Reflexion als Gesellschaftskritik. Untersuchung am Roman "The rules of attraction" von Bret Easton Ellis


Seminararbeit, 2006

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

0 Einleitung

1 Hauptteil
1.1 Romaninhalt
1.2 Bret Easton Ellis' biographischer Hintergrund
1.3 Kurzer soziologischer Überblick: das Amerika der achtziger Jahre
1.4 Textanalyse
1.5 Formen der Medialisierung in The rules of attraction
1.6 Kleiner Exkurs zum Krisendiskurs ,Mann‘

2 Fazit

Literaturverzeichnis

0 Einleitung

„Sie können zwar befolgen, wozu Sie die Gesellschaft drängt, die Ihnen Glück verspricht — aber das Glück kommt nicht. Weil hinter den Fassaden dieser Gesellschaft nichts ist. Mehr noch: weil dieses Nichts bis oben hin mit Scheiße gefüllt ist. Weil es keine Liebe gibt, keinen Gemeinschaftssinn und keine Selbsterkenntnis.“

(Bret Easton Ellis)[1]

Seit seinem 1985 erschienen Debütroman Less than zero gilt Bret Easton Ellis als einer der Vorreiter des postmodernen Adoleszenzromans. Zwei Jahre später veröffentlichte der damals 23jährige Collegestudent seinen zweiten Roman The rules of attractiof.[2] Die „völlig tabulose Darstellung von Sexualität, Alkoholismus und Drogenexzessen“[3] und die „Techniken einer filmischen Schreibweise, die durch schnelle Schnittfolgen und rasante Dialoge bestimmt wird“[4], ernteten vor allen Dingen von älteren LeserInnen erbitterte Proteste. Dieser neuen Gattung des Adoleszenzromans und deren Autorinnen — neben Ellis zählten z. B. auch Jay Mclnerney, Michael Chabon und Tama Janowitz zu den so genannten „angry young americans“[5] — wurde der Vorwurf gemacht, dass sie den „unausgesprochenen Konsens [unterlaufen], der sich seit 1968 in weiten Teilen des Jugendliteraturbetriebs durchgesetzt hat, nach dem Jugendliteratur primär der Gesellschaftskritik [...] zu dienen und zumindest ein paar richtige Handlungsweisen für den Alltag zu vermitteln hatte“[6]. In meiner Arbeit möchte ich anhand von Bret Easton Ellis' Biographie und Textbeispielen aus The rules of attraction aufzeigen, dass Ellis in seinem Roman, der in den 80ern spielt, einer Dekade, die er selbst als ein „ausgesprochen hässliches Jahrezehnt“[7] bezeichnet, durchaus Gesellschaftskritik mit Hilfe einer schonungslosen Reflexion betreibt. Dabei werde ich vor allen Dingen auf die Kultur des Amerikas der achtziger Jahre eingehen, die von Konsum, Hedonismus und Egoismus geprägt war und ich werde jedes Phänomen mit Textbeispielen untermauern. Im Kapitel 1.6 setze ich mich mit einigen Thesen aus Ines Kappert's Text

Krisendiskurs ,Mann‘: Ermächtigung auf Umwegen (Fight Club, American Psycho)[8] auseinander und untersuche inwieweit dieser Diskurs auch Thema in Bret Easton Ellis' Roman The rules of attraction ist.

1 Hauptteil

1.1 Romaninhalt

Der Roman schildert das Leben einiger Camden-College-StudentInnen an der US-Ostküste. Der verarbeitete Wirklichkeitsausschnitt beträgt 4 Monate und beginnt im September 1985. Das Besondere an The rules of attractioin ist, dass der Roman aus der Sichtweise der ProtagonistInnen geschrieben ist (es gibt 13 Ich-ErzählerInnen). Da somit einzelne Erlebnisse aus verschiedenen Sichtweisen erzählt werden, die sich teilweise sehr von einander unterscheiden, und es keinen heterodiegetischen Erzähler gibt, existiert in diesem Roman keine ultimative Wahrheit. Es ist dem Leser überlassen, wem er glaubt. Die HauptprotagonistInnen sind Sean Bateman, Paul Denton und Lauren Hynde.

Sean Bateman (der jüngere Bruder von Patrick Bateman, der Hauptfigur in dem 1994 erschienenen Roman American Psycho von Ellis) ist Student und Drogendealer, sein Hauptfach hat er vergessen, er ist verliebt in Lauren, hat aber selber eine Verehrerin, die sich aus Liebeskummer umbringt. Lauren Hynde studiert erst Kunst im Hauptfach, wechselt dann zu Literatur, war einmal mit Paul zusammen und ist verliebt in Victor. Paul Denton studiert im Hauptfach Theaterwissenschaft und verliebt sich in Sean.

Gemeinsam mit ihren KommilitonInnen studieren und leben sie am Camden-College bzw. auf dem Campus — eine dekadente Szene von Jugendlichen, deren reiche Eltern fast alle geschieden sind oder getrennt leben. Auf dem Campus gibt es fast täglich Partys — Feuchter Mittwoch, Durstiger Donnerstag, Partys auf dem Friedhof, Partys am ,End of the World‘, Freitagabend­Partys, Vor-Samstagabend-Party-Partys, Sonntagnachmittag-Partys, Bums-Klamotten-Partys — mit dem Ziel, sich mit Hilfe von Alkohol, Haschisch, Kokain, Speed, Acid, LSD, MDMA, XTC, Heroin etc. zu bedröhnen und im Idealfall mit jemanden im Bett zu landen.

1.2. Bret Easton Ellis' biographischer Hintergrund

Bret Easton Ellis (* 7. März 1964 in Los Angeles) verwahrt sich beharrlich gegen den Vorwurf, seine schockierenden Romane seien Vertreter des „,splatter punk‘ genre“ und bezeichnet sich selbst als „Moralist, der realistisch den Irrsinn der Welt darstellt“.[9] Ellis, der wie seine ProtagonistInnen aus reichem Elternhaus stammt und ebenfalls lange Zeit Probleme mit Drogen hatte, ging in Beverly Hills auf die Buckley-High-School, die er selbst als sehr korrupt in Erinnerung hat. Er erzählt, dass man die LehrerInnen zum Essen in feine Restaurants ausführte, um seine Noten zu verbessern (in seinem Roman tun die Studentinnen dies mit Sex). Danach besuchte er das Bennington-College und traf hier das erste Mal auf Leute, die — genau wie er — an Kunst und dem Verfassen von Geschichten interessiert waren. Er berichtet von einer hedonistischen Lebensweise auf dem College, welche fast dazu führte, dass er selbst die Kontrolle verlor und er kurz davor stand, vom College zu fliegen.[10] In dieser Zeit entstanden seine beiden Romane Less than zero (1985) und The rules of attraction (1987). Zu seinem zweiten Roman äußert er sich wie folgt: „Ich wollte damals das Universitätsleben in diesem Land so zeigen, wie es wirklich ist. Es geht vor allem um Sex. Das war das Hauptziel auf dem College — jemanden ins Bett zu kriegen.“[11] „Movies had a big influence on my writing. So did rock music.“[12] erzählt Ellis und tatsächlich bedient er sich in seinem Roman The rules of attraction offen der spezifischen sprachlichen und formalen Stilmittel der Rock- und Popmusik, der Videoclips, der Filme und der Graffiti-Kunst der achtziger Jahre. Darauf und auf die Widerspiegelung des ,lifestyles‘ der achtziger Jahre in seinem Roman werde ich im Kapitel 1.4 eingehen.

1.3 Kurzer soziologischer Überblick: das Amerika der achtziger Jahre

Die finanzielle Situation der Vereinigten Staaten war Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre sehr kritisch. Die USA waren zu dieser Zeit die am höchsten verschuldete Nation der Welt, die Arbeitslosenquote im eigenen Land war seit 1975 nicht mehr gesunken und erreichte ihren Höhepunkt 1982 — und dies obwohl die USA die längste Phase wirtschaftlicher Expansion in ihrer Geschichte erlebten. Arbeiterinnen (Angehörige der ,middle class‘) konnten keinen Anstieg ihrer realen Löhne verzeichnen, ganz im Gegensatz zu Angehörigen der ,upper-middle-class‘, die z.B. als Geschäftsleute, Banker oder JuristInnen Spitzenverdienste erzielten. Die Folge war eine ständige Vergrößerung der Kluft zwischen arm und reich. Eine große Unsicherheit verbreitete sich, die Menschen bangten um ihre Existenz. Jedoch folgte daraufhin nicht die Abkehr vom Materialismus und Rückgang der Kaufkraft — ganz im Gegenteil: die achtziger Jahre wurden zum Jahrzehnt des Konsums. In dieser Zeit wird zwanghaftes Kaufverhalten zum Gegenstand psychologischer Untersuchungen, da es in einem erschreckenden Ausmaß auftrat. In den unsicheren wirtschaftlichen Jahren gewannen Statussymbole an Bedeutung und Erfolg wurde

[...]


[1] Mocek, Ingo: Ich habe meinen Vater gehasst. In: Neon, 02/06, S. 130.

[2] Die Originalausgabe erschien 1987 unter dem Titel The Rules of Atttraction by Simon & Schuster, New York.

[3] Kaulen, Heinrich: Fun, Coolness und Spaßkultur? Adoleszenzromane der 90er Jahre zwischen Tradition und Postmoderne. In: Deutschunterricht. 1999, S. 332.

[4] Ebd.

[5] Vgl. Pattensen, Henryk: Jugend und Sucht. Drogenkonsum im aktuellen Jugendroman. In: Ewers, Hans-Heino (Hrsg.): Jugendkultur im Adoleszenzroman. Jugendliteratur der 80er und 90er zwischen Moderne und Postmoderne. Weinheim und München, 1994, S. 96.

[6] Kaulen, Heinrich: Fun, Coolness und Spaßkultur? Adoleszenzromane der 90er Jahre zwischen Tradition und Postmoderne. In: Deutschunterricht. 1999, S. 333.

[7] Gächter, Sven: Der Literaturskandal des Jahres. In: Wiener 10/1991, S.148-153.

[8] Kappert, Ines: „Krisendiskurs ,Mann‘: Ermächtigung auf Umwegen (Fight Club, American Psycho). In: Baisch, Katharina/Gutjahr, Ortrud/Kappert, Ines/Schuller, Marianne/Strowick, Elisabeth (Hrsg.): Gender Revisited. Subjekt und Politikbegriffe in Kultur und Medien. Stuttgart; Weimar, 2002, S. 251-267.

[9] Gerrard, Nicci: „Bret and the Beast in the Corner“. In: Life, 10/1994, S. 16; zit. n.: Semmler-Schmetz: Die Entwicklung der ,Anti-Success-Story‘, S. 261.

[10] Vgl. An Interview with Bret Easton Ellis by Jamie Clark. Verfügbar unter: http://www.geocities.com /Athens/Forum/8506/Ellis/clarkeint.html (Stand: März 2006)

[11] Interview mit Bret Easton Ellis von Karolina Burbach. Verfügbar unter: http://www.dw-world.de/dw/article/0.2144.1852317.00.html (Stand: März 2006)

[12] Interview. Verfügbar unter: http: / /www.randomhouse.com /boldtype /0199/ellis/interview.html (Stand: März 2006)

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Reflexion als Gesellschaftskritik. Untersuchung am Roman "The rules of attraction" von Bret Easton Ellis
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
16
Katalognummer
V160255
ISBN (eBook)
9783640733484
ISBN (Buch)
9783640734122
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gender, Geschlecht, Männlichkeit, Bret Easton Ellis, Gesellschaftskritik
Arbeit zitieren
Melanie Bossen (Autor:in), 2006, Reflexion als Gesellschaftskritik. Untersuchung am Roman "The rules of attraction" von Bret Easton Ellis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160255

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