Für seine Theorie sozialer Systeme erhebt Niklas Luhmann „Universalitätsansprüche.“ Folgerichtig ist daher seine „Annahme, dass eine auf Universalität abzielende Gesell-schaftstheorie nicht ignorieren kann, dass es Kunst gibt.“
Während die Gesellschaft in früheren Epochen hierarchisch strukturiert war, findet sich in der Moderne eine funktional differenzierte Gesellschaft vor: An die Stelle einer Glie-derung in Stände oder Schichten ist die Ausbildung unterschiedlicher Funktionssyste-me getreten. Diese Funktionssysteme konstituieren sich durch eine je eigene Ausprä-gung bestimmter Parameter ; sie bestehen „nicht nur im Theoriekonzept, sondern auch in der sozialen Wirklichkeit“ . Eines der von Luhmann eingehend beschriebenen ge-sellschaftlichen Teilsysteme ist die Kunst.
Obwohl Luhmann selbst bisweilen auch von der „Gesellschaft und ihre(n) Subsyste-me(n)“ spricht, sollen in der Folge die Begriffe des Teilsystems und insbesondere des gesellschaftlichen Funktionssystems durchgehalten werden, um unerwünschte Implika-tionen i.S.e. traditionellen Differenzierung von Teil und Ganzem, die Luhmann aus-drücklich zurückweist , zu vermeiden. Dass die funktionale Differenzierung sich durch-gesetzt hat, zeigt sich für ihn nämlich daran, dass sie sich „nicht mehr mit einer Ganz-heitsidee übergreifen“ lässt.
In der vorliegenden Arbeit soll – nach schwerpunktmäßigen Ausführungen zu Luh-manns Betrachtung von Kunst auf der Werkebene – zunächst das gesellschaftliche Teilsystem Kunst vorgestellt werden. Dabei sollen die Besonderheiten der systemtheo-retischen Sicht auf die Kunst deutlich gemacht werden. Auf der Grundlage dieser Dar-stellung soll dann untersucht werden, worin die interne Rationalität des gesellschaftli-chen Funktionssystems Kunst konkret bestehen könnte. Dabei wird zu prüfen sein, welche Weiterungen sich aus einem solchen Präzisierungsversuch für die Rezeption der Luhmannschen Theorie ergeben könnten.
Angemerkt sei, dass, sofern es erforderlich ist, in gebotener Knappheit Beispiele he-ranzuziehen, diese auf den Bereich der Bildenden Kunst – und hier insbesondere auf die Malerei – beschränkt bleiben sollen. Der neuen Rechtschreibung angepasste Schreibweisen in Zitaten wurden (da hier inhaltlich unproblematisch) ‚neu’ belassen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das gesellschaftliche Funktionssystem Kunst
- Kunst als Kunstwerk
- Kunst als gesellschaftliches Funktionssystem
- Zu Luhmanns Auffassung der Kunst als gesellschaftlichem Funktionssystem
- Systemrationalität des gesellschaftlichen Funktionssystems Kunst
- Rationalität sozialer Systeme
- Die Rationalität des gesellschaftlichen Funktionssystems Kunst
- Zu Luhmanns Auffassung von der internen Rationalität des gesellschaftlichen Funktionssystems Kunst
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Kunst als gesellschaftliches Funktionssystem im Kontext von Niklas Luhmanns Systemtheorie. Die Arbeit zielt darauf ab, die Besonderheiten der systemtheoretischen Sicht auf Kunst aufzuzeigen und Luhmanns Auffassung von der internen Rationalität des Kunstsystems zu erforschen. Dabei werden die zentralen Aspekte der Kunstproduktion und -rezeption aus systemtheoretischer Perspektive beleuchtet.
- Die Kunst als gesellschaftliches Funktionssystem und ihre spezifische Rationalität
- Luhmanns Konzept der Autoreferenzialität und seine Anwendung auf das Kunstsystem
- Die Funktion der Kunst in der modernen, funktional differenzierten Gesellschaft
- Die Unterscheidung zwischen Kunstwerk und alltäglichem Objekt aus systemtheoretischer Sicht
- Die Rolle des Beobachters und der Wahrnehmung in der Rezeption von Kunst
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt Luhmanns Theorie sozialer Systeme und seine Analyse der Kunst als gesellschaftliches Funktionssystem vor.
- Kapitel 2 beleuchtet das Kunstwerk als Artefakt und die Entstehung von Kunst als gesellschaftliches Funktionssystem. Es werden Luhmanns Überlegungen zur Unterscheidung zwischen Kunstwerk und alltäglichem Objekt sowie die Bedeutung des Beobachters für die Rezeption von Kunst erläutert.
- Kapitel 3 widmet sich der Systemrationalität des gesellschaftlichen Funktionssystems Kunst. Es werden Luhmanns Konzepte der Rationalität sozialer Systeme und die interne Rationalität des Kunstsystems besprochen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich zentralen Begriffen und Themen aus Luhmanns Systemtheorie, die im Kontext der Kunst relevant sind. Dazu gehören: gesellschaftliches Funktionssystem, Kunstwerk, Autoreferenzialität, interne Rationalität, Beobachtung, Systemdifferenzierung, Code, Selektion, Kommunikation, Beobachtung, Differenz, Unterscheidung, Kunstproduktion, Kunstrezeption.
- Quote paper
- M.A. Monica Blümle (Author), 2005, Das gesellschaftliche Funktionssystem Kunst bei Luhmann, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160776