In den letzten Monaten konnte wieder einmal exemplarisch beobachtet werden, wie sich effektive Lobbyarbeit von Wirtschaftsinteressen scheinbar mühelos über das Allgemeinwohl der Bevölkerung hinwegsetzt: Trotz wochenlanger Diskussion und zahlreicher Referenten- und Parlamentsvorschläge scheint Deutschland von einem Nichtraucherschutzgesetz noch weit entfernt. Obwohl sich nach einer Umfrage im Auftrag des Deutschen Krebsforschungszentrums 63,8 Prozent der deutschen Bevölkerung im September 2006 für rauchfreie Gaststätten aussprachen, sind die Interessen und Belange der Nichtraucher hierzulande dennoch weitgehend unterrepräsentiert.
Die Probleme großer Gruppen bei der Verfolgung ihrer Interessen brachte 1965 Mancur Olson auf den Punkt und überwand damit die Sichtweise des Pluralismus, alle Interessen seien gleichermaßen artikulierbar und im politischen Prozess einzubringen. Wie ist es aber zu erklären, dass sich trotz dieser Schwierigkeiten für große Gruppen bereits vor über dreißig Jahren Vereine und Initiativen gründeten, die sich öffentlich für eine rauchfreie Gesellschaft aussprachen und versuchten, den Nichtraucherschutz in der Bundesrepublik zu stärken? Worin lagen die Motive und Anreize für die Entstehung dieser Nichtrauchervereine und wie sind diese mit Olsons Theorie vereinbar?
Olson wurde vielfach dafür kritisiert, seine Theorie könne die Entstehung von Organisationen großer Gruppen nicht erklären. Anhand einer gründlichen Untersuchung soll hier geprüft werden, ob der Entstehungsprozess der Organisation der Nichtraucher nicht doch mit den von Olson getroffenen Annahmen zu erklären ist oder ob auf andere Erklärungen und Theorien zurückgegriffen werden muss und ob sich die Schwäche der Theorie Olsons auch in diesem Fall bestätigt. Mit Hilfe von Interviews mit Gründungsmitgliedern der Nichtrauchervereine soll den Auslösern und Ursachen für deren Gründung nachgegangen werden und die Überprüfung Olsons erfolgen.
Zu Anfang dieser Untersuchung erfolgt eine grobe Bestandsaufnahme der bisher kaum beachteten Gruppe der Nichtraucher und der Nichtrauchervereine, die sich seit Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts in Deutschland gegründet haben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Untersuchungsgegenstand: Die Gruppe der Nichtraucher
- Spezifikation des Begriffes „Gruppe der Nichtraucher“
- Entstehung von lokalen Nichtrauchervereinen ab Mitte der siebziger Jahre
- Theorien
- Mancur Olsons Theorie „Die Logik des kollektiven Handelns“
- Kernaussagen der Theorie Olsons
- Die Erklärungskraft der Theorie Olsons für die Entstehung der Nichtrauchervereine
- Anreize nach Clark/Wilson
- Die Theorie des politischen Unternehmers
- Weitere Faktoren
- Mancur Olsons Theorie „Die Logik des kollektiven Handelns“
- Datenerhebung und Methode
- Fallauswahl und Leitfadeninterview
- Operationalisierung der Anreize nach Olson
- Operationalisierung der Anreize nach Clark/Wilson
- Operationalisierung der Motive nach der Theorie des politischen Unternehmers
- Operationalisierung weiterer Faktoren
- Ergebnisse
- Überprüfung der selektiven Anreize nach Olson
- Überprüfung der Anreize nach Clark/Wilson
- Überprüfung der Theorie des politischen Unternehmers
- Überprüfung weiterer Faktoren
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorarbeit untersucht die Entstehung von Nichtrauchervereinen in Deutschland ab Mitte der 1970er Jahre. Ziel ist es, zu ergründen, welche Faktoren zur Organisation der latenten Gruppe der Nichtraucher führten. Dabei wird insbesondere die Theorie des Kollektiven Handelns von Mancur Olson auf ihre Erklärungskraft für die Entstehung dieser Vereine geprüft.
- Die Schwierigkeiten der Interessenartikulation großer Gruppen
- Die Entstehung von Nichtrauchervereinen als Beispiel für kollektives Handeln
- Die Anwendbarkeit der Theorie des Kollektiven Handelns auf die Gruppe der Nichtraucher
- Die Rolle von Anreizen und Motiven für die Gründung der Nichtrauchervereine
- Weitere Faktoren, die die Entstehung der Nichtrauchervereine beeinflussen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Problematik der Interessenvertretung großer Gruppen, insbesondere der Nichtraucher. Sie stellt die Forschungsfrage nach den Motiven und Anreizen für die Entstehung von Nichtrauchervereinen in Deutschland ab Mitte der 1970er Jahre und zeigt die Relevanz der Theorie von Mancur Olson für die Beantwortung dieser Frage auf. Das zweite Kapitel spezifiziert den Begriff der "Gruppe der Nichtraucher" und beschreibt die Entstehung von lokalen Nichtrauchervereinen ab Mitte der 1970er Jahre. Kapitel 3 stellt die Kernaussagen der Theorie des Kollektiven Handelns von Mancur Olson vor und überprüft ihre Erklärungskraft für das Entstehen der Nichtrauchervereine. Des Weiteren werden zwei weitere Theorien - die Theorie der selektiven Anreize nach Clark/Wilson und die Theorie des politischen Unternehmers - vorgestellt und auf ihre Relevanz für die Entstehung von Nichtrauchervereinen untersucht.
Kapitel 4 beschreibt die Datenerhebung und Methode der Untersuchung. Es werden die Fallselektion, das Leitfadeninterview und die Operationalisierung der Anreize nach Olson, Clark/Wilson und der Theorie des politischen Unternehmers sowie weiterer relevanter Faktoren erläutert. Kapitel 5 präsentiert die Ergebnisse der Untersuchung. Es wird geprüft, ob die selektiven Anreize nach Olson, die Anreize nach Clark/Wilson, die Theorie des politischen Unternehmers und weitere Faktoren die Entstehung der Nichtrauchervereine erklären können.
Schlüsselwörter
Kollektives Handeln, Nichtraucher, Nichtrauchervereine, Mancur Olson, Anreize, Motive, politische Unternehmer, Interessenvertretung, Lobbyismus, Nichtraucherschutz, Theorie des Kollektiven Handelns, selektive Anreize, Clark/Wilson.
- Arbeit zitieren
- Isabel Meyer (Autor:in), 2007, Was führte zur Organisation der latenten Gruppe der Nichtraucher?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/157600