Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Sozialer und politischer Hintergrund
2.1 Barack Obama
2.2 Abraham Lincoln
3. Lincoln im Kulturellen Gedachtnis der USA
3.1 Das kollektive Gedachtnis nach Maurice Halbwachs
3.2 Kulturelles Gedachtnis nach Jan und Aleida Assmann
3.3 Entwicklung des Lincoln-Bildes in den USA
4. Lincoln als „Wahlkampfer“ und Integrationsfigur far Obama
4.1 Politische Reden Barack Obamas
4.2 Politische Symbolik und Inszenierung
4.3 Der Beitrag der Presse
4.4 Intention und Nutzen der Lincoln-Symbolik
5. Schein und Sein - Kollektive historische Wahrnehmung und Realitat
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das vergangene Jahr 2009 markiert einen uberaus wichtigen Punkt in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, an dem sich Vergangenheit und Gegenwart aus politikhistorischer Sicht zu verbinden scheinen. Ein Eindruck, dem zwei Ereignisse zu Grunde liegen, die dieses Jahr so besonders machen. Zum Einen handelt es sich dabei um das zweihundertste Jubilaum der Geburt Abraham Lincolns am 12. Februar 1809, des 16. Prasidenten der Union, welcher dem Grofiteil der amerikanischen Bevolkerung stets als Symbol fur deren Erhalt und fur das Ende der Sklaverei in Erinnerung bleiben wird.
Zum Anderen wird dieses Jahr auf ewig mit der Wahl Barack Obamas in eben jenes Amt verbunden sein, das Lincoln uber 140 Jahre vor ihm ausubte. Er ist der erste Afroamerikaner auf dem Platz des hochsten politischen Wurdentragers der USA.
Ziel dieser Arbeit ist es, aufzuzeigen wie geschickt es Barack Obama und sein Team verstanden, immer wieder Bezuge und scheinbare Verbindungen zur amerikanischen Ikone Abraham Lincoln herzustellen um sich dadurch dessen Reputation im kulturellen Gedachtnis der Amerikaner zu Nutze zu machen. An Hand vielfaltiger Beispiele soll gezeigt werden, wie politische Symbolik und Zitate Verbindungen zu Lincoln schaffen sollten und auch, wie die amerikanische Presse, zum Beispiel durch Karikaturen, auf diesen Zug aufgesprungen ist.
Als theoretische Grundlage zur Erlauterung der Funktionalitat dieser Wahlkampf- und Integrationsstrategie dient die Theorie des kollektiven Gedachtnisses von Maurice Halbwachs, prazisiert durch die Theorie des kulturellen Gedachtnisses nach Jan und Aleida Assmann. Anschliefiend gilt es den Bogen zu spannen zur Entwicklung des Lincoln-Bildes in der amerikanischen Bevolkerung. Das Fundament hierzu sollen die Aufsatze und Studien des Soziologen Barry Schwartz bilden, der sich ausfuhrlich mit der Veranderung der Wahrnehmung der Person Lincolns im zwanzigsten Jahrhundert befasst hat.
Im Bereich der Erinnerungstheorien im Kontext der Sozialpsychologie existiert ein nahezu unuberschaubarer Fundus an Forschungsliteratur, die im Rahmen dieser Arbeit naturlich nicht komplett aufgearbeitet werden kann. Als Hinfuhrung zum Thema und zum besseren Verstandnis sollten die Einfuhrungen in die Theorien von Halbwachs und Assmann allerdings ausreichend sein. Die Analysen im Hauptteil der Arbeit werden sich hauptsachlich auf Primarquellen wie Schriften, Reden, Presseartikel oder bildliche Darstellungen stutzen, da bis dato keine wissenschaftliche Literatur zur Obama-Lincoln-Thematik existiert.
Unabhangig von Zweck und tatsachlichem Nutzen des Einsatzes des nationalen Symbols Abraham Lincoln durch Barack Obama zieht sich die Frage nach der sozialen, historischen und politischen Richtigkeit der gezogenen Vergleiche wie ein roter Faden durch das gesamte Thema, was eine abschlieBende Wertung aus diesen drei Blickwinkeln unumganglich macht. 1st es tatsachlich moglich, diese beiden Manner auf einer soliden Basis miteinander in Verbindung zu bringen oder trennt sie nicht in Wirklichkeit mehr als sie verbindet?
2. Sozialer und Politischer Hintergrund
2.1 Barack Obama
Um alles Folgende, die beiden Hauptcharaktere dieser Arbeit betreffend, besser bewerten und einordnen zu konnen, ist es notwendig, Familiengeschichte und Sozialisation in groben Zugen zu betrachten. Die Pragungen der Jugend durch Familienverhaltnisse, Religion, Hautfarbe oder sozialgeschichtliche Bedingungen sind die Grundlage des Selbstverstandnisses eines Menschen und somit auch fur die Wahl von Identifikationsfiguren oder politischen Vorbildern.
Barack Hussein Obama entstammt, im ubertragenen Sinne, mehreren Welten. Geboren am 4. August 1961 in Honolulu, als Sohn einer weiBen Amerikanerin aus Kansas und eines nigerianischen Stipendiaten der Universitat von Manoa (Hawaii), verbinden sich in ihm Rassen und Kulturen, zu einem Zeitpunkt, da in vielen Staaten der USA Mischehen noch verboten waren. Nachdem der Vater die Familie verlassen hatte, um in Harvard zu studieren und anschlieBend nach Kenia zuruck zu kehren, wuchs Barack bei seiner alleinerziehenden Mutter und deren Eltern auf. Auf Grund der erneuten Heirat seiner Mutter mit einem indonesischen Studenten verbrachte Obama sein sechstes bis zehntes Lebensjahr in Indonesien, wo er katholische und muslimische Schulen besuchte, bevor er aus Sorge um seine Bildung zu seinen GroBeltern nach Hawaii zuruck geschickt wurde, wo er seinen Highschoolabschluss absolvierte. Als guter aber nicht herausragender Schuler, der im Basketballteam der Schule spielte und auch schon Mal mit Marihuana und Alkohol in Beruhrung kam, gestalteten sich Obamas Teenagerjahre behutet und ziemlich durchschnittlich.1
Diese Zeit war jedoch auch gepragt von einer Suche nach Identitat. Aufgezogen als Schwarzer von seinen weifien GroBeltern in der multikulturellen Umgebung Hawaiis, wo es keine richtige schwarze Gemeinde gab, begann Obama nach einem Selbstbild zu suchen, das interessanterweise sehr vom Einfluss seiner weifien Mutter gepragt sein sollte. Als grofie Sympathisantin der Burgerrechtsbewegung der 50er und 60er Jahre, hatte sie stets versucht ihm Stolz auf seine Hautfarbe zu vermitteln. In seinem Buch Dreams from my father, beschreibt Obama seine Situation wie folgt:
„I was engaged in a fitful interior struggle. I was trying to raise myself to be a black man in America, and beyond the given of my appearance, no one around me seemed to know exactly what that meant“2
In gleichem Mafie unterstreicht er jedoch auch die positiven Aspekte seiner multikulturellen Herkunft und Erziehung.
„I was raised as an Indonesian child and as a Hawaiian child and as a black child and as a white child. And so what I benefit from is a multiplicity of culures that all fed me.“3
Sein Weg fuhrte ihn 1979 zum Studium nach Los Angeles und spater uber ein Studenten-Austauschprogramm an die Columba University nach New York, um Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen zu studieren. Bereits in L.A. hatte er bemerkt, dass er im Gegensatz zu den meisten seiner schwarzen Kommilitonen eher privilegiert aufgewachsen war. Ihre Probleme waren andere und die Welt, der sie durch ein Studium entfliehen wollten, war ihm vollkommen unbekannt. Die Rassenzugehorigkeit spielte hier ebenfalls eine ganz andere Rolle als dies auf Hawaii der Fall gewesen war.4 Die Bedenken um Identitat, Rasse und Akzeptanz, die den jungen Obama zu dieser Zeit beschaftigten, sollten sich auch noch in seinem spateren Prasidentschaftswahlkampf als berechtigt herausstellen. Vielen Veteranen der Burgerrechtsbewegung, auf deren Unterstutzung er von Beginn an zahlte, war der junge Mann aus allzu weifien Verhaltnissen einfach nicht schwarz genug.5
In New York hinterliefi vor allem die unglaubliche Nahe von Dekadenz und Armut einen bleibenden Eindruck. Er schrieb spater, dass er sich in sein Studium vertiefte, ja nahezu verkroch, um nicht der Verfuhrungskraft der Stadt zu erliegen, da er sich noch nicht fur gefestigt genug hielt.6 Eine Tatsache, die jedoch erst recht fur die charakterliche Starke eines Zwanzigjahrigen spricht.
Nach Arbeiten als Forschungsassistent einer Consulting-Firma und drei Jahren als Community-Organizer7 in Chicago ging Obama im Herbst 1988 an die Harvard Law School. Als Praktikant einer Kanzlei in Chicago lernte er im gleichen Jahr seine zukunftige Ehefrau Michelle Robinson kennen, die ihn dort als Mentorin betreute. 1990 wurde er zum Prasidenten des renommierten Harvard Law Review8 gewahlt. Auch hier war er der erste Schwarze in der uber hundertjahrigen Geschichte des Blattes, der diesen Posten innehatte.
Nachdem er seinen Abschluss mit Auszeichnung absolviert hatte, kehrte Obama nach Chicago zuruck und machte sich dort einen Namen als Burgerrechtsanwalt, wahrend er gleichzeitig an der Chicago Law School unterrichtete, bevor er 1996 in den Senat von Illinois gewahlt wurde. Im Jahr 2000 verlor er die Vorwahl fur das Reprasentantenhaus gegen seinen Parteikollegen Bobby Rush, der bereits seit 1993 Mitglied des Kongresses war. Eine erste, jedoch ziemlich absehbare Niederlage, die Obama dennoch an einer politischen Karriere zweifeln lieB.9 Nach einem kurzen Ruckzug ins Privatleben und verstarkter Konzentration auf die Arbeit im Senat von Illinois fasste er schlieBlich den Entschluss, bei der Wahl 2004 fur den Senat der Vereinigten Staaten zu kandidieren. Dies sollte sein letzter Versuch werden auf der politischen Karriereleiter nach oben zu steigen, was er seiner Frau mit dem Motto „Aufsteigen oder Aufhoren“10 zu verdeutlichen versuchte.
Er nutzte seine multikulturelle Herkunft und seine bereits vorhandene Popularitat, um sich in den Vorwahlen gegen sechs weitere Kandidaten durchzusetzen. Auch seine Themenwahl- Arbeitsplatze, Gesundheitsversorgung und Bildungspolitik-, verhalf ihm zu einer Mehrheit bei weiBen Liberalen und bei schwarzen Wahlern. Einer der wohl bedeutendsten Schritte in seine politische Zukunft war das Halten der Grundsatzrede (Keynote Adress) vor dem demokratischen Parteitag in Boston am 27. Juli 2004. Die Rede machte ihn uber Nacht zum Shootingstar der Demokraten und loste eine landesweite Begeisterung fur Obama aus. Die Wahl zum Senator gewann er schlieBlich mit 70 zu 27 Prozent der Stimmen gegen seinen zutiefst konservativen, republikanischen Gegner Alan Keyes, der mit seinem stark polarisierenden Wahlkampf auf wenig Gegenliebe stieB.11 Aus den Erfahrungen des Senatorenwahlkampfes entstand schlieBlich Obamas zweites Buch „The Audacity of Hope“. Neben seinen jungeren Vorgangern George W. Bush, Bill Clinton und Ronald Reagan, bezieht sich Obama in diesem Werk bereits sehr oft auf Abraham Lincoln. Dies soll spater noch detaillierter betrachtet werden. Gleich auf den ersten Seiten des Buches beschreibt Obama die Grundlage der vorliegenden Thematik. Er schreibt von kollektivem Bewusstsein und den Werten und Idealen, die den Kern der amerikanischen Erinnerung bilden.12
„Diese Werte und Ideale finden nicht nur auf den Marmorplatten der Denkmaler und in Zitaten aus Geschichtsbuchern ihren Ausdruck. Sie sind bis heute in den Herzen und Kopfen der meisten Amerikaner lebendig und sie konnen uns zu Stolz, Pflichtbewusstsein und Opferbereitschaft inspirieren."13
Als er am 10.02.2007 vor dem Kapitol in Springfield seine Kandidatur fur das Amt des Prasidenten bekanntgab, war bereits klar, dass man den Senator aus Illinois unvermeidlich mit Lincoln in Verbindung bringen wurde, ganz egal ob er dies auch beabsichtigte oder nicht.
2.2 Abraham Lincoln
Lincoln wurde am 12. Februar 1809 in einer Einraum-Blockhutte mit Lehmboden, an der Amerikanischen Frontier geboren. Die Verhaltnisse, die die Umgebung seiner Jugend pragten, boten nicht gerade die passenden Voraussetzungen fur die Zukunft, die den spateren 16. Prasidenten der Union erwarten sollte. Es war eine Welt, in der harte korperliche Arbeit das Uberleben sicherte und Bildung nebensachlich war. Alkoholmissbrauch und religioser Eifer sowie gewaltsame Auseinandersetzungen untereinander und mit der indigenen Bevolkerung waren an der Tagesordnung. Nach einem Umzug nach Sudindiana, verstarb Lincolns Mutter als dieser 9 Jahre alt war. Seiner neuen Stiefmutter hatte er neben tiefer Zuneigung auch den ersten Zugang zu Literatur zu verdanken. Sie erkannte Eifer und Talent des Jungen und versuchte diese zu fordern.14
Zur religiosen Pragung durch seine Eltern, die innerhalb ihrer Baptistengemeinde der Stromung der radikalen Calvinisten angehorten, gehorte auch eine grundlegende Ablehnung der Sklaverei. Er selbst wurde kein Kirchenmitglied, da er anscheinend schon fruh die Lehre der vollkommenen Pradestination ablehnte. Diese stand in krassem Widerspruch zu seinem eigenen Ehrgeiz und seiner Vorstellung von einem freien menschlichen Willen.
Obwohl die Zeitspanne von Lincolns Schulbesuch bis zu seinem 15. Lebensjahr lediglich 1 Jahr umfasste, war er zu dieser Zeit bereits des Lesens und Schreibens machtig. Vor allem die King James Bibel, die Dramen Shakespeares, die Lebensgeschichten Washingtons und Franklins aber auch die Texte der Unabhangigkeitserklarung und der Verfassung, gehorten zum literarischen Repertoire des jungen Lincoln und beeinflussten seinen Stil nachhaltig. Die durch Vernunft und Moral gepragten Fabeln Aesops hatten ebenfalls grofien Einfluss auf seinen Charakter.15
Als junger Erwachsener, der sich mehr und mehr fur Rechtsverhandlungen und Lokalpolitik interessierte, erlebte Lincoln die Ausweitung des Wahlrechts und die beginnende Massendemokratie. Durch seinen Leseeifer machte er sich fruh mit den Grundsatzen Henry Clays und der von ihm mitbegrundeten Whig-Partei vertraut.
Lincolns politische Karriere begann im Fruhjahr 1832, als er von Mitburgern des Ortes New Salem, in dem er sich nur wenige Monate zuvor niedergelassen hatte, zum Kandidaten fur das Parlament von Illinois vorgeschlagen wurde. Die Wahl zum Captain eines Milizregimentes, dem er sich nach Beginn des Black-Hawk- Krieges im gleichen Jahr freiwillig angeschlossen hatte, wurde fur ihn zu einem Schlusselerlebnis das ihn darin bestarkte, seine politischen Ambitionen zu forcieren. Nach nur 3 Monaten und der Auflosung seines Regimentes, war Lincolns Militarzeit jedoch sehr fruh wieder beendet.16
Im ersten Anlauf zur Wahl fur das Staatsparlament erlitt Lincoln im wortlichen Sinne Schiffbruch, da er sich neben dem Thema Bildung vor allem den Ausbau der Schifffahrtswege zur florierenden kleinen Handelsstadt New Salem auf die Fahnen geschrieben hatte und damit scheiterte. Schuld an der Niederlage war aber vor allem sein noch geringer Bekanntheitsgrad aufierhalb von New Salem. Im Jahr 1834 konnte er jedoch das Mandat fur sich gewinnen und behielt seinen Sitz im Staatsparlament von Illinois bis 1842.
In den darauf folgenden Jahren gewann die Frage der Sklaverei immer mehr an Bedeutung. Die Frage der Ausweitung des Staatsgebietes auf Texas und Californien sowie die territorialen Anspruche auf das Oregon-Gebiet standen alle auch in direkter Verbindung mit dem Problem der Sklaverei und deren Ausbreitung auf neue Staatsgebiete.17
Seine Nominierung als Kandidat der Whigs fur den Kongress musste er vertagen, da er aus parteipolitischen Grunden seinen Parteikollegen Baker und Hardin den Vortritt lies und im gleichen Zuge in ein Rotationsprinzip einwilligte, das ihm seine Kandidatur fur 1846 zusicherte. Uber den Eindruck der verlorenen Prasidentschaftswahl von 1844 begann Lincoln sich Gedanken uber politische Ethik zu machen. Er fing an uber den Dualismus zwischen moralischer und politischer Verantwortung nachzudenken. In dieser Zeit entstand wohl auch der tiefsitzende Pragmatismus, der Lincolns spatere Prasidentschaft in besonderem Mafie pragen sollte.
Ahnlich wie bei Obama folgte von 1850 bis 1854 ein Ruckzug ins Privatleben und eine verstarkte Konzentration auf die Anwaltstatigkeit sowie auf die Scharfung des eigenen Intellektes, da Lincoln sich seinen Kollegen in Washington zu Recht noch immer unterlegen fuhlte und dies auf keinen Fall hinnehmen wollte.
Auch als Anwalt war Lincoln Pragmatiker. Der Beruf war zwar seine Leidenschaft, diente aber auch und in erster Linie zum Geld verdienen. So vertrat er jeden der seines Mandats bedurfte, egal ob Sklave oder Sklavenhalter, Tater oder Opfer und dies durch alle Instanzen hindurch bis zum Obersten Gerichtshof. Aus seiner Anwaltstatigkeit und den verhandelten Fallen lasst sich keinerlei Tendenz erkennen, die auf seine strikte Ablehnung der Sklaverei schliefien liefie. Nagler bezeichnet seine Haltung gegenuber der Sklaverei zu diesem Zeitpunkt als „ambivalent-taktierend“, was wohl Lincolns Standpunkt noch bis uber den Ausbruch des Burgerkrieges hinaus sehr treffend beschreibt. Seine moralische Ablehnung dieser Institution gegenuber ist unumstritten, ein radikaler Umgang mit der Thematik hatte jedoch zu diesem Zeitpunkt politischen Suizid bedeutet und ware pragmatisch nicht begrundbar gewesen.18
Im Jahre 1854 begannen sich die Auseinandersetzungen mit seinem langjahrigen politischen Gegner Stephen Douglas zu intensivieren. Bis 1857 stiegen die Spannungen zwischen Gegnern und Befurwortern der Sklaverei ins Unermessliche. Grunde waren hauptsachlich der von Douglas eingebrachte Kansas-Nebrasca-Act, das so genannte Dred Scott-Urteil und schliefilich die Aufhebung des Missouri-Kompromisses durch den Obersten Gerichtshof. Im Zuge dieser immer scharfer werdenden Auseinandersetzungen konstituierte sich bereits im Februar 1854 die Republikanische Partei. Zwei Jahre spater wurde Lincoln in Illinois zum fuhrenden Mitbegrunder der dortigen Republikaner. Die Forderung nach „Volkssouveranitat in der Sklaverei-Frage“ war far ihn ein Widerspruch in sich und seine moralische Abneigung wurde in den Debatten mit Douglas diesmal uberaus deutlich, zumal dem sonst eher ruhig und kuhl argumentierenden Mann seine emotionale Bindung an die Thematik deutlich anzumerken war.19
Hohepunkt der Auseinandersetzungen bildeten die Terrorakte im Kansas-Gebiet (Bleeding Kansas), wo es unter sklavereifreundlichen Siedlern und radikalen Abolitionisten von beiden Seiten zu Lynchaktionen kam, in deren Verlauf beide Seiten einige Tote zu beklagen hatten.
1858 wurde das Jahr der beruhmt gewordenen Lincoln-Douglas Debatten. Die Kontrahenten standen sich im Kampf um den vakant gewordenen Senatorenposten von Illinois gegenuber und ihre Rededuelle, bei denen zumeist das Thema der Sklaverei im Mittelpunkt stand, gingen in die politische Geschichte der Vereinigten Saaten ein. Das Thema von Lincolns beruhmt gewordener Ernennungsrede zum Kandidaten der Republikaner (House-Divided- Speech) sollte auch Obama wahrend seines Wahlkampfes wieder aufgreifen. Lincoln verlor die Wahl zum Senator, trotz einer absoluten Stimmmehrheit auf Grund der Wahlmodalitaten und nicht zuletzt auch, weil fuhrende Kopfe der republikanischen Partei, die grofien Einfluss auf die Wahlergunst hatten, einen zu moderaten Umgang mit Stephen Douglas und seinen Ansichten gepflegt hatten.20
Trotz der verlorenen Wahl war Lincoln auf Grund des intensiv gefuhrten Wahlkampfes und seiner beeindruckenden Reden zu einem der bekanntesten Vertreter der noch jungen republikanischen Partei geworden und somit auch zum Anwarter fur die Prasidentschaftskandidatur bei den anstehenden Wahlen des Jahres 1860. Die Nominierung erfolgte schliefilich zu seinen Gunsten, wobei er sich gegen seine spateren Kabinettsmitglieder William H, Seward, Salmon P.
[...]
1 Vgl., Price, Joanne F., Barack Obama. A Biography, Greenwood Biograpies, Greenwood Press, Westport/London 2008, S. 17ff.
2 Obama, Barack, Dreams from my father, The Rivers Press, New York 2004, S. 76.
3 Obama, Barack, zit. In: Price, Joanne F., Barack Obama. A Biography, Greenwood Biograpies, Greenwood Press, Westport/London 2008, S. 17.
4 Vgl., Price, Joanne F., Barack Obama. A Biography, Greenwood Biograpies, Greenwood Press, Westport/London 2008, S. 28ff.
5 Vgl., Pitzke, Marc, Ist Barack Obama schwarz genug?, Spiegel-Online/New York vom 10.02.2007, URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518.465571.00.html , Zugriff: 17.02.2010.
6 Vgl., Price, Joanne F., Barack Obama. A Biography, Greenwood Biograpies, Greenwood Press, Westport/London 2008., S. 32.
7Im Deutschen vielleicht am besten zu verstehen als Gemeindevertreter.
8 Das Harvard Law Review ist die wichtigste und meistzitierte Rechtszeitschrift der USA und wird von November bis Juni monatlich in einer Auflage von ca. 8000 Exemplaren, von den Studenten der Harvard Law School herausgegeben.
9 Vgl., Obama, Barack, Hoffnung wagen. Gedanken zur Ruckbesinnung auf den American Dream, Munchen 2007, S10-13.
10 Vgl., ebd., S. 13.
11 Vgl., Price, Joanne F., Barack Obama. A Biography, Greenwood Biograpies, Greenwood Press, Westport/London 2008., S. 57-62.
12 Vgl., Obama, Barack, Hoffnung wagen. Gedanken zur Ruckbesinnung auf den American Dream, Munchen 2007, S17f.
13 Obama, Barack, Hoffnung wagen. Gedanken zur Ruckbesinnung auf den American Dream, Munchen 2007., S.18.
14 Vgl., Nagler, Jorg, Abraham Lincoln, Munchen 2009, S. 19-27.
15 Vgl., Nagler, Jorg, Abraham Lincoln, Munchen 2009., S. 32ff.
16 Vgl., ebd., S. 50f.
17 Vgl., Nagler, Jorg, Abraham Lincoln, Munchen 2009., S.49-55.
18 Vgl., ebd., S. 126.
19 Vgl., Nagler, Jorg, Abraham Lincoln, Munchen 2009., S. 139-156.
20 Vgl., ebd., S. 173-191.