Karl III. - ein Dummkopf auf dem Thron?


Seminararbeit, 2008

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Karl III. – vom Kindkönig zum Verratenen
2.1 Der Kampf um das Königtum.
2.2 Die Regierungszeit: Veränderung der Machtverhältnisse und der Griff nach Lothringen
2.3 Die Niederlage gegen die Robertiner

3 Fazit

4 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Gegen Ende der Herrschaftszeit der karolingischen Dynastie und kurz nachdem das alte Reich Karls des Großen zum letzten Mal für kurze Zeit in einer Hand (nämlich der Karls des Dicken) vereinigt war, ging die Königskrone in Westfranken an ein Kind, das spätere Geschichtsschreiber Karl „den Einfältigen“ nannten. Karl III., der Sohn Ludwigs des Stammlers und zum Zeitpunkt seiner Thronbesteigung noch minderjährig, musste sich während seiner Regentschaft veränderter Machtverhältnisse in seinem Land sowie ernstzunehmender Feinde von innen und außen erwehren. Doch schon durch die Namenswahl stellte seine Familie einen Anspruch auf Legitimität, einen Anspruch auf die Regentschaft nicht nur in West-, sondern auch in Ostfranken.

Durch den Beinamen „der Einfältige“ erhält Karls Regentschaft einen negativen Beigeschmack. Es gilt zu überprüfen, ob Karl wirklich ein schlechter Herrscher war, womöglich tatsächlich ein Dummkopf auf dem Thron. Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob Karl III. von Westfranken ein gescheiterter Herrscher war.

Als Quelle bieten sich die zeitgenössischen Annalen des Klosters St. Vaast an, die Annales Vedastini. Diese enden schon im Jahr 900, bieten aber mit kurzen, neutral gehaltenen Texten einen guten Überblick über die erste Zeit von Karls Herrschaft.

Verwendet habe ich ebenfalls die Chronik des Abtes Regino von Prüm, die die Zeit von Christi Geburt bis ins Jahr 906 behandelt.

Mit Vorsicht zu behandeln ist die Geschichte der Reimser Kathedrale („ Historia Remensis Ecclesiae “) von Flodoard von Reims, der gelegentlich dramatischer erzählt als nötig wäre. Glücklicherweise gibt er jedoch viele Briefe im Originaltext wieder, die uns ansonsten verloren gegangen wären.

Als sehr hilfreich für meine Arbeit habe ich Eduard Hlawitschkas Monographie mit Focus auf Lothringen empfunden sowie Geoffrey Koziols Aufsatz über den Konflikt zwischen Karl und Robert von Neustrien und Thilo Offergelds Dissertation über Kindkönige[1].

Um der Frage nachzugehen, ob Karl als ein gescheiterter König zu bezeichnen ist, bietet sich eine chronologische Herangehensweise an. Zunächst wird untersucht, wie und unter welchen Vorzeichen Karl überhaupt an die Macht kam. Seine Regierungszeit wird mit Focus auf die veränderten Machtverhältnisse, den schwelenden Konflikt mit Robert von Neustrien sowie seine Bestrebungen in Lothringen betrachtet. Nur kurz werde ich dann darstellen, wie und warum Karl 923 gestürzt wurde.

2 Karl III. – vom Kindkönig zum Verratenen

2.1 Der Kampf um das Königtum

Bei den Thronvakanzen 879 und 884 wurde Karl übergangen und war zu jener Zeit als Thronfolger vermutlich nicht einmal im Gespräch. Er mag übergangen worden sein, weil er zu jung war und das Reich, durch die Normannen in Bedrängnis geraten, einen starken militärischen Führer brauchte.[2]

Nach dem Tod von Kaiser Karl 888 bestieg mit Odo von Paris erstmal ein Nicht-Karolinger den Thron. Odo wurde versichert, dass vom 9jährigen Karl keine Gefahr ausging[3].

Die Gegner Odos allerdings wollten zur karolingischen Legitimität zurückkehren und störten sich – und das wird wohl ausschlaggebend gewesen sein – an Odos rigoroser Ämterpolitik und der Bevorzugung seines Bruders Robert. Die Robertiner machten Anstalten, den Grundstein für eine längere Herrschaft ihrer Dynastie zu legen.

Doch die Gegner Odos riefen unter der Führung des Erzbischofs Fulko von Reims und des Grafen Herbiert von Soissons den minderjährigen Karl zum König aus:

„ Odone rege in Aquitania commemorata, Francorum principes ex permaxima parte ab eo deficiunt, et agnetibus Folcone episcopo, Heriberto et Pippino comitibus, in Remorum civitate Carolus filius Hludowici, ex Adalheide regina, ut supra meminimus, natus, in regnum elevatur . “ (Regino von Prüm, Chronicon, S. 140f. zu 892 [meint 893])[4]

Karl hatte keine eigene Machtbasis und war demzufolge auf die Unterstützung von Adelsfamilien angewiesen, die zwar vorgaben, aus Überzeugung für die karolingische Legitimität zu handeln, jedoch im Königtum Karls lediglich eine gute Gelegenheit sahen, ihre eigene Position zu verbessern[5] Bei streng legitimistischer Anschauung wären auch durchaus andere Kandidaten für eine Krönung in Frage gekommen.[6]

Es ist ein Problem Karls, das hier erstmal auftaucht und ihn niemals ganz loslässt: Er hat nie eine wirklich verlässliche Gefolgschaft gehabt; vielmehr waren seine Anhänger ihm immer nur aus Berechnung treu – oder auch nicht.

Natürlich betonten die Zeitgenossen und auch die Geschichtsschreibung das Nachfolgeargument: In den Annales Vedastini heißt es, Karls Verbündete hätten ihn auf den „paternio solio“[7] gesetzt.

Militärisch war der folgende Kampf gegen Odo und dessen Verbündeten kaum zu gewinnen. Karls Mentor Fulko von Reims suchte jede diplomatische Unterstützung, die er finden konnte; er nutzte sein gutes Ansehen in Rom und seine Beziehungen zu Papst Formosus, der auch tatsächlich zu einem Waffenstillstand aufrief.

Weiterhin bemühte sich Fulko, den ostfränkischen König Arnulf von Kärnten, der militärische Maßnahmen gegen Karl vorbereitete, auf seine Seite zu ziehen. Er schrieb einen in der Forschung viel beachteten Brief und erklärte Arnulf, unter Betonung der Verwandtschaft der beiden, warum er auf Karls Seite stand. Er betonte, dass Karl der einzig legitime Nachfolger sei, nachdem Arnulf selbst die westfränkische Krone 889 abgelehnt hatte.[8]

Durch Odo in Bedrängnis geraten, floh Karl 894 an Arnulfs Hof. In Worms wurde Karl von Arnulf durch Belehnung offiziell als König von Westfranken anerkannt:

„Arnulfus vero rex benigne suum excepit consobrinum eique regnum paternum concessit adiutoresque ei delegavit hos qui erant ex superiori Francia.“ (Annales Vedastini S. 74 zu 894)[9] Odo freilich gab sich nicht geschlagen; der Kampf lief schlecht für Karl, der nun nach Burgund fliehen musste. Der Einladung des Arnulf nach Worms zu Friedensverhandlungen konnte Karl nicht Folge leisten[10] und so empfing Arnulf 895 nur Odo in Worms und erkannte ihn als König in Westfranken an[11].

Trotz allgemeiner Kriegsmüdigkeit war die Lage für Karl 895 verzweifelt; bei Verhandlungen kam man zu keiner Einigung.[12]

Karls wichtigste Anhänger Heribert von Soissons und Fulko von Reims mussten sich Odo zuwenden - Fulko „sehr gegen seine Neigung“, wie Dümmler es ausdrückt, und wohl nur, um seiner eigenen Gefangennahme zuvorzukommen.[13] Karl musste nach Lothringen flüchten.[14]

[...]


[1] Hlawitschka, Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Stuttgart 1968; Koziol, Geoffrey: Charles the Simple, Robert of Neustria, and the vexilla of Saint-Denis. In: Early Medieval Europe 14, 2006, S. 355-390; Offergeld, Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter (=Monumenta Germaniae Historica, 50). Hannover 2001.

[2] Offergeld, Königtum, S. 404; Hlawitschka meint außerdem, Karl sei als „Bastard“ nicht ausreichend legitimiert gewesen: Hlawitschka, Lotharingien, S. 235f. Das scheint mir mit Offergeld nicht wahrscheinlich zu sein, bezeichnet ihn doch keine zeitgenössische Quelle als unehelich. Im Übrigen kommt mit Arnulf von Kärnten in Ostfranken ein zweifelsohne unehelicher Karolinger an die Macht: Offergeld, Königtum, S. 406.

[3] vgl. Annales Vedastini, S. 67 zu 889.

[4] ähnlich Annales Vedastini, S. 73 zu 893.

[5] Offergeld, Königtum, S. 242f.

[6] Schneider nennt einige: Schneider, Gerhard: Erzbischof Fulco von Reims (883 - 900) und das Frankenreich (=Münchener Beiträge zur Mediävistik und Renaissance-Forschung, 14). München 1973, S. 47.

[7] Annales Vedastini, S. 73 zu 893.

[8] Der Brief findet sich bei Flodoard IV c. 5, S. 563; Analysen des Briefes z.B. bei Ehlers, Joachim: Die Anfänge der französischen Geschichte. In: HZ 240, 1985. S.1-44, hier S. 18-21; Offergeld, Königtum, S. 428ff.; Brühl, Carlrichard: Deutschland – Frankreich. Die Geburt zweier Völker. Köln 1990. S. 382f.

[9] auch Regino von Prüm, Chronicon, S. 141 zu 893 (meint 894).

[10] zu den Gründen siehe Offergeld, Königtum, S. 436f.

[11] etwas verschwommen bei Regino von Prüm: „Omnibus impetratis, pro quibus venerat [scil. Odo]“, Regino von Prüm, Chronicon, S. 143 zu 895. Gründe für den Seitenwechsel Arnulfs z.B. bei Offergeld, Königtum, S. 433ff.

[12] Offergeld, Königtum, S. 439.

[13] Dümmler, Ernst: Geschichte des ostfränkischen Reiches, Bd. 3. Die letzten Karolinger: Konrad I. (=Jahrbücher der deutschen Geschichte, 7,3). Leipzig ²1888. S. 434; Offergeld, Königtum, S. 441.

[14] „Karolus vero hoc audito secessit in regnum Zuendebolchi“, Annales Vedastini, S. 78 zu 896.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Karl III. - ein Dummkopf auf dem Thron?
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
13
Katalognummer
V159084
ISBN (eBook)
9783640725670
Dateigröße
382 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Karl III., Franken, Giselbert, Zwentibold, Lothringen, Odo, Westfranken, Karolinger, Karl der Einfältige
Arbeit zitieren
Bastian Kruse (Autor:in), 2008, Karl III. - ein Dummkopf auf dem Thron?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/159084

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