Durch die Nähe zum Buch Hiob rückt der Prolog im Himmel in den Kontext der Theodizee. Auch im Prolog versammelt der Herr die „himmlischen Heerscharen“ um sich, das Diabolische in Person von Mephistopheles tritt hinzu und es kommt zum Zwiegespräch. Zwar ist es – wie im Buch Hiob – der Herr, der das Gespräch auf seinen „Knecht“ (299) lenkt, doch zeigt sich, dass Goethe im Vergleich zum Hiobsbuch fundamentale Umwertungen vornimmt und die Figuren ihrer alttestamentarischen Herkunft und Denkweisen entfremdet.
Goethe fügt mit dem Zwiegespräch zwischen dem Herrn und Mephistopheles und der daraus sich ergebenden „Wette“ (331) eine neue Dimension in den Fauststoff und sprengt durch die Einbettung in eine kosmologische Ordnung die Tradition seiner Bearbeitungen. Er erhebt den Mythos des nach Entgrenzung strebenden Teufelsbündlers auf eine höhere Stufe der Generalisierbarkeit, er macht das Faustdrama zum universalen Menschheitsdrama. Durch die Verdoppelung des Paktes gewinnt die Durchdringung der Weltenkreise durch Faust und Mephistopheles einen jenseitigen Horizont.
Die These ist, dass es Goethe gelingt, durch die im Prolog vollzogenen Umwertungen christlicher Traditionen in Bezug auf die Vorstellungen von Engeln, Teufel und Sünde, sowie durch die Darstellung der daraus sich ergebenden kosmischen Ordnung, seiner Tragödie eine Offenheit zuteil werden zu lassen, die das Werk den Umwälzungen der Zeit enthebt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Hüter und Behütete
- II. Advocatus hominis
- III. Einigkeit und Recht und Freiheit
- IV. Konfiguration des Disparaten
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit analysiert den Prolog im Himmel aus Goethes Faust. Sie verfolgt das Ziel, die im Prolog dargestellten kosmologischen und theologischen Konzepte im Kontext der zeitgenössischen Debatten zu beleuchten und die Bedeutung des Prologs für die Gesamtinterpretation des Dramas zu untersuchen.
- Die Beziehung zwischen Mensch und göttlicher Ordnung
- Die Rolle von Mephistopheles und die Konzeption des Teufels
- Die Darstellung von Moral und Sündhaftigkeit im Prolog
- Der Einfluss des Hiobbuches auf den Prolog im Himmel
- Die Einbettung des Prologs in eine kosmologische Ordnung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Bedeutung des Prologs im Himmel als einführende Sequenz zu Goethes Faust heraus und erläutert seine Funktion im Kontext der Gesamtstruktur des Dramas. Der Prolog wird in Verbindung mit dem Hiobbuch gebracht, wodurch die Frage nach Gottes Rechtfertigung angesichts des Leids in der Welt in den Vordergrund gerückt wird.
I. Hüter und Behütete
In diesem Kapitel werden die drei Erzengel Raphael, Gabriel und Michael im Kontext ihrer Lobgesänge auf die göttliche Schöpfung analysiert. Ihre Aussagen verdeutlichen den Glauben an eine übergeordnete Ordnung und Teleologie, die alle Brüche und Inkongruenzen in einen konsistenten Schöpfungsmythos subsumieren. Der Vergleich mit dem Hiobbuch legt die Annahme nahe, dass die Engel eine bestimmte Ideologie vertreten, die ethische Fragen zugunsten einer positivistischen Machtkonstellation unterdrückt.
II. Advocatus hominis
Dieses Kapitel behandelt den Auftritt Mephistopheles und seine Konfrontation mit dem Herrn. Es wird die Frage nach dem Verhältnis von Mensch und Teufel und der Funktion des Teufels im Kontext der kosmologischen Ordnung erörtert. Des Weiteren wird die Bedeutung des Paktes zwischen Mephistopheles und Faust im Rahmen der Gesamtinterpretation des Dramas beleuchtet.
III. Einigkeit und Recht und Freiheit
Der dritte Abschnitt analysiert die in diesem Kapitel erörterten Themen der „Einigkeit und Recht und Freiheit“ im Kontext des Faust-Stoffes. Dabei wird der Bezug zur politischen und gesellschaftlichen Situation des 18. Jahrhunderts hergestellt und die Frage nach der Bedeutung dieser Konzepte im Zusammenhang mit der Entwicklung der Figur Fausts beleuchtet.
IV. Konfiguration des Disparaten
In diesem Kapitel wird die Konzeption des Disparaten, also des Ungleichartigen und Gegensätzlichen, im Prolog im Himmel untersucht. Die Analyse konzentriert sich auf die Darstellung von Moral und Sündhaftigkeit in der göttlichen Ordnung und die Auswirkungen dieser Konzepte auf die Handlung des Dramas.
Schlüsselwörter
Schlüsselwörter der Seminararbeit sind: Faust, Prolog im Himmel, Hiobbuch, Theodizee, kosmologische Ordnung, göttliche Ordnung, Moral, Sündhaftigkeit, Mephistopheles, Engel, göttliches Heilsplan, Teleologie, Sphärenharmonie, Disparat, Mensch, Natur, Schöpfung, Einigkeit, Recht, Freiheit, Literatur, Dramenanalyse, J.W. Goethe.
- Arbeit zitieren
- Bernd Jäger (Autor:in), 2006, Zu Goethes "Prolog im Himmel" im Faust , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160718