John Lindley brachte 1838 die Aufgabe der Royal Kew Gardens prägnant auf den Punkt: Sie sollten der „Mutter-Nation in allem, was aus dem Pflanzenreich nützlich ist, dienen“. Unter staatlicher Trägerschaft wurden die Kew Gardens zu einem politischen und wissenschaftlichen Zentrum der Sammlung, Taxonomie, Zucht und globalen Verteilung von Nutzpflanzen im britischen Empire. Eine Schlüsselrolle spielte dabei die Cinchona, deren Rinde das für die Malariatherapie essenzielle Chinin lieferte. Ziel war die Versorgung von Soldaten, Kolonialbeamten und Zivilisten in tropischen Regionen mit hoher Malariabelastung.
Mit William D. Hooker, seit 1841 erster Direktor und selbst durch seine Forschung über Cinchona ausgewiesen, prägte sich das Feld der „Economic Botany“. In Kooperation mit dem Secretary of India organisierte Kew Expeditionen nach Südamerika zur Beschaffung von Samen und Setzlingen. Da viele Pflanzen den langen Transport nicht überstanden, wurden sie zunehmend direkt nach Asien verschifft, insbesondere nach Singapur und in die Nilgiri-Berge. Weitere Aufgaben waren die taxonomische Erfassung der verschiedenen Cinchona-Arten in Peru und Ecuador, die Koordination eines weitreichenden Netzwerks von Botanikern und lokalen Helfern, der Einsatz von Ward’schen Transportboxen sowie die Etablierung kolonialer Gärten, Stationen und Plantagen in klimatisch geeigneten Regionen.
Kew Gardens repräsentierten damit die Logik des „scientific colonialism“: Sie verbanden wissenschaftliche Infrastruktur mit imperialer Wirtschaftsstrategie. Dennoch traten Spannungen auf, insbesondere mit dem India Office, das auf einen rentablen Plantagenanbau in Nilgiri hoffte – analog zum erfolgreichen Teeanbau. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch: Die gewählte Art erwies sich als wenig ertragreich, die klimatischen Bedingungen waren ungünstig, und niederländische Plantagen auf Java verfügten über ertragreichere Hochleistungsstämme.
Insgesamt blieb die Cinchona-Politik aus wirtschaftlicher Sicht ein Fehlschlag. Sie führte nicht zur erhofften Eigenversorgung, sondern stärkte letztlich ein niederländisches Pharmakartell. Zudem belasteten die botanischen Sammlungsaktivitäten die Beziehungen Großbritanniens zu den südamerikanischen Herkunftsländern Peru und Ecuador und verdeutlichten die politischen Risiken einer auf kolonialer Aneignung beruhenden Wissenschaft.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Bedeutung des Chinarindenbaums und des Chinins für die Malariabekämpfung
- 1.2 Koloniale und imperiale Einordnung des britischen Interesses am Chinarindenbaum
- 1.3 Funktion und Aufgaben von Kew Gardens als botanische Forschungseinrichtung
- 1.4 Politische und wirtschaftliche Bedeutung des Chinarindenbaums für die Gesundheitsfürsorge in den Kolonien des britischen Empire
- 1.5 Begründung der Auswahl der Quellen
- 1.6 Fragestellung der Hausaufgabe
- 2. Hauptteil
- 2.1. Politische Absicht und wissenschaftliche Strategie zur Beschaffung von Cinchona-Samen und Pflanzen
- 2.2. Die Rolle der Field Stations und botanischen Gärten mit regionalem Schwerpunkt Indiens für den Anbau des Chinarindenbaums
- 2.3. Wirtschaftliche Effizienz des Anbaus für die Versorgung des britischen Empire mit Chinin
- 2.4. Kew Gardens als ‘Tool of Empire’ für die britische Kolonialpolitik
- 3. Schluß
- 3.1 Zusammenfassung und Bewertung der historischen Quellen
- 3.2 Bewertung der Bedeutung von Kew Gardens als zentrale botanische Forschungsinstitution
- 3.3. Bewertung des Erfolgs der britischen Cinchona-Politik
- 3.4. Bewertung der Funktion Kew Gardens als 'Tool of Empire'
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle der Royal Kew Gardens als "Tool of Empire" im Kontext der britischen Cinchona-Politik. Die Zielsetzung besteht darin, die politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Beschaffung und des Anbaus des Chinarindenbaums (Cinchona) im britischen Empire zu analysieren und die Bedeutung der Kew Gardens in diesem Prozess zu bewerten.
- Die Bedeutung des Chinins für die Malariabekämpfung im britischen Empire.
- Die koloniale und imperiale Strategie zur Sicherung der Chinarindenbaumversorgung.
- Die Rolle der Kew Gardens als botanische Forschungseinrichtung und ihr Beitrag zur Cinchona-Politik.
- Die wirtschaftliche Effizienz des Cinchona-Anbaus in Indien.
- Die Bewertung des Erfolgs der britischen Cinchona-Politik und die Funktion der Kew Gardens als "Tool of Empire".
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und erläutert die Bedeutung des Chinarindenbaums und des Chinins für die Malariabekämpfung. Sie beschreibt das koloniale und imperiale Interesse Großbritanniens am Chinarindenbaum und die Funktion der Kew Gardens als botanische Forschungseinrichtung. Die politische und wirtschaftliche Bedeutung des Baumes für die Gesundheitsfürsorge in den Kolonien wird dargelegt, gefolgt von einer Begründung der Quellenwahl und der Forschungsfrage.
2. Hauptteil: Der Hauptteil beleuchtet die politischen und wissenschaftlichen Strategien zur Beschaffung von Cinchona-Samen und -Pflanzen. Er analysiert die Rolle der Field Stations und botanischen Gärten in Indien im Anbau des Baumes und untersucht die wirtschaftliche Effizienz dieser Bemühungen. Schließlich bewertet dieser Teil die Kew Gardens als "Tool of Empire" innerhalb der britischen Kolonialpolitik, unter Berücksichtigung der Herausforderungen und des Erfolgs (oder Misserfolgs) dieses Unterfangens.
Schlüsselwörter
Chinarindenbaum, Cinchona, Chinin, Malaria, Kew Gardens, Britisches Empire, Kolonialpolitik, Imperialismus, Wirtschaftsbotanik, "Tool of Empire", Scientific Colonialism, Indien, Malariakontrolle.
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Thema des Textes?
Der Text untersucht die Rolle der Royal Kew Gardens als "Tool of Empire" im Kontext der britischen Cinchona-Politik. Er analysiert die politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Beschaffung und des Anbaus des Chinarindenbaums (Cinchona) im britischen Empire und bewertet die Bedeutung der Kew Gardens in diesem Prozess.
Welche Bedeutung hatte Chinin für das Britische Empire?
Chinin war von großer Bedeutung, da es zur Malariabekämpfung im Britischen Empire eingesetzt wurde. Malaria war eine weit verbreitete und gefährliche Krankheit, und Chinin, das aus dem Chinarindenbaum gewonnen wurde, war ein wichtiges Mittel zur Behandlung und Vorbeugung.
Welche Rolle spielten die Kew Gardens bei der Beschaffung und dem Anbau des Chinarindenbaums?
Die Kew Gardens spielten eine zentrale Rolle als botanische Forschungseinrichtung. Sie waren maßgeblich an der Beschaffung von Cinchona-Samen und -Pflanzen beteiligt, führten wissenschaftliche Studien durch, um den Anbau zu optimieren, und unterstützten die Kolonien des Britischen Empire bei der Etablierung von Cinchona-Plantagen.
Was war die wirtschaftliche Effizienz des Chinarindenbaus in Indien?
Der Text untersucht die wirtschaftliche Effizienz des Cinchona-Anbaus in Indien, um die Versorgung des Britischen Empire mit Chinin sicherzustellen. Dabei werden die Kosten, der Ertrag und die logistischen Herausforderungen berücksichtigt.
Was versteht man unter "Tool of Empire" im Zusammenhang mit den Kew Gardens?
Der Begriff "Tool of Empire" bezieht sich darauf, dass die Kew Gardens als Instrument der britischen Kolonialpolitik eingesetzt wurden. Sie trugen durch ihre botanische Forschung und ihre Unterstützung beim Anbau von wirtschaftlich wichtigen Pflanzen, wie dem Chinarindenbaum, zur Stärkung des Britischen Empires bei.
Was sind die Hauptthemen, die in der Arbeit behandelt werden?
Die Hauptthemen sind: die Bedeutung des Chinins für die Malariabekämpfung, die koloniale und imperiale Strategie zur Sicherung der Chinarindenbaumversorgung, die Rolle der Kew Gardens als botanische Forschungseinrichtung, die wirtschaftliche Effizienz des Cinchona-Anbaus in Indien und die Bewertung des Erfolgs der britischen Cinchona-Politik.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in drei Hauptteile gegliedert: Einleitung, Hauptteil und Schluss. Die Einleitung führt in die Thematik ein, der Hauptteil analysiert die politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte, und der Schluss fasst die Ergebnisse zusammen und bewertet die Bedeutung der Kew Gardens.
Welche Schlüsselwörter sind in dem Text enthalten?
Die Schlüsselwörter sind: Chinarindenbaum, Cinchona, Chinin, Malaria, Kew Gardens, Britisches Empire, Kolonialpolitik, Imperialismus, Wirtschaftsbotanik, "Tool of Empire", Scientific Colonialism, Indien, Malariakontrolle.
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- Oliver Kayser (Author), 2025, Die Bedeutung der Royal Kew Gardens als "Tool of Empire" für die Sicherung der Chinarindenbaumversorgung britischer Kolonien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1610912