Mme de Staël war die erste aristokratisch geprägte Frau, die - mittels ihres Genies und auf revolutionäre Art -einen besonderen Stellenwert innerhalb der französischen Romantik einnahm, indem sie ihren politischen und literarischen Zielen Ausdruck verlieh. Als ihr Roman Corinne ou l’Italie im Jahre 1807 erschien, war Mme de Staël bereits in Europa bekannt als Autorin von De la littérature (1800), welches zu den ersten ihrer literarischen Erfolge zählt. Besonders als Frau war sie in der Umsetzung ihrer politischen wie auch literarischen Ziele oft eingeschränkt. Sie litt sehr unter diesen Bedingungen und kreierte - dem damaligen Frauenbild entgegengesetzt - intellektuell überlegene und verkannte Heldinnen, die an gesellschaftlichen Vorurteilen scheitern. Die Heldin des Romans Corinne besitzt ein hohes Maß an künstlerischer und intellektueller Begabungen und wird als weibliches Genie in Verbindung gebracht mit dem Göttlichen. Jedoch reicht ihr dieses Genie nicht, um den Gegenkräften der Gesellschaft standzuhalten. Anhand dieses Scheiterns des Genies scheint Mme de Staël davon überzeugt zu sein, daß die Rolle der Frau innerhalb der Gesellschaft nicht zu vergleichen ist mit der des Mannes.1 Besonders wenn man Frau und Genie in einem ist, gibt es doch eine Kehrseite des Genies, welche Mme de Staël an ihrer Heldin Corinne zu illustrieren versucht. Ein wesentliches Element, das zum Scheitern des weiblichen Genies beiträgt, ist der Aspekt der Liebe. An dieser Stelle ein Zitat aus Mme de Staëls Drama Sapho (1811): „Vois l’état où je suis; les génie des femmes est comme un arbre qui s’élève jusqu’aux nues, mais dont les faibles racines ne peuvent résister à la tempête“2. In der vorliegenden Arbeit sollen nun nach einer Definition des Genies die spezifisch für das weibliche Genie mögliche Entwicklung anhand von Corinne untersucht werden. Dabei soll das literarisch fortschrittliche Gedankengut Mme de Staëls als Leitfaden fungieren, was auch erste Anhaltspunkte für eine inhaltliche Interpretation liefert. Den letzten Teil der Arbeit bildet die Zusammenfassung bzw. das Fazit, wobei die wesentlichen Intentionen des Romans Corinne zusammengefasst werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Definition und Entwicklung des Geniebegriffs
- 2. Einblick in die Geniekonzeption bei Mme de Staël
- 2. 1 Die Bedeutung Italiens im Roman
- 2. 2 Die Bedeutung Englands im Roman
- 2. 3 Corinne
- 2. 4 Oswald
- 2. 5 Corinne vs. Lucile
- 3. Fazit
- 4. Verwendete Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Konzeption des weiblichen Genies in Mme de Staëls Roman „Corinne ou l'Italie“ im Kontext der französischen Romantik. Sie analysiert, wie Mme de Staël das weibliche Genie im Spannungsfeld zwischen Selbstverwirklichung und Wahnsinn darstellt und welche Rolle gesellschaftliche Vorurteile dabei spielen.
- Definition und Entwicklung des Geniebegriffs in der Klassik und der Romantik
- Mme de Staëls Geniekonzeption im Kontext ihrer Zeit
- Die Darstellung des weiblichen Genies in der Figur der Corinne
- Die Bedeutung von Liebe und gesellschaftlichen Erwartungen für das Schicksal des weiblichen Genies
- Die Rolle des Romans als Plattform für Mme de Staëls politische und literarische Ziele
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Mme de Staël als eine bahnbrechende Frau ihrer Zeit vor, die mit ihrem Genie und ihren revolutionären Ideen die französische Romantik prägte. Sie skizziert die Herausforderungen, denen Mme de Staël als Frau im Hinblick auf ihre politischen und literarischen Ziele begegnete, und führt die Heldin Corinne als Beispiel für eine intellektuell überlegene Frau ein, die an gesellschaftlichen Vorurteilen scheitert. Kapitel 1 definiert und beschreibt die Entwicklung des Geniebegriffs von der Klassik zur Romantik. Dabei wird auf die Veränderung der Bedeutung von Vernunft, Natur, Imagination und Enthusiasmus im Zusammenhang mit dem Geniebegriff eingegangen. Kapitel 2 konzentriert sich auf Mme de Staëls Geniekonzeption und untersucht ihre Bedeutung für den Roman „Corinne ou l'Italie“. Es werden die Rolle Italiens und Englands im Roman, die Figur der Corinne, sowie die Figuren des Oswald und der Lucile analysiert, um die Spannungen zwischen dem weiblichen Genie, Selbstverwirklichung und Wahnsinn zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Das weibliche Genie, Corinne ou l'Italie, Mme de Staël, französische Romantik, Selbstverwirklichung, Wahnsinn, gesellschaftliche Vorurteile, Geniebegriff, Klassik, Romantik, Liebe, politische Ziele, literarische Ziele, intellektuelle Überlegenheit.
- Arbeit zitieren
- Emel Deyneli (Autor:in), 2003, Das weibliche Genie im Spannungsfeld zwischen Selbstverwirklichung und Wahnsinn anhand von "Corinne ou l'Italie", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16085