Eine kompositionelle Satzsemantikanalyse in der Tradition Montagues


Seminararbeit, 2003

26 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Theorie: Methoden und semantische Operationen in der logischen Semantik
2.1. Kompositionalitätsprinzip
2.2. Syntax-Sematik-Schnittstelle
2.3. Differenzbildung, Funktionalabstraktion und Funktionalapplikation
2.4. λ.Kalkül
2.5. Typentheorie

Praktischer Teil
3.1. Beispielsatz 1
3.2. Beispielsatz 2
3.3. Beispielsatz 3
3.4. Beispielsatz 4
3.5. Beispielsatz 5
3.6. Beispielsatz 6

I. Einleitung

Ziel dieser Hausarbeit ist es, auf der Grundlage einer Theorie der logischen Semantik im Sinne Montagues, wesentliche Aspekte zusammenzutragen, die helfen sollen, die Bedeutung komplexer Ausdrücke bzw. Sätze zu berechnen.

Entscheidend für eine solche Semantikanalyse ist die Verwendung von Konzepten der formalen Logik, d.h. die Einführung einer logischen Kunstsprache, die Montague in seiner gleichnamigen Grammatiktheorie sehr detailliert dargestellt und angewendet hat. Verfechter der Montague-Grammatik gehen davon aus, dass die Grammatik formal derart beschaffen sein sollte, dass auf ihrer Grundlage die Bedeutung von Sätzen angegeben werden kann; deshalb liegt der Schwerpunkt dieser Theorien darauf, „Ausdrücke in Form von hochentwickelten Kunstsprachen der modernen ,mathematischen Logik zu beschreiben, um daraus systematisch Bedeutungen zuordnen zu können.“[1] Die dabei angewandte Methode ist das Definieren von Funktionen, deren Werte die Bedeutung des Ausdrucks angeben.

Hinter der Montague-Grammatik verbirgt sich demnach die Annahme, dass wir Menschen nicht nur fähig sind, ständig neue (komplexe) Ausdrücke zu konstruieren, sondern ebenso dazu in der Lage sind, die Bedeutungen dieser Ausdrücke zu interpretieren. Dieser Aspekt der Bedeutungsinterpretation lässt darauf schließen, dass wir bei dem Vorgang Sätze zu deuten eine andere Strategie anwenden als bei dem Verstehen von Wörtern, deren Bedeutungen sozusagen im Lexikon nachgeschlagen werden können. Die Montague-Grammatik zeigt eine mögliche Vorgehensweise einer Semantikanalyse von Sätzen auf, indem in ihr Regeln definiert werden, die Übersetzungsschritte dazu angeben, wie die Bedeutung eines komplexen Ausdrucks „ausgerechnet“ werden kann. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Kompositionalitätsprinzip, das erstmals von Frege aufgegriffen und erläutert wurde und mit dem Frege dem eben skizzierten Phänomen, unendlich viele neue Sätze formulieren und verstehen zu können, nachzugehen versucht.

Sieht man so die Gedanken als zusammengesetzt aus einzelnen Teilen und lässt man diesen wieder einfache Satzteile entsprechen, so wird es begreiflich, dass aus wenigen Satzteilen eine große Mannigfaltigkeit von Sätzen gebildet werden kann, denen wieder eine große Mannigfaltigkeit von Gedanken entspricht.

[log. Untersuchungen, Dritter Teil: Gedankengefüge]

Diese sehr kurze und allgemein gehaltene Einführung dient lediglich dem Zweck, einen groben Rahmen anzugeben, innerhalb dessen sich die weiteren Ausführungen bewegen werden.

Meine Arbeit gliedert sich in zwei Teile: einen theoretisch-orientierten ersten Teil und einen praktisch-orientierten zweiten Teil. Ausgangspunkt des ersten Teils bildet das bereits erwähnte Kompositionalitätsprinzip; des weiteren versuche ich wichtige Elemente einer intensionalen Semantik in der Tradition Montagues zu beschreiben; dazu gehören m.E. Erläuterungen zur Syntax-Semantikschnittstelle, zum „möglichen Welten-Modell“, zu Methoden aus dem Bereich der Mathematik wie Differenzmethode – Funktionalabstraktion – Funkionalapplikation, zu dem Lambda Kalkül und zu den Grundlagen der Typentheorie. Sinn des zweiten Abschnittes soll es vor allem sein, am Ausschnitt einiger Sätze aus dem Deutschen die in der Theorie erarbeiteten Methoden und Konzepte anzuwenden. Neben einem syntaktisch-semantischen Regelwerk wird der Versuch unternommen, Sätzen Bedeutungen zuzordnen, indem die Bedeutung der einzelnen Satzteile – NPn, transitive/intransitive Verben, Quantifikatoren, Determinatoren und Satzkoordinatoren – angegeben und mittels Funktionalapplikation „zusammengebaut“ wird.

Theorie: Methoden und semantische Operationen in der logischen Semantik

2.1. Kompositionalitätsprinzip

In der Satzsemantik spielt das methodologische Prinzip der Kompositionalität die entscheidende Rolle. Wie der Name schon verrät, wird für die Bedeutungsermittlung die Strategie angewandt, den Satz in seine Bestandteile zu gliedern, von diesen Teilen können dann die Bedeutungen angegeben werden – wobei wichtig ist, dass hier von den unmittelbaren Teilen ausgegangen wird – d.h.

„Die Bedeutung eines Satzes ergibt sich direkt aus den Bedeutungen seiner unmittelbaren Teile.“[2]

Die Idee des Kompositionalitätsprinzip impliziert, dass der Satz aus Grund- und Bauelementen besteht, die sich zu einem Gesamtgefüge kombinieren lassen. Um die Bedeutung der Grundelemente angeben zu können, bedarf es einer anderen Methode, nämlich die der Arbitrarität; d.h. einer definitorischen Zurodnung der Bedeutung. Das Prinzip der Arbitrarität kann aber im Rahmen der Satzsemantik vernachlässigt werden, da es v.a. eine Methode ist, die in der lexikalischen Semantik ihren Platz hat.

Aus dem Kompositionalitätsprinzip ergeben sich zwei verschiedene Vorgehensansätze (vgl. MS S.177). Neben dem bereits erläuterten Vorgehen, die Bedeutung eines Satzes als eine Funktion der in ihm enthaltenen Ausdrücke und der Art ihrer Zusammensetzung zu definieren, ist durchaus auch die Auffassung vertretbar sogar notwendig, dass Kompositionalität eine Methode sein kann, mit der die Bedeutung von Wörtern bestimmt werden kann: dabei leiten sich die einzelenen Wortbedeutungen aus der Bedeutung des Satzes ab.[3]

Bei der l-Operation, auf die ich später eingehen werde, wird von beiden Vorgehensweisen Gebrauch gemacht: mit der λ-Abstraktion ist es möglich, z.B. aus einem Satz ein Prädikat oder eine Individuenvariable zu erzeugen; d.h. ausgehend von der Bedeutung des Satzes lassen sich formale Bedeutungen der Wörter bzw. Teile angeben. Durch die Anwendung der λ-Konversion, bei der die durch λ-Abstraktion erzeugte Variable durch eine geeignete Konstante im Satz ersetzt wird, ergibt sich die Bedeutung des Satzes.

Was es aber heißt einen Satz zu verstehen, blieb bisher noch ungeklärt. Wittgenstein geht davon aus

„Einen Satz verstehen heißt, wissen, was der Fall ist, wenn er wahr ist.“[4]

Folglich muss, um die Bedeutung bestimmen zu können, die Referenz des Satzes festgelegt sein. Neben dem traditionellen Ansatz der wahrheitsfunktionalen Semantik, Bedingungen zu bestimmen, unter denen ein Satz wahr ist, liegt die Referenz eines Satzes in der Situationsemantik in der durch den Satz beschriebenen Situation. Die formale Bedeutung eines Satzes zeigt sich uns in dieser Auffassungsrichtung als eine Funktion, mit der für jede Situation s ausgerechnet werden kann, ob der Satz in s wahr oder falsch ist. Auf dieser allgemeinen Funktionsbeschreibung basiert auch das semantische Hauptprinzip, in dem definiert ist, dass Synonymie von Sätzen dann vorliegt, wenn sie auf dieselbe Situation zutreffen; wobei hier von allen möglichen Situationen, die zusammen den logischen Raum bilden, ausgegangen wird. Den Bezug zwischen Satz und logischen Raum liefert Wittgenstein ebenfalls in seiner logisch-philosohpischen Abhandlung:

„Der Satz bestimmt einen Ort im logischen Raum“[5]

2.2. Syntax-Semantik Schnittstelle

Im folgenden greife ich erneut das Kompositionalitätsprinzip auf mit dem Fokus auf die darauf beruhende Syntax-Semantik Schnittstelle in der Montague Grammatik.

Durch das Kompositionalitätsprinzip wurde gezeigt, dass sich die Bedeutung eines komplexen Ausdrucks aus der Bedeutung seiner unmittelbaren Teilen und der Art und Weise, wie sie sich syntaktisch zusammensetzen, ergibt. Erkennbar wird die Gliederung der Sprache in zwei Module mit eigenen Regelwerken: das Syntax-System mit einem syntaktischen Lexikon und entsprechenden Regeln, die die Operationen definieren, mittels derer Wörter/Ausdrücke zu größeren Ausdrücken zusammengesetzt werden; das Bedeutungssystem mit einem semantischen Lexikon, in dem jedem Wort eine Wortbedeutung zugeordnet ist und den semantischen Regeln, die angeben, wie die Bedeutung eines komplexen Ausdrucks der Teile und der Art ihrer syntaktischen Kombination errechnet werden kann. Die semantischen Regeln folgen der rule-to-rule Hypothese, die formuliert, dass „zu jeder syntaktischen Regel, die angibt, wie ein komplexer Ausdruck E aus einfacheren Ausdrücken E1, E2,... En gebildet wird, [...] eine entsprechende semantische Regel [vorliegt], die angibt, wie die Bedeutung von E von den Bedeutungen von E1. E2,...En abhängt“[6]. Ansätze der rule-to-rule Hypothese von Bach finden sich bereits bei Wittgenstein.

„Jeder mögliche Satz ist regelmäßig gebildet, und wenn er keinen Sinn hat, so kann das nur daran liegen, daß wir einigen seiner Bestandteile keine Bedeutung gegeben haben.“[7]

Der Aspekt einer fehlenden Bedeutungsgebung kann im Umkehrschluss derart aufgefasst werden, dass Teilausdrücken keine Bedeutung zugeordnet werden kann und impliziert folglich eine fehlende Übersetzungsfunktion von syntaktischen und semantischen Regeln.

Es gilt: [Si (α, β )] = Ti ([α], [β]), wobei Si für die syntaktische Regel steht, die einen komplexen Ausdruck aus α und β konstituiert, Ti für die semantischen Regeln und α und β für Teilausdrücke. Die Bedeutung des neu gebildeten komplexen Ausdrucks errechnet man mittels der entsprechenden semantischen Regel aus den Bedeutungen der Teilausdrücke.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1

[...]


[1] vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann S. 55

[2] Zimmermann, S. 12

[3] vgl. Schwarz/Chur, S. 177

[4] Wittgenstein, 4.024

[5] Wittgenstein, 3.4

[6] Carstensen, S. 256

[7] Wittgenstein, 5.4733

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Eine kompositionelle Satzsemantikanalyse in der Tradition Montagues
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Germanistisches Seminar Computerlinguistik)
Veranstaltung
PS: Einführung in die Satzsemantik
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
26
Katalognummer
V16132
ISBN (eBook)
9783638210676
Dateigröße
411 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine, Satzsemantikanalyse, Tradition, Montagues, Einführung, Satzsemantik
Arbeit zitieren
Judith Schrauf (Autor:in), 2003, Eine kompositionelle Satzsemantikanalyse in der Tradition Montagues, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16132

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Eine kompositionelle Satzsemantikanalyse in der Tradition Montagues



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden