Meine Arbeit untersucht Günter Grass‘ Roman "Ein weites Feld" (1995) als Allegorie der deutschen Wiedervereinigung. Das Kapitel über die Hochzeit der ostdeutschen Martha Wuttke mit dem um einige Jahre älteren westdeutschen Heinz-Martin Grundmann im Wendejahr 1989 beginnt mit einem klaren Jawort. Die prekäre Situation ist zu erahnen, in der sich alle Beteiligten befinden und das Konfliktpotential ist evident, denn „[d]ie meisten am Tisch waren einander fremd oder […] fremd geworden.“ . Diese Arbeit untersucht den Text auf seinen allegorischen Charakter, der Einblicke in das Wendetrauma ermöglicht. Es werden Probleme zweier Länder nach 40-jähriger Entfremdung beleuchtet. Hierbei wird Bezug genommen auf diskursive Sagbarkeitsgrenzen und die Vereinnahmung einer Bevölkerungsgruppe. Die Untersuchung betont vor allem die anfängliche Einseitigkeit der Perspektive auf die DDR und ihre Bürger, wobei die Historizität des Individuums als identitätsbildendem Aspekt besondere Bedeutung erfährt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Grass und die Literatur in der deutschen Nachwendezeit
- 2.1. Literarischer Streit nach der Wiedervereinigung
- 2.2. Günter Grass und die Wiedervereinigung
- 2.3. Günter Grass' Roman Ein weites Feld
- 3. Die Hochzeitsgesellschaft
- 3.1. Der Erzähler weiß nicht alles - verschiedene Perspektiven auf die Wiedervereinigung
- 3.2. Die gesellschaftlichen Prototypen und ihre Vielstimmigkeit
- 3.2.1. Martha Wuttke - Konformität und erlangte Mündigkeit
- 3.2.2. Heinz-Martin Grundmann - Einheitsmensch und Schnäppchenjäger
- 3.2.3. Bettina Bunsen – zukünftige Großgrundbesitzerin
- 3.2.4. Friedel Wuttke - entfremdeter Sohn und Ankläger
- 3.2.5. Martina Grundmann - mit dem Rücken zum Osten
- 3.2.6. Theo Wuttke / Fonty - der Schriftsteller in der DDR
- 3.2.7 Emmi Wuttke - Ehefrau und Mutti
- 3.2.8. Priester Bruno Matull - Dem Glauben abschwören, sich dem Zweifel verpflichten
- 3.2.9. Inge Scherwinski - orientierungsloser Einheitsmensch
- 4. Spannungsfeld der Vielstimmigkeit
- 4.1. Dominantes Narrativ über die Wiedervereinigung
- 4.2. „Die sind anders“ - Dominante westdeutsche Selbst- und Fremdbilder
- 4.3. Vergangenheitsbewältigung und Dichotomisierung einer Gesellschaft
- 4.4. „Wir sind so“ - Identität vs. Ostalgie
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Günter Grass' Roman „Ein weites Feld“ als Allegorie der deutschen Wiedervereinigung. Die Zielsetzung ist es, die komplexe Darstellung der gesellschaftlichen Verhältnisse und der unterschiedlichen Perspektiven auf die Vereinigung in der Romanhandlung zu analysieren. Dabei wird der Fokus auf die Hochzeitsgesellschaft gelegt, um die Vielstimmigkeit und die Spannungsfelder zwischen Ost- und Westdeutschen zu beleuchten.
- Die Darstellung der deutschen Wiedervereinigung als Allegorie in „Ein weites Feld“
- Analyse der verschiedenen Perspektiven und Identitäten der Hochzeitsgäste
- Spannungsfelder zwischen Ost- und Westdeutschen und deren Auswirkungen
- Die Rolle von Narrativen und Erinnerung in der Konstruktion von Identität
- Vergleich der im Roman dargestellten Konflikte mit relevanten Forschungsergebnissen zur Wendezeit
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beleuchtet den nach wie vor bestehenden Graben zwischen Ost- und Westdeutschland nach der Wiedervereinigung, gestützt auf aktuelle Umfrageergebnisse. Sie führt in die Thematik des Romans „Ein weites Feld“ von Günter Grass ein, der die Wendejahre differenziert darstellt, und kündigt die Analyse der Hochzeitsgesellschaft als Allegorie der Vereinigung an. Der Fokus liegt auf der Artikulation der Wahrnehmung der Wiedervereinigung, nicht auf ihrer historischen Darstellung. Die Methode der Analyse umfasst eine erzähltechnische Analyse, die Figurencharakterisierung als gesellschaftliche Prototypen sowie den Vergleich mit relevanten Forschungsergebnissen zu Erinnerung und Identität.
2. Grass und die Literatur in der deutschen Nachwendezeit: Dieses Kapitel beschreibt den literarischen Streit nach der Wiedervereinigung, besonders die Bewertung der DDR-Literatur und die Rolle von Autoren wie Christa Wolf. Es positioniert Grass' „Ein weites Feld“ im Kontext dieser Debatte und hebt dessen differenzierte Darstellung der ostdeutschen Gesellschaft hervor. Der Abschnitt betont die unterschiedlichen Rezeptionen des Romans, sowohl die positive Resonanz in Ostdeutschland und im Ausland, als auch die überwiegend negative Kritik aus Westdeutschland.
3. Die Hochzeitsgesellschaft: Dieses Kapitel analysiert die Hochzeitsgesellschaft als zentrale Metapher im Roman. Es betrachtet die unterschiedlichen Perspektiven der Erzählinstanz und die vielschichtigen Charaktere als gesellschaftliche Prototypen, jede Figur repräsentiert spezifische Haltungen und Erfahrungen im Kontext der Wiedervereinigung. Die detaillierte Analyse der einzelnen Figuren und ihrer Interaktionen bildet den Kern dieses Kapitels.
4. Spannungsfeld der Vielstimmigkeit: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Konflikte und Spannungen zwischen den Figuren, die als Spiegelbild der gesellschaftlichen Herausforderungen der Wendezeit interpretiert werden. Es beleuchtet dominante Narrative über die Wiedervereinigung, die westdeutschen Selbst- und Fremdbilder sowie die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Der Fokus liegt auf den Fragen von Identität und Ostalgie sowie der Konstruktion von Erinnerung und deren Einfluss auf die Wahrnehmung der Einheit.
Schlüsselwörter
Günter Grass, Ein weites Feld, Deutsche Wiedervereinigung, Ostalgie, Identität, Erinnerung, Allegorie, Hochzeitsgesellschaft, Ost-West-Konflikt, Gesellschaftliche Prototypen, Narrative, Vielstimmigkeit, Vergangenheitsbewältigung.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in der Inhaltsangabe von Günter Grass' Roman "Ein weites Feld"?
Die Inhaltsangabe bietet einen umfassenden Überblick über die Analyse von Günter Grass' Roman "Ein weites Feld" als Allegorie der deutschen Wiedervereinigung. Sie umfasst Inhaltsverzeichnis, Zielsetzung, Themenschwerpunkte, Kapitelzusammenfassungen und Schlüsselwörter der Arbeit.
Was sind die Themenschwerpunkte der Analyse?
Die Themenschwerpunkte sind die Darstellung der deutschen Wiedervereinigung als Allegorie, die Analyse der Perspektiven und Identitäten der Hochzeitsgäste, die Spannungsfelder zwischen Ost- und Westdeutschen, die Rolle von Narrativen und Erinnerung, sowie ein Vergleich mit Forschungsergebnissen zur Wendezeit.
Was wird in der Einleitung der Analyse behandelt?
Die Einleitung beleuchtet den Graben zwischen Ost- und Westdeutschland, führt in den Roman "Ein weites Feld" ein und kündigt die Analyse der Hochzeitsgesellschaft als Allegorie an. Der Fokus liegt auf der Wahrnehmung der Wiedervereinigung.
Wie wird Günter Grass' Roman im Kontext der Nachwendezeit positioniert?
Das Kapitel beschreibt den literarischen Streit nach der Wiedervereinigung und positioniert "Ein weites Feld" im Kontext dieser Debatte, wobei die differenzierte Darstellung der ostdeutschen Gesellschaft hervorgehoben wird.
Was ist die Bedeutung der Hochzeitsgesellschaft im Roman?
Die Hochzeitsgesellschaft wird als zentrale Metapher analysiert, wobei die unterschiedlichen Perspektiven und vielschichtigen Charaktere als gesellschaftliche Prototypen betrachtet werden, die spezifische Haltungen und Erfahrungen im Kontext der Wiedervereinigung repräsentieren.
Welche Konflikte werden im Spannungsfeld der Vielstimmigkeit beleuchtet?
Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Konflikte und Spannungen zwischen den Figuren als Spiegelbild der gesellschaftlichen Herausforderungen der Wendezeit. Es beleuchtet dominante Narrative, westdeutsche Selbst- und Fremdbilder sowie die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Identität und Ostalgie.
Welche Schlüsselwörter sind für die Analyse relevant?
Relevante Schlüsselwörter sind Günter Grass, Ein weites Feld, Deutsche Wiedervereinigung, Ostalgie, Identität, Erinnerung, Allegorie, Hochzeitsgesellschaft, Ost-West-Konflikt, Gesellschaftliche Prototypen, Narrative, Vielstimmigkeit, Vergangenheitsbewältigung.
Was wird in Kapitel 3 genauer betrachtet?
In Kapitel 3 wird die Hochzeitsgesellschaft detailliert analysiert und die einzelnen Figuren in ihrer Interaktion betrachtet.
Wie wird die Rezeption des Romans "Ein weites Feld" dargestellt?
Es wird betont, dass der Roman unterschiedliche Rezeptionen hatte, sowohl positive Resonanz in Ostdeutschland und im Ausland, als auch überwiegend negative Kritik aus Westdeutschland.
Was sind gesellschaftliche Prototypen im Kontext des Romans?
Die gesellschaftlichen Prototypen sind die einzelnen Charaktere innerhalb der Hochzeitsgesellschaft: Martha Wuttke, Heinz-Martin Grundmann, Bettina Bunsen, Friedel Wuttke, Martina Grundmann, Theo Wuttke / Fonty, Emmi Wuttke, Priester Bruno Matull, Inge Scherwinski. Jede Figur verkörpert spezifische Haltungen und Erfahrungen im Kontext der deutschen Wiedervereinigung.
- Quote paper
- Manja Timmer-Glawe (Author), 2024, Eine komplizierte Hochzeitsgesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1588456