Brjusov als Buchdichter
Wenn man die seit langem existierende Aufteilung der Dichter auf Naturdichter bzw. Dichter der Elemente und Buch- bzw. Buchkulturdichter für richtig hält, dann kann man Brjusov zu Recht als den größten Dichter der Buchkultur bezeichnen.1 Nach P.N. Berkov existiert in der Weltliteratur kein anderer in so einem Maß Buchdichter.
Brjusov schrieb, etwa 1914:
„В чем я считаю себя специалистом? ...По образованию я историк...Вообще осведомлен во всеобщей истории литературы...Я довольно хорошо знаю французский и латинский языки, сносно итальянский, плоховато немецкий, учился английскому и шведскому, заглядывал в грамматики арабского, еврейского и санскрита...Последнее время исключительно занимаюсь древним Римом и римской литературой. Во всех этих областях я, в настоящем смысле слова, специалист; по каждой из них прочел целую библиотеку. (...)
Но боже мой! Боже мой! Как жалок этот горделивый перечень сравнительно с тем, чего я не знаю. Весь мир политических наук, все очарование наук естественных, физика и химия... целые миры о которых я едва наслышан,-древний Египет, Индия, государство майев, мифическая Атлантида... Если бы мне иметь сто жизней, они не насытили бы всей жажды познания, которая сжигает меня―2
Aus diesem umfangreichen Zitat kann man schließen, welchen Stellenwert in Brjusovs Leben Bücher eingenommen haben, unveränderliche, fast einzige Quellen, aus welchen der Autor seine phänomenalen Kenntnisse schöpfte und die sein künstlerisches und wissenschaftliches Schaffen ―genährt‖ haben.
Brjusovs Schaffen ist ohne Bücher unvorstellbar. Doch gleichzeitig ist Brjusov nicht jemand, der Bücher nur ―konsumierte‖. Er lebte nicht nur zwischen Büchern, sondern in Büchern, mit Büchern, mit Hilfe von Büchern:
―А книги...Чистые источники услады...учитель, друг, желанный враг, двойник, - я в вас обрел все сладости и яды! С какою жадностью, как тесно я приник к стоцветным стеклам, к окнам вещих книг, и увидал сквозь них просторы и сиянья, лучей и форм безвестных сочетанья... И годы я стоял, безумный, у окна!‖ (aus ―L’ennui de vivre‖ 19023)
Diese Zeit, das waren keine Jahre „des Wahnsinns vor den Fenstern der weisen Bücher―, sondern das war eine Zeit von weisem Aneignen von Wissen, kulturellen Werten.
Brjusov bildet also seine Sicht der Entwicklung der Menschheit von uralten Zeiten bis zu unserer Zeit und weiter in die Zukunft und versucht das Problem der Geschichte der Weltkultur in seinen Werken zu lösen.
Inhaltsverzeichnis
- Brjusov als Buchdichter
- Hauptteil
- Brjusovs Blick in die Zukunft und Vergangenheit
- Historische und legendäre Persönlichkeiten in Brjusovs Dichtung
- Ursprung der Zivilisation
- Umgang mit den Errungenschaften der Wissenschaft
- Veränderungen in Brjusovs Dichtung durch die Oktoberrevolution
- Bedeutung des Sonettenkranzes „Светоч мысли“
- Der Platz der Oktoberrevolution in Brjusovs Dichtung
- Interpretation des Sonettenkranzеs „Светоч мысли“
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert das Werk des russischen Dichters Valerij Brjusov und seine Beschäftigung mit der Geschichte der Weltkultur. Er untersucht, wie Brjusov die Entwicklung der Menschheit von ihren Ursprüngen bis in die Zukunft betrachtet und dabei besonders die Rolle der Bücher, des Wissens und der Kultur betont.
- Brjusovs Konzept der Buchkultur und sein Einfluss auf seine Werke
- Brjusovs Sicht auf die Entwicklung der Menschheit und den Einfluss von Atlantis
- Die Darstellung historischer und legendärer Persönlichkeiten in Brjusovs Dichtung
- Die Bedeutung der Oktoberrevolution für Brjusovs Theorie der Weltkultur
- Die Analyse des Sonettenkranzes „Светоч мысли“ als Höhepunkt von Brjusovs Ideen
Zusammenfassung der Kapitel
- Brjusov als Buchdichter: Der Text stellt Brjusov als einen zentralen Vertreter der „Buchkultur“ vor und beleuchtet seine umfangreiche Lektüre und sein Interesse an verschiedenen Wissensgebieten. Die Bedeutung von Büchern als Inspirationsquelle für Brjusovs Schaffen wird hervorgehoben.
- Brjusovs Blick in die Zukunft und Vergangenheit: Dieses Kapitel untersucht Brjusovs Beschäftigung mit dem Thema der Zukunft und den möglichen Entwicklungspfaden der Menschheit. Zwei gegensätzliche Perspektiven werden vorgestellt: eine pessimistische und eine optimistische. Außerdem wird die Rolle der atlantischen Zivilisation als Ursprungspunkt aller Kulturen im Werk von Brjusov beleuchtet.
- Historische und legendäre Persönlichkeiten in Brjusovs Dichtung: Hier werden Brjusovs Zyklen «Лкобимшы веков» und «Правда вечная кумиров» analysiert, in denen der Autor Porträts von historischen und legendären Persönlichkeiten aus verschiedenen Epochen und Kulturen zeichnet. Die Verbindung zu der zeitgenössischen historischen Wissenschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts wird ebenfalls thematisiert.
- Ursprung der Zivilisation: In diesem Kapitel wird der Ursprung der Zivilisation im Werk von Brjusov untersucht. Das Land Lemurien als Vorgängerin von Atlantis wird vorgestellt, und Brjusovs Schlussfolgerung, dass die atlantische Kultur den Beginn aller menschlichen Zivilisation bildet, wird diskutiert.
- Umgang mit den Errungenschaften der Wissenschaft: Hier wird Brjusovs Umgang mit den Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen der damaligen Zeit beleuchtet. Sein Bestreben, diese Erkenntnisse zu einem umfassenden System zu vereinen, wird hervorgehoben, wobei die Grenzen dieser Theorie in Bezug auf das Verständnis der wirklichen Gründe für den Aufstieg und Untergang von Kulturen diskutiert werden.
- Veränderungen in Brjusovs Dichtung durch die Oktoberrevolution: Dieses Kapitel analysiert, welchen Einfluss die Oktoberrevolution auf Brjusovs Theorie der kulturellen Entwicklung der Menschheit hatte. Besonders wird der veränderte Blick auf die Revolution und die Bedeutung von Bildung und Wissen in der neuen Gesellschaft beleuchtet.
- Bedeutung des Sonettenkranzes „Светоч мысли“: Der Sonettenkranz „Светоч мысли“ wird als Höhepunkt von Brjusovs Ideen zur Geschichte der Weltkultur und seiner Sicht auf die Oktoberrevolution vorgestellt. Brjusovs Verwendung der komplexen Form des Sonettenkranzes für die poetische Verwirklichung seiner Theorien wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen des Textes umfassen die Buchkultur, die Geschichte der Weltkultur, die Entwicklung der Menschheit, die Rolle von Atlantis, historische und legendäre Persönlichkeiten, die Oktoberrevolution, den Sonettenkranz „Светоч мысли“ und Brjusovs Theorie der Weltkultur.
- Quote paper
- Nikita Iagniatinski (Author), 2007, Probleme der Weltgeschichte in Brjusovs Schaffen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/157666