Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Leistungsprinzip der gesetzlichen Unfallversicherung „Alles-aus-einer-Hand“
3 Die einzelnen Bereiche und deren Funktionen
3.1 Die Prävention
3.2 Rehabilitation und Entschädigung
3.2.1 Definition des Arbeitsunfalles
3.2.2 Definition der Berufskrankheit
3.2.3 Heilbehandlung
3.3 Mitglieds- und Beitragsabteilung
4 Zusammenwirken der Abteilungen
4.1 Entschädigungsbereich - Prävention
4.2 Reha - Entschädigung
4.3 Medizinische Reha - Prävention
4.4 Berufliche Reha - Prävention
4.5 Beitrag / Zuständigkeit
5 Bedeutung in der Praxis
6 Die Ökonomie des „Alles-aus-einer-Hand“-Prinzips
Anhang Pressemitteilung der DGUV über die vorläufigen Unfallzahlen von 2009
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Übersicht über die Sozialversicherungszweige in Deutschland
Abb. 2: Logo der Berufsgenossenschaften
Abb. 3: Beispiele für frühere Präventionsaktionen der Berufsgenossenschaften
1 Einleitung
Die gesetzliche Unfallversicherung ist Teil eines Sozialsystems, das in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Personen eine möglichst umfassende Absicherung in besonderen Notlagen des Lebens gibt.[1] Das Sozialleistungssystem besteht aus den Bereichen Sozialversicherung, zu der auch die Unfallversicherung (neben Renten-, Pflege-, Krankenversicherung und Arbeitsförderung) gehört, der Sozialversorgung und der Sozialhilfe sowie ALG II. Deren gemeinsame gesetzliche Grundlage bildet das heutige Sozialgesetzbuch (SGB).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Übersicht über die Sozialversicherungszweige in Deutschland, Unfallkasse Nord (Hrsg.) (o.J.), Stand 27.05.2010
Im Laufe der Geschichte wurden zahlreiche Versuche der öffentlich- und privatrechtlichen Gesetzgebung unternommen um dem sozialen Bedürfnis nach Schutz während der Arbeit nachzukommen.[2] Die privatrechtlich begründete Haftung des Unternehmers für Unfallverletzungen in seinen Diensten stehender Personen war im früheren Recht entweder nicht vorhanden oder auf widerrechtliches und schuldhaftes Herbeiführen beschränkt. Um 1854 kam der Gedanke der Solidargemeinschaft unter den Bergarbeitern Preußens auf. Diese gründeten Knappschaften, um die zurückgelassenen Witwen und Waisen nach dem Tod des Ehemanns als Ernährer der Familie finanziell abzusichern. Dieser Gedanke zog sich durch zahlreiche andere Berufszweige und Jahrhunderte. Erst am 06.07.1884 wurde das erste Unfallversicherungsgesetz unter dem damaligen Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck verabschiedet.[3] Es wurden fachlich gegliederte Berufsgenossenschaften (BG) gegründet sowie die Verpflichtung des Arbeitgebers bei der Aufbringung der Kosten festgelegt. Die gesetzliche Unfallversicherung löste die Haftpflicht des Arbeitgebers ab, sobald ein Versicherungsfall beim Arbeitnehmer und die damit verbundenen Behandlungs- und Entschädigungskosten eintraten. Sie leistet in diesen Fällen nach dem „Alles-aus-einer- Hand“-Prinzip, welches im Folgenden veranschaulicht wird.
2 Das Leistungsprinzip der gesetzlichen Unfallversicherung „Alles- aus-einer-Hand“
Im § 1 Abs. 1 SGB VII ist das „Alles-aus-einer-Hand“-Prinzip festgelegt. Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Prävention, die Rehabilitation (Reha) und die Entschädigung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten (BK). Man kann es als Markenzeichen der BGen bezeichnen, dass die Verhütung von Arbeitsunfällen, die Wiederherstellung der Gesundheit und die Gewährung von Renten von einer Institution erfolgt.[4] Die drei im Gesetz genannten Aufgabenbereiche sind nicht eigenständig. „Sie bilden eine Kette, deren Glieder eng miteinander verbunden sind, wobei das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile.“[5] Dieses Prinzip schützt besonders effizient gegen Berufsrisiken in der gewerblichen Wirtschaft.
Abb. 2: Das typische Logo für jede gewerbliche Berufsgenossenschaft und ihr Kredo „Alles-aus- einer-Hand“; der Halbkreis symbolisiert die Hand und der Kreis die Leistungen Das „Alles-aus-einer-Hand“-Prinzip kann durch das gesamte SGB VII verfolgt werden.[6] Viele Bereiche, die sonst in verschiedenen Sozialversicherungsbereichen getrennt bearbeitet werden, sind in der gesetzlichen Unfallversicherung zusammengefasst. Die medizinische Rehabilitation übernimmt üblicherweise die Krankenversicherung. Die Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden von der Arbeitslosenversicherung durchgeführt und Rentenzahlungen erfolgen von der Rentenversicherung. Durch die Verbindung der Teilaufgaben wird die optimale Gesamtleistung der BG gewährleistet. Es gibt keine Probleme an Schnittstellen in diesem Verbundsystem. Wenn mehrere Träger zuständig wären, könnte ein gleich hoher Qualitätsstandard nicht erreicht werden. Durch gegensätzliche Interessen und notwendige Abstimmungen würden Reibungsverluste auftreten.
Aus dem „Alles-aus-einer-Hand“-Prinzip lassen sich aus Effizienzgründen folgende Grundsätze ableiten: Leistungen zur Teilhabe vor Rente, Leistungen zur Heilbehandlung und medizinischen Reha vor Rente (kurz: Reha vor Rente), Vorrang von Prävention und medizinischer Reha vor Pflege.[7]
3 Die einzelnen Bereiche und deren Funktionen
Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über den Aufbau und die Aufgabenbereiche der Leistungsabteilungen gegeben werden.
3.1 Die Prävention
Ein gut organisierter Arbeitsschutz ist ein wichtiger Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Produktivität und Qualität der Produkte hängen entscheidend von Gesundheit und Motivation der Beschäftigten ab.[8] Die BGen fördern und unterstützen daher die Eingliederung des Arbeitsschutzes in die betrieblichen Abläufe, vor allem durch Vorschläge und Hilfsmittel. Sie veröffentlicht spezielle Broschüren über Arbeitsschutz und führt regelmäßige Beratungen vor Ort die Aufsichtspersonen (frühere Bezeichnung: Technischer Aufsichtsbeamter) durch. Ziel ist, die Gefährdungen im Betrieb zu erkennen und auf ihre Beseitigung hinzuwirken sowie die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften (UVV) und den sonstigen Arbeitsschutzvorschriften sicherzustellen. Eine besondere Art der Beratung liegt in der Untersuchung von Arbeitsunfällen. Die Aufsichtsperson beginnt umgehend, eine optimale Verletztenversorgung einzuleiten.
Eine weitere präventive Säule neben der Aufsichtsperson bildet die Arbeitsmedizin. Schwerpunkt arbeitsmedizinischer Beratung sind betriebsärztliche Betreuung, Ergonomie am Arbeitsplatz, Erste Hilfe, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren und arbeitsmedizinische Vorsorge.[9] Die Erste Hilfe entscheidet häufig über Leben oder Tod, in jedem Fall hat sie aber entscheidenden Einfluss auf den späteren Heilerfolg. Die betriebsärztliche Betreuung soll dem Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes unterstützen. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind in ausgewählten Fällen notwendig, wenn sich Gefährdungen am Arbeitsplatz trotz aller nur möglichen Maßnahmen nicht sicher vermeiden lassen. Diese Untersuchung soll Gesundheitsschädigungen rechtzeitig erkennen, durch Festlegung spezieller Schutzmaßnahmen die Gefährdung reduzieren und Folgeschäden vermeiden.
3.2 Rehabilitation und Entschädigung
Trotz intensiverer Präventionsmaßnahmen lassen sich Versicherungsfälle nicht endgültig vermeiden, obwohl sie drastisch in den letzten Jahren sanken (Anhang). Unter Versicherungsfällen versteht man gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle (inklusive Wegeunfälle) und Berufskrankheiten. Nach Eintritt eines Versicherungsfalls wird dieser umgehend durch den behandelnden Durchgangsarztes (D-Arzt) und die Unfallanzeige des Unternehmens an die BG gemeldet.[10] Die BG überwacht und steuert dabei das Heilverfahren.
3.2.1 Definition des Arbeitsunfall
Arbeitsunfalle sind gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherten Tätigkeit). Somit ergibt sich die Prüfkette: Versicherte Person, Unfall, versicherte Tätigkeit und der Ursachenzusammenhang. Wer zum Kreis der versicherten Personen zählt, ergibt sich aus dem Gesetz (§§ 2,3 oder 6 SGB VII).
3.2.2 Definition der Berufskrankheit
Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BK bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 3, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. BKen sind Gesundheitsschäden, die nachweislich dadurch entstehen, dass die Betroffenen bei ihrer Arbeit in höherem Maße gesundheitsschädlichen Einwirkungen ausgesetzt waren als dies bei der Gesamtbevölkerung der Fall ist. Anders als bei Arbeitsunfällen ist der Beginn der BK oft schwer festzustellen.
In der aktuellen Berufskrankheitenverordnung (BKV) wurden die BKen nochmals in Hauptursachen eingeteilt. Diese sind: chemische Einwirkungen, Infektionen / Parasiten / Tropenkrankheiten, physikalische Einwirkungen, Atemwege / Lunge / Rippen- und Bauchfell, Hautkrankheiten sowie sonstige Ursachen.
Jede BG hat je Leistungsabteilung einen BK-Sonderbeauftragten, der die BK-Fälle prüft und die Betroffenen persönlich über ihre Anamnese befragt, um mit Unterstützung von Gutachtern eine BK anzuerkennen oder ggf. abzulehnen.[11] Er hält während der gesamten Behandlungsdauer mit den Betroffenen persönlichen Kontakt und berät sie über die Vorgehensweise und Leistungen der BG.
[...]
[1] Vgl. DGUV (Hrsg.) (2008), S. 10.
[2] Vgl. i.f. Kaufmann, F. (2003), S. 260-263, 270.
[3] Vgl. i.f. DGUV (Hrsg.) (2008), S. 54 f.
[4] Vgl. Lahr, F. (1999), S. 762.
[5] Vgl. i.f. Raschke, U. (2003), S. 12.
[6] Vgl. i.f. Raschke, U. (2003), S. 13 ff.
[7] Vgl. Muckel, S. (2003), S. 187.
[8] Vgl. Leidig, S. (2007), S. 20ff; Leppin, A. (2003), S. 141; DGUV (Hrsg.) (2008), S. 13.
[9] Vgl. i.f. DGUV (Hrsg.) (1990), S. 14 f.
[10] Vgl. DGUV (Hrsg.) (2008), S. 39.
[11] Vgl. i.f. DGUV (Hrsg.) (1990), S. 26 f.