Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Inhalt und Ausrichtung des Multi-Channel-Vertriebs
2.1 Definition von Multi-Channel-Systemen
2.2 Kundenausrichtung in Multi-Channel-Systemen
2.3 Das Management von Multi-Channel-Systemen
2.3.1 Der Managementprozess
2.3.2 Strategievarianten
2.4 Multi-Channel-Systeme und der E-Commerce
3 Kritische Diskussion
3.1 Vor- und Nachteile des Multi-Channel-Vertriebs
3.2 Potenzial und Probleme von Multi-Channel-Systemen unter Einbeziehung des Internets
4 Schlussbemerkungen
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In den vergangenen Jahren ist es zu grundlegenden Veränderungen auf den Märkten gekommen. Dabei hat es nicht nur wesentliche technische Veränderungen im Hin- blick auf die Informations- und Kommunikationstechnologie gegeben, sondern es ist auch zu einer Veränderung des Konsum- und Kaufverhaltens gekommen. Der Markt hat sich dabei von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt gewandelt. Verbunden damit ist ein fast unüberschaubar gewordenes Angebot an Produkten und Dienstleis- tungen, wobei die Konsumenten viel umfangreichere Möglichkeiten haben, sich (vor allem über das Internet) schnell und unkompliziert zu informieren.1
Diese Veränderungen stellen die Unternehmen vor Herausforderungen. Eine Mög- lichkeit, auf diese Veränderungen zu reagieren ist die Vernetzung bestehender Ab- satzkanäle und die Integration der Vertriebswege. Diese so entstehende vielfältige Gestaltung komplexer Kommunikations- und Vertriebsmöglichkeiten lässt sich an- hand einer vielfach von Unternehmen gewählten Multi-Channel-Strategie zur Nut- zung von Multi-Vertriebskanälen aufzeigen.2
In dieser Arbeit geht es um Inhalt und Gestaltung von Multi-Channel-Systemen. Be- sondere Berücksichtigung findet dabei der Vertriebs- und Kommunikationsweg des Internets. Dabei soll dargestellt werden, welche Möglichkeiten Unternehmen haben, mit einem Multi-Channel-System ihre Kundenansprache zu optimieren.
Im anschließenden Kapitel 2 geht es zunächst um grundlegende Inhalte von Multi- Channel-Systemen. Dabei geht es sowohl um die Definition als auch um Manage- ment und Kundenausrichtung. Außerdem wird die Möglichkeit von Multi-Channel- Systemen vor dem Hintergrund des E-Commerce aufgezeigt.
Im Mittelpunkt von Kapitel 3 stehen die Vor- und Nachteile eines Multi-Channel- Vertriebs. Dargestellt werden diese Vor- und Nachteile dabei auch vor dem Hinter- grund der Nutzung des Internets.
Eine kurze Schlussbemerkung (Kapitel 4) beendet die Arbeit.
2 Inhalt und Ausrichtung des Multi-Channel-Vertriebs
2.1 Definition von Multi-Channel-Systemen
Bei einem Multi-Channel-System (auf deutsch „Mehrkanal-System“) handelt es sich um ein Distributionssystem mit mehreren Absatzkanälen.3 Merkmale für ein Mehr- kanal-System ist der gleichzeitige Einsatz unterschiedlicher Absatzkanäle, das An- sprechen verschiedener Absatzmittler, das Eingehen diverser Kooperationen oder der direkte Kontakt des Herstellers mit dem Kunden.4 Wenn jedoch die Absatzkanäle nicht aufeinander abgestimmt sind und unkoordiniert parallel ablaufen, handelt es sich um ein „Multiple-Channel-System“.5 Hierbei erfüllt jeder Absatzkanal jeweils für sich die Aufgaben und Aktivitäten der Distribution, weshalb SCHÖGEL auch von einer autarken Verteilung der Aufgaben innerhalb des Multikanal-Systems spricht.6
Grundlegend für ein erfolgreiches Multikanal-System ist dabei neben einer unter- nehmensstrategischen Orientierung auch eine feste Integration der Absatzkanäle, so dass von einem umfassenden und integrierten Multikanal-System die Rede ist.7 Dies ermöglicht eine Aufgabenteilung, bei der die einzelnen Absatzkanäle die Distributi- onsaufgaben als Gesamtsystem betrachten. Nach Schögel ist die Aufgabenverteilung in einem Multikanal-System dann interdependent.8
Mit dem Begriff ‚Mehrkanalvertrieb’ wird die gleichzeitige Nutzung mehrerer un- terschiedlicher Vertriebskanäle bezeichnet, wobei das Management dieser Kanäle sowie die Prozesse im Hintergrund sehr stark miteinander verbunden sind.9 In der Literatur wird anstelle von Multi-Channel-System oder Mehrkanal-System auch der Begriff ‚Mehrwegsystem’ oder ‚Multi-Channel-Retailing’ verwendet. Auch gibt es den Begriff ‚Multichannel Retailer’ für Unternehmen, die Multi-Channel-Systeme einsetzen.10 Winkelmann bestimmt Multi-Channel-Retailing als eine aufeinander „abgestimmte Steuerung paralleler Vertriebskanäle“.11 Madlberger verweist auf den Begriff des Multi-Channel-Retailing im Zusammenhang mit einer simultanen Nut- zung von mehr als einem Vertriebskanal. Sie fügt hinzu, dass ein Unternehmen dabei mindestens einen elektronischen und einen nicht elektronischen Vertriebkanal ein- setzt.12
2.2 Kundenausrichtung in Multi-Channel-Systemen
Die aktuelle Relevanz von Multi-Channel-Systemen ist untrennbar verbunden mit einem veränderten Kaufverhalten der Konsumenten.
Kennzeichnend für Konsumenten von heute ist ein hybrides Kaufverhalten, d.h. ein Konsument hat ganz verschiedene Ansprüche an verschiedene Marken und Produkt- gruppen, wobei sich „der Konsument in manchen Fällen völlig gegensätzlich verhält.
Einerseits werden Produkte des täglichen Bedarfs möglichst preisgünstig eingekauft, andererseits besteht bei demselben Konsumenten ein Bedarf an Luxusgütern.“13 Da- bei ist es zu einer schwindenden Marken- und Einkaufsstättentreue gekommen. Die- ser Käufertyp wird in der Literatur als vagabundierender Konsument bezeichnet.14 Das Kaufverhalten des vagabundieren Konsumenten wird dabei von einem Involvement gesteuert, das je nach individueller Bedürfnislage oder auch Interesse bei verschiedenen Produkten und Marken völlig unterschiedlich ausfallen kann.15 In diesem Sinne ist der Konsument von wesentlich heterogener in seinem Kaufverhal- ten geworden, agiert vielfach individuell und ist mobil, wobei er souverän, und selbstbestimmt auftritt. Außerdem ist er von Informationen sowie Angeboten über- flutet und strebt eine einfache und abwechslungsreiche Lebensgestaltung an. Daraus ergibt sich eine Multioptionalität des Kaufverhaltens, ein „Sowohl-als-auch“ Verhal- ten.16 Dies gilt auch für die Wahl von Kommunikations- und Distributionskanälen. Um sich über Produkte zu informieren, wählen Kunden unterschiedliche Absatzka- näle und suchen individuell mehrere und verschiedene Beschaffungsquellen aus.17 Was die Kundenausrichtung in Multi-Channel-Systemen anbetrifft, so impliziert die- se Ausrichtung der Vertriebsmaßnahmen, dass Kunden ebenso neue und wie etablier- te Absatzkanäle nutzen. Dennoch werden die alten Kauf- und Beratungsgewohnhei- ten nicht so schnell aufgegeben, vielmehr werden die Kanäle parallel oder nachei- nander vom Kunden genutzt. Der Kunde nutzt sozusagen die angebotenen Absatzka- näle als Abwechslung und als erlebnisorientierte Stimuli. Kunden wechseln dabei Kanäle ganz oder springen zwischen den Kanälen hin und her.18
Die gemachten Erfahrungen in einem Kanal eines Anbieters werden vom Kunden auf die anderen Kanäle desselben Anbieters übertragen. Die einmal gemachten Erfah- rungen sind dabei wesentlich für das Bild, das sich ein Kunde vom Anbieter macht. Daraus lässt sich schließen, dass Kunden möglicherweise in unterschiedlichen Kanä- len gleiche Ansprüche in Bezug auf Qualität haben. Für Kunden ist es selbstverständ- lich sich in einem Kanal Information zu holen und in einem anderen das Produkt zu kaufen. Nach Bachem belegt die Studie ‚Multichannel Report’ von Shop.org, diese so genannten „Cross-Channel-Influence“.19
Es lässt sich außerdem feststellen, dass Kunden in unterschiedlichen Phasen des Kaufzyklusses unterschiedliche Kanäle nutzen. Zum einen nutzen Kunden einen Ka- nal kontinuierlich während des gesamten Kaufprozesses. Zum anderen sind Kunden aber auch dazu übergegangen in unterschiedlichen Phasen des Kaufprozesses unter- schiedliche Kanäle zu nutzen. Über diese verschiedenen Kanäle werden dann unter- schiedliche Aktivitäten abgewickelt. Bachem verweist als Beleg für dieses „Channel- Hopping“ auf Studien diverser Unternehmens- und IT- Beratungen. Diese Studien zeigen, dass der Großteil der Kunden vor, während und nach dem Kaufabschluss mindestens drei Kanäle nutzt, um mit dem Anbieter zu kommunizieren. Zweifellos wird der persönliche Kontakt als wichtigster Kanal für den Kunden aufgezeigt. In der Vorkaufsphase wird gerne das Internet genutzt, um schnell und bequem zu verglei- chen und in der Nachkaufphase greifen Kunden gerne zum Hörer bzw. Telefon mit der Erwartung einen 24-Stunden-Service zu bekommen.20
Auch wenn ein Multikanal-Kunde für ein Unternehmen mit einem erheblichen Auf- wand verbunden ist, so sind laut der Boston Consulting Group die Kunden in Multi- kanal-Systemen die profitableren Kunden.21
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1 Ahlert, Dieter/Blut, Markus/Michaelis, Manuel: Erfolgsfaktoren des Multi-Channel-Marketings, in: Wirtz, Bernd (Hrsg.): Handbuch Multi-Channel-Marketing, Wiesbaden 2007, S. 273-296, S. 275.
2 Vgl. Ahlert/Blut/Michaelis 2007, S. 275.
3 Vgl. Schögel, M.: Mehrkanalsysteme in der Distribution, St. Gallen, 1997, S. 23.
4 Vgl. Schögel, M./ Tomczak, T.: Management von Mehrkanal-Systemen. Phänomene, Herausforde- rungen und Lösungsansätze. In: Thexis Fachbericht für Marketing, Ausgabe 4/1995. St. Gallen S.2-5, S. 2 f.
5 Vgl. Ahlert D et. al.: Multikanalstrategien, Wiesbaden, 2003, S. 11.
6 Vgl. Schögel 1997, S. 141 f.
7 Vgl. Schmidt, I./ Schögel, M./ Tomczak, T.: Nutzung von Distributionskanälen aus Kundensicht. In: Thexis: Fachbericht für Marketing. (Hrsg.): Institut für Marketing und Handel, St. Gallen 2003, S. 9- 15, S. 9f.
8 Vgl. Schögel 1997, S. 141 f.
9 Vgl. Janz, M./Swoboda, B.: Multi-Channel Retailing – Die Chancen des integrierten Mehrkanalver- triebs, in: Praxis im Handel, Ausgabe 3, S. 6-14, S. 6.
10 Vgl. Schramm-Klein, H. : Multi-Channel-Retailing – Verhaltenswissenschaftliche Analyse der Wirkung von Mehrkanalsystemen, Wiesbaden, 2003, S. 16f.
11 Vgl. Winkelmann, P.: Vertriebskonzeption und Vertriebssteuerung. Die operativen Elemente des Marketing, München 2000, S. 349.
12 Vgl. Madlberger, M.: Multi-Channel Retailing in B2C E-Commerce, in: Khosrow-Pour, M. (ed.) Encyclopedia of E-Commerce, E-Government, and Mobile Commerce, Hershey 2006, S. 12-19, S. 15.13 Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000, S. 107.
14 Vgl. Müller , Iris: Der hybride Verbraucher: Ende der Segmentierungsmöglichkeiten im Konsumgü-
termarketing, in: Diller, Hermann (Hrsg.): Der moderne Verbraucher – Neue Befunde zum Einkaufs- verhalten, Nürnberg 2001, S. 31 – 51, S. 33.
15 Vgl. Schmalen, H., Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft, Wiesbaden 1999, S. 387.
16 Vgl. Meffert, H./Burmann, C.: Markenmanagement, Wiesbaden 2002, S. 470 ff.
17 Vgl. Schögel/Tomczak 1999, S. 14 f.
18 Vgl. Ahlert/Blut/Michaelis, .
19 Vgl. Bachem, C. Multi-Channel-Marketing, eine Einführung. In: Merx, O./ Bachem, C. (Hrsg.): Multi-Channel-Marketing Handbuch, Berlin, 2004, S. 4.
20 Vgl. Bachem 2004, S. 4.
21 Vgl. Boston Consulting Group: The Multichannel Consumer, (BCG), (Hrsg.): Boston Consulting Group, Boston 2001.