Aaron Douglas Bedeutung für die Harlem Renaissance


Magisterarbeit, 2009

108 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Biographie

3. Die Harlem Renaissance Bewegung und The New Negro
3.1. Entstehungsgeschichte
3.2. Ziele und Ideen der Bewegung
3.3. Exkurs
3.4. Verbreitung des Images des New Negro
3.5. Weißes Interesse an schwarzer Kunst

4. Aaron Douglas’ revolutionärer Malstil und dessen Bedeutung
4.1. Anfänge und Beeinflussung
4.2. Künstlerischer Wandel und Erschaffung einer neuen Darstellungsweise von ' Being Black '
4.3. Weiterentwicklung des Malstils in Douglas’ Wandgemälden

5. Aaron Douglas und die Harlem Renaissance
5.1. Douglas’ Verständnis der neuen schwarzen Identität
5.2. Darstellung des New Negro durch Inbetweenism

6. Vermächtnis von Aaron Douglas und der Harlem Renaissance

Bildnachweis

Bilderverzeichnis

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Beschäftigt man sich mit der Person von Aaron Douglas, so wird schon nach kürzester Zeit klar, dass es sich hier um eine wirkliche Ausnahmeerscheinung handelte. Seine Kunst, beziehungsweise seine Art der Darstellung war sozusagen der Beginn einer neuen Ära für die zukünftigen Illustrationen von Schwarzen in Kunst und Medien. Er kreierte etwas noch nie Dagewesenes, indem er sich von den gängigen Stereotypen wegbewegte und einen neuen Charakter, nämlich den New Negro schuf. Douglas hat dadurch maßgeblich zu der positiveren Darstellung von Afroamerikanern beigetragen. Er fand einen Weg, mit seiner Kunst auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen und wollte zugleich zu einem sozialen Wandel auffordern. Und damit schaffte er etwas, das vor ihm kein anderer afroamerikanischer Künstler erreicht hatte, nämlich die afroamerikanische Kunst publik zu machen.

Es stellt sich in diesen Tagen häufiger die Frage, ob es ohne das Ausnahmetalent Aaron Douglas schon im Jahre 2008 möglich gewesen wäre, dass ein Afroamerikaner Präsident der Vereinigten Staaten hätte werden können. Während des Wahlkampfes wurde mehrfach betont, dass die Werbekampagne von Barack Obama die wohl Beste und Aufwendigste in der amerikanischen Geschichte gewesen sein soll. Tatsächlich wurden sämtliche Medien in den Wettkampf integriert, wie man es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte. Vor allem das Internet, welches erstmals auch für die Präsidentschaftswahl genutzt wurde, soll entscheidend zu dem Sieg des Afro-amerikaners beigetragen haben. Betrachtet man Obamas Homepage, wird stets ein stolzer, selbstbewusster und gebildeter Afroamerikaner gezeigt, der Amerika in eine neue Ära führen soll (http://www.barackobama.com/index.php). Aaron Douglas hatte dazu die Grundlage geschaffen, vor seiner Zeit existierten derart positive Dar-stellungen nicht. Es steht hier durchaus die Frage im Raum, ob ein solch historischer Moment, wie er sich im November 2008 zugetragen hatte, ohne den Künstler und ohne die Harlem Renaissance möglich gewesen wäre? Natürlich ist das schwierig zu beantworten, aber es kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass der Beitrag, den Douglas zum einen für das New Negro Movement, zum anderen aber auch für die gesamte schwarze Bevölkerung in Amerika geleistet hat, von großer Bedeutung war und dass es so etwas zuvor noch nicht gegeben hatte. Vermutlich hätte es eines Tages jemanden anderen gegeben, der womöglich wie Douglas ein Medium gesucht und gefunden hätte, um auf die Missstände der Afroamerikaner aufmerksam zu machen. Das Besondere bei Douglas war allerdings, dass eine ganze Bewegung und insbesondere drei Männer, nämlich Winold Reis, Charles S. Johnson und W.E.B. Du Bois, hinter ihm standen, die ihn sowohl moralisch als auch finanziell unterstützten. Daneben hatte Douglas wohl auch einfach nur das Glück, dass er den Geist der Zeit getroffen hat und im richtigen Moment am richtigen Ort gewesen ist.

Was ist nun das Besondere und Neue an Aaron Douglas’ Kunst, dass man ihn auch als den Vater der afroamerikanischen Kunst bezeichnet? Zu Beginn dieser Arbeit wird auf das Leben des Künstlers eingegangen und es werden besonders die Punkte heraus-gearbeitet, die für sein späteres künstlerisches Schaffen von Bedeutung waren. Danach wird die Bewegung der Harlem Renaissance mit ihrer Ideologie des New Negro etwas näher erläutert, welche Ziele dahinter steckten und warum sie so wichtig für die afroamerikanische Kultur gewesen ist. Das Hauptaugenmerk soll jedoch auf der Erarbeitung der drei nachfolgenden Punkte liegen, nämlich, was genau den revolutionären Malstil des Künstlers ausmacht, warum Aaron Douglas für The New Negro Movement solch eine entscheidende Rolle gespielt hat und warum der Einfluss des neuerschaffenen Bildes von Aaron Douglas bis heute spürbar ist.

2. Biographie

Aaron Douglas wurde am 26. Mai 1899 als Kind von Elizabeth Ross und Aaron Douglas in Topeka in Kansas geboren. Im Gegensatz zu seinen Brüdern und Schwestern hatte er schon sehr früh ein starkes Verlangen nach Bildung entwickelt, und obwohl seine Familie ständig finanziellen Problemen ausgesetzt war, ermöglichtem es ihm seine Eltern, eine höhere Schullaufbahn zu genießen als seine restlichen Geschwister. Schon in jungen Jahren hegte er eine große Faszination für die Kunst. Das hatte er vor allem seiner Mutter Elizabeth zu verdanken, da diese gelegentlich von umherziehenden Künstlern Unterrichtsstunden nahm. Douglas selbst sagte von sich, dass er ihr in seiner Kindheit stundenlang beim Malen zusehen konnte ohne sich zu langweilen, und obwohl er damals natürlich noch kein Gespür für das Zeichnen besaß, haben ihm die farbenfrohen Stillleben seiner Mutter so sehr gefallen, dass der Wunsch in ihm aufkam, eigene Bilder zu kreieren. Als Elizabeth die Begeisterung ihres Sohnes bemerkte förderte und unterstützte sie ihn fortan. Douglas erinnerte sich beispielsweise daran, dass seine Mutter stets seine Bilder im Haus aufhängte und dass sie ihm häufiger Kunstzeitschriften mitbrachte, die er stundenlang betrachten konnte, ohne sich dabei zu langweilen. Im Jahre 1917 machte Douglas mit 18 Jahren seinen High School–Abschluss in Topeka. Er arbeitete zuerst in einer Glasfabrik, zum einen, um Geld zu verdienen, zum anderen, weil er sich selbst noch nicht als reif genug für das College sah.[1] Ein Jahr später jedoch ging er schließlich nach Lincoln, um an der University of Nebraska bildende Künste zu studieren.[2] In einem späteren Interview sagte der Künstler, dass ihm diese Entscheidung keineswegs leicht gefallen ist. Er war hin- und hergerissen, ob er Rechtswissenschaften oder Kunst studieren soll. Die Vorteile eines Anwaltes waren neben einem guten Verdienst auch ein soziales Ansehen. Beides war zu dieser Zeit für einen Afroamerikaner nicht selbst-verständlich, Diskriminierung und Benachteiligung standen an der Tagesordnung. Dadurch erschien diese Option natürlich mehr als reizvoll. Doch letzten Endes hörte der junge Afroamerikaner auf seine innere Stimme und ließ sich nicht entmutigen, auf die Kunstschule zu gehen:

But the most important hurdle was neither poverty nor provincialism but the fact that Aaron Douglas was an African-American at a time when most whites expected blacks to be either servants or menial laborers, segregation ruled much of the country, and its most horrible outgrowth, lynching, was not an uncommon event in America. In such a time of restraints and repression, even the idea of a black man becoming an artist seemed preposterous. Remarkably, Douglas was not discouraged. (Kirschke 1995, 1)

Für die damalige Zeit war es schlichtweg nicht normal, als Schwarzer einen derartigen Berufswunsch zu hegen. Doch Douglas wehrte sich gegen alle Konventionen und Einstellungen und kämpfte für seinen Traum: eines Tages als Künstler zu arbeiten.

Douglas besaß während seines Studiums in Lincoln sehr viel Ehrgeiz und arbeitete hart. Sein Fleiß wurde schon bald belohnt, denn 1922 legte er erfolgreich den Bachelor in den Bildenden Künsten ab. Nach seinem Studium war er zunächst als Kunstlehrer an der Lincoln High School in Kansas City tätig, doch insgeheim hoffte er, schon bald den Master machen zu können. Aber leider hatte er diesen erweiterten Studiengang nicht an seiner alten Universität belegen können, da es solch einen zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Nebraska gab. Infolgedessen kündigte er 1925 seine Stelle an der High School und machte sich auf den Weg in Richtung New York, seinerzeit die Stadt mit der höchsten schwarzen Bevölkerungsdichte in der westlichen Welt. Einer der Gründe, warum es ihn ausgerechnet in diese Stadt zog, bestand darin, dass Douglas sich wünschte, dort Gleichgesinnte zu finden, die wie er nach einer rassenbewussten Gemeinschaft suchten. Denn als ein gebildeter Afroamerikaner in einer ländlichen Gegend fühlte man sich häufig sehr allein und isoliert, was der angehende Maler häufig zu spüren bekam. Douglas’ ursprünglicher Plan war es allerdings, nur einen kurzen Aufenthalt in New York einzulegen und anschließend nach Paris weiterzureisen, das man auch gerne als „the capital of the art world“ (Kirschke 1995, 11) bezeichnete. Doch als er in Harlem angekommen war, wurde er von verschiedenen Personen ermutigt, in New York zu bleiben. Vor allem Ethel Ray Nance, welche Douglas bereits in Kansas City kennengelernt hatte, kann man als eine Schlüsselperson für seine Entscheidung sehen. Denn sie war es, die Douglas zu seinen ersten Auftragsarbeiten verhalf, nämlich die Titelblätter für Urban League und Opportunity anzufertigen, zwei der wichtigsten Magazine der Harlem Renaissance Bewegung. Dieses Angebot konnte der Künstler natürlich nicht ausschlagen, denn bereits Jahre zuvor hatte der Afroamerikaner angefangen, diese Zeitschriften regelmäßig zu lesen: „The poems and stories, and to a lesser degree the pictures and illustrations were different. The poems and other creative works were by Negroes and about Negroes,“ (Kirschke 1995, 8) so der Künstler in einem Interview. Das war für das frühe 20. Jahrhundert etwas völlig Neues, da sich die Magazine auf afroamerikanische Kunst ausgerichtet hatten. Und Douglas wurde bereits früh in ihren Bann gezogen.

1925 machte der junge Künstler noch eine weitere, für seinen späteren Werdegang bedeutungsvolle Bekanntschaft, denn er wurde mit dem Maler Fritz Winold Reiss bekannt gemacht. Douglas war von dem süddeutschen Auswanderer, welchen er durch dessen Illustrationen in Survey Graphic und Opportunity bereits kannte, fasziniert, da dieser in seinen Werken Schwarze als neutrale Geschöpfe darstellte und zudem häufig ein afrikanischer Einfluss spürbar war.

Im Herbst des gleichen Jahres erhielt Douglas dann ein Stipendium an der Winold Reiss School of Art und somit wurde der Deutsche zwei Jahre lang zu seinem Lehrer und Mentor. Reiss forderte seinen Schüler in den nachfolgenden Jahren immer wieder dazu auf, sein kulturelles Erbe, das heißt seine afrikanische Vergangenheit, die dem jungen Künstler gänzlich unbekannt und fremd war, nicht zu verstoßen. Er ermutigte Douglas fortwährend, stolz darauf zu sein, dass er ein Afroamerikaner war, dessen Wurzeln in Afrika liegen. Der junge Maler sollte sich davon inspirieren lassen und sollte diese neugewonnene Inspiration in seinen Werken verarbeiten. Der Deutsche war von Beginn an von seinem neuen Schützling sehr angetan, äußerte sogar, dass Douglas „a young artist of great promise with a marvelous flowing imagination“ (Knappe, 210) sei.

Douglas lernte gegen Ende des Jahres zudem noch den Redakteur der Crisis, William Edward Burghardt Du Bois kennen, woraufhin er ab 1926 nicht nur für die Opportunity, sondern nun auch für dieses Magazin das Titelblatt gestaltete.

Im November 1925 erschien Alain Lockes Werk New Negro, welches sechs Bilder von Aaron Douglas beinhaltete und jener zugleich der einzige schwarze Künstler ist, der seinen Beitrag zu diesem äußerst wichtigen Buch für die Harlem Renaissance beigesteuert hat. Es wird deutlich, wie wichtig und richtungweisend das Jahr 1925 rückblickend für den Maler war.

Das Erstaunliche war, dass es von Beginn an eine große Nachfrage an Douglas’ Kunst gab, was wohl daran lag, dass seine Werke stets in der Öffentlichkeit präsent waren. Schon nach kurzer Zeit konnte er die Titelseiten der wichtigsten Magazine der Bewegung illustrieren und zudem leistete er bei der bildlichen Gestaltung von The New Negro: An Interpretation seinen Beitrag. Den Erfolg von Douglas kann man aber auch mit dem Bedürfnis nach einem geistigen und sozialen Wandel in Amerika Anfang des 20.Jahrhunderst begründen, den der Maler durch seine avantgardistische Kunst bildlich umsetzte, welche genau den Nerv der Zeit traf:

Later in life Douglas looked back on this time in his career with a mix of amazement and wonder at the speed with which his work was accepted. Noting that his early work could hardly be called “masterful,” Douglas recognized that his quick acceptance reflected the need felt by black leaders [...] for visual art that reflected an authentic black voice. His art, Douglas recalled in a later speech, was a “heaven-sent answer to some deeply felt need for this kind of visual imagery. As a result, I became a kind of fair-haired boy and was treated in some ways like a prodigal son. I began to feel like the missing piece that all had been looking for to complete or round out the idea of the Renaissance.” (Kirschke 1995, 68)

Douglas’ Stil war das, wonach die Gründungsväter der Renaissance gesucht hatten. Der schnelle Erfolg des Künstlers spiegelte nicht nur die Qualität seiner Gemälde wider, nach Aussagen des Malers empfand er sie selbst nicht gerade sehr anspruchs-voll, sondern zeigt daneben auch die Notwendigkeit einer neuen Darstellungsform für die afroamerikanischen Gesellschaft im 20. Jahrhundert, die sich selbstverständlich als stolz und selbstbewusst im Leben und in der Kunst sehen wollte (Kirschke 1995, 68).

In den kommenden Jahren stieg die Nachfrage nach Douglas’ Werken weiterhin an. Er illustrierte Zeitschriften und Buchumschläge diverser Autoren, seine Bilder wurden in Museen ausgestellt und er versah öffentliche Gebäude mit seinen Motiven in Form von Wandgemälden. So gestaltete er 1930 die Räume der Bibliothek der Fisk University, an der auch später selbst unterrichten wird. Aaron Douglas hatte es nicht nur geschafft, sich innerhalb kürzester Zeit in New York, sondern auch in weiten Teilen Amerikas als Künstler zu etablieren. Von 1931 bis 1932 lebte der Afroamerikaner für ein Jahr in Paris, wo er an der L’Académie Scandinave studierte.[3] Am 20. Mai 1933 wurde Douglas erste eigene Ausstellung in der Caz Delbo Gallery in New York eröffnet, was selbstverständlich einen weiteren Meilenstein in seiner Künstlerkarriere darstellte.

Ab 1937 unterrichtet Aaron Douglas dann an der Fisk University, eine Universität, die ursprünglich nur für Afroamerikaner gedacht war. Dort organisierte der Künstler nicht nur zahlreiche Ausstellungen, sondern gründete auch das Art Department.[4] 1944 machte Douglas endlich den langersehnten M.A. an dem Columbia University Teachers College in New York. 1956 stellte ein ganz besonderes Jahr für Douglas dar, denn er unternahm mit seiner Frau und dem befreundetem Ehepaar Goens, deren Zuhause er zuvor mit Bildern und Wandgemälden bereichert hatte, eine Reise nach Europa und Westafrika. Es sollte die erste, zugleich aber auch die letzte Reise nach Afrika für ihn gewesen sein, auch wenn er ein paar Jahre später die feste Absicht hatte, erneut zurückzukehren, um das Land seiner Vorfahren besser kennenlernen zu können. Während dieser Reise besuchte er Dakar im Senegal, Accra in Ghana und Lagos in Nigeria. Leider musste er 1958 einen schweren Schicksalsschlag verkraften. Seine Frau Alta, mit der er seit 1926 verheiratet war, starb unerwartet am 29. Dezember. Das nachfolgende Jahr sollte ein eher unproduktives, ruhiges Jahr für ihn werden. Im Sommer 1966, im Alter von 67 Jahren, verabschiedete sich Douglas von der Fisk University, an der er über 29 Jahre unterrichtet hatte.[5] Am 2. Februar 1979 erlag der Künstler im Alter von fast 80 Jahren einer Lungenembolie in einem Krankenhaus in Nashville (Knappe, 207-227; Kirschke 1995, 1-24).

3. Die Harlem Renaissance Bewegung und The New Negro

3.1. Entstehungsgeschichte

Als Harlem Renaissance bezeichnet man eine Bewegung afroamerikanischer Künstler, die zu Beginn überwiegend aus Literaten und Intellektuellen bestand. Heute ist die Gruppierung bei Historikern auch als The New Negro Movement geläufig und dafür bekannt, dass nicht nur die Literatur, sondern auch Dichtung, Tanz, Musik, und die bildenden Künsten wichtige Bestandteile waren: „Artists and intellectuals played key roles in the creation of these nationalist movements, emphasizing culture and language to strengthen national identity and liberate their peoples from the psychology of colonial dependency,” so Kirschke in ihrem Werk Aaron Douglas: Art, Race, and The Harlem Renaissance (16). Die Symbiose von Künstlern und Intellektuellen stellte sich als sehr erfolgreich heraus, da nicht nur auf geistiger, sondern auch auf visueller Ebene für die Emanzipation des schwarzen Volkes gekämpft wurde.

Die Bewegung entstand in New York, genauer in Harlem, welches im frühen 20. Jahrhundert zwar als der ärmste, aber zugleich auch als der lebendigste Stadtteil galt. Möchte man die Renaissance genau datieren, so gestaltet sich das schwierig, denn bis heute ist man sich nicht über den Beginn und das Ende dieser Bewegung einig. Doch bevor versucht wird, diesen Fragen nachzugehen, soll geklärt werden, warum ausgerechnet der New Yorker Stadtteil Harlem so bedeutend war, dass er als das Mekka des New Negro bezeichnet wurde.

In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts zogen viele Afroamerikaner in Richtung Norden, was auch unter dem Titel The Great Migration bekannt ist. Die starke Zuwanderung in die nördlichen Industriestädte wie New York, Cleveland, Chicago, Detroit oder Philadelphia lässt sich durch die damaligen wirtschaftlichen und sozialen Umstände erklären. Besonders der Mangel an Arbeitskräften machte den Norden Amerikas für die schwarze Bevölkerung attraktiv. Das Defizit an Arbeitskräften kam aufgrund einer Einwanderungsbegrenzung und der stetigen Nachfrage an Soldaten während des ersten Weltkrieges zustande. Hinzu kommt, dass der Durchschnittslohn dort bis zu dreimal höher war, als in den südlichen Städten. In Colemans Buch Carl Van Vechten and The Harlem Renaissance wird die Diskrepanz zwischen den Löhnen im Süden und im Norden deutlich. In New York verdiente ein Schwarzer im Durchschnitt etwa 4,50 Dollar, im Süden dagegen nur etwa 75 Cent, bis maximal einen Dollar. Und obwohl das Leben im Norden wesentlich teurer war, blieb am Monatsende trotzdem mehr übrig (Hillstrom, 9).

Segregation und die ständige Angst vor Gewalt machten das Leben im Süden beinahe unerträglich und waren weitere Gründe für die Migration in Richtung Norden. Nicht selten wurden in den Südstaaten Schwarze gelyncht und ohne richterliches Urteil ermordet. Zusätzlich erschwerten und beeinträchtigten die Jim Crow Laws das Leben im Süden drastisch, denn durch diese Rassentrennungsgesetze wurde das Zusammen-leben zwischen Schwarz und Weiß beispielsweise durch abgetrennte Bereiche in der Öffentlichkeit für die eine oder andere Rasse streng reglementiert.

Doch für Alain Locke, einem wichtigen Vertreter der Harlem Renaissance, ist ein anderer Aspekt des afroamerikanischen Exodus von großer Bedeutung:

The tide of Negro migration, northward and city-ward, is not to be fully explained as a blind flood started by the demands of war industry coupled with the shutting off of foreign migration, or by the pressure of poor crops coupled with increased social terrorism…. Neither labor demanded, the boll weevil nor the Ku Klux Klan is a basic factor, however contributory any or all of them may have been. The wash and rush of this human tide on the beach line of the northern city centers is to be explained primarily in terms of a new vision of opportunity, of social and economic freedom, of a spirit to seize, even in the face of an extortionate and heavy toll, a chance for the improvement of conditions. With each successive wave of it, the movement of the Negro becomes more and more a mass movement toward the larger and the more democratic chance. (Locke, 6)

Der Norden wurde sozusagen zu einem Synonym für eine bessere Zukunft. Unzählige afroamerikanische Familien hofften dort auf neue Möglichkeiten, damit sie ihr tristes Dasein bereichern und ihren Lebensstandard aufbessern können. Das Leben im Süden war nichts als eine Qual. Somit hatten sie bei dem Versuch, dort ihr Glück zu finden, nichts zu verlieren.

Es zog neben den ganz normalen Arbeitern auch die gebildete afroamerikanische Schicht nach New York. Infolgedessen wurde eine Art Kettenreaktion ausgelöst, der gute Ruf, den Harlem durch die intellektuelle Elite bekommen hat, und die Aussicht auf ein besseres Leben, lockten immer mehr Afroamerikaner in die Stadt. Sie hofften darauf, ihre Situation verändern zu können, indem sie aus ihrem kleinstädtischen Leben ausbrachen.

Alain Locke vertrat die Meinung, dass Harlem für eine Verbesserung der afroamerikanischen Lebensqualität perfekt wäre. Der Philosoph sah in dem Stadtteil weder ein Armutsviertel, noch ein Ghetto, er bezeichnete es viel lieber als eine „race capital“ (Kirschke 1995, 21). New York galt zu diesem Zeitpunkt als die Stadt mit den meisten schwarzen Einwohnern der westlichen Hemisphäre und für Locke war Harlem vielmehr eine eigenständige Stadt, als nur ein Viertel:

Harlem was a city within a city, one of the most beautiful and healthy sections of the city, with its own churches, social and civic centers, shops, theaters, and other places of amusement. It contained more Negroes per square mile than any other place on earth. (Kirschke 1995, 23)

Bei Martha Jane Nadell findet man ähnliche Ansätze. In ihrem Werk Enter the New Negro heißt es, dass James Weldon Johnson Harlem auch als ein „great Mecca for the entire Negro world“ bezeichnete. Er sah das Viertel weder als Kolonie, Gemeinde oder Slum, sondern genau wie Locke als eine eigenständige Stadt innerhalb von New York. Infolgedessen war dieser Teil von Manhattan für ihn das Zentrum des afro-amerikanischen Lebens (40).

Harlem hatte für die schwarze Bevölkerung eine vergleichbare Bedeutung wie für europäische Immigranten die Freiheitsstatue, sozusagen ein Ort mit neuen, unbe-grenzten Möglichkeiten: „It is the Mecca for all those who seek Opportunity with a capital 0,“ so der Schriftsteller Chester T. Crowell über Harlem (Watson, 11). Das Viertel stellte gewissermaßen einen Ort der Hoffnung mit noch nie dagewesenen Chancen dar, auch für jene, die in finanzieller Hinsicht schlecht dastanden. In seinem Artikel Harlem Renaissance glaubte Johnson, dass die Vorteile und Möglichkeiten für die Afroamerikaner in keiner anderen Stadt größer sein werden als in New York, genauer gesagt in Harlem. Er war der Ansicht, dass das Viertel in naher Zukunft das intellektuelle, kulturelle und finanzielle Zentrum für den New Negro in Amerika sein wird. Doch dem nicht genug, denn Johnson mutmaßte sogar, dass all das, was in Harlem passiert, weitreichende Folgen haben wird, denn seiner Meinung nach wird nicht nur das schwarze Volk in Amerika, sondern das auf der ganzen Welt durch die Geschehnisse beeinflusst werden (31).

Auch wenn New York zahlenmäßig nicht die größte schwarze Stadt der Welt war, so war das Besondere, dass dort so viele unterschiedliche kulturelle Elemente aufeinander trafen, wie in keiner anderen:

Harlem is home to a huge variety of people - “the Negro of the North and the Negro of the South; the man from the city and the man form the town and village; the peasant, the student, the business man, the professional man, artist, poet, musician, adventurer and worker, preacher and criminal, exploiter and social outcast.” (Nadell, 37)

Harlem war ab dem späten 19. Jahrhundert zu einem regelrechten Schmelztiegel von Schwarzen aus Afrika, der Karibik und dem Süden der Vereinigten Staaten geworden, wodurch dort sowohl viele unterschiedliche Kulturen, als auch soziale Schichten aufeinandertrafen. Und das, was all diese unterschiedlichen Menschengruppen miteinander verband, war ihre Hautfarbe und ihre gesellschaftliche Rolle, wodurch sie alle gegen die gleichen Probleme ankämpfen mussten.

Ursprünglich war Harlem hauptsächlich von Holländern, später auch von Deutschen, Iren und Juden bewohnt. Zwischen 1890 und 1920 ist die Zahl der Schwarzen in New York von ungefähr 20.000 auf über 109.000 Personen angestiegen, und bis 1930 wuchs die Einwohnerzahl schätzungsweise noch einmal auf bis zu 328.000 an. Um 1900 lebten die meisten Afroamerikaner im Westen von Manhattan in den Slums von San Juan Hill und Tenderloin. Das erste Wohnhaus in Harlem, in welchem aus-schließlich schwarze Mieter wohnten, ist auf 1905 datiert. Neun Jahre später waren es bereits 23 Häuserblocks mit schwarzen Bewohnern und in den nachfolgenden Jahren ist diese Zahl kontinuierlich angestiegen (Hillstrom, 14). Man fragt sich an dieser Stelle, warum es überhaupt zu diesem unerwarteten Mieterwechsel kam? Eine Erklärung dafür ist, dass es einige wenige Afroamerikaner in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts geschafft hatten, ein kleines Vermögen zusammenzutragen. Ihre Erspar-nisse nutzen sie, um ihre Familien aus den Ghettos zu holen, um anschließend mit ihnen in eine bessere Wohngegend zu ziehen. Ein anderer Grund war, dass in Harlem eine Vielzahl an Gebäuden durch Fehlspekulationen um 1890 leer standen. Da unzählige Schwarze nach New York auswanderten, waren die Mietwohnungen in den Tenderloin und Juan Hill nicht ausreichend, damit alle Neuankömmlinge ein Dach über dem Kopf hatten (Hillstrom, 26). Außerdem war es damals üblich, von Schwarzen fünf Dollar mehr Miete zu verlangen, als von weißen Bewohnern. Leider hatten die Afroamerikaner, die in die Stadt und nach Manhattan kamen, aufgrund von Wohnungsknappheit meist keine andere Möglichkeit, als den Aufpreis für die Wohnungen zu bezahlen. Natürlich sprach sich das unter den Hauseigentümern herum, und so kam es, dass sie schwarze, statt weiße Mieter bevorzugten, da sie damit mehr Geld einnehmen konnten. Die logische Konsequenz war, dass immer mehr Schwarze nach Harlem gezogen sind, denn zum einen waren sie in diesem Viertel gerngesehene Mieter, und zum anderen war es für die Neuankömmling durchaus angenehm, dass sie mit anderen Afroamerikaner Tür an Tür wohnten. Demzufolge waren sie in ihrem Alltag keinerlei Diskriminierung mehr ausgesetzt, die sie im Süden jeden Tag ertragen mussten (Koopmans, 7-10). All diese Umstände führten letzten Endes dazu, dass sich so viele Afroamerikaner gezielt nach Harlem begeben haben, da sie sich dort eine deutliche Verbesserung ihres Lebensstandards, aber auch ihrer Lebensqualität versprachen.

Zu Beginn des Kapitels wurde bereits kurz erwähnt, dass sich die Historiker über den Beginn der Harlem Renaissance keineswegs einig sind. Einige sehen den ersten Weltkrieg als Auslöser, da die neuentstandenen Arbeitsplätze der Kriegsindustrie und der ständige Bedarf an Soldaten unzählige Schwarze in den Norden der USA lockte. Viele Afroamerikaner hatten dadurch erstmalig die Möglichkeit beispielsweise in einer Waffenfabrik einen richtigen Beruf zu erlernen. Vorher hatte die Mehrheit oftmals nur eine einfache Anstellung als Diener, Koch, Friseur oder Hausmeister. Man kann sich vielleicht ausmalen, welche Bedeutung und welche Auswirkungen das hatte. Eine anständige Arbeit mit entsprechendem Lohn zu haben machte nicht nur stolz, sie gab auch Zuversicht, denn dadurch konnten die Familien ihre Kinder auf bessere Schulen schicken, und ihnen damit eine bessere Zukunft in Aussicht stellten. (Coleman, 9/10).

Zur weiteren Diskussion steht auch noch das Jahr 1924. Am 21. März des genannten Jahres fand ein bedeutsames Gala Dinner im Civic Club statt, welches von Charles S. Johnson arrangiert wurde.[6] Der Grund für die Veranstaltung, zu der wichtige Autoren und Zeitungsherausgeber geladen waren, war die Veröffentlichung von There Is Confusion von Jessie Fauset, der als der erste Roman der Harlem Renaissance bezeichnet wurde. Das Außergewöhnliche an diesem Buch war, dass erstmals die schwarze Mittelschicht literarisch in Form einer reichen und aufstrebenden afro-amerikanischen Familie porträtiert wurde. Fauset hatte anfangs Probleme einen Verleger zu finden, da diese daran gewöhnt waren, dass nur weiße Schriftsteller über Schwarze schrieben. Die Mehrheit dieser Romane handelte von dem aufregenden Nachtleben in Harlem und hatte meist viele stereotypische Charaktere, beispielsweise ausgelassen Afroamerikaner, welche dem Alkohol und Glücksspiel nicht abgeneigt waren. Die Veröffentlichung von There Is Confusion war aber aus einem ganz anderen Grund für die Bewegung von großer Bedeutung, denn “Charles S. Johnson used its publication as an excuse to gather together the city's literary and publishing figures in order to announce the arrival of a new black literary movement” (Koopmans, 46). Johnson wollte in Wirklichkeit die Gelegenheit nutzen, um auf die neue Bewegung aufmerksam zu machen. Während der Versammlung wurde außerdem noch Alain Locke dem Publikum als der „virtual dean of the movement“ (Watson, 27) vorgestellt, wodurch Jessie Fauset mehr oder weniger in den Hintergrund rückte. In seiner zukunftsweisenden Rede verkündete Locke anschließend den Beginn der Harlem Renaissance und die Ankunft des New Negro (Koopmans, 45-47).

Die Historiker sind sich allerdings mehrheitlich einig, dass die Bewegung ihren Anfang 1925 findet. Das Jahr ist deswegen so bedeutungsvoll für die Renaissance, da sowohl die Sonderausgabe der Survey Graphic, in der das afroamerikanischer Leben thematisiert wurde, als auch Alain Lockes The New Negro: An Interpretation publiziert wurden.[7] Die Autorin Amy Helen Kirschke sieht das ganz ähnlich, denn durch diese beiden Publikationen wurde etwas sehr Entscheidendes erkennbar: „Both the magazine and the book would announce to the world the new self-awareness, artistic consciousness, and race pride of the Negro of the Renaissance,“ (1995, 30). Die vorangegangenen Jahre stellten lediglich die Entstehungsphase dar und waren im Grunde genommen nur die Zeit, die die afroamerikanische Gesellschaft benötigt hatte, um ein immer stärker werdendes Selbstvertrauen zu entwickeln.

Man ist sich nicht nur über den Beginn, sondern auch über das Ende der Harlem Renaissance uneinig. Manche behaupten, es kam mit dem Börsencrash von 1929, der zu der Great Depression führte und neben der Wirtschaft leider auch die Bewegung zum Erliegen brachte. Andere sehen den Monat März des Jahres 1935 als das Ende der Renaissance, als es zu großen Rassenunruhen zwischen Schwarzen und Weißen in Harlem kam. Darüber hinaus gibt es Meinungen, die behaupten, dass sich die Renaissance erst viel später zerschlug, da viele bedeutende Künstler der Bewegung Jahre später noch als Maler oder Schriftsteller tätig und erfolgreich waren.

Nach dem 24. Oktober 1929 und dem fatalen Crash an der Börse hatte die schwarze Bevölkerung viel schneller an den Folgen der Wirtschaftskrise zu leiden als ihre weißen Mitmenschen. Das lag natürlich daran, dass die Mehrheit der Afroamerikaner arme Leute oder einfache Arbeiter waren. Selbst der Intellektuelle W.E.B. Du Bois blieb von der Krise nicht verschont. Er verlor in dieser Zeit sein Haus und seine Lebensversicherung. Die wirtschaftliche Situation in Harlem war bereits vor der Krise nicht sonderlich stabil, die wenigsten der Geschäfte hatten einen schwarzen Besitzer und selbstverständlich war die Kaufkraft aufgrund der ärmlichen Verhältnisse in Harlem nicht sonderlich stark. Ein anderer Punkt, der in diesem Zusammenhang oftmals angesprochen wird, ist, dass die Bewegung zu sehr von weißen Amerikanern abhängig war: „According to many critics, the Harlem Renaissance was too dependent on white money, white opinion, and white audiences to sustain itself independently and was destined to ultimately fail to deliver on the unrealistic social goals its founders had set,” (Koopmans, 93). Möglicherweise hätte die Renaissance diese Krise durchstehen können, wenn sie eigenständiger gewesen wäre und nicht in dem Aus-maße von Außen unterstützt worden wäre, wie es hier der Fall war. Doch ohne die Geldgeber wäre es unsagbar schwer gewesen, den Bekanntheitsgrad zu erreichen, den die Bewegung erreicht hatte. Dieser Punkt wird allerdings später noch einmal in dieser Arbeit angesprochen.

Das Jahr 1935 ist in New York auch als das Jahr der Harlem Riots bekannt. Der Grund für die Ausschreitungen am 19. März war, dass die Polizei angeblich einen 16-jährigen Ladendieb misshandelt und zu Tode geprügelt hatte. Dem Gerücht wurde wegen der unzähligen brutalen Polizeiübergriffen auf Schwarze natürlich schnell Glauben geschenkt. In der Nacht zum 20. März starben während den nachfolgenden Aufständen drei Afroamerikaner, viele wurden teilweise schwer verletzt, 200 Läden wurden verwüstet und niedergebrannt. Es entstand ein Sachschaden von schätzungsweise zwei Millionen Dollar. Die Harlem Riots hatten für die Renaissance schwere Folgen:

In the aftermath of the violence, community leaders set about tending Harlem's many wounds. Proud and hardy residents vowed to restore the neighborhood as well. These efforts enabled some of Harlem's remaining historic clubs, like the Savoy Ballroom, to stay in business. But the riot destroyed Harlem's fading claim that it was America's black metropolis. Leading African-American writers, artist, and intellectuals ceased to see the community as a gathering place for inspiration. “In the future, other African-American writers would live and work in Harlem, but Harlem would never again be the center of a literary movement,” wrote historian Cary D. Wintz in Remembering the Harlem Renaissance. “Harlem would never again be the African-American symbol of progress and hope.” (Hillstrom, 83)

Leider konnte sich der ehemals pulsierende Stadtteil nie von diesen Negativschlagzeilen erholen. Harlem verlor in nur einer Nacht sein Image, seinen Glanz, seine Mystik und seine Hoffnungen auf ein besseres Zusammenleben. Durch die Aufstände wurde das Ende der Harlem Renaissance, welches bereits durch den Börsencrash und die anschließende Wirtschaftskrise eingeläutet wurde, unwiderruflich besiegelt. Daher wird weitgehend 1935 als das Jahr gesehen, in dem das New Negro Movement völlig zum Erliegen kam.

Da jedoch eine Vielzahl der wichtigsten Persönlichkeiten der Renaissance in den nachfolgenden Jahrzehnten bedeutsame Werke schufen, sind einige der Auffassung, dass das Ende der Harlem Renaissance erst sehr viel später kam. Künstler wie Aaron Douglas, Langston Hughes oder Zora Neale Hurston waren lange Zeit als Maler oder Schriftsteller aktiv und konnten somit das Erbe und das Gedankengut der Bewegung an die nächste Generation weitergeben, wodurch in einem gewissen Grade der Geist fortlebte (Powell, 17).

Das, was Harlem aus kultureller und historischer Sicht so einmalig machte, war, dass sich der Geist sowohl auf die intellektuelle Schicht, als auch auf die Mittel- und Arbeiterklasse niederschlug. Eine Konsequenz war, dass das Viertel dadurch äußerst attraktiv für die schwarze Bevölkerung wurde. Man glaubte, dass in diesem Teil von Amerika die persönlichen Freiheiten viel größer waren, als beispielsweise in den ländlichen Gebieten im Süden Amerikas. Das aufkommende Gefühl der Hoffnung und des möglichen sozialen Wandels schaffte eine ganz besondere Atmosphäre. Die positive und hoffnungsvolle Stimmung löste unter den Künstlern eine enorme Produktivität aus: „Out of this period […] came twenty-six novels, ten volumes of poetry, five Broadway plays, many essays and short stories, several ballets and concertos and a large number of paintings and sculptures, all created by African Americans,” (Koopmans, 11).[8]

Daneben entwickelten sich eine Vielzahl an afroamerikanischen Geisteshaltungen, die sich gegen die Missstände wehrten und die Emanzipation des schwarzen Volkes forderten. Menschen wie Alain Locke, W.E.B. Du Bois oder auch Marcus Garvey erhoben ihre Stimmen selbstbewusst gegen Diffamierung, Unterdrückung, Diskrimi-nierung, Ungleichheit und Rassismus. Im Unterschied zu den Jahren zuvor konnte sich die schwarze Bevölkerung in der amerikanischen Kulturgeschichte jedoch erstmals Gehör verschaffen. All das führte letzen Endes dazu, dass Harlem als das afro-amerikanische Mekka bezeichnet wurde.

3.2. Ziele und Ideen der Bewegung

Richard J. Powell gibt in seinem Ausatz Re/Birth of a Nation einen interessanten Denkansatz. Er teilt das Wort 'Renaissance' in seine eigentlichen Bestandteile, in 'Re' und in 'Naissance'. Das Präfix 'Re' stammt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie 'zurück', 'erneut', 'wieder'. Der zweite Wortteil kommt aus dem Französischen und heißt 'Entstehung', beziehungsweise 'Geburt' (17). Betrachtet man die Bezeichnung 'Harlem Renaissance' aus dieser Perspektive, so kann man den Begriff als sehr angemessen bezeichnen. Es handelt sich hier nämlich in einem gewissen Grad tatsächlich um die Wiedergeburt der schwarzen Kultur, die in Amerika unerlässlich unterdrückt wurde. Selbstverständlich war die schwarze Kultur an sich niemals ausgestorben, doch sie wurde als solche jahrhundertelang nicht anerkannt. In den Vereinigten Staaten wurden nicht nur alle Afroamerikaner, sondern auch deren Geschichte, Kultur und Kunst marginalisiert und als minderwertig dargestellt. Der Wandel kam durch den europäischen Modernismus, der in der afrikanischen Kunst eine neue Darstellungsform erkannte. Dieses aufkommende Interesse wurde an-schließend nach Amerika getragen, wodurch sich in der Folgezeit die Harlem Renaissance und andere Bewegungen bildeten. Die New Negro Bewegung hatte sich das Ziel gesetzt, ihr als negativ bezeichnetes Erbe wieder zum Leben zu erwecken, sie wollte durch eine moderne Geisteshaltung eine afroamerikanische Kunstform, aber auch ein neues afroamerikanisches Selbstbewusstsein schaffen und etablieren.

Um diese Vorhaben verwirklichen zu können, musste zu Beginn allerdings erst die Frage der eigenen Identität geklärt werden, einer der zentralsten Punkte der Agenda der Renaissance. Jahrhundertelang sah man die schwarze Bevölkerung vielmehr als Tiere denn als ebenbürtige Menschen. Leider wurden sie von den Europäern und Amerikanern auch dementsprechend behandelt. Ab dem späten 19. Jahrhundert wurde sich die afroamerikanische Elite immer mehr ihrer eigenen Identität bewusst. Schon bald erkannte man, dass die afroamerikanische Identität strenggenommen aus zwei Persönlichkeiten besteht, sie setzt sich aus einem afrikanischen und einem ameri-kanischen Teil zusammen. Bereits 1903 sprach W.E.B. Du Bois diesen Umstand in seinem Buch The Souls of Black Folk an. Er wies damals als einer der Ersten darauf hin, welche Problematik dadurch für die schwarze Bevölkerung entstand: „One ever feels his two-ness, – an American, a Negro; two souls, two thoughts, two unreconciled strivings; two warring ideals in one dark body, whose dogged strength alone keeps it from being torn asunder“ (Du Bois, 17).[9] Wie es Du Bois bereits formuliert hatte, besteht die afroamerikanische Identität aus diesen beiden Elementen, aus einem afrikanischen und einem amerikanischen Bestandteil. Dieses doppelte Bewusstsein brachte natürlich Fragen mit sich. Im Gegensatz zu den europäischen Immigranten wusste die schwarze Bevölkerung so gut wie nichts über die eigene Vergangenheit, kannte weder ihr Heimatland, noch sprach sie ihre ursprüngliche Sprache. Das Einzige, was man mit Sicherheit sagen konnte war, dass die Vorfahren verschleppt und ver-sklavt wurden: „Negroes […] had no such clear sense of the past; it was a general and abstract thing, slavery“ (Huggins, 138). Die Vergangenheit ist unsagbar wichtig für die eigene Identität. Es verwundert also nicht, dass sich die Harlemisten regelrecht auf alles Afrikanische stürzten, was ihnen zur Identitätsfindung zur Verfügung stand. Gewissermaßen versuchten sie dadurch, ein kulturelles Erbe zu erhalten und die Lücke in ihrer Vergangenheit zu kompensieren, um eine eigene Persönlichkeit in Form des New Negro zu erhalten:

The search for a personality for the New Negro necessitated the rediscovery of a heritage. As much as the young Negro intellectuals wanted to proclaim a new day and to inter all vestiges of the old image, they felt a need to find justification in the past. The heritage was to serve the new image. (Huggins, 72)

Afrika stellte das Bindeglied für Schwarze nicht nur in Amerika, sondern auf der ganzen Welt dar. Die Hautfarbe brachte eine Einheit für Afroamerikaner und Schwarze zugleich. Die Gründungsväter der Renaissance bestärkten das Interesse der afro-amerikanischen Bevölkerung an dem afrikanischen Erbe immer mehr und hofften, dass dies zu einem neuen Rassenbewusstsein und zu einem ausgeprägten Stolz führen würde (Kirschke 1995, 43). Diese beiden Attribute waren die Basis für einen eigen-ständigen Stil, den die Künstler auf verlangen der Gründungsväter hin kreierten, um somit das neue afroamerikanische Image publik zu machen.

Genau wie Alain Locke in seinem Buch The New Negro: An Interpretation, forderte auch Du Bois unermüdlich die Emanzipation des afroamerikanischen Volkes, ein weiteres wichtiges Ziel der Bewegung: „Emancipation was the key to a promised land sweeter beauty than ever stretched before the eyes of wearied Israelites,” (18).[10] Die Gleichstellung war natürlich von größter Bedeutung. Nur dadurch kann die schwarze Bevölkerung eine Eigenständigkeit in ihrer Identität und Kultur entwickeln. Ohne die Emanzipation würden alle afroamerikanischen Aspekte immer als unterlegener angesehen werden und das negative Bild des Old Negro würde in den Köpfen der Menschen stets verhaftet bleiben.

Unter dem Begriff Old Negro verstand man einen Schwarzen, der sich assimilierte und seine afrikanische Herkunft leugnete. Der Begriff wurde vor allem durch Booker T. Washington um 1900 geprägt. Der Autor forderte das schwarze Volk zu einem „economic nationalism“ auf, die Schwarzen sollten sich in Amerika ihrem Schicksal vorerst ergeben und ihren zweitklassigen Status solange akzeptieren, bis die weiße Bevölkerung sie als vollwertige Mitbürger respektiert (Koopmans, 15). Washington war der Meinung, dass die Afroamerikaner nur dann eine Verbesserung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Lage erreichen können, wenn sie sich allmählich assimilieren.[11] Der Ausdruck New Negro wurde dann das erste Mal um circa 1895 erwähnt und bezeichnete damals bereits eine neue Klasse an gebildeten und erfolgreichen Afroamerikanern, die die Anpassungspolitik von Washington strikt ablehnte. Besonders Du Bois wurde als ein Gegner von Washingtons Weltanschauung bekannt: „W.E.B. Du Bois was appalled by Washington's accommodation. He embraced the notion of “group economy,” but felt far too much of Washington's position had implications of black inferiority“, (Hudlin, 6). Der New Negro sollte stolz sein, für das was er war und keinerlei Kompromisse mehr bezüglich seiner Person eingehen.[12]

Zulange schon wurde die schwarze Rasse in den Vereinigten Staaten unterdrückt, gehasst, verfolgt und gedemütigt. Du Bois und seine Anhänger forderten das Ende dieses traurigen Kapitels in der amerikanischen Geschichte und wollten den Old Negro aus den Köpfen der Menschen verdrängen:

The Old Negro [accommodationist] and his futile methods must go. After fifty years of him and his methods the Race still suffers from lynching, disenfranchisement, Jim Crowism, segregation and a hundred other ills. His abject crawling and pleading have availed the Cause nothing…. The New Negro now takes the helm. (Koopmans, 23)

Die Sympathisanten des New Negro kämpften für die Gleichberechtigung und gegen das durchgängig negative Bild, das man von Schwarzen hatte. Sie nahmen ihre schlechte Situation nicht mehr einfach hin, sie erhoben ihre Stimmen und protestierten für den sozialen Wandel in den Vereinigten Staaten. Doch genau damit hatten viele Angehörige der afroamerikanischen Mittelschicht ein großes Problem. Sie lehnten aus diesem Grund jegliche Form des Widerstandes ab, da man befürchtete, dass man dadurch die bisher erlangten Freiheiten in Gefahr bringen könnte (Hudlin, 6).

Eine der größten Herausforderungen lag allerdings darin, die stereotypischen Bilder zu beseitigen. Meist warf man die Schwarzen vor, dass sie langsam, dumm, faul, heimtückisch und wild seien, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Natürlich wollten die Harlemisten dieses falsche und negative Image, welches in der amerikanischen Gesellschaft tief verankert war, auslöschen und durch ihre wiedererwachte Kultur demonstrieren, dass es sich dabei um einen großen Irrtum handelte. Damit die rassistischen und negativen Stereotypen beseitig werden können, appellierte man für einen eigenen, erkennbar afroamerikanischen Stil, sowohl in der Literatur, als auch in der Kunst. Dieser sollte die schwarze Bevölkerung und deren urbanes Leben in einer modernen und positiven Weise abbilden. Dadurch wollte man die üblichen Darstel-lungen, die zu dem damaligen Zeitpunkt überwiegend in einer karikativen Form existierten, verdrängen. Solche Illustrationen befanden sich beispielsweise in einer Veröffentlichung des amerikanischen Lithographie Unternehmens Currier und Ives, eine Bilderreihe unter dem Titel Distinguished Colored Men of 1883, die voll von schwarzen Klischees war:

It also issued a series of comic caricatures, entitled Darktown, from the mid 1870 to the early 1890s. These lithographs, which were marketed to the middle and working classes, were found in firehouses, barbershops, hotels, poolrooms, and other commercial and public spaces. They burlesqued all aspects of black life, from sports and games to marriage, political participation, and literary interest, and they exaggerated the bodies and behaviors of African Americans. (Nadell, 17)

Die wohl gängigsten Stereotypen, denen man sich widersetzen wollte, waren unter anderem die Darstellung der „servant uncles“, der „gambling black buffons“, aber auch die Aunt Jemima Figur, einer der wohl bekanntesten afroamerikanischen Stereotypen (Koopmans, 25). Aaron Douglas war einer der wenigen Künstler der Harlem Renaissance, der es geschafft hatte, die typischen Klischees durch eine neuartige Darstellungsweise in der modernen Kunst zu verdrängen. Er zeigte mit seinen Werken, dass die afroamerikanische Bevölkerung alles andere als primitiv ist und einen sehr entscheidenden Beitrag für Amerika und seine Position als Weltmacht geleistet hat.

Die Rolle der afroamerikanischen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten spricht auch Margaret Butcher in The Negro in American Culture an:

Although generally unrecognized, the Negro minority’s counterinfluence upon the life and culture of the dominant white majority has been considerable in both degree and extent. Indeed, at several points in the national history the Negro’s influence has exerted decisive effect upon the artistic and social culture of the nation as a whole. (5)

Für die Autorin haben die Afroamerikaner nicht nur dazu beigetragen, Amerika aufzubauen, sie waren auch maßgeblich an der Herausbildung der amerikanischen Kultur und Gesellschaft beteiligt. Da die Sklaven entscheidend zu dem Aufbau Amerikas beigetragen haben, stellen sie gewissermaßen die Basis der neuen Welt dar. Dadurch erklärt sich eigentlich von selbst, warum das afroamerikanische Volk so wichtig war. Doch leider fand und findet dieser Aspekt bis heute keine angemessene Beachtung, auch wenn es ohne den afroamerikanischen Beitrag das Amerika von heute sicherlich nicht geben würde. Man bedenke nur einmal, wie sehr die amerikanische Musik durch die schwarze Kultur beeinflusst wurde. Vermutlich gäbe es heute weder Blues noch Jazz, um nur zwei Beispiele aufzuzählen. Spätestens hier kann nicht mehr abgestritten werden, wie bedeutend der afroamerikanische Einfluss tatsächlich war. Man darf des Weiteren nicht vergessen, dass die Zahl der Schwarzen, die nach Amerika versklavt wurden, nicht gerade gering war. Um genauer zu sein war sie zwanzig Mal höher, als die Zahl der europäischen Immigranten (Butcher, 8-10). Selbstverständlich hatte das Auswirkungen auf die amerikanische Gesellschaft, auch wenn das gerne bestritten wurde. Margaret Butcher betont noch ein weiteres wichtiges Argument: „It is a fallacy to assume that the overlord influences the peasant, but remains uninfluenced by him,“ (23). Auch wenn das natürlich stets dementiert wurde, so hat die Autorin eindeutig recht. „The Negro influence came creeping, indeed often crowding, in,“ (Butcher, 24). Es können nicht zwei unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen ohne sich dabei gegenseitig zu beeinflussen. Auch dann nicht, wenn ein eindeutiges Machtverhältnis besteht. Die amerikanische Kultur wurde durch die afroamerikanische Kultur genauso beeinflusst wie im umgekehrten Fall.

In Amerika wurde besonders nach dem ersten Weltkrieg ein Gefühl des Wandels spürbar, man war in einer Art Aufbruchsstimmung. Nach der Ernüchterung des Krieges war alles Neue und Innovative gern gesehen. Eine Konsequenz davon war, dass diverse Auffassungen und Werte der westlichen Welt in Frage gestellt wurden, allen voran der Terminus 'Zivilisation'. Dieser Begriff steht eigentlich für Bildung und Sittlichkeit, der kultivierte Mann wurde als ehrenhaft und anständig definiert, als jemand, der sich durch Fortschritt und Technik einen besseren Lebensstandard schafft (Duden, 1053). Nicht nur während des Krieges, sondern auch während der Sklaverei wurden sehr primitive, inhumane und barbarische Züge der westlichen Zivilisation deutlich. So waren brutale Lynchmorde an Afroamerikanern im frühen 20. Jahrhundert immer noch an der Tagesordnung.[13] Nicht nur das schwarze Volk zweifelte an den Idealen und an der Moral der Amerikaner. Wie kann sich die amerikanische Nation als ein überlegeneres Volk darstellen und sich als ein demokratisches Land sehen, wenn sie in unzähligen Fällen undemokratisch und unsozial handelt? Wie können die Amerikaner behaupten, dass die Afroamerikaner primitiv seien, wenn sie selbst die barbarischsten Charakterzüge zu Tage legen. Der aufkommende Wandel und die beginnende Veränderung der Gesellschaft zeigten, dass die Bevölkerung angefangen hatte, die amerikanische Ethik und Integrität in Frage zu stellen.

Ein weiterer negativer Aspekt, den die Harlemisten an den westlichen Zivilisation auszusetzen hatten war, dass ihrer Meinung nach die Europäer und Amerikaner nur noch ihren Verstand nutzten, nicht aber mehr ihr inneres Gefühl. Dadurch verliere besonders die Kunst erheblich an Qualität. Der Negro stellt hingegen authentische Werke her, da er auf seine eigene innere Stimme hört. Es lässt sich durch dieses Argument sehr gut nachvollziehen, warum die Vertreter der Bewegung die Künstler unentwegt aufforderten, sich durch Afrika inspirieren zu lassen. Und damit Afrika ein Bestandteil der afroamerikanischen Kultur werden konnte, sollten sich laut Locke besonders die Maler an der modernen Kunst aus Europa orientieren. Die Moderne bediente sich nämlich des Primitivismus, der ganz stark durch verschiedene afrikanische Künste beeinflusst ist und Locke erkannte darin ein großes Potenzial: „Locke even urged young black visual artists to imitate the European modernists who were so heavily influenced by sub-Saharan African art. ʻBy being modern,ʼ Locke declared, with no hint of irony, ʻwe are being Africanʼ,” (Gates, 165). Interessant ist, dass sobald die Künstler moderne Elemente in ihre Werke einbauten, sie indirekt bereits afrikanisch beeinflusst waren, da der Modernismus ja wiederum stark durch die afrikanischen Künste beeinflusst war.

Der Philosoph war der festen Überzeugung, dass man die Rassenproblematik und Diskriminierung mit dem Kundtun der afroamerikanischen Künste zu einem Ende bringen könnte, insbesondere durch die Malkunst, da man dadurch auf visuelle Art den sozialen Wandel demonstrieren konnte. Dementsprechend verlangte der Philosoph un-entwegt von den Künstlern, dass sie „instinctive love and pride of race…and ardent respect and love for Africa, the motherland“ entwickelten (Kirschke, 1995, S.20).

[...]


[1] Diese Erfahrungen, die er in dieser Fabrik gemacht hatte, ist für Kirschke eine Erklärung, warum Aaron Douglas in seinen Gemälden immer wieder das Thema der afroamerikanischen Arbeiterklasse aufgegriffen hat (1995, 5/6).

[2] Da niemand in seiner Familie zuvor eine höhere Schulbildung genossen hatte, hatte Douglas demzufolge wenig Ahnung von dem Universitätsleben. So kam es, dass er in Lincoln ganze zehn Tage zu spät zum Unterrichtsbeginn und ohne irgendwelche Papiere oder Empfehlungsschreiben seiner alten Schule erschien. Doch nichtsdestotrotz wurde er an der Universität angenommen, was sich im Nachhinein bekanntlich nicht als ein Fehler herausstellen würde.

[3] Auch in der französischen Hauptstadt war er als Illustrator und Maler tätig, einige seiner Werke wurden auch dort in Museen veröffentlicht.

[4] W.E.B. Du Bois, einer der wichtigsten Köpfe der Harlem Renaissance war Jahre zuvor an dieser Universität als Student eingeschrieben.

[5] Obwohl Douglas bereits im Ruhestand war, blieb er der Universität erhalten und organisierte unter anderem Ausstellungen und Veranstaltungen des Art Departments.

[6] Der Civic Club war zu dieser Zeit eines der wenigen Restaurants in New York, in dem Treffen zwischen Schwarzen und Weißen erlaubt waren.

[7] Damit erklärt sich von selbst, warum die Bewegung oftmals auch als The New Negro Movement bezeichnet wird. Interessanter ist hier allerdings, dass Johnson 1924 nach dem Gala Dinner im Civic Club das Angebot von Kellogg, dem Verleger der Survey Graphic, unterbreitet wurde, die Spezialedition für das Journal zu machen. Und diese Auflage mit dem Titel Harlem: Mekka of The New Negro hatte letztendlich Lockes bedeutsames Buch zur Folge. Deswegen ist die Diskussion über den Beginn der Bewegung durchaus berechtigt. Hätte es das Dinner nicht gegeben, so wäre es möglicherweise nie zu der Sonderausgabe des Magazins kommen können, und infolgedessen wäre gegebenenfalls auch nicht Lockes Buch nicht publiziert worden.

[8] Natürlich gab es auch schon vorher eine Handvoll afroamerikanische Künstler und Schriftsteller, die einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichen konnten. Vor allem Paul Laurence Dunbar und Charles W. Chestnut kann man zu den Autoren zählen, die in den 1890er Jahren etwas Ansehen genießen konnten. Zudem waren sie auch bei einer kleinen weißen Leserschaft anerkannt, was zu dieser Zeit jedoch eine seltene Ausnahme darstellte. Das Besondere der Renaissance war aber nun, dass im Gegensatz zu den Jahren zuvor, die Künstler ein weitaus größeres Publikum erreichen konnten, sowohl schwarz, als auch weiß (Koopmans, S.11).

Die angesprochene Produktivität rührte vielleicht auch daher, dass die Künstler der Renaissance demonstrieren wollten, dass sie alles andere als ungebildet und ohne jeglichen Sinn für Kultur waren. Die Thematik der afroamerikanischen Stereotypen wird später noch einmal aufgegriffen und genauer behandelt.

[9] Du Bois beginnt interessanterweise jedes Kapitel mit einem Liedtext und entsprechenden Noten. Sicherlich wollte der Autor schon damals die Musikalität und Rhythmik der afroamerikanischen Identität unterstreichen, die einen wesentlichen Bestandteil ausmachten.

[10] Es ist sehr interessant, dass Du Bois hier die biblische Metapher des israelitischen Auszugs aus Ägypten hernimmt, denn in gewisser Weise vergleicht er somit das schwarze Volk mit den Israeliten. Der Exodus des israelitischen Volkes wird ein paar Jahre später sogar in einem von Douglas’ Werken aufgegriffen.

[11] Obwohl sich der allgemeine Zustand der Schwarzen durch die Jim Crow Laws zusehend verschlechtert hatte, beharrte Washington auf sein Assimilationsphilosophie, auch wenn es mehr als deutlich war, dass keine Besserung in Sicht war.

[12] Trotz ihrer unterschiedlichen Ansichten waren sich Washington und Du Bois einig, dass ihre Rasse schon viel zu lange unterdrückt wurde und wollten mit einem neuen Rassenbewusstsein dagegen ankämpfen (Huggins, S.141/142).

[13] Du Bois musste ebenfalls einige Mal mit ansehen, wie öffentlich Afroamerikaner gelyncht wurden.

Ende der Leseprobe aus 108 Seiten

Details

Titel
Aaron Douglas Bedeutung für die Harlem Renaissance
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
108
Katalognummer
V159155
ISBN (eBook)
9783640717743
ISBN (Buch)
9783640717804
Dateigröße
3404 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
New Negro, Aaron Douglas, Harlem Renaissance, Afroamerikanischer Maler, Kulturwissenschaft, schwarze Identität, Inbetweenism, Amerikanistik, Harlem, Afroamerikanische Identität, Ägypten, Malerei, Afroamerikanische Kunst, W.E.B. du Bois, Winold Reis, New Negro Movement
Arbeit zitieren
Anna-Lena Storch (Autor:in), 2009, Aaron Douglas Bedeutung für die Harlem Renaissance, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/159155

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