Der Blickwinkel der medizinisch-biologischen Disziplin Hirnforschung verschiebt sich heute immer mehr und schafft ganz neue Forschungsbereiche, wie etwa die Neurophilosophie oder Neuroethik. So wird die Wissenschaft vom Gehirn nicht zum ersten Mal in der Geschichte zur Wissenschaft vom Menschen. Sie erhebt einen ganzheitlichen Erklärungsanspruch an die menschliche Existenz - durch die Verortung geistiger Fähigkeiten im Gehirn. Dieses Faszinosum, aufgehangen an der Frage: „Ist das Ich materialisierbar“, zieht sich durch die Geschichte der Hirnforschung von ihren Anfängen bis zum heutigen Tag.
Ausnahmeerscheinungen in dieser Geschichte sind Cécile und Oskar Vogt, welche ihre Hirnforschung ebenfalls als eine Wissenschaft vom Menschen begründeten. Die Geschichte ihres Forschungsvorhabens ist eine Geschichte großer Erfolge aber auch eine Geschichte des Scheiterns und der Widersprüche. Sie waren Außenseiter in der damaligen Forschungslandschaft. Zunächst nicht nur aufgrund ihrer inhaltlichen Ansätze, sondern auch aufgrund der institutionellen Rahmenbedingungen, die sie sich für ihre Forschungsvorhaben gaben. Die Vogts verfolgten neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit auch politische Ziele. Sie bekannten sich öffentlich zur Sozialdemokratie und vertraten ein Konzept, welches Wissenschaft, Staat und Gesellschaft mit dem Ziel eines sich höher entwickelnden Gehirns verbinden sollte. Damit bewegten sie sich zwischen einem damals nicht unüblichen Spannungsfeld aus Sozialismus, Eugenik und Biologismus, Elitenlehre und wissenschaftlichem Allmachtsglauben. Im Spiegel ihres zytoarchitektonischen Forschungskonzepts gibt es einige Ansätze, die im Widerspruch zu der öffentlich vertretenen politischen Meinung stehen und die nachfolgend diskutiert werden.
Wie erklärt sich die Organisationsstruktur der Vogtschen Hirnforschungsinstitute insbesondere des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Hirnforschung, im Kontext des Forschungsvorhabens der Aufklärung über die neuroanatomischen Eigenschaften des Gehirns? Welches Menschenbild verbanden diese beiden, eine Wissenschaft vom Menschen treibenden, Forscherpersönlichkeiten damit? Die Antworten ergeben sich mehr aus einer Charakterisierung Oskar und Cécile Vogts als Menschen, die in ihrer Zeit lebten und arbeiteten, als aus der reinen Analyse ihrer wissenschaftlichen Arbeiten.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Problem- und Fragestellung der vorliegenden Arbeit
- 2. Leben und Werk von Cécile und Oskar Vogt im wissenschaftshistorischen Kontext
- 2.1 Topistische Hirnforschung: Zyto- und Myeloarchitektonik
- 2.2 Die Institutionalisierung des Privaten: Die Vogtschen Hirnforschungsinstitute (Von 1896 bis ca. 1930)
- 3. Der politische und kulturhistorische Kontext - Zur Anthropologie des Menschen aus Sicht von Oskar und Cécile Vogt
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Leben und Werk von Cécile und Oskar Vogt, ihre Beiträge zur Hirnforschung und den Kontext ihrer Forschung im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Die Arbeit beleuchtet die scheinbaren Widersprüche zwischen den humanistischen Idealen der Vogts und ihrer Beteiligung an eugenischen und rassistischen Konzepten. Es wird analysiert, wie ihre Forschung in die wissenschaftshistorischen und politischen Entwicklungen ihrer Zeit eingebettet war.
- Die zytoarchitektonische Hirnforschung der Vogts
- Die Institutionelle Einbettung der Vogtschen Hirnforschungsinstitute
- Das Menschenbild der Vogts im Kontext von Sozialismus, Eugenik und Biologismus
- Die politischen Aktivitäten und Ziele der Vogts
- Die scheinbaren Widersprüche zwischen dem wissenschaftlichen Werk und den politischen Aktivitäten der Vogts
Zusammenfassung der Kapitel
1. Problem- und Fragestellung der vorliegenden Arbeit: Die Arbeit untersucht das Leben und Werk von Cécile und Oskar Vogt, die ihre Hirnforschung als Wissenschaft vom Menschen verstanden. Sie waren in der Forschungslandschaft Außenseiter, nicht nur wegen ihrer methodischen Ansätze, sondern auch wegen ihrer institutionellen Rahmenbedingungen und ihrer politischen Überzeugungen (Sozialdemokratie). Die Arbeit beleuchtet die scheinbaren Widersprüche zwischen ihrem aufgeklärten Konzept der Hirnforschung und der gleichzeitigen Akzeptanz von rassistischen und eugenischen Ideen. Die zentralen Forschungsfragen drehen sich um die Verbindung zwischen dem wissenschaftlichen Werk der Vogts und ihren politischen Ansprüchen, sowie um ihr Menschenbild und die Organisationsstruktur ihrer Institute im Kontext ihrer Forschung. Die methodische Herangehensweise kombiniert eine historische Darstellung mit einer Analyse des neuroanatomischen Konzeptes der Zytoarchitektonik, der institutionellen Situation und des kulturhistorischen Kontextes.
2. Leben und Werk von Cécile und Oskar Vogt im wissenschaftshistorischen Kontext: Dieses Kapitel skizziert das Leben und Wirken von Oskar Vogt (Cécile Vogts Lebenslauf wird nur kurz erwähnt). Es wird seine wissenschaftliche Entwicklung von frühen Interessen an Biologie und zoologischer Systematik hin zu genetischen Fragestellungen und der vergleichenden Morphologie beschrieben. Vogts Faszination für Darwins Evolutionstheorie und die spätere Integration der genetischen Vererbungslehre in seine Forschung werden hervorgehoben. Das Kapitel erwähnt die Gründung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Hirnforschung und die Weiterführung der genetischen Forschung durch Nikolai W. Timoféeff-Ressovsky. Die Bedeutung der Freundschaft zu Ferdinand Tönnies und dessen Einfluss auf Vogts Interesse an Soziologie, Psychologie und Psychiatrie werden betont. Die enge Zusammenarbeit zwischen Oskar und Cécile Vogt in Forschung und Veröffentlichungen wird unterstrichen.
Schlüsselwörter
Cécile und Oskar Vogt, Hirnforschung, Zytoarchitektonik, Myeloarchitektonik, Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung, Rassenhygiene, Eugenik, Biologismus, Sozialdemokratie, Wissenschaftsgeschichte, Wissenschaftsorganisation, Menschenbild, politischer Kontext, kulturhistorischer Kontext.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit über Cécile und Oskar Vogt
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Die Arbeit befasst sich mit dem Leben und Werk von Cécile und Oskar Vogt, ihren Beiträgen zur Hirnforschung und dem Kontext ihrer Forschung im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den scheinbaren Widersprüchen zwischen den humanistischen Idealen der Vogts und ihrer Beteiligung an eugenischen und rassistischen Konzepten.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit untersucht die zytoarchitektonische Hirnforschung der Vogts, die institutionelle Einbettung ihrer Hirnforschungsinstitute, ihr Menschenbild im Kontext von Sozialismus, Eugenik und Biologismus, ihre politischen Aktivitäten und Ziele sowie die scheinbaren Widersprüche zwischen ihrem wissenschaftlichen Werk und ihren politischen Aktivitäten.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: 1. Problem- und Fragestellung der vorliegenden Arbeit; 2. Leben und Werk von Cécile und Oskar Vogt im wissenschaftshistorischen Kontext (inkl. 2.1 Topistische Hirnforschung: Zyto- und Myeloarchitektonik und 2.2 Die Institutionalisierung des Privaten: Die Vogtschen Hirnforschungsinstitute); 3. Der politische und kulturhistorische Kontext - Zur Anthropologie des Menschen aus Sicht von Oskar und Cécile Vogt; 4. Fazit.
Wie ist die methodische Vorgehensweise der Arbeit?
Die Arbeit kombiniert eine historische Darstellung mit einer Analyse des neuroanatomischen Konzeptes der Zytoarchitektonik, der institutionellen Situation und des kulturhistorischen Kontextes. Sie beleuchtet die Verbindung zwischen dem wissenschaftlichen Werk der Vogts und ihren politischen Ansprüchen sowie ihr Menschenbild und die Organisationsstruktur ihrer Institute im Kontext ihrer Forschung.
Was ist das zentrale Problem, das die Arbeit untersucht?
Die Arbeit untersucht die scheinbaren Widersprüche zwischen dem aufgeklärten Konzept der Hirnforschung der Vogts und ihrer gleichzeitigen Akzeptanz rassistischer und eugenischer Ideen. Zentrale Forschungsfragen drehen sich um die Verbindung zwischen ihrem wissenschaftlichen Werk und ihren politischen Ansprüchen sowie um ihr Menschenbild.
Welche Rolle spielte die Zytoarchitektonik in der Forschung der Vogts?
Die zytoarchitektonische Hirnforschung der Vogts ist ein zentraler Bestandteil der Arbeit. Die Arbeit analysiert dieses neuroanatomische Konzept im Kontext des Lebens und Werkes der Vogts und seiner Einbettung in die wissenschaftshistorischen und politischen Entwicklungen ihrer Zeit.
Welche Bedeutung hatten die Vogtschen Hirnforschungsinstitute?
Die Arbeit untersucht die institutionelle Einbettung der Vogtschen Hirnforschungsinstitute und ihre Bedeutung für die Forschung der Vogts. Sie beleuchtet die Herausforderungen und Besonderheiten der Institutionalisierung ihrer Forschung.
Wie wird das Menschenbild der Vogts beschrieben?
Die Arbeit analysiert das Menschenbild der Vogts im Kontext von Sozialismus, Eugenik und Biologismus und untersucht, wie es sich in ihrer Forschung und ihren politischen Aktivitäten widerspiegelt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Cécile und Oskar Vogt, Hirnforschung, Zytoarchitektonik, Myeloarchitektonik, Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung, Rassenhygiene, Eugenik, Biologismus, Sozialdemokratie, Wissenschaftsgeschichte, Wissenschaftsorganisation, Menschenbild, politischer Kontext, kulturhistorischer Kontext.
- Arbeit zitieren
- Ole Norhausen (Autor:in), 2009, Die Rassen- und Elitegehirnforschung von Oskar und Cécile Vogt und der kulturhistorische Kontext (ca. 1895 - 1933), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/159782