereignisse vor der Kamera real sind. Durch den Blick des Interviewten zur Kamera wird „eine Kontinuität zwischen der Welt hinter und vor der Kamera“ hergestellt (Niney, 2012, S. 90). Der Zuschauer gewinnt so den Eindruck, dass die abgebildete Person keine Rolle verkörpert, sondern für sich selbst spricht. Durch die Nahaufnahme des Gesichts wird außerdem der emotionale Ausdruck des Sprechers betont und beim Zuschauer das Gefühl von körperlicher Nähe und persönlicher Aufmerksamkeit evoziert (Edler, 2006, S. 144). Demzufolge ist bereits auf filmischer Ebene durch die Abbildung des menschlichen Gesichts ein Manipulationspotenzial in der Interviewsituation angelegt. Die Fähigkeit des Films, Gefühle der imaginativen Nähe (und Distanz) zu echten oder fiktiven Personen herzustellen und zu kontrollieren, wird von Akteuren wie dem IS zu Propagandazwecken ausgenutzt (Edler, 2006, S. 138). Hinzu kommt, dass für westliche Zuschauer das Interview-Dispositiv zum Symbol für einen freien Meinungsaustausch in einem offenen, pluralistischen Diskurs geworden ist. Der IS nutzt diese Implikationen, indem er das Format zur Verpackung seiner illiberalen, antipluralistischen Ideologeme verwendet. Der IS erhofft sich davon weitere Anschlussfähigkeit im Westen.

3.2.3 Das Re-Enactment

Eine weitere dokumentarische Strategie ist die nachstellende Rekonstruktion, für die sich der Begriff Re-Enactment etabliert hat. Re-Enactments sind „audiovisuelle Konstruktionen historisch dokumentierter oder erlebter Realität von Personen oder Ereignissen“ (Wagenknecht, 2016, S. 198). Bei Re-Enactments handelt es sich um Inszenierungen, die „durch die Einbindung in den filmischen Verlauf [...] dokumentarisch kontextualisiert und damit innerfilmisch beglaubigt“ werden (Wagenknecht, 2016, S. 204). Als fiktionale Form der Erzählung unterliegen Re-Enactments zu einem gewissen Grad der persönlichen Interpretation der Filmemacher. Re-Enactments können aus verschiedenen Gründen und mit unterschiedlicher Wirkung eingesetzt werden. Einerseits lassen sich Re-Enactments zur Bebilderung von historischen Ereignis - sen verwenden, wenn kein „authentisches“ Material (z.B. Originalaufnahmen) vorliegt. Andererseits können Re-Enactments verwendet werden, um Zeugenaussagen mit einer Bildebene zu verknüpfen. Aufgrund der „Evidenz des photografischen Bildes“ können Re-Enactments einen affirmativen Effekt auf die Glaubwürdigkeit einer Zeugenaussage haben (Niney, 2012, S. 142). Dies gilt insbesondere, wenn es sich bei den inszenierten Personen um die Augenzeugen selbst handelt.

Re-Enactments sind heutzutage als fiktionales Element in dokumentarischen Kontexten akzeptiert, solange sie „dem übergeordneten Ziel der wirklichkeitsgetreuen Präsentation von Informationen“ dienen (Keutzer et al., 2014, S. 288). Um sich dem Vorwurf der (Ver-)Fälschung zu entziehen, kennzeichnen Dokumentarfilmer Re-Enactments hierzulande oft als Inszenierung (entweder durch einen entsprechenden Kommentar des Off-Sprechers oder die Texteinblendung „Nachgestellte Szene“). Bei Zuschauern mit geringer Medienkompetenz besteht jedoch weiterhin die Gefahr einer (unbeabsichtigten) Täuschung.

Auch der IS nutzt Re-Enactments, wenn auch nicht so regelmäßig wie Off-Kommentare und Interviews. Der Einsatz von Re-Enactments erfolgt meist innerhalb von Hinrichtungsvideos und dient der Rekonstruktion des Verbrechens der Hinzurichtenden. Eine solche Szene stammt etwa aus dem Video Deterring the Hired (2016). Sie zeigt einige Männer beim Anbringen einer Anti- IS-Parole. Die Szene wurde vom IS nicht als Re-Enactment gekennzeichnet. Sie fügt sich nahtlos in den Fluss aus Bildern ein, während eine Off-Stimme das Gezeigte entsprechend einordnet. Zwar ist relativ offensichtlich, dass es sich bei der Szene um eine Inszenierung handelt, jedoch wird dem Zuschauer der Hinweis auf die Herkunft der Bilder vorenthalten. Die Szene erscheint auch deshalb authentisch, weil sich die zum Tode verurteilten Männer in der Szene selbst spielen (mussten). Der Zuschauer hat so das Gefühl, die Männer „auf frischer Tat ertappt“ zu haben. Etwas später in dem Video nutzt der IS erneut die Beweiskraft der Zeugenaussage, diesmal in Form eines Geständnisses. Die Beschuldigten befinden sich in einer Verhörsituation (welche die aus Kriminalfilmen bekannte Ästhetik reproduziert) und bestätigen mit ihren Aussagen die im Re-Enactment nachgestellte Tat. Blendet man die Tatsache aus, dass der IS vollständige Kontrolle über das Leben (und somit wohl auch die Aussagen der Beschuldigten) hat, könnte man davon ausgehen, dass es sich bei dem Re-Enactment um eine wahrheitsgemäße Re - konstruktion der Ereignisse handelt. Während der Hinrichtungsszene zeigt der IS erneut die nachgestellten Szenen, der Schnitt kennzeichnet sie jedoch diesmal als Flashback in der Erinnerung der Verurteilten, um Reue zu erzählen. Dadurch wird beim Zuschauer der Eindruck einer internen Fokalisierung erweckt, was für François Niney im Dokumentarfilm ein unzulässiges Mittel darstellt (Niney, 2012, S. 107). Das Wechselspiel von dokumentarischen und fiktionalen Codes innerhalb derselben Erzählung zeigt einmal mehr, dass sich der IS je nach Bedarf die filmischen Zeichen unterschiedlicher Genres zunutze macht, ohne sich auf ein bestimmtes Genre festzulegen.

3.2.4 Rekapitulation

Der IS versucht, durch mediale Mimikry seine Propagandavideos als Dokumentarfilme zu tarnen, um den Anschein von Neutralität zu erwecken. Dabei macht er sich dokumentarische Au- thentisierungsstrategien zunutze, die wir durch unsere kulturelle Prägung mit seriösem Journalismus in Verbindung bringen. Die polemische Rhetorik des Off-Kommentars und der Einsatz fiktionaler Zeichen in dokumentarischen Kontexten entlarven die Propaganda des IS jedoch nach kurzer Zeit als ebensolche.

3.3 Der Actionfilm

Actionfilme zeichnen sich durch „physisches Handeln und Reagieren in extremen Konfrontationssituationen“ aus (Zywietz, 2016, S. 413). Sie sind dem Bewegungs- und Körperkino zuzuordnen, das seine Attraktion aus der Inszenierung performativer Actionszenen bezieht (Zywietz, 2016, S. 414). Auf der Handlungsebene kämpfen ein Held oder eine Gruppe von Helden „mit Waffen- und körperlicher Gewalt“ gegen „klar bestimmte Gegner als Aggressoren“ (Zywietz, 2016, S. 413). Aus diesem Grund wird vielen Actionfilmen eine affirmative Haltung zur Gewalt vorgeworfen: „,[D]ie Reflexion über Gewalt im Actionfilm wird weitgehend vermieden, um unverbindliches Entertainment zu offerieren“ (Zywietz, 2016, S. 415). Zu der DNA des Genres gehören außerdem hypermaskuline Ausdrucksformen. Diese äußern sich in der Verächtlichmachung von Figuren, „die für eine gemäßigte Linie oder politische Lösungen eintreten“, und im Propagieren und Anwenden von Gewalt gegen „den Feind“ (Zywietz, 2016, S. 415). Etwa stellt der handwerklich solide, aber moralisch fragwürdige Actionfilm Rambo ( John Rambo, 2008) die wohltätigen Missionare im Kontrast zu dem kriegserfahrenen Actionhelden Rambo als naiv und weltfremd dar. In Rambo und vielen weiteren Actionfilmen wird die Gewalt der Protagonisten durch die Gewalt der Antagonisten relativiert und legitimiert. In manchen Fällen, wie dem gewalttätigem Actionfilm Death Wish (2018), wird auch Folter als legitimes Mittel zur Erreichung persönlicher oder politischer Ziele gerechtfertigt. Die Verfestigung von Gut-Böse-Dichotomien bzw. von „Richtig-Falsch-Lösungswegen“ machen den Actionfilm zum idealen Vehikel für einseitige Agitationspropaganda (Zywietz, 2016, S. 76). Etwa entwickelte sich der Actionfilm unter dem Einfluss des antikommunistischen Politikstils Ronald Reagans in den 80er-Jah- ren zum regierungstreuen Propagandainstrument.

3.3.1 Freund-Feind-Denken

Dass sich zahlreiche Propagandafilme des IS einer westlichen Actionfilm-Ästhetik bedienen, ist kein Zufall. Die Themen und Typen des Actionfilms lassen sich einfach auf die Selbstdarstellung des IS übertragen: In zahlreichen Actionfilmen ist der Held ein Einzelgänger, ein Loner, den „ein hohes Maß an Insubordination gegenüber dem Establishment und eine Verachtung von dessen weichherziger Leitlinie und den Bedingungen diplomatischen Alltagshandelns“ kennzeichnet (Zywietz, 2016, S. 415). Charakteristisch für Actionfilmhelden ist das Agieren „in einer gesetzlichen Grauzone (und darüber hinaus)“ und der Kampf gegen „das Andere “ (Riegler, 2023, S. 17). Das Narrativ, das der IS von sich zeichnen will, dockt an dieser Genreformel an. Der IS sieht sich allein als legitime, von Gott berufene Instanz einer ungläubigen westlichen Staatengemeinschaft gegenüberstehen. In dem Propagandafilm Flames ofWar, der aufgrund seiner Actionfilm-Ästhetik größere Bekanntheit erlangte, greift der IS das Statement von George W. Bush „Either you're with us or you're with the terrorists.“ auf und interpretiert es im Sinne seiner Ideologie als eine religiös motivierte Kriegserklärung. Der Off-Kommentar erklärt: „Thus the war between iman [Glaube] and kufr [Unglaube] was ignited.“ Das binäre Weltbild des IS ist ein zentraler Bestandteil seiner Propagandastrategie. Es legitimiert die Selbstglorifizierung des IS und die Abwertung bzw. Entmenschlichung seiner Gegner. Um den IS hat sich außerdem eine Subkultur gebildet, die Personen wie den IS-Terroristen Abdelahim Abaaoud, die außerhalb der gesetzestreuen Gemeinschaft leben und gängige Normen und Praktiken ablehnen, als Helden feiert (Andersen & Sandberg, 2018, S. 19).

3.3.2 Männlichkeit und Gewalt

Zwei weitere definierende Merkmale des Actionfilms, die auch auf die Propaganda des IS zutreffen, sind die Hervorhebung von männlichen Heldentaten und die übermäßige Darstellung von Gewalt. Der IS propagiert Gewalt und eine romantische Sicht auf Krieg und Ehre. Die Prinzipien der männlichen Ehre und individuellen Selbstaufopferung haben für den IS einen hohen Stellenwert. In seinen Videos und Schriften wirbt die Organisation bei jungen Männern für die soziale Rolle des maskulinen, muslimischen Kriegers (Andersen & Sandberg, 2018, S. 14). Als ultimatives Männlichkeitsideal gilt in der IS-Kultur der Märtyrertod. Der Kriegsfilm bzw. Actionfilm eignet sich aufgrund der Darstellung des Kampfes als performativer Standard-Situation besonders gut, um das Ideal des Mudschahed an die Zielgruppe zu vermitteln. Hinzu kommt, dass viele junge Männer sich nicht nur aus religiösen oder politischen Gründen dem IS zuwenden, sondern sich auch für Action und Ruhm interessieren, die tief in der westlichen Popkultur verankert sind - insbesondere im Actionfilm (Andersen & Sandberg, 2018, S. 19). Deshalb gestaltet der IS seine Videos „affektiv und zugleich spielerisch über schnelle Schnitte, dynamische Bildübergänge und sonstige Mittel“ (Zywietz, 2018). In Flames ofWar, dessen cineastische Bildsprache hauptverantwortlich für die Hollywood-Vergleiche ist, wird das Männlichkeitsideal des IS besonders offen zur Schau gestellt. In immersiven Bildern und heroisierenden Zeitlupen-Aufnahmen werden die Mudschahedin im Kampf gezeigt. Die Kamera folgt ihnen in Hüfthöhe durch die Schützengräben, während die Off-Stimme sie als „die Besten der Besten“ bezeichnet. Das immersive Sounddesign betont Umgebungsgeräusche wie Schritte im Sand und verleiht den Bildern eine haptische Qualität. Der Einsatz von Zeitlupen und Zeitraffer-Aufnahmen mittels sogenannter speed ramps lässt das Abfeuern von Geschossen und Explosionen besonders wuchtig erscheinen. Unschärfe- und Zoom-Effekte steuern die Blickführung und setzen visuelle Akzente. An bestimmten Stellen wird außerdem auf computergenerierte Spezialeffekte (CGI) zurückgegriffen. Etwa wurden die Aufnahmen eines sterbenden IS-Kämpfers mit einer Aufhellung des Bildes und einem Whoosh -Geräusch unterlegt, um die Trennung von Leib und Seele zu verbildlichen. Diese Ästhetisierungsstrategien erschaffen eine Übersteigerung der Realität (Hyperrealismus), welche die affektive und emotionale Wirkung der Bilder auf den Zuschauer verstärkt.

Gewalt als Spektakel ist ein integraler Teil der Anziehungskraft von IS-Videos (Andersen & Sandberg, 2018, S. 19). Der IS inszeniert und dokumentiert Hinrichtungen in bisher unbekanntem Ausmaß. Zwischen 2014 und 2017 veröffentlichte der IS Videos mit insgesamt über 2000 Hinrichtungen (Beese, 2017, S. 78). Die extreme Darstellung von Gewalt wird von vielen Unterstützern des IS, die ihr Anderssein und ihre Abgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft zur Schau stellen wollen, akzeptiert und begrüßt (Andersen & Sandberg, 2018, S. 15). Die Lust an Destruktion und Gewalt gilt im Actionkino als ein zentrales Element der sinnlichen Überwältigung des Zuschauers (Morsch, 2002, S. 62). In vielen Fällen empfindet der Zuschauer die Gewaltdarstellung sogar als „genussvoll“, da sie over-the-top ist und somit nicht lebensecht wirkt (Riegler, 2023, S. 29). Die Gewalt in IS-Videos ist real, dennoch bedient sich der IS einer Vielzahl filmischer Verfahren wie Zeitlupen, Wiederholungen, Kamerafahrten und Color-Keying (Abb. 3), um die Gewalt zu ästhetisieren.

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Hervorheben einer Farbe durch Color-Keying (Deterring the Hired 2, 2016)

Das Ziel, das sowohl Actionfilme als auch der IS mit der affektorientierten Ästhetisierung von Gewalt verfolgen, ist laut Bernd Zywietz die „Steigerung des phänomenologischen synästheti - sehen Leiblichkeitseindrucks“, durch welche der Gewaltakt „noch sensueller und somatischer erfahrbar“ gestaltet wird (Zywietz, 2018).

3.3.3 Aneignung von Filmszenen

Bei der Inszenierung von Gewalt nimmt der IS oft Bezug auf die Mise-en-scene bekannter Filme. Am 23. Februar 2015 veröffentlichte der IS das Video Snipers ofWilayat al-Khayr. Der Titel sowie die zeitliche Nähe zum Kinostart von American Sniper (16. Januar 2015) weisen das IS-Video als provokante Antwort auf den Hollywood-Kriegsfilm aus. Das IS-Video zeigt Abschüsse aus der Scharfschützen-Perspektive und orientiert sich ästhetisch an der amerikanischen Vorlage. Durch die Subjektivierung, die den Zuschauer in die Perspektive des Scharfschützen versetzt, wird ein Gefühl physischer Präsenz erzeugt und die „Beteiligung“ des Zuschauers am Geschehen gesteigert (Dauber & Robinson, 2015). Der affektive Charakter der First-Person-Perspektive wird unter Punkt 3.4.1 weiterführend behandelt. Außerdem versucht der IS mit der Antwort auf popkulturelle Ereignisse Aufmerksamkeit (vor allem durch mediale Berichterstattung) zu generieren.

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Abb. 4: Screenshot aus American Sniper (Eastwood, 2014)

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Abb. 5: Screenshot aus Snipers of Wilayat al-Khayr (2015)

In anderen Fällen zitiert der IS nicht nur westliche Actionfilme, sondern integriert ganze Szenen dieser in seine Propaganda. Das IS-Video Paris Has Collapsed, das eine Woche nach den islamistischen Anschlägen in Paris im November 2015 erschien, verwendet eine Szene des Hollywoodfilms G.I. Joe: The Rise of Cobra ( G.I. Joe - Geheimauftrag Cobra, 2009). Die Szene zeigt den Zusammenbruch des Eiffelturms als aufwändige CGI-Animation. Der IS setzte die Schnitte so, dass weder die Protagonisten des Films, noch das futuristische Fluggerät, welches wenige Sekunden nach dem Aufschlag des Eiffelturms an der Kamera vorbeifliegt, zu sehen sind. Außerdem wurde eine Einstellung aus der Mitte der Szene entfernt, welche fliehende Zivilisten aus einer leichten Untersicht zeigt. Die Einstellung wurde herausgeschnitten, um eine Identifikation mit den Zivilisten, welche durch die Kameraperspektive evoziert wird, zu verhindern. Der IS hat die Eiffelturm-Szene aufgrund ihres Symbolcharakters ausgewählt und zu propagandistischen Zwecken in einen neuen Kontext gesetzt.

3.3.4 Rekapitulation

Zu den Genrekonventionen des Actionfilms gehören binäre, ideologische Weltbilder und eine Glorifizierung von männlicher Heldenschaft und Gewalt. Der Actionfilm wurde in der Vergangenheit vielfach für seine Darstellungsformen kritisiert, allerdings werden diese heutzutage als filmische Zeichen zur affektiv-sinnlichen Stimulation des Zuschauers akzeptiert. Der Propagandafilm des IS dockt an diesen kulturellen Rezeptor an. Der IS appropriiert ästhetische Codes des Actionfilms, um bei einem action-affinen Publikum für sein Ideal des im Dschihad kämpfenden Mudschahedin zu werben. Auch bei der Inszenierung von Hinrichtungen nutzt der IS Ästhetisie- rungsstrategien des hyperrealen Actionfilms, um die affektiv-sinnliche Wirkung der Aufnahmen zu verstärken. Mit der Verbindung von Dschihad-Kultur und Actionfilm-Motiven richtet sich der IS an eine Subkultur, deren Angehörige sich für Action und Ruhm interessieren und die Normen und Praktiken der Mehrheitsgesellschaft ablehnen. Zusätzlich versucht der IS durch die Bezugnahme auf westliche Actionfilme, mediale Reaktionen zu provozieren und die so gewonnene Aufmerksamkeit zur Verbreitung seiner ideologischen Botschaften zu nutzen.

3.4 Das Videospiel

Der Einsatz von Videospielen als Rekrutierungsinstrument ist nicht neu. Bereits im Jahr 2002 entwickelte das US-Militär ein Online-Spiel, um erfolgreiche Spieler für den Militärdienst anzuwerben (Kang, 2014). Auch der IS brachte 2016 mit der Handy-Lernapp Husruf ein eigenes Videospiel heraus. Husruf besitzt eine bunte Benutzeroberfläche und sollte Kinder im Lesen und Schreiben auf Arabisch schulen. Der Fokus dieses Abschnitts soll jedoch nicht auf Gamificati- on-Strategien, sondern auf der Aneignung einer Videospiel-Ästhetik im Propagandafilm des IS liegen.

3.4.1 Die First-Person-Perspektive

Ein formästhetisches Stilmittel, das sich in zahlreichen Videos des IS wiederfindet, ist die FirstPerson-Perspektive (FPP). Diese Extremform der Subjektivierung kommt beim IS überwiegend in Kampfhandlungen zum Einsatz. Im Videospiel, vor allem dem Ego-Shooter, ist die FPP eine genre-definierende Eigenschaft (Beil, 2010, S. 78). Im Film hingegen wird die FPP kaum angewandt. Dies liegt einerseits an den technischen Hürden und eingeschränkten Gestaltungsmöglichkeiten: „Das Tempo derHandlung lässt sich schwieriger beeinflussen, Kameraführung, Bildkomposition und Montage sind i.d.R. eintöniger“ (Beil, 2010, S. 70). Andererseits erschwert der Blick aus den Augen einer Figur die Identifikation mit dieser. Das menschliche Gesicht, welches der Film als Ausdrucksfläche nutzt, befindet sich außerhalb des Bildrahmens. Christian Metz bezeichnet die FFP deshalb als „Subjektivierung ohne Subjekt“ (Metz, 1997, S. 110). Aus diesem Grund kann eine subjektive Kamera sehr leicht zu einer Distanzierung des Zuschauers vom Subjekt führen. Die meisten Filme, welche durchgängig aus der FPP erzählt werden, sind deshalb in performativen Genres wie dem Horror- und Splatterfilm anzutreffen, deren Augenmerk auf affektiven Szenen statt auf einer emotionalen Geschichte liegt (z.B. Hardcore ( Hardcore Henry, 2015), Frankenstein's Army (2013), etc.).

Der IS scheint sich der Gefahr einer Distanzierung bewusst zu sein: In Videos mit personenzentrierten Erzählungen, die eine parasoziale Interaktion mit dem Zuschauer eingehen sollen, wird auf den Einsatz einer FPP verzichtet. Stattdessen nutzt der IS die FPP ausschließlich in Szenen, die auf eine affektive Wirkung abzielen - etwa in Kampfhandlungen oder bei Hinrichtungen. Hinzu kommt, dass die FPP nicht den Zweck hat, den jeweiligen Kämpfer zu subjektivieren. Vielmehr soll die FPP den Zuschauer am Kampfrausch eines Kollektivs teilhaben lassen. Zu diesem Zweck werden auch „normale“ Kameraeinstellungen durch eine rhythmische Montage mit Bildern aus der FPP kombiniert. In der Regel wechselt die Perspektive dabei zwischen verschiedenen IS-Kämpfern.

Dabei nimmt die FPP fast immer den Blickpunkt von Angehörigen des IS ein. In seltenen Fällen integriert der IS Aufnahmen erbeuteter Body-Cams von gegnerischen Kämpfern in seine Propaganda, etwa um den Tod eines Kafir zu zeigen. Ein außergewöhnliches Beispiel für den Einsatz der FPP ist die Hinrichtungsszene in Deterring the Hired 2 (2016). Der Zuschauer wird im Moment der Erschießung durch eine CGI-Animation in die Perspektive des Hinzurichtenden, einem angeblichen Spion, versetzt. Benjamin Beil beschreibt die FPP aus der Opfersicht folgendermaßen: „Gleichzeitig wird aber auch die >Unmittelbarkeit< der POV-Aufnahme genutzt. Der Moment des Angriffs (und häufig auch des anschließenden Tötungsakts) kann auf diese Weise besonders effektvoll realisiert werden“ (Beil, 2010, S. 72). In dem angesprochenen Beispiel nutzt der IS diesen Effekt zur Abschreckung und als Warnung vor Spionage, nachdem er Ende 2016 militärisch unter Druck geraten war.

Für Bernd Zywietz sind solche Aufnahmen sowohl eine rhetorisch-ästhetische Entscheidung als auch eine Folge des technischen und technologischen Fortschritts (Zywietz, 2020, S. 120). Erst durch die Herstellung erschwinglicher Action-Kameras sind Aufnahmen aus der Ego-Perspekti - ve, wie sie der IS produziert, möglich geworden.

3.4.2 Aneignung von Artefakten der Gaming-Kultur

In zahlreichen Videos zitiert der IS die Ästhetik populärer Videospiele. Andreas Rauscher hat festgestellt, dass der IS „nicht die gesamten dramaturgischen Konstruktionen“ der Vorlagen zitiert, „sondern lediglich einzelne Situationen und atmosphärische Eindrücke [...] in einen neuen Kontext gesetzt“ werden (Rauscher, 2020, S. 162). Dabei geht es dem IS „nicht um eine eigene Variante der ludischen Handlungs- und Erlebnisangebote der Vorlagen“, sondern um die „Ap - propriation und Umkodierung popkultureller Referenzen“ (Rauscher, 2020, S. 178). Etwa haben die Bilder von Angriffen aus fahrenden Autos in dem Video Clanging of the Swords, Part 4 (2014) eine auffällige Ähnlichkeit mit dem Gameplay der erfolgreichen Shooter-Reihe Grand Theft Auto. In Grand Theft Auto hat der Spieler die Möglichkeit, Zivilisten aus fahrenden Autos zu erschießen. Der IS nutzt diese Bilder, die im kollektiven Gedächtnis des Westens mit Grand Theft Auto verknüpft sind, indem er sie zu Propagandazwecken neu kontextualisiert. In dem Video My Father Told Me (2016) stellte der IS eine aus dem Online-Shooter Tom Clancy's Rainbow Six Siege (2015) bekannte Situation nach. Die Kindersoldaten des IS dringen in ein Gebäude ein und töten die darin befindlichen Geiseln. Räumlichkeit und Optik entsprechen exakt der Vorlage. Außerdem werden erneut Teile des Videos aus der FPP gezeigt.

Die Zielgruppe, an die sich der IS mit solchen Passagen richtet, ist die Gaming-Community, oder genauer: Spieler von Ego-Shootern. Diese entsprechen im Durchschnitt der bevorzugten Zielgruppe des IS: Jung, männlich und technisch versiert (Dauber et al., 2019, S. 22). Der IS erhofft sich mit der Nachahmung von Videospiel-Motiven einen Wiedererkennungseffekt bei den Spielern: „Videos that make use of such a motif are a “visual dog whistle” to the all-important gaming demographic“ (Dauber et al., 2019, S. 17). In dem Video The Raid of Abu Hasan al- Khathami: The Liberation of al-Qaraytayn (2015) verwendet der IS Satellitenbilder mit Zoomms und animierter Zielerfassung in digital-militärischer Anmutung. Dabei handelt es sich erneut um ein Videospiel-Motiv: Das Missions-Briefing, mit welchem der Spieler in Shootern wie der Call of Duty -Reihe zu Beginn des Levels das Spielziel vermittelt wird. Der IS nutzt den kühltechnischen Computerspiel-Look, um popkulturell Anschluss an die Spielergemeinschaft zu finden (Zywietz, 2018). Nicht-Spieler wären nicht in der Lage, das Gezeigte entsprechend einzuordnen und würden es entweder ignorieren oder wären irritiert (Dauber et al., 2019, S. 20). Neben motivischen Codes integriert der IS auch dramaturgische Strukturen aus Videospielen in seine Videos. Dies hat den Vorteil, dass die Videos auch für Zuschauer, die nicht mit VideospielMotiven vertraut sind, lesbar bleiben. Beispielsweise haben die Autoren der Studie Call of Duty: Jihad festgestellt, dass schwere Waffen wie Mörser oder Artilleriegeschütze an etwa denselben Stellen in IS-Videos erscheinen, wie die Kill- oder Score-Streaks in den Mehrspieler-Missionen der Call of Duty- Reihe - als eine Art Belohnungssystem (Dauber et al., 2019, S. 21).

Eine weitere Form der Aneignung besteht in der kontra-intentionalen Mediennutzung von Videospielen. 2014 wurde ein Video im Internet veröffentlicht, das auf den ersten Blick ein Videospiel, in dem der Spieler die Rolle eines IS-Muschahed übernimmt, zu bewerben scheint. Das Video imitiert durch den collagenhaften Montagestil eine Teaser-Ästhetik, entpuppt sich jedoch bei näherer Betrachtung als Machinima. Der Begriff „Machinima“ bezeichnet Filme, die aufBasis von Spiel-Engines hergestellt werden. In diesem Fall wurde das Videomaterial aus dem Videospiel Grand Theft Auto V entnommen und in der Postproduktion mit der Musik und Heraldik des IS versehen. Ob das Video tatsächlich vom IS produziert wurde, ist unklar. Dennoch wird hinter dem Video die Absicht vermutet, Jugendlichen das Gefühl zu geben, dass der IS eine technologisch fortschrittliche Organisation ist, die sogar über eigene Videospiele verfügt. (Al- Rawi, 2018, S. 753).

3.4.3 Rekapitulation

Da dem IS zur Produktion aufwändiger 3D-Spiele die technischen Kapazitäten fehlen, nutzt er Videospiel-Motive in Videoform, um seine Propaganda an der Hauptzielgruppe auszurichten: Junge Männer mit aggressiven Tendenzen (Dauber et al., 2019, S. 22). Dem Einsatz intertextu- eller Stilismen wie der FPP liegt einerseits die Absicht zugrunde, an die Sehgewohnheiten der Gaming-Community anzudocken. Andererseits macht sich der IS die technischen Affordanzen kompakter Actionkameras zunutze, um den Zuschauer durch immersive Einstellungen aus der Ego-Perspektive ins Kampfgeschehen zu involvieren. Die Rekrutierung mittels Game-Ästhetik scheint Erfolg zu haben. Nach der Appropriation von Videospiel-Motiven durch den IS integrierten auch andere Terrororganisationen diese in ihre Propaganda (Dauber et al.,2019,S. 22).

4. Zusammenfassung

Der Propagandafilm des IS hat durch Aneignung und Rekombination medialer Formen eine eigene, unverwechselbare Ästhetik geschaffen und neue Standards für die Produktion dschihadistischer Videopropaganda gesetzt. Die Fluidität und Manipulierbarkeit digitaler Medienobjekte, die im positiven Sinne zu einer „Erweiterung der kulturellen Praxis des Teilens“ (participatory culture ) geführt hat, hat auch terroristischen Akteuren die Möglichkeit gegeben, aus in sich abgeschlossenen Medienobjekten neue Aussagen zu generieren und zu artikulieren (Unger, 2012, S. 139 ff.). Die ästhetischen Codes, auf die sich der IS bezieht, stammen dabei aus verschiedenen, teilweise gegensätzlichen Kontexten. So werden beispielsweise die Authentifizierungsstrategien des Dokumentarfilms mit den Affektbildern des Actionfilms und Ego-Shooters kombiniert. Die mediale Mimikry oszilliert dabei zwischen Achtung und Verachtung gegenüber den westlichen Vorbildern (Zywietz, 2020, S. 118). Zwar verwendet der IS die filmischen Mittel und Konventionen hinsichtlich ihrer Wirkung (größtenteils) korrekt, jedoch steht der kulturelle Kontext, auf den diese verweisen, im Widerspruch zu der antiwestlichen Ideologie des IS. Die Verschmelzung von Dschihad-Kultur und vertrauten Medienartefakten löst beim Zuschauer Ver- fremdungs- und Wiedererkennungseffekte hervor und fordert dessen Sehgewohnheiten heraus. Darin besteht der maßgebliche Reiz beim Anschauen von IS-Videos. Der (zweifellos übertriebene) Vergleich von IS-Videos mit Hollywoodfilmen zeugt davon, dass die Strategie, welche der IS mit seinen Medieninhalten verfolgt, aufgeht. Die Videos finden aufgrund ihres selbstbewussten, radikalen Andersseins bei gleichzeitiger Treue zur eigenen Markenidentität auch bei westlichen Zuschauern Anklang. Die Frage nach dem richtigen medialen und gesellschaftlichen Umgang mit gewalttätiger, dschihadistischer Propaganda ist dabei nicht einfach zu beantworten. Während der Einsatz zum Zweck der Bebilderung einer Normalisierung weiteren Vorschub leis - tet, könnte eine Tabuisierung die Faszination, welche die Videos auf Jugendliche ausüben, die an Provokation und Grenzüberschreitung interessiert sind, verstärken. Die größte Chance, einer Verbreitung des originären Materials entgegenzuwirken, besteht aus meiner Sicht in einer Umkehrung derselben Strategie, die auch der IS anwendet. Durch die Aneignung und Umcodierung von Ausschnitten aus dschihadistischer Videopropaganda im Rahmen einer weltanschaulichen Auseinandersetzung, kann dem IS und vergleichbaren Akteuren die Deutungshoheit über ihr eigenes Material entzogen werden. Am Beispiel der Mediennutzung des IS zeigt sich, dass jedoch auch aufseiten des Rezipienten Medienkompetenz und ein reflektierter Medienkonsum gefragt sind, um die Attraktions- und Persuationspotenziale hinter den filmischen Zeichen zu verstehen und sich nicht von den formalästhetischen Ähnlichkeiten mit bekannten Medien täuschen zu lassen.

5. Filmverzeichnis

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7. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Logo des al-Hayat Media Center

Abb. 2: Logo von Al Jazeera

Abb. 3: Hervorheben einer Farbe durch Color-Keying (Deterring the Hired 2, 2016)

Abb. 4: Screenshot aus American Sniper (Eastwood, 2014)

Abb. 5: Screenshot aus Snipers ofWilayat al-Khayr (2015)

[...]

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Title: Der Propagandafilm des IS. Medialer Terrorismus im Informationszeitalter

Bachelor Thesis , 2024 , 34 Pages , Grade: 1,1

Autor:in: Kay Henry Marx (Author)

Film Science
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Details

Title
Der Propagandafilm des IS. Medialer Terrorismus im Informationszeitalter
College
Cologne University of Applied Sciences  (Internationale Filmschule Köln)
Grade
1,1
Author
Kay Henry Marx (Author)
Publication Year
2024
Pages
34
Catalog Number
V1572904
ISBN (PDF)
9783389126165
ISBN (Book)
9783389126172
Language
German
Tags
Islamischer Staat IS ISIS Propagandafilm Terrorismus Cyber-Jihad Soziale Medien Aneignung Propaganda Film Filmwissenschaft Filmanalyse Popkultur Remix-Kultur Westliche Medien Transmedialität Intermedialität Intertextualität Participatory culture Informationszeitalter Islamismus Dschihadismus Terror Terrororganisation Propagandavideos
Product Safety
GRIN Publishing GmbH
Quote paper
Kay Henry Marx (Author), 2024, Der Propagandafilm des IS. Medialer Terrorismus im Informationszeitalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1572904
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