Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Puritanismus
2.1. Die Geschichte des Puritanismus
2.2. Puritanische Weltanschauung
3. Einflussreiche puritanische Geistliche
3.1. Increase und Cotton Mather
3.2. Samuel Parris
4. Andere Ereignisse
5. Schlusswort
6. Quellen- und Literaturverzeichnis
6.1. Quellenverzeichnis
6.2. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Salemer Hexenverfolgungen von 1692 stellen ein wichtiges und einzigartiges Ereignis in der Geschichte Nordamerikas dar. Bei den Prozessen wurden ungefähr 20 Menschen als vermeintliche Hexen zum Tode verurteilt und gehängt. Im Vergleich zu den massiven Hexenverfolgungen in Europa könnte man die Fälle in Salem als unwesentlich abtun, aber sie unterscheiden sich von den europäischen Exzessen in einigen Punkten.
Die geistige Basis der Hexenjagden in Europa war der „ Malleus Maleficarum“ (Hexenhammer), der den Verfolgern Kriterien und Instruktionen für das Erkennen, die Wirkung und das Foltern von Hexen an die Hand gab. Dieser wurde in Nordamerika nicht verwendet. Außerdem wurden die Verfolgungen und Prozesse von der Salemer Stadt- und Dorfgemeinschaft organisiert, wohingegen in Europa hauptsächlich die Kirche dafür verantwortlich war.
Diese Hausarbeit untersucht den Einfluss der puritanischen Geistlichen auf den Ausbruch der Salemer Hexenprozesse. Einerseits werde ich die Schriften und Werke dreier dieser Personen vorstellen und analysieren, inwieweit sie magisches und die Hexerei betreffendes Gedankengut enthalten und wie dieses die Bücher und Predigten rezipierende Bevölkerung in Neuengland beeinflusst hat. Das damalige Gemeinwesen Salems war puritanisch geführt und organisiert, und der Einfluss dieser christlichen Reformbewegung auf das gesellschaftliche Leben war hoch. Die Fragestellung ist nun diejenige, ob puritanische Geistliche die Hauptverantwortlichen für den Ausbruch der Verfolgungen sind, ob sie als Opfer selbst darunter zu leiden hatten oder ob sich beides die Waage hält.
Zuerst werde ich einen kurzen Abriss über die Geschichte und Herkunft des Puritanismus geben. Danach betrachte ich die puritanische Weltanschauung mit ihren Traditionen hinsichtlich der Familie, der Frau, der Gesellschaft und dem Hexenglauben. Im Folgenden werden drei puritanische Protagonisten der damaligen Zeit vorgestellt und auch der Inhalt und Einfluss ihrer Schriften und /oder Predigten untersucht. Im vierten Teil gehe ich kurz auf andere Ereignisse ein, die auch Einfluss auf das Verhalten der puritanischen Geistlichen und den Ausbruch der Prozesse gehabt haben. Im Schlusswort werde ich die Ergebnisse der einzelnen Analysen zusammenfassen und meine Leitfrage beantworten.
2. Der Puritanismus
2.1. Die Geschichte des Puritanismus
Der Puritanismus (von lat. "puritas“ – „Reinheit“) ist eine kirchliche Reformbewegung, die, beeinflusst vom Genfer Calvinismus und den Hugenotten, eine „Reinigung“ der anglikanischen Kirche von römisch-katholischen Einflüssen anstrebte. Er entstand in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in England, konnte sich dort zunächst aber nicht durchsetzen, da Königin Elizabeth I. mit der Radikalität der Bewegung, die auch politische Forderungen stellte, nichts anfangen konnte.[1]
Seine Blütezeit erlebte der Puritanismus in der Mitte des 17. Jahrhunderts in England. Zu dieser Zeit stürzte Oliver Cromwell den absolutistisch regierenden König Charles I., ließ ihn hinrichten und regierte von 1653 bis 1658 als „Lordprotektor“ England.[2] Cromwells Parlamentsheer bestand aus Puritanern, die während dessen Herrschaft und danach in der Bevölkerung sehr verhasst waren, da man sie für Verwüstungen und Bilderstürme in Kirchen verantwortlich machte. Wegen schon 1593 verabschiedeten Ketzergesetzen,[3] den Verfolgungen unter Charles I. und dem schlechten Ansehen während und nach Cromwells Militärdiktatur emigrierten viele Puritaner im 17. Jahrhundert in die britischen Kolonien nach Neuengland, welches auf dem Staatsgebiet der heutigen USA liegt.. In der Entstehungsphase dieser Kolonien bestand die Bevölkerung hauptsächlich aus Puritanern, ergo wurde der Puritanismus dort zur bestimmenden Religion.
2.2. Puritanische Weltanschauung
Die religiöse Lebensweise der Puritaner richtete sich nach den vier „Soli“[4] der Reformation im Allgemeinen und nach der calvinistischen Lehre im Besonderen.
Die Puritaner sahen die Menschheit als verdorben an, da laut ihrer Lehre der Teufel hinter allen weltlichen Aktivitäten stecke.
Die Familie nahm in der puritanischen Gesellschaftsordnung Neuenglands eine hohe Stellung ein, sie wurde als „Kirche im Kleinen“ bezeichnet. Peter Ramus, ein mittelalterlicher Augustinermönch, beschrieb in seinen Werken eine Theorie, die Individualismus verdammt und behauptet, dass das Individuum nur innerhalb seiner speziellen Beziehungen zu anderen Personen identifizierbar sei. Diese Sichtweise wurde von den Puritanern übernommen. Sie sahen alleinstehende Personen wie Witwen, Witwer, Waisen oder Singles als der Gesellschaft nicht zugehörig an und zwangen sie, sich in familiäre Strukturen zu begeben.[5] Die Familienhierarchie richtete sich nach der göttlichen Ordnung, dass bestimmte Wesen über andere gestellt wurden. Der Vater war der Patriarch und seiner Frau, seinen Kindern und seinen Sklaven übergeordnet.[6]
Die Frau hatte, besonders in Neuengland, innerhalb der Familie eine gewisse Autoritätsposition inne, manchmal war sie sogar das Oberhaupt der Familie (z.B. wenn der Mann nicht oft zuhause war). Diese Privatsphäre nutzte die Frau, um religiöse und moralische Autorität gegenüber ihren Kindern auszuüben. Dieser Status erklärt sich dadurch, dass der Mann als Familienoberhaupt direkt Gott diente. Da dieser menschlichen Schwächen und weltlichen Verführungen ausgesetzt war, die seine Beziehung zu Gott und ergo sein Seelenheil und das seiner Familie bedrohen konnten, brauchte er die Unterstützung und Loyalität seiner Frau in religiösen Dingen.[7]
Die Kinder unterlagen einer strengen Erziehung, bei der v.a. viel Wert auf eine gute und umfassende Bildung gelegt wurde. Das Ziel jener war die Erlangung von Wissen und Frömmigkeit. Dies war in einer Gesellschaft ohne Polizei notwendig, die Familie war der Grundbaustein der Überwachung und Erziehung der Kinder. Ungehorsame Kinder hatten im puritanischen Glauben ihren Ursprung im Ungehorsam der Eltern, diese Störung der Familienhierarchie wurde als Angriff auf die gottgegebene Ordnung gesehen. Diese parentale Unfähigkeit konnte wiederum das Seelenheil der Eltern gefährden, deshalb war diese erzieherische Härte vonnöten.
Geschlechtsverkehr in der Ehe wurde nicht verdammt, sondern im Gegensatz sogar ausdrücklich gefordert, da sonst keine Fortpflanzung stattfinden konnte und somit das Weiterleben der Gesellschaft gefährdet war. Unfruchtbarkeit eines Partners war ein (und übrigens auch der einzige) Scheidungsgrund.[8]
Das puritanische Frauenbild war natürlich auch von göttlichen und biblischen Vorstellungen und Forderungen geprägt. Aufgrund der Erbsünde, der Verführung Adams durch Eva, wurden Frauen generell und pauschal als schlechtere Wesen angesehen. Innerhalb der Familie sollte die Frau die tägliche Arbeit erledigen, sich um die Kinder kümmern und alle „weltlichen“ Entscheidungen treffen, die für die Intaktheit der Familie wichtig waren.[9]
In der gesellschaftlichen Hierarchie kamen sie hinter den Männern, und die Schwachheit des weiblichen Geschlechtes machte sie für diverse Sünden und Fehltritte anfälliger als Männer. Dazu gehörten Verführung, sexuelle Handlungen, Teufelsbuhlschaften und ähnliche Dinge, die sich gegen die Ansichten und Richtlinien der puritanischen Geistlichen richteten.
Der puritanische Hexenglaube ähnelte größtenteils den Elementen des europäischen Hexenglaubens, der zu den dortigen Verfolgungswellen geführt hat. Eine Hexe wurde als eine Person betrachtet, die gegen Gott rebelliert und sich von diesem ab- und dem Teufel zuwendet. Viele Situationen konnten den Betroffenen als Teufelspakt ausgelegt werden, so z.B. Verletzung des Sabbats oder die offene Ablehnung eines Gesetzes über Blasphemie.[10] Auch wurden der Bevölkerung unerklärliche Phänomene wie Seuchen, Naturkatastrophen oder Missernten Personen zur Last gelegt, die dann als „Hexen“ diffamiert wurden.
[...]
[1] Theologische Realenzyklopädie, hg. v. Gerhard Krause/Gerhard Müller, Berlin/New York 1983, S.551 (im Folgenden zitiert als „Krause, Realenzyklopädie“).
[2] http://www.heiligenlexikon.de/BiographienO/Oliver_Cromwell.htm (Stand: 14.9.09, 21:42h).
[3] Foster, Stephen: The Long Argument. English Puritanism and the Shaping of New England Culture, 1570-1700, Chapel Hill/London 1991, S. 56 (im Folgenden zitiert als “Foster, Puritanism”).
[4] Sola fide (der Mensch wird nicht durch gute Taten gerechtfertigt, sondern durch seinen Glauben); Sola gratia (der Mensch kann nur durch die Gnade Gottes errettet werden, eigenes Handeln ist nutzlos); Sola scriptura (allein die Heilige Schrift ist die Grundlage des christlichen Glaubens, nicht die kirchliche Tradition); Solus Christus (nur Christus hat Autorität über die Gläubigen; nicht die Kirche).
[5] http://www.christianchronicler.com/history1/puritan_scene.html (Abschnitt I - “Types of English Puritanism”, 7. Absatz) (Stand: 15.9.09, 23:58h) (im Folgenden zitiert als “christianchronicler.com”)
[6] Karlsen, Carol F.: The Devil in the Shape of a Woman. Witchcraft in Colonial New England, New York/London 1998, S.163 (im Folgenden zitiert als “Karlsen, Devil”).
[7] Ebd., S.165.
[8] christianchronicler.com (Abschnitt I - “Types of English Puritanism” (letzter Absatz) (Stand: 15.9.9, 23:42h)
[9] Karlsen, Devil, S.170.
[10] Ebd., S.120.