Krisen und Kriege gibt es seit Menschengedenken. Doch die Berichterstattung über diese hat in den letzten beiden Jahrzehnten ungeahnte Ausmaße angenommen. Seit Beendigung des Zweiten Weltkrieges haben sich keine Kriege mehr vor den Haustüren der westlichen Industriestaaten abgespielt. Dennoch wird mittels der Massenmedien der Eindruck von Unmittelbarkeit und Aktualität erweckt. Der Medienkonsument kann sich die Kriegsschauplätze bei Bedarf im Fernsehen betrachten. Die Präsentation der Bilder in den Nachrichten zeichnet sich zumeist durch Einfachheit und Eindringlichkeit aus. Dem Rezipienten wird ein gewisser Informationsgehalt suggeriert. Doch in welchem Grade darf er sich tatsächlich informiert fühlen? Die Medien gelten zwar als vierte Instanz im Staat, der das Primat der Meinungsbildung zugesprochen wird. Aber werden sie ihrem Ruf gerecht? Was macht den Journalismus im Allgemeinen aus und inwieweit unterscheidet er sich von seinem konfliktsensitiven Pendant? Welche Funktionen können die Medien innerhalb eines Konflikts einnehmen? Durch welche Faktoren wird diese Arbeit beeinflusst? Die Analyse dieser Fragen soll schließlich zur Erkenntnis darüber führen, ob die Umsetzung eines konfliktsensitiven Journalismus als realistisch zu betrachten ist.
Um einen begrifflichen Rahmen für diese Arbeit zu stecken, sollen an dieser Stelle einige Definitionen angeführt werden: Die Begriffe konfliktsensitiver Journalismus und Friedensjournalismus werden im Folgenden synonym verwendet. Die „Krise“ ist als Kontinuum zwischen Konflikt und Krieg bzw. als zugespitzer Konflikt mit der Gefährdung dominanter Ziele und ungewissem Ausgang zu begreifen. Die Krisenberichterstattung thematisiert demnach ebenso die Vor- und Nachkriegszeit (vgl. Bilke 2008: 140f).
Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick über das doch noch recht junge Forschungsfeld des konfliktsensitiven Journalismus geben. Als herausragend sind die sehr profunden Systematisierungen zur Konzeption und Qualitätsmerkmalen des Friedensjournalismus von Nadine Bilke zu nennen. Bevor die Rolle der Medien in der Krisenberichterstattung zwischen Mittäter und Mediator, d.h. zwischen kriegsfördernd und vermittelnd zwischen Konfliktparteien, genauer diskutiert werden, erfolgt eine Analyse der Charakteristika beider Konzepte. Abschließend werden die theoretischen Ansätze am Beispiel der Tschetschenienkrise und der wechselnden Rolle der Medien in beiden Kriegen veranschaulicht und konkretisiert.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Journalismus in Krisenregionen
- 2.1 Medien
- 2.1.1 Charakteristika
- 2.1.2 Abhängigkeiten
- 2.2 Richtlinien und Vorbereitungen für den Einsatz in Krisenregionen
- 2.3 Krisenberichterstattung
- 2.3.1 Charakteristika
- 2.3.2 Rolle der Medien in der Krisenberichterstattung
- 2.4 Medien als Aggressoren - Militarisierung der Medien
- 2.5 Friedensjournalismus
- 2.5.1 Voraussetzungen
- 2.5.2 Qualitätskriterien
- 2.5.3 Medien als Mediatoren?
- 2.5.4 PECOJON als Institution des Friedensjournalismus
- 2.6 Die Krisenberichterstattung am Beispiel des Tschetschenien-konflikts
- 2.6.1 Der Erste Tschetschenienkrieg: zwischen Pressefreiheit und Restriktion
- 2.6.2 Das Resümee der Tschetschenienkriege
- 3 Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Forschungsfeld des konfliktsensitiven Journalismus und untersucht dessen Rolle in Krisenregionen, insbesondere am Beispiel des Tschetschenienkonflikts. Sie beleuchtet die Charakteristika von Medien in Krisensituationen, analysiert die Herausforderungen und Chancen der Krisenberichterstattung und diskutiert die potenziellen Funktionen der Medien als Mittäter oder Mediatoren.
- Der Einfluss von Medien auf die Meinungsbildung in Krisenzeiten
- Die Herausforderungen und Möglichkeiten des konfliktsensitiven Journalismus
- Die Rolle der Medien in der Eskalation und Deeskalation von Konflikten
- Der Tschetschenienkonflikt als Fallbeispiel für die Analyse der Medienrolle
- Die Bedeutung von Pressefreiheit und unabhängigem Journalismus in Krisensituationen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in die Thematik ein und verdeutlicht die Bedeutung des Themas angesichts der zunehmenden Krisenberichterstattung in den Medien. Kapitel 2 widmet sich dem Journalismus in Krisenregionen und untersucht die Charakteristika von Medien in Krisensituationen. Kapitel 2.1 analysiert die Abhängigkeiten von Medien in Krisensituationen und die Herausforderung für die journalistische Unabhängigkeit. Kapitel 2.2 beleuchtet die Richtlinien und Vorbereitungen, die für den Einsatz von Journalisten in Krisenregionen notwendig sind. Kapitel 2.3 beschäftigt sich mit der Krisenberichterstattung selbst, analysiert die Rolle der Medien in der Kriegsberichterstattung und beleuchtet die ethischen Herausforderungen der Berichterstattung in Krisensituationen. Kapitel 2.4 untersucht die potenziellen Auswirkungen der Medien als "Aggressoren", insbesondere im Kontext der Militarisierung der Medien. Kapitel 2.5 befasst sich mit dem Friedensjournalismus, seinen Voraussetzungen, Qualitätskriterien und der potenziellen Rolle der Medien als Mediatoren. Kapitel 2.6 analysiert die Berichterstattung über den Tschetschenienkonflikt, insbesondere im Kontext der beiden Kriege, und beleuchtet die Rolle der Medien als Mittäter oder Mediatoren.
Schlüsselwörter
Konfliktsensitiver Journalismus, Friedensjournalismus, Krisenberichterstattung, Medien in Krisenregionen, Tschetschenienkonflikt, Pressefreiheit, Unabhängigkeit, Ethik, Medien als Mittäter, Medien als Mediatoren.
- Quote paper
- Stefanie Schumann (Author), 2010, Medien - Mittäter oder Mediatoren?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/159933