Die Debatte um den "Orlando Furioso" war schon immer sehr kontrovers. Schuld daran ist nicht zuletzt die berüchtigte „ironia ariostesca“, die oft verschiedene Deutungen zuzulassen scheint. Joachim Wink wagt im vorliegenden Beitrag eine Grundsatzkritik an Christian Rivolettis Buchveröffentlichung "Ariosto e l’ironia della finzione“, wobei er insbesondere auf drei Irrtümer hinweist: Erstens die Unterschätzung der dichterischen Vorgänger Ariosts, welche sich bereits in virtuoser Weise der Fiktionsironie zu bedienen wußten; zweitens die zu starke Identifikation des Erzähler-Ichs mit einer "ironia romantica" anstatt mit einer gesellschaftskritischen „ironia retorica“; drittens das Vorurteil, dass (romantisch gefärbte) „ironia della finzione“ und (gesellschaftskritisch gefärbte) „ironia retorica“ inkompatibel seien. Im Gegensatz zu Rivoletti ist Wink der Meinung, dass gerade das gemeinsame Auftreten jener beiden Ironie-Formen den Furioso-Leser vergangener Jahrhunderte besonders beeindruckt hat, wie am Beispiel Voltaires zu sehen ist. Nicht die romantische, sondern die aufklärerische Perspektive wird der historischen Bedeutung des "Furioso" am ehesten gerecht.
Inhaltsübersicht
Einleitung
1. Dreihundert Jahre Rezeptionsgeschichte als „preistoria della scoperta romantica“?
2. Ironia ariostesca: eine „vera e propria novità storica“?
3. „Idealizzazione ingenua della cavalleria“ seitens der cantari Dichtung?
4. O gran bontà de’ cavallieri antichi“ - ein erst von Ariost ausgestoßener Seufzer?
5. Der „gioco turpinesco“ - eine Erfindung Ariosts?
6. „Ironia retorica“ vs. „ironia romantica“?
7. „Ironia illuministica“ vs. „ironia della finzione“?
8. Ein Beispiel für aufklärerische Fiktionsironie
9. „Incapacità di comprendere“? „Insegretimento“?
10. Ein zweites Beispiel für aufklärerische Fiktionsironie
11. Voltaire und ein Taschenspielertrick
12. „Gli scrittori amo...“
Literaturverzeichnis
Einleitung
In der Forschung um Ludovico Ariosto (14741533) pflegt bisweilen aus dem Blick zu geraten, daß sein in jeder Hinsicht moderner, noch heute von vielen Menschen mit Begeisterung gelesener Orlando Furioso auf den Werken verschiedener Vorgänger aufbaut.1 Als deren wichtigster - soviel wissen noch alle - darf Matteo Maria Boiardo (14411494) gelten, Verfasser des Orlando Innamorato, dessen Figurenarsenal von Ariost komplett übernommen wurde. Bereits deutlich weniger Beachtung findet Luigi Pulci (14321484) und dessen Morgante, obwohl auch hier die direkten Einflüsse unbestreitbar sind.2 Kaum noch gelesen schließlich der hartnäckig im Ruf der Inferiorität stehende Mambriano des Francesco Cieco da Ferrara (ca.14601505), ein Text, der noch in der Tradition mündlichen Vortrags steht.3 Was an poemi cavallereschi in ottava rima - meist ohne Verfassername - noch weiter zurückliegt, also etwa die von Pulci verwendeten Vorlagen Orlando und La Spagna,4 pflegt in der Ariostforschung komplett ignoriert zu werden. Äußerst selten auch, daß dort von der
Entrée d’Espagne die Rede ist,5 einer ca. 1300 entstandene frankoitalienischen Dichtung, von der sich mit guten Gründen sagen läßt, daß sie am Ursprung der RenaissanceRitterdichtung steht.6 Wer einmal die Entrée aufmerksam gelesen hat, der wird künftig - dieses Versprechen kann mit Sicherheit gegeben werden - in vielen Bereichen über die „Modernität“ des Furioso etwas zurückhaltender urteilen.7
Hatte einst ein Francesco De Sanctis oder ein Pio Rajna (dessen erstmals 1876 erschienenen und nach einem Vierteljahrhundert noch einmal der Überarbeitung unterworfenen Le fonti dell’Orlando Furioso bis heute unentbehrlich geblieben sind)8 mit allem Nachdruck auf die Wichtigkeit dieser und weiterer Quellen für das Studium des Furioso hingewiesen, so sind in postmodernen Zeiten nicht wenige Wissenschaftler offenbar der Meinung, daß es auch Aspekte gebe, deren Diskussion auf eine genauere Kenntnis der Vorgänger Ariosts verzichten könne. Das mag gelegentlich zutreffen. Doch gibt es ein Forschungsgebiet, wo solcher Verzicht automatisch zu schweren Mißverständnissen, falschen Einordnungen und einer insgesamt verzerrten Sichtweise führt, und das ist die Debatte um die berühmte ironia ariostesca. In der Tat wird hier schwerlich zu einer vernünftigen Einschätzung gelangen, wer die Ironie vorangehender Ritterdichtung nicht in Rechnung stellt. Völlig den Maßstab verloren hat, wer Ariost nicht nur quasi als den Erfinder der Fiktionsironie ausweist, sondern auch noch behauptet, daß er damit seiner Zeit um ganze drei Jahrhunderte vorausgewesen und erst von den Schlegel und Hegel, den Schiller und Schelling, den Wieland und Tieck wirklich „verstanden“ worden sei.
Ich spreche von Christian Rivoletti und seiner jüngst erschienenen Untersuchung,9 die aus einer 2011 der Universität des Saarlandes zur Habilitation in den Fächern Romanische Philologie und Vergleichende Literaturwissenschaft vorgelegten Schrift hervorgegangen ist.
1. Dreihundert Jahre Rezeptionsgeschichte als „preistoria della scoperta romantica“?
Daß in der fast dreihundertjährigen Rezeptionsgeschichte, die der Rezeption der deutschen Romantiker vorausgeht, die ironia ariostesca möglicherweise auch aufgrund anderer Qualitäten als der eines heiterbeschaulichen Hin und Herwechselns zwischen dem „mondo delle finzioni e quello della realtà“ (VIII) oder dem wiederholten Überschreiten eines „confine tra finzione poetica e verità“ (66) geschätzt oder gefürchtet wurde (immerhin soll es in diesem Zeitraum ein paar bemerkenswerte soziale Revolutionen gegeben haben), interessiert Rivoletti nicht, ist nicht sein Thema.10 Auch gilt sein Forschungsinteresse nicht Ariosts Fiktionsironie in ihrem historischen Kontext, also der Frage, woher Ariost dieses Instrument bezogen und wie er es für sich verändert und weiterentwickelt hat; es gilt ausschließlich einem in der deutschen Romantik zu voller Reife gelangten sentimentalen IronieKonzept, das bereits im Furioso antizipiert worden sei.
Ariost wird damit als Denker aus seinem Zeitalter herausgelöst und vor dem Hintergrund eines späteren Zeitalters gelesen - eine Methode, die in Kontrast zu Klaus W. Hempfers in den Achtzigerjahren theoretisch und praktisch fundierten Konzept einer „historischen Rezeptionsforschung als Heuristik der Interpretation“ steht.11
Während sich nämlich Hempfer von Ariosts eigenen Zeitgenossen als „Rezipienten, deren Verständnisvoraussetzungen von den Produktionsbedingungen des Textes selbst weniger weit entfernt waren als diejenigen der modernen Interpreten“ wichtige Aufschlüsse verspricht,12 glaubt Rivoletti Ariosts eigenem Jahrhundert eine „incapacità [...] di comprendere il valore e le funzioni della dimensione ironica del testo“ (XVI) nachsagen zu können. Diese „incapacità“ sei erst an der Schwelle zum 19. Jahrhundert durch eine insbesondere von Friedrich Schlegel, dem „padre teorico del romanticismo tedesco“ bewirkte „svolta storica del concetto di ironia“ (3) überwunden worden. Schlegel sei es gewesen „a scoprire per primo, a livello di indagine critica, l’ironia di Ariosto e a riconoscere la sua «modernità», rovesciando puntualmente alcuni dei giudizi negativi dati dalla poetica classicista francese“ (87); wie auch er es gewesen sei, der als erster auf den „equilibrio tra serio e scherzoso [.] come il vero elemento di modernità del Furioso e come una caratteristica fondamentale della poesia romantica“ hingewiesen habe (92). Wohl sei dieser oder jener sensible Geist - ein Cervantes etwa, ein La Fontaine oder ein Voltaire - der ironia ariostesca schon vor dieser „historischen Wende“ ein Stück weit auf die Spur gekommen,13 weshalb man von einer „Vorgeschichte“ der „Entdeckung“ Ariostscher Ironie sprechen könne:
Durante quel lungo periodo di oltre due secoli e mezzo che separa la comparsa del poema dalle riflessioni dei romantici, la forza prorompente della dimensione ironica del Furioso agì profondamente su alcuni singoli lettori e artisti particolarmente pronti e sensibili, lasciando tracce talvolta implicite o parziali del suo influsso: esiste dunque una «preistoria» della scoperta romantica, una sorta di filo rosso da ricomporre e da seguire. (XXIII)
Ma se è vero che furono i romantici tedeschi a scoprire per primi a livello critico e teorico questa nuova dimensione dell’ironia, è altrettanto vero che, lungo i due secoli precedenti, alcuni scrittori francesi avevano già apprezzato i commenti ironici del narratore ariostesco e ne avevano compreso alcuni funzioni fondamentali. (23)
Ungefähr ein Drittel der Untersuchung ist jener „preistoria della scoperta romantica“ gewidmet, wobei sich Rivoletti vor allem mit der AriostRezeption La Fontaines und Voltaires auseinandersetzt. Der Schwerpunkt der Analyse liegt dann aber dort, wohin der „rote Faden“ von Anfang an führen sollte: der „romantischen Revolution“, die zur Entdeckung der ironia ariostesca geführt habe und auf der noch heute die Furioso Kritik aufbaue.14
2. Ironia ariostesca: eine „vera e propria novità storica“?
Nun ist es sicher von hohem Interesse, den Einfluß Ariosts auf die deutschen Romantiker zu erforschen, selbst wenn falsch wäre, daß erst sie es gewesen seien, die seine Ironie wirklich „verstanden“ hätten.15 Eben hier dürften Rivolettis Verdienste liegen, worauf ich allerdings ebensowenig in kompetenter Weise eingehen kann wie auf das umfangreiche Kapitel „L’ironia visualizzata: il Furioso e le arti figurative“ (357404), in welchem Rivoletti zeigen zu können glaubt „come alcuni pittori del Seicento scelgano di tradurre l’ironia del narratore ariostesco in un gioco di sguardi interno al dipinto, il quale orienta a sua volta lo sguardo dello spettatore“ (44). Für diese meine mangelnde Interdisziplinarität bitte ich um Entschuldigung und empfehle Kunsthistorikern und Germanisten, die sich für die fachrelevanten Ergebnisse von Rivolettis Untersuchung interessieren,16 die Lektüre meiner „Anmerkungen“ an dieser Stelle abzubrechen.
Was ich allerdings ausführlich begründen kann, ist mein Eindruck, daß der Ariost, den Rivoletti ins Licht hält, ein Ariost ohne historische Substanz ist, da ihm sämtliche Fäden, die ihn mit der Tradition der poemi cavallereschi verbinden, abgeschnitten wurden. Unausweichliche Folge davon ist, daß der Autor des Furioso unter den Händen Rivolettis zu einem Genie wird, das alle künstlerisch fortschrittlichen Konzepte, insbesondere das der Fiktionsironie,17 quasi aus dem Nichts herbeigezaubert hat, womit dann das Begriffsvermögen der Welt mehrere Jahrhunderte überfordert gewesen sei, bis daß die Schlegel und Hegel (im Unterschied zu den immer noch überforderten La Fontaine und Voltaire) endlich zu seinem vollen Verständnis in der Lage gewesen seien.18 Mir scheint, daß sich eine solche Konstruktion nur schwer aufrechterhalten läßt, wenn wir nicht mehr die subjektive Entdeckung auktorialer Ironie im 18./19. Jahrhundert, sondern deren objektive Präsenz im 15./16. Jahrhundert in den
Vordergrund stellen. Daß Rivoletti eben jener letzteren nur wenig nachgeforscht hat, merkt man schon in der Einleitung. Zu lesen ist dort von einer...
[...] ironia ariostesca, la quale rappresenta una vera e propria novità storica, che, nella sua pervasività e nella sua efficacia complessiva, non conosce né modelli, né eguali. (XVIII)
So dehnbar die Begriffe der „Pervasivität“ und der „Effizienz“ auch sein mögen: Jeder Kenner italienischer Ritterdichtung wird diese Einschätzung für problematisch halten müssen, und es ist wirklich bedauerlich, daß sich unter der reich versammelten Forschungsprominenz, bei der sich Rivoletti zu Beginn seiner Untersuchung bedankt (darunter Namen wie Remo Ceserani, Klaus W. Hempfer, Cesare Segre oder Sergio Zatti), offenbar niemand gefunden hat, der hier zur Vorsicht mahnte. Natürlich kostet es nichts, fürs erste einfach einmal zu behaupten, daß Boiardo und Pulci „di gran lunga“ hinter der Ironie eines Ariost zurückgeblieben seien:
Se Pulci e Boiardo, infatti, utilizzano già l’ironia, lo fanno tuttavia in modi di gran lunga meno raffinati, complessi e diffusi, laddove l’impiego di Ariosto si contraddistingue per la levità del tono giocoso, per la sua diffusione quasi capillare e per la molteplicità di forme che assume, pervenendo a risultati complessivamente distanti da quei modelli. (XIX)
So etwas müßte Rivoletti dann allerdings genauer belegen als einfach nur damit, daß er in einer Fußnote auf das (übrigens allein aus dem Vergleich mit Boiardo gewonnene) Urteil zweier postmoderner Kollegen verweist, die es bereits besser zu wissen glaubten als Pio Rajna. Letzterer schrieb über die besondere Qualität des Furioso, die diesen von der bisherigen Ritterdichtung unterscheide:
Che una distinzione ci sia, e spiccatissima, si sente da ognuno. [...] La faremo noi consistere nella cosidetta ironia ariostesca ? Certo starebbe bene, se fosse vero, come si pretende, che l’Ariosto avesse, con un sorriso incredulo, sciolto in fumo l’edificio del Boiardo, e trasformato in fantasimi i personaggi dell’ Innamorato. Il male si è che quell’edificio, quei personaggi, erano già una fantasmagoria anche per il Conte di Scandiano. Se Lodovico non crede al mondo che canta e se ne fa giuoco, non ci crede maggiormente e all’occasione non se ne fa meno giuoco il suo predecessore e maestro; se ironia c’è nel Furioso, non ne manca nemmeno nell’ Innamorato.19
Nein, es ist nicht einfach mit der Fiktionsironie vor Ariost. Und wenn der Horizont auch noch auf Pulci ausgedehnt würde, der bereits meisterhaft die freie indirekte Rede beherrscht (in der Tat scheint sich Ariost diese Boiardo unbekannte Technik direkt von Pulci abgeschaut zu haben),20 so wird die Sache noch komplizierter. Was aber durch empirischen Textvergleich überhaupt erst einmal nachzuweisen gewesen wäre, nämlich die „novità storica“ Ariostscher Fiktionsironie, glaubt Rivoletti als Prämisse setzen zu können. Und da sich seine Untersuchung an postmoderne Furioso Experten mit möglichst weit ausgreifendem interdisziplinären Hintergrund richtet und solche Experten gewöhnlich zur Übertreibung der künstlerischen Distanz zwischen Ariost und seinen Vorgängern neigen (was vermutlich damit zusammenhängt, daß sie letztere nicht oder nur sehr ungenau gelesen haben), konnte er auch von vornherein damit rechnen, besagte Prämisse, nämlich daß Ariost quasi der Erfinder der Fiktionsironie sei, besonders billig verkaufen zu können.
3. „Idealizzazione ingenua della cavalleria“ seitens der cantari Dichtung?
Im Bedürfnis, die künstlerische Distanz zwischen Ariost und seinen Vorgängern möglichst groß erscheinen zu lassen (wäre doch sonst überhaupt nicht nachvollziehbar, warum Ariost über zweieinhalb Jahrhunderte nicht „verstanden“ worden wäre), geht Rivoletti sogar so weit, der cantari Dichtung (also der dem schriftlich verfaßten
Kunstepos eines Pulci, Boiardo oder Ariost als Muster dienenden mündlichen Tradition, so wie sie uns z.B. im Orlando überliefert ist) eine „naive Idealisierung des Rittertums“ zuzuschreiben:
Infatti, [...] ironizzare sulla bontà dei cavalieri antichi significa per Ariosto non solo prendere distanza dall’idealizzazione ingenua della cavalleria proposta dalla tradizione canterina, ma anche suggerire al contempo un’adesione alla realtà storica e alla realtà dei comportamenti umani e dei rapporti sociali - proprio in implicita polemica con la tradizione letteraria che, nella misura in cui idealizza tale realtà, in certo qual modo la „falsifica“. (45)
Wieder könnte man fragen, ob eine solche „implizite Polemik“ nicht auch bei Pulci, Boiardo und Cieco da Ferrara zu beobachten ist. Noch problematischer aber scheint mir Rivolettis generelle Abwertung der „tradizione canterina“, zumal er sich über Namen und Werke, die er dieser zurechnen möchte, gänzlich ausschweigt. Sicherlich hat es im Italien des 14. und 15. Jahrhunderts auch eine naive Idealisierung des Rittertums gegeben. Über nicht wenige der der schriftlichen Überlieferung für würdig befundenen Quellen (ich denke speziell an den Orlando und die Spagna) läßt sich jedoch sagen, daß in ihnen eine solche Idealisierung nun eben gerade nicht stattfindet. Bereits De Sanctis war der Meinung:
[.] la cavalleria, come la mitologia e come il mondo religioso, non era fra noi altro che pura leggenda o romanzo; un mondo d’immaginazione, che interessava non per il suo ideale, ma per la novità, la varietà e la straordinarietà degli accidenti. Meno il suo significato era serio, e più il suo contenuto era fantastico e licenzioso, cancellati tutt’i limiti di spazio e di tempo e di verisimiglianza. Il cantastorie non si proponeva altro scopo che di stuzzicare la curiosità e appagare l’immaginazione, intessendo sul vecchio fondo tradizionale cavalleresco le favole più assurde e intrigandole fra loro in modo da tener sospesa e curiosa l’attenzione.21
Eine interessante Meinung. Schade nur, daß Rivoletti sie in seinem zwölfseitigen Kapitel über „De Sanctis e l’ironia del Furioso “ nicht zur Kenntnis nimmt, dafür aber umso ausführlicher der These „che De Sanctis avesse familiarità con il pensiero dei romantici tedeschi“ (326) nachgeht. Auch nach Meinung von Natalino Sapegno kann von einer „idealizzazione ingenua della cavalleria“ seitens der cantari Dichtung nicht die Rede sein. Zwar ordnet er dieser „elementi favolosi o meravigliosi, di forza, di coraggio, d’avventura“ zu; doch charakterisiert er diese Elemente im weiteren als.
[...] attenuati [...] dal non infrequente intervento di uno spirito ironico popolano, che riporta il racconto di volta in volta sul piano di un divertimento immediato e non troppo impegnativo, che non esclude l’evasione fantastica, ma non implica la piena partecipazione a un ideale eroico di vita.22
Oder nehmen wir Eugenio Ragni, dessen einschlägiger cantari Artikel sich durch vorsichtige Formulierungen auszeichnet und ganz von Bedauern über die enormen Forschungsrückstände erfüllt ist. Zwar bescheinigt er der cantari Dichtung einen „entusiasmo quasi puerile per l’avventura, per le qualità positive degli eroi, indifferenzainsensibilità per il gioco psicologico, straordinario gusto per il fiabesco“; im Zusammenhang mit einem ihrer wichtigsten namentlich bekannten Vertreter, dem Florentiner Antonio Pucci (ca. 13101388), spricht er dann aber von einer.
[.] più penetrante carica ironica e mordace [sc. rispetto ai cantari anonimi], che riveste talora situazioni ed eroi d’un brio che anticipa a tratti atteggiamenti del Pulci e dei maggiori poeti rinascimentali.23
Damit ist für die „carica ironica e mordace“ eine Tradition angedeutet, die jedenfalls weiter zurückgeht als nur bis zu Luici Pulci; sie geht sogar weiter zurück als nur bis zu Antonio Pucci, wenn richtig ist, daß Pucci seine ironische Haltung gegenüber dem ritterlichen Heldentum im Verhältnis zu seinen anonymen Vorgängern nur gesteigert hat. Doch ist die Sache mit der „idealizzazione ingenua della cavalleria proposta dalla tradizione canterina“ noch fragwürdiger. Darf man Alberto Limentani Glauben schenken, so hat bereits mit Chrétien de Troyes (ca. 11401190) eine komischparodistische Spannung Einzug in die Ritterdichtung gehalten:
Senza attendere Rinascimento e Ariosto, alla sua stessa prima epifania poetica, il cavalleresco appare già intriso di un humour sottile, segno di una «distanza estetica» che è traducibile, su piano tematico e ideologico, come consapevolezza e come avvertimento al lettore del carattere ipoteticoutopistico del progetto umano e sociale introiettato nelle immagini. [...] La tradizione epicocavalleresca, nella misura in cui perde il passo rispetto all’evoluzione storicosociale, genera da se stessa un «campo di tensione» comicoparodica, entro cui si producono i diversi fenomeni.24
Was Rivoletti im Hinblick auf Ariost als eine „novità storica“ emphatisiert, nämlich Fiktionsironie und Entidealisierung des Rittertums, hätte demnach schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt in die abendländische Ritterdichtung Einzug gehalten. Daß dann die komischparodistische Spannung zwischen ritterlicher Idealität und sozialer Wirklichkeit vor allem im Italien des Tre und Quattrocento signifikanten Ausdruck fand, hängt bekanntlich mit dem Umstand zusammen, daß dort der Niedergang des Feudalismus und der Aufstieg des Bürgertums weiter fortgeschritten war als in anderen Teilen Europas. Beispielsweise hält Henning Krauss in seiner Studie über Epica feudale e pubblico borghese für die norditalienische Situation gegen Ende des 13. Jahrhunderts fest:
Il corso degli eventi è determinato prevalentemente dai Comuni: in questi, i diversi strati della borghesia si trovano nella fase decisiva del loro scontro con la nobiltà. [.] La mentalità di tipo feudale, fondamentale per la nascità e la fioritura del genere chanson de geste, in Italia è divenuta ormai un anacronismo.25
Ich denke, dies sind der Beispiele genug. Wenn sich De Sanctis, Rajna, Sapegno, Ragni, Limentani und Krauss nicht allesamt geirrt haben, so hat eine Ironisierung des Rittertums nicht erst zu Beginn des Cinquecento stattgefunden, sondern ein, zwei, drei, ja vielleicht sogar - nach Limentani - vier Jahrhunderte zuvor. Das alles aber interessiert Rivoletti nicht, wofür man Verständnis haben muß, würden doch solche Wege meilenweit von den deutschen Romantikern wegführen, deren AriostRezeption für ihn im Zentrum steht.
Nun hat allerdings Limentani seine oben zitierten Zeilen in Antwort auf Hegel geschrieben, dem zwar Ariost, Cervantes und Shakespeare bestens bekannt waren, der es aber versäumt hatte, Chrétien de Troyes zu lesen. Rivoletti wiederum sind zwar „le celebri pagine dell’ Estetica di Hegel [...] che chiariscono il processo di dissoluzione ironica e giocosa del mondo cavalleresco intrapreso da Ariosto“ (XX) bestens bekannt, nicht aber, so scheint es, die Beiträge Limentanis, in denen er von Hegels Versäumnis hätte erfahren können. Allerdings hätte ihm dies auch Pirandello zuflüstern können, aus dessen in der Ariostforschung einschlägig bekannten L’umorismo - genauer: dem Kapitel „L’ironia comica nella poesia cavalleresca“ - Rivoletti ebenfalls immer wieder gerne zitiert, nur eben leider nicht den folgenden Passus:
Abbiamo veduto che nella stessa Francia già da tempo il mondo epico e cavalleresco aveva perduto ogni serietà. Come avrebbero potuto i poeti italiani trattare seriamente ciò che già da tempo era cessato di essere serio?26
Die Meinung mag etwas zugespitzt klingen, doch ist der in altfranzösischer Ritterdichtung gut belesene Pirandello durchaus in der Lage, sie zu untermauern.27
Natürlich muß vor solchem Hintergrund Rivolettis Prämisse, daß Ariosts Fiktionsironie eine „novità storica“ sei, äußerst fragwürdig erscheinen. Doch ist es nicht deren Überprüfung, die Rivoletti in einem eigens Pirandello gewidmeten Kapitel für wichtig hält, sondern lediglich der Nachweis, wie gut Pirandello „la svolta storica che si era realizzata in Germania tra Sette e Ottocento relativamente al concetto di ironia“ erfaßt habe (337). Offenbar läßt sich umso gläubiger auf dem Vorurteil beharren, daß die „tradizione canterina“ dem Publikum immer nur eine idealisierte Welt vorgespiegelt und es immer nur zu naiver Gläubigkeit eingeladen habe, je mehr man sich davon überzeugt, daß Ariost - was nun freilich kein Wunder ist - mit einer solchen „tradizione canterina“ nie das geringste zu tun hatte:
A venire opposti nel poema ariostesco sono [...] la realtà sociale, esperita quotidianamente dal narratore e dai suoi lettori, e il mondo della finzione poetica, ovvero un passato lontano che la tradizione canterina ci presenta in termini idealizzati e inverosimili. Come abbiamo visto, tramite l’ironia, il narratore ariostesco ci invita a prendere distanza dall’atteggiamento di fede ingenua verso il mondo della finzione cavalleresca, previsto dalla tradizione canterina. Il lettore ariostesco deve assumere, sin dall’inizio del poema, un atteggiamento consapevole: non dovrà crederci veramente, bensì soltanto fare finta di crederci. (61)
Wohlgemerkt: Was hier über Ariosts Dichtung gesagt wird, ist für sich genommen nicht falsch. Irreführenderweise wird aber so getan, als gäbe es keine mindestens zweihundertjährige Tradition, in der nicht schon immer der „mondo della finzione poetica“ bzw. der „mondo della finzione cavalleresca“ der Hörer oder Leserschaft in ironischer Weise als ein solcher bewußt gemacht worden wäre.
4. O gran bontà de’ cavalieri antichi“ - ein erst von Ariost ausgestoßener Seufzer?
Denken wir nur einmal an die hochberühmte, von Rivoletti mehrfach zitierte Strophe „O gran bontà dei cavallieri antichi“ aus dem ersten Gesang des Furioso. Zwar mußten drei, vier, ja sogar fünf Jahrhunderte vergehen, bevor ein Schiller, ein Pirandello oder auch - auf Schiller und Pirandello aufbauend - ein postmoderner
Literaturwissenschaftler namens Rivoletti ihren ironischen Gehalt im Detail aufgeschlüsselt hatte (258ff., 340ff.); doch heißt das nicht unbedingt, daß bis dahin niemand diese Ironie verstanden hätte.28 Objektiv feststellen läßt sich eigentlich nur, daß in Ariosts eigenem Jahrhundert (und auch noch in den beiden folgenden Jahrhunderten) gewisse tonangebende Gelehrte, aus welchen Gründen auch immer, es für unangebracht hielten, über Ironie zu reden, was sich dann im 19. Jahrhundert radikal ändern sollte. Ebensowenig aber wie die Welt, um sich an der ironia ariostesca erfreuen zu können, auf wissenschaftliche Belehrung warten mußte, ebensowenig mußte sie, um in den Genuß ironischer Ritterdichtung zu kommen, auf den Furioso warten. In der Tat weiß man seit Rajna, daß besagte Strophe über die „gran bontà dei cavallieri antichi“ als Echo auf einen längeren Passus aus der rund zweihundert Jahre zuvor gedichteten Entrée zu lesen ist.29 Auch Rivoletti weiß dies, doch hält er, aus welchen Gründen auch immer, lediglich Rajnas Hinweis auf ein paar nichtironische Modelle aus der altfranzösischen Ritterdichtung für erwähnenswert, während er über die frankoitalienische Entrée nicht ein einziges Wort verliert:
Rispetto ai propri modelli letterari francesi, nei quali situazioni simili venivano presentate, in perfetta buona fede, come sommi esempi di cortesia tra rivali, Ariosto nasconde qui «sotto l’ammirazione [...] un sorriso malizioso», come ebbe a notare già Rajna. (262)
Wenn altfranzösische Dichter „in perfetta buona fede“ die „gran bontà dei cavallieri antichi“ rühmen, und wenn interessant und bemerkenswert ist, daß Ariost (wie schon die deutschen Romantiker festgestellt haben) diesbezüglich eine ironische Haltung einnimmt, dann sollte vielleicht nicht ganz verschwiegen werden, daß es hier (auch wenn die deutschen Romantiker davon noch nichts wußten) mindestens ein wichtiges Zwischenglied gegeben hat, nämlich die Entrée. Zwar liefert sich dort Ferraù nicht mit dem unkultivierten Rinaldo, sondern mit dem frommen und tugendhaften Orlando einen Zweikampf; auch gibt es dort keine Angelica bella, der in unritterlicher Weise nachgestellt würde; dennoch läßt sich bereits dieselbe Ironie gegenüber einer legendären, ja geradezu märchenhaft gewordenen „bontà de’ cavallieri antichi“ feststellen. Nachdem in einer mit freundlichen Worten vereinbarten Kampfpause Ferraù sich den Helm abgeschnallt und inmitten einer Wiese ausgestreckt hat, gönnt er sich, da er vom grundedlen Orlando keinerlei Verrat zu befürchten hat, ein Nickerchen:
Le chief torna vers senestre partie,
Desor son brag mist le chief e l’ole.
Quant s’endormi, sachiez que mout se fie
En nostre duc et en sa cortesie, Che mais ne fu retret de vilanie.30
Die direkte Anrede der Leser im dritten und die Solidarisierung mit einem als „unser“ bezeichneten Helden im vierten Vers sind typische Erscheinungsformen der Fiktionsironie. Im weiteren führt uns der Autor dann vor, wie sich Orlando, als er den Riesen heftig schnarchen sieht, auf leisen Sohlen davonmacht, am Rand der Wiese einen großen Feldstein aufhebt, zum Schnarchenden zurückkehrt und, anstatt ihm damit das Haupt zu zerschmettern, ihm eine bequeme Unterlage verschafft, womit das Geschnarche aufhört und Orlando wieder ungestört seinen frommen Gedanken nachhängen kann. Die karikierenden Züge, die hier die Tugendhaftigkeit Orlandos gewinnt, werden sich in den folgenden beiden Jahrhunderten verstärken, bis im Mambriano, wo ein steriltugendhafter Orlando in komischer Weise mit einem provokantlibertären Astolfo konkurriert, der christlichste aller christlichen Helden vollends der Lächerlichkeit preisgegeben wird.31 Solche Fragen der Tradition aber werden von
Rivoletti ausgeblendet. Auf den Spuren der Hegel und Schlegel, die er ungeachtet ihres unzureichenden Quellenwissens als die großen Versteher des Furioso zelebriert, ist es ihm in Bezug auf den berühmten Seufzer in Fur. I, 22 immer nur darum zu tun, Ariost als das seiner Zeit um mehrere Jahrhunderte vorauseilende Genie darzustellen:
L’ironia di questa ottava contiene una fondamentale indicazione di «lettura» valida per l’intero poema e allude al complesso gioco di rimandi tra realtà, finzione poetica e tradizione letteraria instaurato dal narratore. Quest’ultimo mostra infatti di saper prendere distanza sia dalla finzione poetica, discoprendocela come tale, sia dall’idealizzazione delle virtù cavalleresche, tramandateci dalla tradizione epica. (XIV)
Und der Autor der Entrée ? „Distanziert“ nicht auch er sich sowohl von einer „poetischen Fiktion“ als auch von einer „Idealisierung der Rittertugenden“? Die Antwort auf diese Frage ist umso folgenreicher, als er solches ja nicht erst in der Mitte oder am Ende, sondern bereits am Anfang der hier zur Diskussion stehenden „tradizione epica“ getan haben würde!
5. Der „gioco turpinesco“ - eine Erfindung Ariosts?
Oder denken wir - ich spreche stets von der mehr oder weniger deutlichen Bewußtmachung eines „mondo della finzione poetica“ oder eines „mondo della finzione cavalleresca“ vor Ariost - an die ironische Berufung auf die Zeugenschaft Turpins. Daß jener streitbare Erzbischof von Reims, der nach Auskunft der Chanson de Roland gemeinsam mit den anderen christlichen Helden in Roncevaux sein Leben ließ, zugleich aber als Verfasser einer in lateinischer Prosa verfaßten Historia Karoli Magni et Rotolandi firmiert, diesseits der Alpen schon immer ein Glaubwürdigkeitsproblem hatte, auch dies geht bereits aus der Entrée hervor. Im dritten Lai richtet sich der Autor bzw. Sänger mit folgenden Worten an seine Leser bzw.
Zuhörer:
Savez por quoi vos ai l’estorie començee?
L’arcivesque Trepins, qi tant feri de spee, En scrist mist de sa man l’istorie croniquee: N’estoit bien entendue fors que da gient letree. Une noit en dormand me vint en avisee L’arcevesque meïme, cum la carte aprestée: Comanda moi e dist, avant sa desevree, Que por l’amor saint Jaques fust l’estorie rimee, Car ma arme en seroit sempres secourue et aidee. Et por ce vos ai jé l’estorie comencee, A ce que ele soit e leüe e cantee.32
Turpin - eben jener, der sich in Roncevaux so wacker geschlagen habe - sei ihm also eines Nachts in Vision („en avisee“) erschienen und habe ihm unter Zusicherung damit verbundenen Seelenheils („ma arme en seroit sempres secourue et aidee“) aufgetragen, die Historia Karoli Magni et Rotolandi in volkssprachliche Verse zu setzen. Mögen sich dann auch im Gedicht Wendungen wie „si com nos monstre Trepin nostre docteur“ oder „si cun Trepins latine“ finden,33 so konnte sich doch niemand über deren ironischen Charakter hinwegtäuschen.34 Bekanntlich wurde dann die ironische Berufung auf Turpin (oder sonst irgendeine stets nur vage benannte Quelle) von nachfolgenden cantari Dichtern als rhetorisches Mittel dankbar übernommen,35 um endlich bei Pulci, Boiardo, Cieco da Ferrara und Ariosto die absurdesten
Übertreibungen zu erfahren. Ob in diesem ganz eigenartigen, nach oben offenen KomikWettbewerb Ariost (der Turpin vor allem mit absurden Zahlenangaben in Verbindung bringt)36 die Siegesprämie gebührt, ist dabei übrigens gar nicht einmal so sicher.37
Das alles war in der Forschung bisher eigentlich bekannt.38 Bei Rivoletti aber liest es sich nun so, als ob Turpin als fiktionsironische Instanz überhaupt erst von Ariost eingesetzt worden wäre. So ist z.B. die Rede von einer „tradizione sulla quale il narratore ariostesco ironizza [...] tramite i riferimenti a Turpino“ (7), als ob das Ironisieren über Turpin nicht selbst zur Tradition gehören würde. Oder auch von einem...
[...] Turpino, che diviene emblema del rapporto che il testo [del Furioso ] intrattiene con l’intera tradizione letteraria cavalleresca. Com’è noto, il narratore ariostesco chiama spesso in causa l’autorità di Turpino quando deve giustificare le situazioni più spregiudicatamente fantastiche e palesemente inverosimili. L’effetto che ne sortisce è quello di sbugiardare l’autenticità di Turpino (metafora della tradizione canterina), ovvero di un uso candido e «acritico» della finzione letteraria all’interno del genere cavalleresco. (24)
Weder hier noch an anderer Stelle (mit einer Ausnahme, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde) wird auch nur im leisesten angedeutet, daß nämliches Verfahren bereits bei Cieco da Ferrara, Boiardo und Pulci zu studieren ist. Und was den angeblichen „uso candido e acritico della finzione letteraria all’interno del genere cavalleresco“ betrifft, von dem sich Ariost distanziert habe, so bleibt Rivoletti wieder einmal jeden Beleg schuldig. Da er im Autor des Furioso quasi den Erfinder der Fiktionsironie sehen möchte, und da für diese die ironische Evokation der Zeugenschaft Turpins von besonderer Bedeutung ist, darf eben auch möglichst keinerlei Aufhebens um den Morgante, den Innamorato oder den Mambriano gemacht werden.
Es ist ja auch nicht Rivolettis Schuld, wenn die Hegel und Schlegel leider nur den Furioso rezipiert haben. Und es ist ja auch nicht eigentlich falsch, sondern höchstens ein bißchen irreführend, wenn man ohne jeden Hinweis auf Ariosts Vorgänger formuliert:
[...] il gioco del narratore ariostesco con l’autenticità di Turpino rientra all’interno del meccanismo dell’ironia della finzione che è alla base del Furioso: il lettore viene spinto così a riflettere sul rapporto esistente tra finzione poetica e verità. (66)
Erst im Zusammenhang mit mehreren konkreten Beispielen des „gioco turpinesco praticato da Ariosto“ versteht sich Rivoletti zu dem beiläufig gegebenen Hinweis, daß solcher „gioco turpinesco“ bereits bei Boiardo zu beobachten sei. Auf insgesamt zweiundzwanzig Seiten, auf denen in Rivolettis Untersuchung der Name „Turpino“ ein oder mehrere Male vorkommt, ist dies tatsächlich das erste und einzige Mal, daß solcher „gioco turpinesco“ nicht ausschließlich auf Ariost bezogen und quasi als dessen Erfindung ausgegeben wird:
Nel Furioso, il rimando a Turpino serve spesso a giustificare (come già accadeva in Boiardo) l’omissione di particolari all’interno della narrazione. (68)
Welchen Wert können Aussagen über Ariosts „gioco turpinesco“ überhaupt haben, wenn Boiardo im wahrsten Sinne des Wortes ausgeklammert und weitere Vorgänger einfach ignoriert werden? Und was läßt sich über „Ariosto e l’ironia della finzione“ überhaupt Vernünftiges sagen, wenn einer ihrer zentralen „meccanismi“ oder „procedimenti“, nämlich eben jener „gioco turpinesco“, nicht aus der Tradition hergeleitet, sondern quasi zu einer Neuerung des Furioso stilisiert wird?
6. „Ironia retorica“ vs. „ironia romantica“?
Nun könnte man einwenden, daß Rivolettis vielfältigen Beobachtungen über Ariosts Fiktionsironie ja nicht immer falsch sein müssen, nur weil sich bei genauerem Blick auf Ariosts Vorgänger herausstellt, daß auch sie schon vom Instrument der Fiktionsironie virtuosen Gebrauch machten. Dem wäre vielleicht zuzustimmen, wenn Rivolettis Konzept der Fiktionsironie nicht schon für sich genommen gravierende Ungereimtheiten enthielte. Im Anschluß an Konzepte sowohl der deutschen Romantik (Schelling, Schiller, Schlegel) als auch der neueren IronieForschung (Heinrich Lausberg, WolfDieter Stempel) unterscheidet er zwischen einer aggressiven, destruktiven, den Leser gegenüber dem ironisierten Gegenstand oder der ironisierten Person entsolidarisierenden „ironia retorica“ und einer harmlosen, nicht zerstörenden, nicht entsolidarisierenden, sondern die „dimensione illusoria evocata dalla finzione“ nur vorübergehend und ohne Schaden suspendierenden „ironia romantica“/ „ironia letteraria“ (6). Eine solche Unterscheidung ist an und für sich natürlich sinnvoll. Zu bemängeln wäre allenfalls, daß Rivoletti am Gegenpol zur „ironia retorica“ statt mit einer Bezeichnung lieber mit zwei synonym (oder nahezu synonym?) verwendeten Bezeichnungen operiert, ohne uns über seine Gründe aufzuklären. Ich werde im weiteren die spezifischer klingende Bezeichnung „ironia romantica“ favorisieren, da ihr Rivoletti in einer entsprechenden Kapitelüberschrift („1.1.1. Ironia retorica e ironia romantica“) selbst den Vorzug gegeben hat (1).
Nun ist es aber so, daß auch eine an und für sich sinnvolle Unterscheidung nicht viel weiterhilft, wenn sie danach verbogen wird. Rivoletti ist nämlich der seltsamen Meinung, daß im Furioso der „ironia retorica“ nur in der Rede zwischen den handelnden Figuren zu begegnen sei, während immer dann, wenn sich das ErzählerIch zu Wort melde, automatisch nur noch „ironia romantica“ im Spiel sei. Nachdem er aus Quintilian ein Beispiel für die „ironia retorica“ angeführt hat (Cicero, der einen von Catilinas Spießgesellen als „virum optimum“ bezeichnet), behauptet er:
Un meccanismo simile, proprio della funzione puntuale e distruttiva dell’ironia retorica, si ha nel Furioso esclusivamente [!] nel caso in cui un personaggio della narrazione utilizzi l’ironia nei confronti di un altro personaggio. (7)
Eine gewagte These! Es mag ja richtig sein, daß der sich immer wieder gern zu Wort meldende „Autor“, wenn er sich explizit über seine Figuren äußert, dies gern im Modus einer „ironia romantica“ tut. Nur gibt es eben auch Stellen, und zwar nicht ganz unwichtige, wo sich das ErzählerIch über reale Zeitgenossen und reales Zeitgeschehen äußert, etwa die Verdammung der Feuerwaffen (Fur. XI, 2128) oder der ironische Aufruf zu einem Kreuzzug gegen die Türken (Fur. XVII, 7380) oder auch die Betrachtungen über die auf dem Mond lagernden „cose perdute“ (Fur. XXXIV, 7481). Solche Stellen fallen bei Rivoletti also unter den Tisch. So seltsam es klingt: Er geht von der Annahme aus, daß das ErzählerIch keine „ironia retorica“ gebrauche. Allein die Verwendung friedvoller „ironia romantica“, wie sie ihren Charme immer noch am schönsten in Kinderstuben entfaltet, wird von ihm der Thematisierung für würdig befunden, während er die gesellschaftskritischen Zündstoff bietende „ironia retorica“, die man als das Salz in der Furioso Suppe bezeichnen könnte, aus der wissenschaftlichen Betrachtung ausschließt. Dürfen wir Rivoletti glauben, so sei „nahezu die Gesamtheit“ aller ironischen Äußerungen des ErzählerIchs nicht rhetorischer, sondern romantischer Art:
In tutti quei casi, insomma, in cui l’ironia provenga dal narratore, ovvero nei casi in cui si approdi a un’ironia letteraria (e si tratta della quasi [!] totalità degli esempi di ironia presenti nel Furioso), non scatta nel lettore quel meccanismo univoco di desolidarizzazione proprio dell’ironia retorica. (8)
Man hat es vielleicht gemerkt: das „esclusivamente“ des vorletzten Zitats wurde hier wieder zurückgenommen. Nur zu gerne hätten wir natürlich gewußt, was die „esempi di ironia presenti nel Furioso “ sind, die ausnahmsweise einmal nicht in ein romantisches Lächeln münden, doch wird darüber auf vierhundert Seiten nichts mitgeteilt.
Immer wenn er von einer „Dialektik“ zwischen Ritterwelt und Leserwelt, zwischen Wirklichkeit und Illusion redet,39 scheint Rivoletti einzig und allein an harmlose „romantische Ironie“, nicht aber an ein aktiv Gesellschaftskritik übendes ErzählerIch zu denken:
Ci troviamo [...] di fronte a una complessa alternanza dialettica tra due poli: una presa di distanza critica e riflessiva rispetto al mondo cavalleresco che ci viene raccontato, da una parte, e una disponibilità a partecipare all’illusione e a identificarsi in quel mondo e nelle figure che lo rappresentano, dall’altra. Questa dinamica di identificazione e di distanza ironica rappresenta uno dei principi fondamentali del poema ariostesco [.]. (8)
Hier wird - wie in der Postmoderne leider allgemein üblich - der Begriff der „Dialektik“ wieder einmal völlig verflacht. Zwar wird ein Spannungsfeld zwischen „Wirklichkeit“ und „Fiktion“ eröffnet; doch darf die (ggf. ironische) Affirmation weder der einen noch der anderen über Rückhalt in der Figur eines gesellschaftskritischen, auf Veränderung der Welt drängenden Erzählers oder Autors verfügen. Es darf - so lautet die ungeschriebene Regel postmoderner Literaturkritik - nur noch ein geschichtsloses Hin und Herwechseln zwischen Systemen oder Paradigmen geben. Dieses geschichtslose Hin und Herwechseln (Rivoletti hat es in seiner BuchWidmung als Wunsch an seine Lieben „di poter nella vita attraversare in entrambe le direzioni infinite volte, con profitto e godimento, la soglia esistente tra il mondo delle finzioni e quello della realtà“ quasi zu einer Bildungsmaxime erhoben) ist, so behaupte ich, uns postmodernen Literaturkritikern reiner Selbstzweck geworden, nachdem wir auf eine menschlich verbindliche Identifikation mit dem ErzählerIch verzichtet und sein wie unser soziales Interesse einfach weggewischt haben. Etwa mit folgenden, wieder auf den berühmten Seufzer in Fur. I, 22 zu beziehenden Worten:
L’ironia retorica diviene [...] quasi un pretesto per congiungersi a una sfera molto più complessa e più vasta: l’ironia retorica confluisce e si stempera nell’ironia letteraria. Tutti i singoli procedimenti ironici di questo tipo sono infatti collegati tra loro a formare una struttura potente e pervasiva che, in ultima istanza, gioca con la dimensione della finzione, estendendosi attraverso l’intero poema. (7)
Hier ist die „ironia retorica“ völlig degradiert worden. Gesellschaftskritische Äußerungen (denn das verbirgt sich in der Regel hinter dem, was Rivoletti im Anschluß an die neuere Ironieforschung als „aggressiv“, „destruktiv“, „entsolidarisierend“ usw. bezeichnet) seien, wenn sie denn manchmal vorkämen, nur ein findiges Mittel, den Furioso Leser komplexeren Sphären zuzuführen, wo er dann die Spannung zwischen Realität und Scheinwelt in noch volleren Zügen ästhetisch genießen könne. Seufzt der Autor des Furioso angesichts zweier mit unritterlicher Absicht einer schönen Heidin hinterherjagenden Helden über die „gran bontà de’ cavallieri antichi“, so habe er, auch wenn solche Ironie manchmal ein bißchen „rhetorisch“ klingen könne, doch jedenfalls keine Gesellschaftskritik im Sinn. Dies mag für das gegebene Beispiel vielleicht sogar zutreffen. Rivoletti hat es aber nur deshalb gewählt, um auf seiner Grundlage bequem pauschalisieren zu können, und eben diese Pauschalisierung scheint mir, gelinde gesagt, „problematisch“.
Sagen wir es weniger gelinde: Rivolettis planmäßiges Verfahren, jede mehr oder weniger aggressive Form der „ironia retorica“ regelmäßig in die „ironia romantica“ aufgehen zu lassen, indem er gesellschaftskritische Akzente entweder ausklammert oder als Mittel zur Erhöhung ästhetischen Genußes an einer Spannung zwischen Realität und Scheinwelt begreift, verdient es wohl, als „reduktiv“ bezeichnet zu werden.
Doch steht es einem postmodernen Geist, der weiß, was er der heiligen Dialektik schuldig ist, natürlich frei, die Sache genau umzudrehen:Riduttivo“ ist für Rivoletti immer nur die Lesart jener, die in der Ironiefrage den gesellschaftskritischen Aspekt in den Vordergrund stellen, wie dies so unterschiedliche Furioso Leser wie z.B. Voltaire,40 Victor Klemperer,41 Jürgen v. Stackelberg42 oder auch meine Wenigkeit43 getan haben.
7. „Ironia illuministica“ vs. „ironia della finzione“?
Neben einer Unterscheidung in „ironia retorica“ und „ironia romantica“ nimmt Rivoletti eine quasi parallele Unterscheidung in „ironia illuministica“ und „ironia della finzione“ vor (32f., 120). Dabei beachtet er nicht, daß es sich bei letzteren beiden um völlig verschiedene Kategorien handelt: Die von französischen Aufklärern wie z.B. Voltaire gebrauchte, sich gewöhnlich durch polemische Schärfe auszeichnende „ironia illuministica“ kann, wenn diese Bezeichnung einigermaßen Sinn machen soll, nur als ein mehr oder weniger eng zu fassender historischer Ironietypus, als eine - wenn man so will - epochenspezifische Ausprägung der „ironia retorica“ begriffen werden; die „ironia della finzione“ hingegen steht, wie wir gesehen haben, für eine Ironietechnik,44 die zwar im Zeitalter der Romantik besonders beliebt war, jedoch - wie schon der Furioso zeigt - nicht nur für diese Epoche typisch ist. Es werden hier also Äpfel mit Birnen verglichen, wobei natürlich nichts Vernünftiges herauskommen kann. In der Tat muß ja, nach den Gesetzen elementarer Logik, Rivolettis binäre Unterscheidung in „ironia illuministica“ und „ironia della finzione“ zu der messerscharfen Schlußfolgerung führen, daß gesellschaftskritischaufklärerische Ironie im Bereich der Fiktion nichts zu suchen habe. Man mag es kaum glauben, aber Rivoletti scheint tatsächlich dieser Auffassung zu sein. Die Möglichkeit, daß beim „spielerischen Wechsel“ zwischen Realität und Fiktion das ErzählerIch sich bisweilen auch gesellschaftskritisch äußern könnte, ist in seinem System offenbar nicht vorgesehen.
Warum Rivoletti, der es eigentlich besser wissen müßte, mit einer so schiefen Unterscheidung arbeitet, hängt vermutlich damit zusammen, daß Unterscheidungen in postmodernen Untersuchungen oft nur dazu dienen, diesen oder jenen Teil des Unterschiedenen als Ballast abzuwerfen, damit das Luftschiff höher steige. Die Rolle eines abgeworfenen Sandsacks trifft dabei leider eben jene „ironia illuministica“, von der man doch eigentlich hätte annehmen können, daß sie überhaupt das Interessanteste und Wichtigste ist, was Ariost der Nachwelt - jedenfalls bis kurz vor Auschwitz - zu kommunizieren hatte.45 Schauen wir uns den Aufstieg des romantischen Luftschiffes einmal genauer an. Nachdem Rivoletti die „ironia illuministica“ als „quella provvista di una forte carica critica e aggressiva“ und die „ironia della finzione“ als „quella invece più tenue e connotata piuttosto da un’arguzia sorridente“ definiert hat, führt er aus:
Nel primo caso, quello di un’ironia fortemente critica e distruttiva, constateremo la presenza di un processo di desolidarizzazione da parte del fruitore nei confronti dell’oggetto ironizzato; nel secondo caso, invece, quello di un’ironia in accordo con i criteri della urbanitas, tale processo di desolidarizzazione non ha luogo, e il lettore può anzi continuare a solidarizzare e persino a identificarsi con il personaggio o con la situazione narrativa che sono oggetto d’ironia. Da quanto osservato, risulterà immediatamente chiaro che potremo parlare di ironia della finzione solo nel secondo caso, ovvero in presenza di un uso non aggressivo dell’ironia retorica. (32f.)45
Demnach würde es - so will es die Logik - keine „ironia della finzione illuministica“ geben. Aufklärerische Ironie und Fiktionsironie wären zwei getrennte Sphären, die sich nicht miteinander verbinden lassen. Ist dem wirklich so? Rivoletti hätte die Fragwürdigkeit seiner „Unterscheidung“ erkennen können, wenn er sich näher mit einer von ihm beiläufig zitierten Untersuchung aus dem Jahre 2009 auseinandergesetzt hätte, deren Autor sich ausführlich zu Ariosts Fiktionsironie vor dem Hintergrund damaliger Skepsis gegenüber der Historizität der Bibel geäußert hat. Da es sich trifft, daß ich jener Autor bin, fühle ich mich dazu berufen, anhand zweier Beispiele zu zeigen, daß Ariosts Fiktionsironie nicht immer nur „romantisch“ ist, sondern bisweilen auch als „aufklärerisch“, „kritisch“, „aggressiv“, „destruktiv“, „entsolidarisierend“ oder ähnliches charakterisiert werden kann.
8. Ein Beispiel für aufklärerische Fiktionsironie
Als beliebiges Beispiel einer (von Rivoletti implizit geleugneten) aufklärerischen Fiktionsironie sei hier der Orlando zu Tränen rührende Tod Brandimartes zitiert. Nachdem wir erfahren haben, daß Brandimartes Seele den Körper verlassen und unter lieblichem Engelgesang zum Himmel aufgestiegen sei, gibt uns der Erzähler - also die zentrale Instanz aller Fiktionsironie - folgende persönliche Einschätzung über die zwiespältigen Gefühle Orlandos:
Orlando, ancor che far dovea allegrezza di sì devoto fine, e sapea certo che Brandimarte alla suprema altezza salito era (che ’l ciel gli vide aperto), pur da la umana volontade, avezza coi fragil sensi, male era sofferto ch’un tal più che fratel gli fosse tolto, e non aver di pianto umido il volto.46
Der Tod des engsten Freundes sei für uns Menschen, da wir nun einmal (und dies gelte auch für Orlando) schwache und unvollkommene Wesen seien, sogar dann nicht ganz ohne Tränen zu ertragen, wenn wir mit eigenen Augen dabei zusehen könnten, wie der Seele des Freundes die Tür zum Paradies geöffnet würde! - Ariost macht hier von einer Fiktionsironie Gebrauch, die sich nicht einfach nur auf märchenhafte Ritterwelten, sondern auch auf christliche Jenseitsvorstellungen bezieht. Das aber ist nicht einfach nur romantisch. Tatsächlich hatte ja im 16. Jahrhundert, soviel wir wissen, ein guter Christ den Aufstieg der Seele in den Himmel bzw. ihren Abstieg in die Hölle nicht als Fiktion, sondern als Glaubenswahrheit zu betrachten. Daß dann solche Glaubenswahrheiten im Zeitalter der Romantik und darüber hinaus an Verbindlichkeit verlieren sollten, rechtfertigt nicht, nur noch romantische Ironie dort hineinzulesen, wo ursprünglich vor allem aufklärerische Ironie enthalten war. Solange also die Geschichtsforschung nicht in Abrede stellt, daß vom 16. bis zum 19. Jahrhundert der Glaube der Massen an die offiziellen christlichen Jenseitsvorstellungen im großen und ganzen eher abgenommen hat, und solange sie auch nicht in Abrede stellt, daß es so etwas wie eine „Französische Revolution“ gegeben hat, ebensolange wird man - behaupte ich - Ariost in den oben zitierten Versen den Gebrauch einer aufklärerischen oder gesellschaftskritischen Fiktionsironie zugestehen müssen, deren Spitze gegen die damalige Kirche und deren traditionelle Jenseitsvertröstung gerichtet ist.
Nicht umsonst findet sich ja auch der Furioso im Lissaboner Index und im Spanischen Index wiederholt mit einem (den 7., den 14. und den 27. Gesang betreffenden) „donec corregatur“ verboten.47 Auch die Römische IndexKongregation hat immer wieder mit dem Gedanken gespielt, ein Verbot des Furioso zu formalisieren.48 Wenn sie - anders als im Falle des Morgante, der sowohl im
Römischen Index von 1559 als auch im Trienter Index von 1564 verzeichnet ist49 - letztlich davon abgesehen hat, so heißt das nicht, daß sie dieses Buch geduldet hätte.50 Tatsächlich konnte sich ja die kirchliche Autorität (sei es in der Gestalt eines Bischofs, eines Großinquisitors oder auch eines einfachen Gemeindepfarrers) immer auch auf die allgemeinen Verbotsregeln berufen, die jedem Index vorangestellt waren.51 Auch darf man nicht vergessen, daß die enorme Verbreitung des Furioso und seine Beliebtheit in allen Bevölkerungsschichten die Möglichkeit der erfolgreichen Durchsetzung eines ausdrücklichen Verbots nahezu ausschließen mußte.52 53 Viel wäre zu diesem von literaturwissenschaftlicher Seite in der Regel sorgfältig gemiedenen Thema noch zu sagen,53 doch soll uns hier die Feststellung genügen, daß wir es beim Furioso
jedenfalls mit einem Text zu tun haben, der von der Kirche nicht gerne gesehen wurde. Was übrigens auch erklären könnte, warum gewisse gelehrte Herren, die von der Kirche existentiell abhängig waren, sich lange Zeit so ungern über die ironia ariostesca geäußert haben; während andererseits ein Galileo, ein La Fontaine oder auch ein Voltaire umso größeren Spaß an „ihrem“ Ariosto hatten. Was dann nach einer Grande Révolution, die zum Untergang der alten Welt führte, die Schlegel und Hegel in den Gesängen des Furioso erkennen wollten, und was nach Auschwitz ein postmoderner Literaturwissenschaftler namens Rivoletti (für den der Gedanke, daß man sich aus Angst vor der Kirche über die ironia ariostesca nicht schriftlich äußern wollte, natürlich tabu sein muß, würde doch damit Ariosts Ironie eine völlig andere Qualität gewinnen und als solche auch nicht mehr von den Romantikern „entdeckt“ werden können), muß einem angemessenen Textverständnis nicht unbedingt näher führen.
Vielleicht möchte man einwenden, daß es letztlich ebenso irreführend sei, den Furioso in Perspektive auf die Französische Revolution zu lesen, wie es irreführend sei, ihn in Perspektive auf eine „rivoluzione romantica“ (257) zu lesen. Nicht ganz! Läßt sich doch immerhin sagen, daß letztere eine Reaktion auf erstere und nicht erstere eine Reaktion auf letztere gewesen ist. Vielleicht erhöht es ja doch ein wenig die Treffsicherheit unserer literaturwissenschaftlichen Thesen, wenn wir ein bißchen auf Ursache und Wirkung der großen Ereignisse achten, die unsere Welt verändert haben, und uns nicht einfach über deren Reihenfolge hinwegsetzen. Das aber tut Rivoletti, wenn er den Furioso - sagen wir es zugespitzt - als ein heimliches romantisches Manifest begreift, das nach dreihundertjährigem Dornröschenschlaf von Friedrich Schlegel wachgeküßt wurde.
9. „Incapacità di comprendere“? „Insegretimento“?
Es ist in der Tat bezeichnend, daß von Index und Inquisition in Rivolettis Untersuchung nirgendwo die Rede ist. Wenn er für das Cinquecento eine „incapacità [...] di comprendere il valore e le funzioni della dimensione ironica del testo“ (XVI) behauptet und sich darauf beruft, daß man damals von gelehrter Seite kaum anderes zu tun hatte, als immer nur Ariosts Verstöße gegen einschlägige aristotelische Prinzipien (insbesondere natürlich dem, daß der Epiker in eigener Person „nur so wenig als möglich“ sagen solle) zu bemängeln; und wenn er geradezu von einem „insegretimento“ der ironia ariostesca spricht und die explizite These „La canonizzazione dell’ Orlando furioso coincise [...] con un processo di insegretimento della sua ironia, nei vari livelli del testo“ (XVI) formuliert - so hätte man sich eigentlich erwarten dürfen, daß in diesem Zusammenhang wenigstens für einen kurzen Moment auch einmal die Frage nach der kirchlichen Zensur gestellt würde. Vielleicht hätte sich ja dann gezeigt, daß jener „insegretimento“ nicht nur mit der besonderen Vorliebe damaliger (und teilweise auch noch heutiger) Gelehrter für endlose Debatten um poetologische Normen zusammenhing, sondern es auch etwas lebensnähere Gründe für das große Schweigen um die ironia ariostesca gegeben haben könnte. War es doch - ich sage es noch einmal - im Zeitalter der Gegenreformation nicht immer angeraten, den Zweideutigkeiten eines von der Kirche nicht gern gesehenen Werks Beifall zu spenden.
Es ist im Zusammenhang mit den positiven Urteilen, die Baldassare Castiglione und Pietro Bembo noch zu Lebzeiten Ariosts über die „commistione di serio e di giocoso“ im Furioso abgegeben haben, daß Rivoletti (der eben diese Vermischung von Ernstem und Komischen für eine zentrale Voraussetzung für die ironia ariostesca hält) die präzise Frage nach den Ursachen jenes besagten „insegretimento“ stellt:
Ma se tali testimonianze di una sensibilità pronta a intuire questa ricca e complessa dimensione dell’opera ci furono, perché esse non ebbero modo di crescere e di svilupparsi, di pervenire a una comprensione piena e profonda dell’ironia ariostesca? Perché si assisté invece a un „insegretimento“ di questa dimensione, a una sua più o meno consapevole „rimozione“? (XVIII)
Es folgen zwei Antworten - eine richtige und eine falsche. Leider ist es die richtige Antwort, die in einem einzigen Satz als eine Selbstverständlichkeit abgehakt und dann aus den restlichen 400 Seiten der Untersuchung herausgehalten wird. Während der falschen Antwort, mit der wir uns schon zu Beginn dieser Anmerkungen auseinandergesetzt haben, jener nämlich, daß Ariosts Fiktionsironie zu Beginn des 16.
Jahrhunderts eine absolute Neuheit und als solche erst einmal gewöhnungsbedürftig gewesen sei, zum Unnutzen der Wissenschaft sämtliche Forschungsenergie zufließen wird:
La risposta al quesito è tutt’altro che semplice e investe sicuramente molti fattori. Almeno due ci sembrano tuttavia aver ricoperto un ruolo primario in questo processo storico. Il primo, e più evidente, fu l’affermarsi di un clima culturale avverso a una lettura del Furioso libera da pregiudizi e disposta a saggiarne la portata ironica: l’avanzare della Controriforma, già all’indomani della pubblicazione dell’edizione definitiva del poema, e di una modalità critica normativizzante, tesa a misurare la validità delle opere artistiche sulla base della regolistica pseudoaristotelica non rappresentavano certo i presupposti migliori per un libero esercizio critico. A questo va aggiunto anche un secondo fattore, che risiede nel carattere stesso dell’ironia ariostesca, la quale rappresenta una vera e propria novità storica, che, nella sua pervasività e nella sua efficacia complessiva, non conosce né modelli, né eguali. (XVIII)
Daß die Gegenreformation „nicht die besten Voraussetzungen für eine freie Ausübung von Kritik“ geboten habe, ist eine viel zu allgemeine Feststellung. Auch entlastet Rivoletti die Kirche als geistigen Unterdrücker, indem er das parallele Problem einer „modalità critica normativizzante“ in den Vordergrund schiebt. Letztlich sind für ihn die Kritik und Anklagepunkte, die der Furioso den Zensoren seines Zeitalters geboten hat, immer nur poetologische Regelverstöße. Wenn er z.B. von einer „trasgressione delle leggi del decorum, tramite la commistione di episodi alti, epicoeroici, e di scene basse, comiche o pateticoamorose“ (365) spricht, so ist das für ihn kein Anlaß, seine Überlegungen etwa in Richtung Römischer Index weiterzuführen. Und wenn er im obigen Zitat die Verhinderung einer „lettura del Furioso libera da pregiudizi e disposta a saggiarne la portata ironica“ konstatiert, so ist ihm offenbar der Gedanke völlig fremd, daß Ablehnung und Geheimhaltung von Ironie auch Gründe haben können, die nicht mit einem falschen, vorurteilsbelasteten Textverständnis zusammenhängen, sondern im Gegenteil damit, daß der Text leider nur zu gut begriffen wurde.
Ja nicht einmal im Zusammenhang mit der bis weit in das 20. Jahrhundert in den Giftschrank geschlossenen Pucelle scheint es Rivoletti gedämmert zu haben, daß die in der Literaturkritik gegenüber diesem Werk lange Zeit dominierende „persistenza di 33 un atteggiamento negativo e indifferente“, über die er sich in mehreren Sätzen verwundert (110f.), vielleicht etwas mit den dort enthaltenen Angriffen auf die christliche Religion zu tun haben könnte.
10. Ein zweites Beispiel für aufklärerische Fiktionsironie
Doch sei, bevor wir auf Voltaire und dessen AriostRezeption zu sprechen kommen, zur Sicherheit noch ein zweites Beispiel für aufklärerische Fiktionsironie im Furioso angeführt. Es ist der Moment der schweren Niederlage, die der Paris belagernde Agramante erleiden muß, als er im Rücken durch den aus England mit einem frischen Heer herbeieilenden Rinaldo angegriffen wird. Tatsächlich sei die Niederlage beinahe endgültig gewesen...
se non venia la notte tenebrosa,
che staccò il fatto, et acquetò ogni cosa;
dal Creator accelerata forse, che de la sua fattura ebbe pietade. Ondeggiò il sangue per campagna, e corse come un gran fiume, e dilagò le strade.
Ottanta mila corpi numerose, che fur quel dì messi per fil di spade. Villani e lupi uscir poi de le grotte a dispogliargli e a devorar la notte.54
Der Erzähler läßt sich hier zu der Spekulation hinreißen, daß der Einbruch der Nacht möglicherweise vom Schöpfergott aus Mitleid mit den massenweise abgeschlachteten Heiden beschleunigt worden sei. Läßt sich auch noch in diese Verse eine „ironia romantica“ hineinlesen? Selbstverständlich, man muß nur die biblische JosuaLegende gründlich aus seinem Gedächtnis verbannen, was nun allerdings angesichts des Umstands, daß das Motiv des Sonnenstillstands durch die gesamte Karlsepik geistert, nicht ganz einfach ist.55 Auch hat man großzügig darüber hinwegzusehen, daß hier die
Motivation göttlichen Eingreifens ungewöhnlicherweise nicht der Vernichtung, sondern der Rettung von Heiden geschuldet ist. Ferner darf man nicht daran denken (geschweige denn näher ausführen), daß Ariost immer wieder vorgeworfen wurde „di aver mischiato i due tipi di soprannaturale, quello pagano della mitologia antica e quello cristiano“ (86). Und last but not least empfiehlt es sich, den Gedanken zu suspendieren, daß hier Ariost - übrigens in Anlehnung an Pulci55 56 - so etwas wie eine „critica delle crudeltà e delle stragi provocate dalle guerre“ (115) zum Ausdruck bringen wollte. All diese Scheuklappen aufgesetzt, dürfte dem postmodernen Leser wohl auch hier noch ein romantisches Lächeln gelingen.
Nicht daß Rivoletti solche Scheuklappen zu unterstellen wären. Er weiß (wie die soeben gegebenen Zitate belegen) sowohl von der provokanten Vermischung heidnischer und christlicher Wunder als auch von der Verdammung des Krieges im Furioso. Sein Problem ist aber, daß er, um die logische Geschlossenheit seines ganz auf die „ironia romantica“ abzielenden Theoriegebäudes aufrechtzuerhalten, die „ironia illuministica“ nicht wahrnehmen darf. Offenbar bleibt ihm nichts anderes übrig, als die ironia ariostesca systematisch um ihren gesellschaftskritischen Teil zu verkürzen und wider besseren Wissens so zu tun, als habe es zwischen Ariost und Schlegel nicht so etwas wie eine Französische Revolution gegeben. So ist das leider oft mit postmoderner Theorie: Im Unterschied zum viel belächelten Positivismus lebt sie davon, durch willkürliche Setzungen, Auslassungen, Verzerrungen oder Verdrehungen die unmöglichsten Konstellationen zu erzeugen, welche dann mit viel wissenschaftlichem Aufwand in eine imposante Scheinordnung gebracht werden.
11. Voltaire und ein Taschenspielertrick
Die Ungereimtheiten, in die sich Rivoletti aufgrund seiner bewußten oder unbewußten Tabuisierung von Gesellschaftskritik verstrickt, kommen am deutlichsten in seinem umfangreichen VoltaireKapitel (85169) zum Vorschein. Der Autor der Pucelle habe in seinem Versuch, „di scrivere un poema epico che mescolasse il serio e il comico e che prendesse come modello Ariosto“ (109), nicht nur „in modo originale alcuni procedimenti strutturali e narrativi del Furioso “ (107) weiterentwickelt; es sei ihm auch gelungen, „ironia illuministica“ und „ironia della finzione“ unter einen Hut zu bringen:
Attingendo al ricco apparato dei procedimenti dell’ironia della finzione ariostesca, Voltaire ha mostrato come all’interno di uno stesso poema possano convivere due modalità diverse di ironia: sia l’ironia illuministica, critica e spesso satirica, prediletta dallo scrittore nelle sue opere saggistiche, sia l’ironia della finzione, della quale Ariosto aveva dato mirabile esempio nel Furioso. (107)
Nachdem Rivoletti noch einmal betont hat, daß die „ironia della finzione“, so wie sie Voltaire von Ariost übernommen habe, auf der „commistione di tragico e di comico, di serio e di scherzoso“ beruhe, führt er über die „ironia illuministica“ aus:
L’ironia che Voltaire utilizza invece nei suoi scritti filosofici o panflettistici è sostanzialmente diversa. Essa presenta sì un’ampia gamma di gradi di aggressività, che vanno da livelli più lievi sino alla satira e addirittura al sarcasmo: in ogni caso, si tratta sempre di un’ironia con scopi critici, che mira cioè a colpire obiettivi ben precisi. Basandoci su questa osservazione, abbiamo deciso di comprendere la vasta gamma dei gradi di questa ironia all’interno di un’unica categoria, che abbiamo definito ironia illuministica, proprio per distinguerla agevolmente dall’ironia della finzione, fenomeno possibile solo all’interno degli scritti di carattere narrativo che fanno uso della finzione. (120)
Daß mit solch „bequemer Unterscheidung“ leider Äpfel mit Birnen, genauer gesagt ein historischer Ironietypus mit einer allgemeinen Ironietechnik verglichen wird, haben wir weiter oben bereits festgestellt. Rivoletti wird nun behaupten, daß Voltaire, der ursprünglich nur von der „ironia illuministica“ Gebrauch gemacht habe, dank seiner Beschäftigung mit Ariost die Fiktionsironie für sich entdeckt habe:
Nella Pucelle egli tenta però qualcosa di nuovo: [...] Accanto all’ironia critica, illuministica, trova posto [...] anche l’ironia della finzione, una dimensione che gli permette di creare nel lettore una dialettica tra identificazione e presa di distanza, e, come vedremo, di invitarlo a riflettere sul rapporto tra finzione letteraria e realtà. (120)
So dürfen nun also „beide Ironieformen“, so „unterschiedlich“, ja „gegensätzlich“ sie auch seien, im gleichen Gedicht „zusammenleben“:
Le due forme di ironia, quella illuministica e quella della finzione, sono sì diverse, e per certi aspetti addirittura opposte, tuttavia tra loro non incompatibili: come ci apprestiamo a vedere, infatti, esse convivono entrambe nella complessa costruzione della Pucelle. (120)
Rivoletti irrt: „ironia della finzione“ und „ironia illuministica“ sind inkompatibel, insofern es sich um Äpfel und Birnen handelt. Wohl aber ist der daraus entstehende Obstsalat - und darauf kommt es heutzutage an - umso „komplexer“. Zurückgebliebene Positivisten (also Leser, denen nicht einleuchten will, daß die „ironia della finzione“ erst von Ariost erfunden worden und danach über lange Zeit einem „insegretimento“ unterlegen sei) ahnen freilich, daß der Autor der Pucelle schon aus Gründen, die mit der von ihm gewählten Literaturgattung zusammenhängen, auf Fiktionsironie von vornherein nicht verzichten konnte und also - wie ja schon die ersten cantari Dichter - einen selbstverständlichen Gebrauch davon machte.
Aber tun wir einmal so, als wäre Rivolettis Unterscheidung in „ironia della finzione“ und „ironia illuministica“ akzeptabel: Wäre dann nicht schon allein aus Symmetriegründen danach zu fragen, ob nicht auch Ariost von beiden Ironieformen Gebrauch gemacht habe? Eine Frage, die von Rivoletti bezeichnenderweise gar nicht erst gestellt wird. Sie in seinem System offenbar nicht vorgesehen. Tatsächlich ist ja der von Beginn der Untersuchung an als feste Kategorie verwendete Begriff der „ironia illuministica“ bewußt so gewählt, daß seine Epochenabhängigkeit automatisch abwegig bzw. anachronistisch erscheinen lassen muß, eben jene „ironia illuministica“ nicht nur Voltaire, sondern auch Ariost zuzubilligen. Während andererseits der Begriff der „ironia della finzione“ so gewählt wurde, daß er keine epochenspezifischen Signale enthält und somit sowohl auf Ariost als auch Voltaire zu passen scheint. In Wirklichkeit aber ist die „ironia della finzione“ für Rivoletti nur eine Ersatzbezeichnung für die „ironia romantica“, wodurch - und das ist der Sinn dieses typisch postmodernen Taschenspielertricks - vermieden wird, daß ein noch größerer Anachronismus sichtbar wird, jener nämlich, Ariost nicht als einen Aufklärer, sondern als einen Romantiker zu betrachten. Klar ist: Wer eine von Ariost bis zu den Romantikern und weit über sie hinaus in die Länge gezogene „ironia della finzione“ als eine „ironia romantica“ emphatisiert, der kann nicht gleichzeitig eine an Voltaire festgemachte „ironia illuministica“ in die entgegengesetzte Richtung in die Länge ziehen, würde doch dann plötzlich nicht mehr Voltaire als Bindeglied zur Romantik, sondern Ariost als Bindeglied zur Aufklärung erscheinen, und genau eine solche Geschichtsperspektive ist ja nun aus Gründen, über die viel zu sagen wäre und doch niemand etwas sagen will, spätestens seit 1989 unbedingt zu vermeiden.
Alle wissen heute, daß es ein Anachronismus wäre, Ariost mit den französischen Aufklärern quasi auf eine Stufe zu stellen. Zwar ist es ein noch viel größerer Anachronismus, Ariost quasi auf eine Stufe mit den deutschen Romantikern zu stellen, doch kann mittels begrifflichen Jonglierens von dieser Einsicht abgelenkt werden. Spreche ich auf der einen Seite von einer „ironia illuministica“, so spreche ich zwar auch auf der anderen Seite von einer „ironia romantica“, schiebe dann aber jedes Mal, wenn es anachronistisch zu werden droht, die zwar synonym verwendeten, jedoch unspezifischer klingenden Begriffe „ironia letteraria“ oder „ironia della finzione“ vor. Anachronistisch ist dann nur noch, was auf die Französische Revolution (bzw. ihren ca. dreihundertjährigen Vorlauf) hindeutet, während im Zusammenhang mit der „romantischen Revolution“ (von der wir übrigens weniger sicher wissen, ob es sie wirklich gegeben hat) die noch viel größeren zeitlichen Abstände plötzlich unproblematisch scheinen.
12. „Gli scrittori amo...“
Während Rivoletti dem Autor der Pucelle einen „uso ampio e significativo di entrambi i tipi di ironia“ (96) zuspricht (gemeint ist stets die „ironia illuministica“ und die „ironia della finzione“), vermeidet er es, an irgendeiner Stelle seiner Untersuchung dem Autor des Furioso den Gebrauch einer „ironia illuministica“ zu bescheinigen. Genau das tat nun aber Voltaire! Seit Giosuè Carduccis 1881 veröffentlichtem Aufsatz „L’Ariosto e il Voltaire“ ist allgemein bekannt, daß sich letzterer wiederholt mit großem Beifall über einige Verse geäußert hat, die Ariost dem Evangelisten Johannes in den Mund legte. Das wollte so manchem modernen Furioso Interpreten unpassend erscheinen, und man kann sagen, daß das Minimalisieren und Relativieren der kritischen Relevanz von Fur. XXXV, 28f. auf eine lange Tradition zurückblickt.57 58 Auch Rivoletti minimalisiert und relativiert. Zwar ist er so klug, die kritische Relevanz der von Voltaire applaudierten Verse zunächst einmal ausdrücklich anzuerkennen. Er tut dies aber nur, um danach die kritische Relevanz von Voltaires eigenen Worten einzuschränken. Dieser gibt im Vorwort der Pucelle folgendes Furioso Zitat mit anschließendem Kommentar:
Gli scrittori amo; e fo il debito mio
Che al vostro mondo fu scrittore anche io; E ben convenne al mio lodato Cristo
Rendermi guiderdon d’un si gran sorte etc.
Cela est gaillard et saint Jean prend là une licence qu’aucun saint de la Pucelle ne prendra jamais. Il semble que Jésus ne doive sa divinité qu’au premier chapitre de saint Jean, et que cet évangéliste l’ait flatté. Ce discours sent un peu son socinien. Notre auteur discret n’a garde de tomber dans un tel excès.58
Rivoletti überlegt:
Se l’accostamento anacronistico tra il passo ariostesco e le posteriori teorie sociniane che mettono in dubbio la divinità di Cristo è senz’altro troppo sottile, e dunque fuori luogo, non possiamo tuttavia negare che in questi versi Ariosto azzardi un’affermazione molto audace, che mette la sacra scrittura sullo stesso piano delle finzioni letterarie citate in precedenza da san Giovanni, e che fa apparire quest’ultimo come un adulatore, interessato a ricevere compensi dal proprio „signore“. È difficile dunque ridimensionare la libertà laica e irrispettosa che l’autore rinascimentale si prende in questo luogo, e in tal senso non possiamo che condividere l’ammirazione di Voltaire, che vi riconosceva certamente impiegato uno di quei meccanismi ironici che verrà prediletto dalla critica illuministica [...]. (124)
Diese Überlegung enthält zwei Schwachpunkte. Der erste betrifft einen gewissen Lelio Sozzini, über den Rivoletti in einer Fußnote der von ihm benutzten Pucelle Ausgabe lesen konnte, daß er von 15251562 gelebt hat. Da die Erstausgabe des Furioso auf das Jahr 1516 datiert, ist es leicht, hier einen „Anachronismus“ zu erkennen. Voltaire habe sich - so glaubt Rivoletti - mit seiner Bemerkung „Ce discours sent un peu son socinien“ zeitlich ein bißchen vertan, denn vor Sozzini habe es ja noch keinen Sozinianismus geben können, oder? Darüber kann man, so scheint mir, geteilter Meinung sein, je nachdem, ob man - so wie Voltaire - die Sache selbst betrachtet, oder aber - so wie Rivoletti - nur das Etikett, das ab einem bestimmten Zeitpunkt einer Sache aufgeklebt wurde. Zeichnet sich der Sozinianismus „durch Kampf gegen das Trinitätsdogma, durch rationalistische Bibelauslegung, humanistische Toleranz und Zurückweisung aller christlicher Konfessionen“ aus, und darf er „als Vorläufer des Deismus und des Rationalismus“ betrachtet werden,59 so ist es nicht aus der Luft gegriffen, in Ariost einen „socinien avant la lettre“ zu sehen, und nichts anderes wollte Voltaire vermutlich sagen. Der zweite Schwachpunkt ist, daß Rivoletti zwar indirekt zugibt, daß der EvangelistenPassus so etwas wie eine „ironia illuministica“ enthalte („Voltaire [.] vi riconosceva certamente impiegato uno di quei meccanismi ironici che verrà prediletto dalla critica illuministica“), nicht aber bereit ist, die entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen. Einerseits ist man so frei, Voltaire recht zu geben (freilich erst, nachdem der Satz „Ce discours sent un peu son socinien“ herabgestuft wurde), andererseits ist man darauf bedacht, nicht einmal hier den Begriff einer „ironia illuministica“ zu gebrauchen, da dadurch der Unsinn ihrer Unterscheidung von einer „ironia della finzione“ ans Licht käme.
Ist es nach Rivolettis eigenem Bekunden nicht einfach, die „libertà laica e irrispettosa“ des EvangelistenPassus herabzustufen (weshalb er sich gar nicht erst auf einen solchen Versuch einläßt), so bietet ihm doch der bisher von niemandem auch nur im Traum mit einer „ironia romantica“ in Verbindung gebrachte Voltaire ein interessantes Studienobjekt. In der bisherigen Forschung sei, so glaubt er, die wichtige Rolle, die in der Pucelle die wesentlich auf der Mischung von Ernstem und Komischen beruhende „ironia della finzione“ spiele, nicht erkannt worden, da man das Augenmerk immer nur auf das Komische gerichtet habe:
Quello che le indagini critiche non hanno tuttavia messo sinora sufficientemente in rilievo è la commistione di toni comici e seri all’interno del poema. Se è vero infatti che il tono scherzoso è prevalente, va altresì rilevata la presenza significativa di singoli momenti e di interi episodi seri e addirittura tragici, la cui drammaticità richiede al lettore di identificarsi con la situazione narrata e di riflettere sui valori morali e umani che vengono messi in gioco. (112)
Rivoletti wird dann auf mehreren Seiten (112119) nach einem „Voltaire serio“ bzw. „tragico“ forschen, um ihn vor den Karren einer „ironia romantica“ zu spannen. Ich werde auf seinen Versuch, ausgerechnet für die Pucelle ungefähr den gleichen Nachweis zu führen, der schon einem Walter Binni in Bezug auf den Furioso nicht gelingen wollte60 jenen nämlich, daß die dort enthaltenen „elementi epici ed elegiaci“ gegenüber den komischen Elementen aufzuwerten seien, hier nicht eingehen.
Offenbar glaubt Rivoletti, daß sich „serio“ und „scherzoso“ in irgendeiner Weise die Waage hielten. Weder er noch Binni zieht in Erwägung, daß schon ein kleiner Scherz genügt, um eine über Dutzende von Strophen aufgebaute „Seriosität“ zunichte zu machen, während das umgekehrte Phänomen, also z.B. ein „ernster“ Appell an den Leser, der eine über Dutzende von Oktaven aufgebaute Komik zunichte macht, meines Wissens bis heute noch nicht beobachtet wurde. Es ist nun eben einmal so, daß das komische Element stärker ist,61 wie ja auch Rivoletti im obigen Zitat selbst zugibt, leider ohne die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Übrigens ist auch ihm selbst mit seinem Voltaire in salsa romantica (wenn ich einmal so sagen darf) am Ende nicht richtig wohl. Tatsächlich würden dessen Worte über Fur. XXXV, 28f. immer noch eine Art Restrisiko enthalten:
Il rischio insito nel giudizio di Voltaire potrebbe essere [...] quello di un apprezzamento riduttivo, che limita cioè l’ironia di Ariosto a una delle sue punte più sagaci e ardite, che l’appiattisce su una tecnica distruttiva che è piuttosto uno strumento privilegiato della scrittura illuministica. Ma non è così: Voltaire infatti sa riconoscere anche altre forme dell’ironia ariostesca [.] e mostra di saperle utilizzare all’interno della Pucelle alternandole, e dunque facendole convivere, con le forme aggressive dell’ironia. (124f.)
Die Worte, die dem Evangelisten in den Mund gelegt wurden, sind also, wie Rivoletti selbst zugibt, ein „Höhepunkt“ Ariostscher Ironie: „una delle sue punte più sagaci e ardite“. Warum das Wichtignehmen solcher Höhepunkte „reduktiv“ sein soll, gleichsam als ob wir die Höhepunkte eines Textes mit seinen Tiefpunkten (und möglichst auch noch allen weiteren Punkten) zu einem arithmetischen Mittel zu verrechnen hätten, auf welches wir dann unsere Interpretationen abzustimmen hätten, habe ich noch nie verstanden. Bekomme ich ein scharfes Essen serviert, so kann ich diese Qualität nicht einfach mit der Begründung leugnen, daß bei Auffächerung des Essens in seine einzelnen Geschmackskomponenten der Pfeffer „nur ein Extrem“ sei.
Ebenso fällt es mir schwer, im Furioso, nachdem uns der Erzähler zum wiederholten Mal zu blasphemischem Lachen herausgefordert hat, wieder zu einer frommer gestimmten Lektüre zurückzukehren. Es ist ja nicht so, daß Ariost, wenn er einmal eine christliche Glaubenswahrheit (oder die Kreuzzugsidee, oder gewisse neoplatonische Vorstellungen) ins Lächerliche gezogen hat, den angerichteten Schaden durch einen Wechsel der Tonlage wieder reparieren oder vergessen machen könnte. Was gesagt ist, ist gesagt: Ein einmal gebrochenes Tabu oder ins Lächerliche gezogene Ideal kann nicht im Nachhinein restituiert werden, als ob nichts gewesen sei. Vielmehr ist einzusehen, daß, so schön das in der Wissenschaft wie im Leben mit dem „goldenen Mittelweg“ auch sein mag, gewissen Stellen im Furioso ein besonderes Gewicht zukommt, eben weil sie für unseren heutigen Geschmack „extrem“ und als solche mit unseren bequemen Vorurteilen nicht in Einklang zu bringen sind.
Manchmal würde man sich wünschen, es wären andere Bücher geschrieben worden. Eine Untersuchung über Ariosto e l’ironia illuministica hätte, so scheint mir, der Ariostforschung sehr viel besser getan. Vielleicht wäre damit auch der Literaturwissenschaft (oder dem, was nach einem cultural turn davon übriggeblieben ist) etwas von jener Substanz zurückgegeben worden, von der es heißt, daß sie leider viel zu leicht verlorengehe und in rauhen Mengen irgendwo auf dem Mond herumliege...
Literaturverzeichnis
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[...]
1 Vielleicht ist es nicht trivial, noch einmal die Worte in Erinnerung zu rufen, mit denen Francesco De Sanctis im Wintersemester 1858/1859 an der Universität Zürich seine Vorlesung über die Storia dei poemi cavallereschi in Italia begann: „Un poeta non è un’apparizione isolata in mezzo alla società; ha de’ predecessori e de’ successori che gli si aggruppano intorno. È quasi un sole il quale regge molti pianeti dal punto centrale in cui sta.“ - Verso il realismo. Prolusioni e lezioni zurighesi sulla poesia cavalleresca, frammenti di estetica, saggi di metodo critico, a cura di N. Borsellino, Torino 1965, S. 2.
2 Vgl. die Furioso -Ausgabe von Davide Puccini (Roma 2006), in deren Anmerkungen in bislang unerreichter Häufigkeit auf den Morgante Bezug genommen wird; vgl. auch Luigi Blasucci: „Riprese linguistico-stilistiche del Morgante nell’ Orlando Furioso “, in: Cesare Segre (Hg.): Ludovico Ariosto: lingua, stile e tradizione. Atti del congresso organizzato dai comuni di Reggio Emilia e Ferrara 12-16 ottobre 1974, Milano 1976, 137-155; ich selbst bin diesen Einflüssen nachgegangen, vgl. Glaube und Fiktion im «Orlando Furioso». Auskultation eines einbalsamierten Korpus’ und Rekonstruktion blasphemischen Lachens, Frankfurt am Main 2009, S. 72-98.
3 Francesco Bello detto il Cieco da Ferrara: Libro d’arme e d’amore nomato Mambriano, a cura di Giuseppe Rua, 3 Bde., Torino 1926. - Tatsächlich kann dem Mambriano nicht gerecht werden, wer ihn immer nur als Folie zur Hervorhebung apriorisch feststehender Vorzüge des Furioso benutzt. Vgl. hierzu meine Kritik an Franz Penzenstadlers Der «Mambriano» von Francesco Cieco da Ferrara als Beispiel für Subjektivierungstendenzen im Romanzo vor Ariost, Tübingen 1987, in meiner o.g. Untersuchung.
4 Johannes Hübscher (Hg.): «Orlando», die Vorlage von Pulcis «Morgante», Marburg 1886; Michele Catalano (Hg.): La Spagna. Poema cavalleresco del secolo XIV, 3 Bde., Bologna 1939/1940.
5 Antoine Thomas (Hg.): L’Entrée d’Espagne. Chanson de geste franco-italienne, 2 Bde., Paris 1913.
6 „Le strutture di quell’epopea, pur trasformate e rinnovate in profondo, fondamentalmente re-steranno, e sarà su di esse che si ergerà la nuova epica rinascimentale.“ - Alberto Limentani: L’«Entrée d’Espagne» e i signori d’Italia, Padova 1992, S. 5.
7 Giuseppe Ferrero, der Teile der Entrée neu herausgegeben hat, spricht ihrem unbekannten Autor einen „garbato spirito realistico“ zu (Poemi cavallereschi del Trecento, Torino 1965, 15). Zu zwei ihrer lesenswertesten Episoden, die u.a. auf den Morgante abgefärbt haben, vgl. meine Paladine auf Abwegen. Formen und Ausdrücke religiöser Indifferenz in Luigi Pulcis «Mor-gante», Frankfurt a. M. 2007, S. 121-125, S. 167-177.
8 Le fonti dell’Orlando Furioso, Firenze 1975 ('1900).
9 Ariosto e l’ironia della finzione. La ricezione letteraria e figurativa dell’«Orlando furioso» in Francia, Germania e Italia, Venezia 2014, 433 Seiten. Die im weiteren in runde Klammern gesetzten Seitenzahlen beziehen sich auf diesen Text.
10 So geht er z.B. auf das im 17. Jahrhundert innerhalb der Querelle des Anciens et Modernes aufgeworfene Problem des merveilleux chrétien und den in diesem Zusammenhang geäußerten Vorwurf gegen Ariost „di aver mischiato i due tipi di soprannaturale, quello pagano della mitologia antica e quello cristiano“ (86) nicht näher ein, als ob solche Fragen der Vermischung heidnischer und christlicher Wundermärchen für eine Bewertung der Fiktionsironie unwichtig wären.
11 Vgl. „Überlegungen zu einem Gültigkeitskriterium für Interpretationen und ein komplexer Fall: Die Italienische Ritterepik der Renaissance“, in: Klaus W. Hempfer/ Gerhard Regn (Hg.): Interpretation. Das Paradigma der Europäischen Renaissance-Literatur. Festschrift für Alfred Noyer- Weidner zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 1983, S. 1-31; Diskrepante Lektüren: Die Orlando- Furioso-Rezeption im Cinquecento. Historische Rezeptionsforschung als Heuristik der Interpretation, Stuttgart 1987. - Für Hempfers Konzept habe ich mich (wenn auch unter Kritik seiner Einschränkung der Rezeptionsforschung auf die Rezeption der gebildeten Schichten) bereits in Glaube und Fiktion im «Orlando Furioso» eingesetzt (vgl. dort S. 26-31).
12 Hempfer, Diskrepante Lektüren, S. 9.
13 „Di aver compreso in modo profondo l’ironia di Ariosto e di averla fatta propria“ wird Cervantes und La Fontaine bescheinigt (XXV); letzterer sei „il primo autore francese che mostra di saper cogliere a fondo lo spirito dell’ironia che caratterizza il Furioso “ (55); auch Voltaire habe „alcuni elementi che verranno poi ulteriormente sviluppati in ambito tedesco“ antizipiert (87), nämlich den „uso dell’ironia della finzione e in particolare dell’autoironia“, die „valorizzazione degli esordi ai canti e della presenza del narratore nel poema“, die „aderenza alla «natura» e al «vero»“ und die „commistione di serio e di scherzoso“ (94).
14 Vgl. das zentrale Kapitel „Ariosto e la rivoluzione romantica: alle radici della comprensione cri-tica moderna del Furioso “ (S. 257-321).
15 „Come ogni grande novità artistica, essa [sc. l’ironia della finzione ariostesca] finì nel complesso per sorprendere l’orizzonte delle attese dei suoi lettori, e avrebbe avuto certamente bisogno di più tempo per venire compresa e apprezzata nella sua ricchezza e profondità.“ (XIXf.)
16 Er ist übrigens auch der Meinung „che il Furioso sia stato composto proprio nell’epoca che ha conosciuto l’origine della prospettiva in ambito artistico“ (44). Eine wie mir scheint etwas problematische Meinung, wenn man sich Werke und Lebensdaten der Brunelleschi (1377-1446), Donatello (1386-1466), Jan van Eyck (1390-1441), Massaccio (1401-1428), Alberti (1404-1472) usw. näher anschaut, die ja bereits alle mit wissenschaftlich berechneter Zentralperspektive gearbeitet haben bevor Ariost auch nur in den Windeln lag. - Vgl. Ludger Alscher u.a. (Hg.): Lexikon der Kunst, 5 Bde., Leipzig 1975, s.v. „Perspektive“.
17 Rivoletti definiert sie als „un insieme di procedimenti messi in atto all’interno sia di un testo narrativo, sia di un’opera d’arte figurativa, che mirano a scoprire il carattere illusorio e artistico dell’opera stessa, spingendo così il fruitore a riflettere consapevolmente sul rapporto esistente tra il mondo fittizio interno all’opera e il mondo reale“ (10). Bei seiner Darlegung der noch jungen Begriffsgeschichte vergißt Rivoletti auf Hempfer hinzuweisen, der bereits 1983 Fiktionsironie als einen „Prozeß [...] Fiktion nicht mehr als Wahrheit vorzutäuschen, sondern in ihrer Fiktiona-lität thematisch werden zu lassen“ definiert hat (vgl. Hempfer, „Überlegungen zu einem Gültigkeitskriterium für Interpretationen“, S. 26).
18 „[.] dovremo [.] attendere la riflessione teorica dei romantici tedeschi perché si realizzi l’aggancio tra epos ariostesco e romanzo moderno, ovvero quel collegamento decisivo per rilanciare l’attualità del Furioso al di là delle mode e dei gusti settecenteschi verso il futuro ovvero sino ai nostri giorni.“ (91)
19 Rajna, Le fonti dell’Orlando Furioso, S. 34f.
20 Vgl. Glaube und Fiktion im Orlando Furioso, S. 89-98.
21 Francesco de Sanctis: Storia della letteratura italiana, Roma 1997 ('1870), S. 315 (Hervor-hebung J.W.).
22 Natalino Sapegno: Storia letteraria del Trecento, Milano 1963, S. 389.
23 Vittore Branca (Hg.): Dizionario critico della letteratura italiana, Torino 1986, Bd. I, s.v. „can-tari“,
S. 498.
24 Alberto Limentani: „Il comico nell’ Entrée d’Espagne e il suo divenire“, in: Klaus W. Hempfer/ Gerhard Regn (Hg.): Interpretation. Das Paradigma der Europäischen Renaissance-Literatur, S. 61-82, hier: S. 61 u. S. 63.
25 Henning Krauss: Epica feudale e pubblico borghese. Per la storia poetica di Carlomagno in Italia, Padova 1980, S. 7.
26 Luigi Pirandello: L’umorismo, Milano 1999 (’1908), S. 69.
27 „Già l’ironia per la materia, la satira della vita cavalleresca, la troviamo in Francia fin nei poemi, come ad esempio, nell’ Aiol; l’irrisione per l’Imperatore, gli indizii della degradazione di lui si trovano già in un poema antico come l’ Ogier le Danois, dove Carlo non ha più la prudenza tranquilla e si lascia facilmente vincere dall’ira, e ingiuria e poi ha paura della vendetta degli ingiurati. A poco a poco, lo vediamo divenire imbecille, «assotez», bersaglio delle beffe, e moralmente corrotto. Nel Garin de Montglane, com’è noto, arriva finanche a giocarsi a scacchi la Francia.“ - Ib., S. 54f.
28 Rivoletti fragt in seiner Einleitung: „L’ironia che Ariosto ha sapientemente infuso nella propria opera è stata sin da subito compresa e apprezzata dal pubblico?“ Seine spontane Antwort lautet: „Come il lettore colto sa bene, questo modo di leggere il poema [sc. leggerlo avvertendo l’ironia che Ariosto ha sapientemente infuso nella propria opera] costituisce una scoperta relativamente recente e che si afferma progressivamente solo a partire all’incirca dagli ultimi due secoli della ricezione del testo.“ (XV) - Hätte Rivoletti berücksichtigt, daß „comprendere“ und „apprezzare“ zwei verschiedene Dinge sind, so wäre seine Antwort sicherlich klüger ausgefallen.
29 Vgl. Rajna, Le fonti dell’Orlando Furioso, S. 71ff.
30 Entrée, vv. 3530ff.
31 Vgl. Glaube und Fiktion im Orlando Furioso, S. 129-132.
32 Entrée, vv. 46ff.
33 Entrée, v. 2825, v. 13548.
34 Auch Antoine Thomas, moderner Herausgeber der Entrée, ist dieser Meinung: „Nous sommes bien loin de la chronique de Turpin. Et pourtant le poète ne se dégage pas tout à fait de l’attitude qu’il a adoptée dans la première partie de son œuvre: même sur la terre d’Orient, il éprouve le besoin d’évoquer son «docteur», et quand il introduit le roi de Perse dans la chambre de la reine, il note gravement qu’il le fait «si cun Trepins latine». Mais personne ne peut être dupe de cet innocent subterfuge.“ - XXXIX.
35 Hier ein besonders ironisches Beispiel: „Facea Marsilio lamento si scuro,/ si come truovo nella storia scritto,/ che stato non sarebbe cuor si duro/ che non si fusse di pietà trafitto./ In buona verità, signor, vi giuro,/ bench’io non fussi presente quiritto,/ che per quel che la storia ne distende,/ di tal lamento ancor pianger mi prende.“ - La Spagna XXXIX, 15
36 Vgl. Glaube und Fiktion im Orlando Furioso, S. 54.
37 Vgl. als besonders prämienverdächtig Mambr. VIII, 34-37; IX, 99-100; XIV, 16-17; XXXII, 50; mit auf die Auswahlliste zu setzen aber auch Cinque Canti I, 2.
38 Vgl. z.B. Dieter Kremers: Der «Rasende Roland» des Ludovico Ariosto. Aufbau und Weltbild, Stuttgart 1973, S. 182-186.
39 Es sei das Verdienst von F. Schlegel, als erster auf die „relazione dialettica che intercorre tra la finzione interna al racconto e la realtà del mondo esterno, tra il temporaneo abbandono all’illusione fantastica evocata all’interno del testo poetico e la lucida e consapevole presa di distanza da essa, in quanto dimensione appunto fittizia e illusoria“ aufmerksam gemacht zu haben. (3)
40 Rivoletti spricht im Zusammenhang mit Voltaires begeisterter Rezeption von Fur. XXXV, 28f. (den Versen, in denen sich der Evangelist Johannes über sein eigenes Schriftstellertum äußert) von einem „apprezzamento riduttivo [...] che limita [...] l’ironia di Ariosto a una delle sue punte più sagaci e ardite, che l’appiattisce su una tecnica distruttiva che è piuttosto uno strumento privilegiato della scrittura illuministica“ (124f.). Wir werden darauf noch eingehen.
41 Klemperer, der Voltaires Pucelle als „durchaus nicht ariostisch“ empfindet, „weil es ihm [sc. Voltaire] immer nur auf die Verhöhnung einer katholischen Grundidee ankommt“, wird von Rivoletti ein „giudizio riduttivo “ bescheinigt, „perché [Klemperer] misconosce la fondamentale varietà e complessità delle forme assunte dal comico nella Pucelle “, in der es ja nicht nur „ironia critica, di tipo illuministico“ gebe, sondern auch „altri tipi di ironia, dal sorriso bonario che gioca consapevolmente con i procedimenti della finzione sino all’autoironia che caratterizza gli interventi del narratore“ (111).
42 Stackelberg habe, so Rivoletti in Zusammenhang mit Voltaires Ariost-Rezeption, „in modo trop-po riduttivo sui toni parodici e satirici“ der Pucelle insistiert (111).
43 Rivoletti sagt mir eine „ riduzione dell’ironia di Ariosto a riso blasfemico e a critica della reli- gione“ nach (125).
44 Vgl. supra, Anm. 17.
45 Nach Auschwitz kann ja, postmoderner Doktrin zufolge, nicht mehr an so schöne „Meta-Erzählungen“ oder „Meistererzählungen“ wie etwa die der „Befreiung des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ geglaubt werden.
46 Fur. XLII, 15
47 Vgl. Heinrich Reusch: Der Index der verbotenen Bücher. Ein Beitrag zur Kirchen- und Literaturgeschichte, Bd. 1, Bonn 1883, S. 488f.
48 Die für ihre Arbeiten zur Zensur und Unterdrückung volkssprachlichen Schrifttums durch die gegenreformatorische Kirche bekannte Historikerin Gigliola Fragnito weist in einem ihrer Bei- träge auf eine vom Kardinal Gabriele Paleotti 1571 vorgeschlagene Verbotsliste hin, die sich auch gegen Ritterdichtung „et praesertim quae in Furioso leguntur de itinere D. Ioannis et Astul-phi et de Angelo qui invenit discordiam in conventu fratrum“ richtet. Interessant auch die Emp-fehlung des Kardinals Roberto Bellarmino aus dem Jahre 1593, derzufolge es „fortasse utile es-set prohibere etiam nominatim Ludovici Ariosti Orlandum Furiosum, qui passim non sine magno detrimento legitur et canitur“. - Vgl. „»Li libbri non zò rroba da cristiano«. La letteratura italiana e l’indice di Clemente VIII (1596)“, in: Schifanoia 19 (1999), S. 123-135, hier: S. 126. - In einem anderen Beitrag geht Fragnito auf ein anonymes, unter dem Pontifikat Gregors XIII. (15721585) verfaßtes Gutachten über den Furioso ein, in welchem Ariost einleitend als ein „va-nissimus et spurcissimus homo, Petrarcam magistrum suum sectatus in suo Furioso, in quo sua furia multa obscoena ac vana scribit et sacris prophana miscet“ bezeichnet wird. - Vgl. „Intorno alla »religione« dell’Ariosto: i dubbi del Bembo e le credenze ereticali del fratello Galasso“, in: Lettere italiane 44.2 (1992), S. 208-239, hier: S. 234f.
49 Vgl. Jesús Martínez de Bujanda u.a. (Hg.): Index des livres interdits, 11 Bde., Montréal 1985-2002, hier: Bd. VIII, S. 188.
50 Fragnito zitiert aus den Inquisitionsakten des Jahres 1574 das Beispiel des Schusters Domenico di Spilimbergo, der dabei zusehen mußte, wie ihm seine einzigen drei Bücher, nämlich der Fu-rioso, der Decamerone und das Neue Testament, zerrissen wurden, und dann den Eid zu leisten hatte, nie wieder ein Buch zu lesen („Zurai non leggere mai più“). Ihr Fazit: „Lungi dal per-seguire quella omogeneizzazione culturale che un radicato luogo comune le attribuisce, la Chiesa della Controriforma si impegnò, con esiti ancora per lo più inesplorati, in una vasta operazione di rimozione dei testi volgari [...].“ - Vgl. »Li libbri non zò rroba da cristiano«, S. 123, S. 125.
51 Beispielsweise lautet die siebte Regel des Trienter Index (1564): „Libri qui res lascivas, seu ob- scoenas ex professo tractant, narrant, aut docent, cum non solum fidei, sed et morum, qui huius- modi librorum lectione facile corrumpi solent, ratio habenda sit, omnino prohibentur: et qui eos habuerint, severe ab Episcopis puniantur.“ - Bujanda, Index des livres interdits, VIII, S. 817.
52 Berühmt der Passus „Di prohibire Orlando [sc. Boiardo, Ariosto], Orlandino [Folengo], e Cento Novelle [Boccaccio] et simili altri libri più presto daressimo da ridere che altrimenti“ aus einem am 27. Juni 1557 verfaßten Brief des künftigen Pius V. an den Großinquisitor von Genua. - Vgl. Ugo Rozzo: „L’espurgazione dei testi letterari nell’Italia del secondo Cinquecento“, in: Id. (Hg.), La censura libraria nell’Europa del secolo XVI, Udine 1997, S. 219-271, hier: S. 223.
53 Fragnito hat - nicht als Literaturwissenschaftlerin, sondern als Historikerin - z.B. auch gezeigt, daß nicht wenige der im letzten Gesang des Furioso namentlich aufgeführten Freunde und Be-kannte Ariosts eindeutig der „area del dissenso religioso, che esso sia espresso in forme etero-dosse o decisamente ereticali“ zuzuordnen sind. - Vgl. „Intorno alla »religione« dell’Ariosto“, S. 214ff.
54 Fur. XVIII, 161f.
55 Vgl. Jos 10, 12-14. - Ariosts Anspielungen auf Josua sind eindeutig: Das von den Heiden be-lagerte Paris entspricht dem von den fünf amoritischen Königen belagerten Gibeon, der mit seinen 34 Truppen in Gewaltmärschen unter dem Geleit des Erzengels rettend herbeieilende und überraschend angreifende Rinaldo aufs allerdeutlichste dem Josua.
56 Vgl. Morg. XXIV, 144.
57 Vgl. Glaube und Fiktion im Orlando Furioso, S. 55-63.
58 Theodore Besterman u.a. (Hg.): Les Œuvres complètes de Voltaire, Bd. VII, Genève 1970, 256.
59 Manfred Buhr/ Georg Klaus (Hg.): Philosophisches Wörterbuch, Leipzig 1975, s.v. „Sozinianis- mus“.
60 Vgl. Walter Binni: Metodo e poesia di Ludovico Ariosto e altri studi ariosteschi, a cura di R. A. Pettinelli, Firenze 1996, S. 239-249; dazu meine ausführliche Kritik in Glaube und Fiktion im Orlando Furioso, S. 20-22.
61 Vgl. grundlegend Klaus W. Hempfer: „Textkonstitution und Rezeption: Zum dominant komischparodistischen Charakter von Pulcis Morgante, Boiardos Orlando Innamorato und Ariosts Orlando Furioso “, in: Romanistisches Jahrbuch 27 (1976), S. 77-99.
- Quote paper
- Joachim Wink (Author), 2025, Fiktionsironie und Gesellschaftskritik. Anmerkungen zu Christian Rivolettis "Ariosto e l'ironia della finzione", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1597197