Walter Benjamins Essay „Die Aufgabe des Übersetzers“ wurde 1921 verfasst und erschien 1923 ursprünglich als Vorwort zu seinen eigenen Übersetzungen von Charles Baudelaires zweitem Teil der „Tableaux parisiens“, den „Fleurs du Mal“. Für die Theorie der Übersetzung literarischer Texte „bestimmte“ der Essay später „den weiteren Diskurs maßgeblich“.
Der Essay gibt den irrtümlichen Anschein, eine konkrete Anleitung für das Handwerk des Übersetzens zu beschreiben. Er beruht vielmehr auf einer weitgehenden „Sprachphilosophie“, die dem Übersetzer eine überhistorische Verantwortung zuspricht, die Namenssprache vorgreifend darzustellen, welche mit dem Sündenfall verloren ging. Dennoch soll es in dieser Arbeit darum gehen, die Grundgedanken dieses Textes zur Beurteilung einer Übersetzung zu nutzen.
Dazu soll im ersten Schritt der Essay Benjamins in seiner Argumentation erläutert werden, damit der Frage nachgegangen werden kann, was eine Übersetzung in seinem Sinne zu leisten hat. Im darauffolgenden Schritt wird das Gedicht „À une passante“ aus Baudelaires Gedichtband in seiner Pragmatik, Semantik, Syntaktik und Phonologie analysiert. Obwohl es in dieser Arbeit um die Übersetzung geht, wird der Originaltext in größerer Ausführung betrachtet als die Übersetzung. Da die Beurteilung vor dem Hintergrund der Übersetzungsphilosophie Benjamins stattfindet, soll das Vorgehen auf dieser beruhen und ihm „zufolge muss man nicht nur […] das Wesen der Kunstwerke und die Frage, was ihre Übersetzbarkeit ausmacht, aufklären“, sondern der „Ausgangspunkt der Übersetzung“ sei „die Form des Originals“, „seine Ordnung“ und „Art des Meinens“. Um also die Übersetzung beurteilen zu können, muss der Originaltext von Grund auf verstanden werden. Davon ausgehend wird auch die Umdichtung Stefan Georges aus seinen gesammelten Baudelaire-Umdichtungen in „Die Blumen des Bösen“, betitelt mit „Einer Vorübergehenden“, im Hinblick auf die vier genannten Kategorien analysiert.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Theoretischer Rahmen: Die Aufgabe des Übersetzers
- 2.1: Einordnung in Benjamins Werk
- 2.2: Zugrundeliegende Thesen Benjamins
- 2.3 Praktische Schlussfolgerungen
- 3: Stefan George als Übersetzer
- 3.1 Lyrikanalyse „À une passante“
- 3.1.1 Die Pragmatik in „À une passante“
- 3.1.2 Die Semantik in „À une passante“
- 3.1.3 Die Syntaktik in „À une passante“
- 3.1.4 Die Phonologie in „À une passante“
- 3.2 Vergleichende Lyrikanalyse von „Einer Vorübergehenden“
- 3.2.1 Die Pragmatik in „Einer Vorübergehenden“
- 3.2.2 Die Semantik in „Einer Vorübergehenden“
- 3.2.3 Die Syntaktik in „Einer Vorübergehenden“
- 3.2.4 Die Phonologie in „Einer Vorübergehenden“
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Walter Benjamins Übersetzungstheorie anhand einer konkreten Fallstudie: Stefan Georges Übersetzung von Charles Baudelaires Gedicht „À une passante“. Das Hauptziel besteht darin, Benjamins Übersetzungsverständnis zu erläutern und dieses auf die Beurteilung von Georges Übersetzung anzuwenden. Dabei wird die These geprüft, ob George die „Art des Meinens“ des Originals reduziert.
- Benjamins Übersetzungstheorie und ihre sprachphilosophischen Grundlagen
- Lyrikanalyse von Baudelaires „À une passante“
- Vergleichende Lyrikanalyse von Georges „Einer Vorübergehenden“
- Beurteilung der Übersetzung im Lichte von Benjamins Theorie
- Die Frage nach der "Art des Meinens" und ihrer möglichen Reduktion in der Übersetzung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Qualität von Stefan Georges Übersetzung von Baudelaires „À une passante“ im Kontext von Benjamins Übersetzungstheorie vor. Sie skizziert den methodischen Ansatz, der die Analyse des Originalgedichts und seiner Übersetzung beinhaltet, um Benjamins Konzept der "Art des Meinens" zu untersuchen und die These der Reduktion zu prüfen. Die Arbeit betont die Notwendigkeit eines gründlichen Verständnisses des Originals für eine adäquate Beurteilung der Übersetzung.
2. Theoretischer Rahmen: Die Aufgabe des Übersetzers: Dieses Kapitel erläutert die zentralen Aspekte von Benjamins Essay „Die Aufgabe des Übersetzers“. Es verortet Benjamins Überlegungen innerhalb seines umfassenderen sprachphilosophischen Werks und betont die Bedeutung der Übersetzung als mehr als bloße sprachliche Vermittlung. Der Fokus liegt auf Benjamins Verständnis von Sprache als nicht-instrumentell und auf seiner Vorstellung von der Aufgabe des Übersetzers, die „ursprüngliche Sprache“ wiederherzustellen. Die Kapitel untermauern die theoretischen Grundlagen der weiteren Analyse.
3: Stefan George als Übersetzer: Dieses Kapitel präsentiert die lyrische Analyse von Baudelaires „À une passante“ und Georges „Einer Vorübergehenden“. Es untersucht beide Gedichte unter pragmatischen, semantischen, syntaktischen und phonologischen Gesichtspunkten, um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen und den Einfluss von Georges Übersetzung auf die „Art des Meinens“ des Originals zu beleuchten. Der Vergleich der beiden Gedichte bildet die Grundlage für die abschließende Beurteilung der Übersetzung.
Schlüsselwörter
Walter Benjamin, Übersetzungstheorie, Literarisches Übersetzen, Charles Baudelaire, Stefan George, „À une passante“, „Einer Vorübergehenden“, Lyrikanalyse, Pragmatik, Semantik, Syntaktik, Phonologie, „Art des Meinens“
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Inhalt der Arbeit und worum geht es?
Die Arbeit ist eine umfassende Sprachvorschau, die ein Inhaltsverzeichnis, Zielsetzungen und Themenschwerpunkte, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter enthält. Sie untersucht Walter Benjamins Übersetzungstheorie am Beispiel von Stefan Georges Übersetzung von Charles Baudelaires Gedicht „À une passante“ und beurteilt, ob George die "Art des Meinens" des Originals reduziert.
Was sind die Hauptkapitel der Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Hauptkapitel: 1. Einleitung, 2. Theoretischer Rahmen: Die Aufgabe des Übersetzers, 3: Stefan George als Übersetzer, und 4. Fazit.
Welche Themen werden im theoretischen Rahmen behandelt?
Der theoretische Rahmen erläutert Benjamins Übersetzungstheorie, verortet sie in seinem sprachphilosophischen Werk und betont die Bedeutung der Übersetzung als mehr als bloße sprachliche Vermittlung. Er fokussiert auf Benjamins Verständnis von Sprache und der Aufgabe des Übersetzers, die „ursprüngliche Sprache“ wiederherzustellen.
Was wird im Kapitel über Stefan George als Übersetzer analysiert?
Dieses Kapitel enthält eine lyrische Analyse von Baudelaires „À une passante“ und Georges „Einer Vorübergehenden“. Beide Gedichte werden unter pragmatischen, semantischen, syntaktischen und phonologischen Gesichtspunkten untersucht, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen und den Einfluss von Georges Übersetzung auf die „Art des Meinens“ des Originals zu beleuchten.
Welche Schlüsselwörter werden in der Arbeit verwendet?
Die Schlüsselwörter umfassen: Walter Benjamin, Übersetzungstheorie, Literarisches Übersetzen, Charles Baudelaire, Stefan George, „À une passante“, „Einer Vorübergehenden“, Lyrikanalyse, Pragmatik, Semantik, Syntaktik, Phonologie, „Art des Meinens“.
Was ist das Hauptziel der Arbeit?
Das Hauptziel besteht darin, Benjamins Übersetzungsverständnis zu erläutern und dieses auf die Beurteilung von Georges Übersetzung anzuwenden. Dabei wird die These geprüft, ob George die „Art des Meinens“ des Originals reduziert.
Was wird in der Einleitung behandelt?
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Qualität von Stefan Georges Übersetzung von Baudelaires „À une passante“ im Kontext von Benjamins Übersetzungstheorie vor. Sie skizziert den methodischen Ansatz und betont die Notwendigkeit eines gründlichen Verständnisses des Originals für eine adäquate Beurteilung der Übersetzung.
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- Jessica Lanert (Author), 2024, Literarisches Übersetzen. Walter Benjamins Theorie der Übersetzung am Beispiel von Baudelaire und George, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1577227