Das Monströse, das Abweichende, hat zu jeder Zeit eine besondere Faszination auf Menschen ausgeübt. Es ruft zwiespältige Gefühle hervor, die zwischen Neugier und Schaudern, Anziehung und Ekel, Lust und Angst variieren. Der Umgang mit monströsen und unerklärlich scheinenden Phänomenen war je nach Weltanschauung und dem Stand der Wissenschaft der betreffenden Epochen Veränderungen unterworfen, ebenso wie die Ansichten darüber, was überhaupt dem Bereich des Monströsen zugerechnet wurde. Dabei geriet zunehmend auch der rechtliche Status des Monsters ins Blickfeld, da es nicht nur gegen die Gesetze der Natur, sondern auch gegen die der Medizin und des Gerichtssystems verstieß. Im 19. Jahrhundert verschwand das Monster allmählich und wurde durch die neue Wissenschaft der Teratologie, sowie durch die Psychiatrie, welche sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts als ein Zweig der Medizin etablierte, erklärbar und kategorisierbar gemacht. Man sprach schließlich eher von Anomalien als von Monstrositäten, wobei auch die Vererbungslehre und die Begriffe der Degeneration und Entartung an Bedeutung gewannen.
Das Monströse an sich besitzt immer Inszenierungscharakter, ob gewollt oder ungewollt, da es unweigerlich die Blicke, die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Dadurch erklärt sich die Wahl des Titels für diese Arbeit. Es werden verschiedene Aspekte und Erscheinungsformen vorgestellt, die im 19. Jahrhundert in den Bereich des Monströsen fallen. Dabei wird zunächst allgemein der Umgang mit monströsen Phänomenen im 19. Jahrhundert umrissen, anschließend geht es um ästhetisch-philosophische Ansätze zur Faszination des Schrecklichen, sowie um die Ästhetisierung des Pathologischen am Beispiel der Hysterie; weiterhin wird die Art und Weise, wie mit Wahnsinnigen und Verbrechern im 18. und 19. Jahrhundert verfahren wurde, untersucht, während sich das vierte Kapitel speziell mit dem Umgang mit und den wissenschaftlichen Ansichten zu ‚normaler’ und ‚anormaler’ Sexualität im 19. Jahrhundert beschäftigt. Im letzten Abschnitt werden die Erscheinungsformen des Monströsen in fünf ganz unterschiedlichen literarischen Werken beleuchtet, von Marquis de Sade am Ende des 18. Jahrhunderts bis hin zu Oscar Wilde im ausgehenden 19. Jahrhundert. Wie zu sehen sein wird, sind alle genannten Elemente – die Kriminalität, der Wahnsinn, die Sexualität und die Literatur - eng miteinander verwoben, sie ergänzen sich und gehen zunehmend ineinander über.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Erscheinungsformen des Monströsen im 19. Jahrhundert
- Die Ästhetik des Monströsen
- Die Ästhetisierung des Anderen
- Der ärztliche Blick und die Inszenierung der Hysterie
- Wahnsinn und Kriminalität
- Wahnsinn
- Kriminalität
- Die Inszenierung von Bestrafung
- Sexualität und Devianz
- Sexualität und Gesellschaft: Geschlechterrollen im 19. Jahrhundert
- Sexualität und Wissenschaft: Die Pathologisierung von Sexualität
- Sexualität und Kriminalität: Das Problem der Prostitution
- Das sexuelle Monster: Der Hermaphrodit
- Literatur und Monstrosität im 19. Jahrhundert
- Marquis de Sade: Die Philosophie im Boudoir
- E.T.A. Hoffmann: Die Elixiere des Teufels
- Thomas De Quincey: On Murder
- Charles Baudelaire: Die Blumen des Bösen
- Oscar Wilde: The Picture of Dorian Gray
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht die Inszenierung von Monstrosität im 19. Jahrhundert. Ziel ist es, die vielfältigen Erscheinungsformen des Monströsen in diesem Zeitraum zu beleuchten und deren Darstellung in verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten zu analysieren. Die Arbeit betrachtet dabei den Wandel der Wahrnehmung und des Umgangs mit dem Monströsen vor dem Hintergrund der sich entwickelnden Wissenschaften, insbesondere der Teratologie und Psychiatrie.
- Wandel der Wahrnehmung von Monstrosität im 19. Jahrhundert
- Die Ästhetisierung des Monströsen und des Pathologischen
- Der Umgang mit Wahnsinn und Kriminalität
- Die gesellschaftliche Konstruktion von „normaler“ und „abnormaler“ Sexualität
- Die Darstellung von Monstrosität in der Literatur des 19. Jahrhunderts
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Inszenierung von Monstrosität im 19. Jahrhundert ein und beschreibt die ambivalenten Reaktionen auf das Monströse. Sie hebt die Bedeutung des Wandels in der Wahrnehmung und Kategorisierung des Monströsen im Kontext der sich entwickelnden Wissenschaften hervor, von der Vorstellung von Missbildungen durch Imagination bis zur Etablierung der Psychiatrie und der Vererbungslehre. Der Fokus liegt auf der Vielfältigkeit der Devianz und ihrer Darstellung in verschiedenen Bereichen des Lebens. Die Rolle der Frau im 19. Jahrhundert und die damit verbundenen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Ansichten über Sexualität werden als besonders relevanter Aspekt erwähnt.
Erscheinungsformen des Monströsen im 19. Jahrhundert: Dieses Kapitel liefert einen Überblick über die verschiedenen Erscheinungsformen von Monstrosität im 19. Jahrhundert. Es werden die noch immer bestehenden Vorstellungen über die Entstehung von Missbildungen, die Verbindung von Verbrechen und Wahnsinn, und die vielfältigen Kategorien sexueller Abweichungen behandelt. Die Arbeit betont den Einfluss religiöser und moralischer Vorstellungen auf die wissenschaftliche Literatur. Das Kapitel bereitet den Weg für die detailliertere Untersuchung der folgenden Kapitel.
Die Ästhetik des Monströsen: Dieses Kapitel erörtert die ästhetisch-philosophischen Ansätze zur Faszination des Schrecklichen und die Ästhetisierung des Pathologischen, insbesondere am Beispiel der Hysterie. Es beleuchtet den „ärztlichen Blick“ und seine Rolle in der Inszenierung von Krankheit und Abweichung. Das Kapitel analysiert, wie das Monströse ästhetisch inszeniert und gleichzeitig pathologisiert wurde.
Wahnsinn und Kriminalität: Hier wird die Behandlung von Wahnsinnigen und Verbrechern im 18. und 19. Jahrhundert untersucht. Der Fokus liegt auf den Ausschließungs- und Einschließungsmechanismen und dem Wandel hin zu einer Anerkennung von Wahnsinn als behandelbare Krankheit. Die Entwicklung des Begriffs der Delinquenz und die Verschiebung der Schwerpunkte von Bestrafung hin zu Prävention und Resozialisierung werden ebenfalls thematisiert.
Sexualität und Devianz: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Umgang mit und den wissenschaftlichen Ansichten zu „normaler“ und „abnormaler“ Sexualität im 19. Jahrhundert. Es werden die Geschlechterrollen, die Pathologisierung von Sexualität, das Problem der Prostitution und die Darstellung des Hermaphroditen als „sexuelles Monster“ analysiert. Der Einfluss gesellschaftlicher Normen auf die Konstruktion von Sexualität und Devianz wird ausführlich untersucht.
Literatur und Monstrosität im 19. Jahrhundert: In diesem Kapitel werden verschiedene literarische Werke analysiert, um die Erscheinungsformen des Monströsen zu beleuchten. Es werden die unterschiedlichen Strategien der Autoren im Umgang mit Monstrosität untersucht, vom Marquis de Sade bis zu Oscar Wilde. Die Werke werden in Bezug auf ihre Darstellung von Sexualität, Wahnsinn, Verbrechen und Ästhetisierung des Hässlichen analysiert.
Schlüsselwörter
Monstrosität, 19. Jahrhundert, Ästhetik, Pathologie, Hysterie, Wahnsinn, Kriminalität, Sexualität, Devianz, Literatur, Sade, Hoffmann, De Quincey, Baudelaire, Wilde, Teratologie, Psychiatrie, Geschlechterrollen, gesellschaftliche Normen, Inszenierung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Magisterarbeit: Inszenierung von Monstrosität im 19. Jahrhundert
Was ist der Gegenstand dieser Magisterarbeit?
Die Magisterarbeit untersucht die vielfältigen Erscheinungsformen von Monstrosität im 19. Jahrhundert und analysiert deren Darstellung in verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten. Sie beleuchtet den Wandel der Wahrnehmung und des Umgangs mit dem Monströsen vor dem Hintergrund der sich entwickelnden Wissenschaften, insbesondere der Teratologie und Psychiatrie.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt unter anderem den Wandel der Wahrnehmung von Monstrosität, die Ästhetisierung des Monströsen und des Pathologischen, den Umgang mit Wahnsinn und Kriminalität, die gesellschaftliche Konstruktion von „normaler“ und „abnormaler“ Sexualität sowie die Darstellung von Monstrosität in der Literatur des 19. Jahrhunderts.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Erscheinungsformen des Monströsen im 19. Jahrhundert, Die Ästhetik des Monströsen, Wahnsinn und Kriminalität, Sexualität und Devianz, Literatur und Monstrosität im 19. Jahrhundert und Resümee.
Was ist der Fokus des Kapitels "Die Ästhetik des Monströsen"?
Dieses Kapitel erörtert die ästhetisch-philosophischen Ansätze zur Faszination des Schrecklichen und die Ästhetisierung des Pathologischen, insbesondere am Beispiel der Hysterie. Es beleuchtet den „ärztlichen Blick“ und seine Rolle in der Inszenierung von Krankheit und Abweichung.
Wie wird das Thema Sexualität und Devianz behandelt?
Das Kapitel "Sexualität und Devianz" beschäftigt sich mit dem Umgang mit und den wissenschaftlichen Ansichten zu „normaler“ und „abnormaler“ Sexualität im 19. Jahrhundert. Es analysiert Geschlechterrollen, die Pathologisierung von Sexualität, das Problem der Prostitution und die Darstellung des Hermaphroditen als „sexuelles Monster“.
Welche literarischen Werke werden analysiert?
Die Arbeit analysiert verschiedene literarische Werke, um die Erscheinungsformen des Monströsen zu beleuchten. Beispiele hierfür sind Werke von Marquis de Sade, E.T.A. Hoffmann, Thomas De Quincey, Charles Baudelaire und Oscar Wilde.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Monstrosität, 19. Jahrhundert, Ästhetik, Pathologie, Hysterie, Wahnsinn, Kriminalität, Sexualität, Devianz, Literatur, Sade, Hoffmann, De Quincey, Baudelaire, Wilde, Teratologie, Psychiatrie, Geschlechterrollen, gesellschaftliche Normen, Inszenierung.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die vielfältigen Erscheinungsformen des Monströsen im 19. Jahrhundert zu beleuchten und deren Darstellung in verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten zu analysieren. Sie untersucht den Wandel der Wahrnehmung und des Umgangs mit dem Monströsen im Kontext der sich entwickelnden Wissenschaften.
Gibt es eine Zusammenfassung der einzelnen Kapitel?
Ja, die Arbeit enthält eine Zusammenfassung jedes Kapitels, die einen Überblick über die behandelten Themen und Ergebnisse bietet.
- Arbeit zitieren
- Lisette Vieweger (Autor:in), 2009, Die Inszenierung von Monstrosität im 19. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160927