Die Frage, ob ein Finanzsystem einen Lender of Last Resort
benötigt oder nicht, ist zurückzuführen auf die Pionierarbeiten von Henry Thornton im Jahr 1802 und Walter Bagehot im Jahr 1873. Beide Autoren untersuchten die Rolle der Bank of England, die im 18 und 19.
Jahrhundert immer wieder mit Bankenpaniken konfrontiert war, und legten
den Grundstein zur LOLR-Theory. Unter einem LOLR, also einem Kreditgeber der letzten Instanz, versteht man einen Geldgeber, der in der Lage ist, Liquidität in ausreichender Höhe zur Verfügung zu stellen,
während andere potentielle Geldgeber entweder nicht in der Lage oder
nicht bereit sind, Kredite zu gewähren. Einem LOLR ist es hierdurch
möglich, Zusammenbrüche von Banken und Unternehmen zu verhindern
und damit eventuell entstehenden Gefahren von Spillover-Effekten auf das
Finanzsystem, die zu Finanzkrisen und realwirtschaftlichen Krisen führen
können, vorzubeugen. Als potentielle LOLR kommen Zentralbanken,
Staaten und Sonderorganisationen wie der Internationale Währungsfonds
oder die Weltbank in Betracht.
In dieser Arbeit werden Zentralbanken fokussiert, die in entsprechenden Notsituationen die Mikro- und Makroebene, also einzelne Banken sowie den gesamten Markt, mit ausreichend Liquidität versorgen könnten, um das gesamte Finanzsystem zu stabilisieren. Ein immanentes Risiko für die Zentralbank als LOLR besteht darin, nicht unterscheiden zu können, ob es sich bei dem Kreditnehmer um eine insolvente Bank handelt oder eine solvente Bank mit nur vorübergehender Illiquidität. Des Weiteren birgt die Existenz eines LOLR die Gefahr, dass Marktakteure eine mögliche Unterstützung antizipieren und aus diesem Grund Risiken eingehen, welche sie ohne einen LOLR nicht wagen würden. Dies könnte besonders bei einer „Too-Big-To-Fail“-Institution der Fall sein, bei der der volkswirtschaftliche Schaden aus ihrer Insolvenz die Kosten durch eine Kreditgewährung bei weitem übersteigen würde. Seit Beginn der Subprime-Finanzkrise im Frühsommer 2007, welche sich zu einer globalen Wirtschaftkrise entwickelt hat und die Weltwirtschaft permanent bedroht, und infolge vorhergehender, regionaler Krisen ist die
Diskussion um einen LOLR erneut entfacht. Ziel dieser Arbeit ist es, die
Theorie der Zentralbank als LOLR zu hinterfragen, hierbei die Interventionsmöglichkeiten aufzuzeigen, um eine Bankenkrise oder -panik zu verhindern, und die möglichen Kosten und Schwierigkeiten aus dem Eingreifen eines LOLR aufzudecken.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theorie der Zentralbank als Lender of Last Resort
- Die immanente Instabilität im Finanzsystem
- Die Funktionsfähigkeit des Interbankenmarktes
- Interventionsmöglichkeiten der Zentralbank als Lender of Last Resort
- Makroökonomische Intervention
- Mikroökonomische Intervention
- Kosten-Nutzen-Analyse eines Lender of Last Resort
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Rolle der Zentralbank als Lender of Last Resort (LOLR), analysiert die theoretischen Grundlagen und Interventionsmöglichkeiten, und beleuchtet die damit verbundenen Kosten und Risiken. Die Arbeit befasst sich insbesondere mit der Frage, wie Zentralbanken in Krisensituationen das Finanzsystem stabilisieren können.
- Die theoretischen Grundlagen der Zentralbank als LOLR
- Die immanente Instabilität des Finanzsystems und die Rolle des Interbankenmarktes
- Interventionsmöglichkeiten der Zentralbank auf Mikro- und Makroebene
- Die Kosten-Nutzen-Analyse der LOLR-Funktion
- Die Herausforderungen und Risiken im Zusammenhang mit der LOLR-Funktion
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Zentralbank als Lender of Last Resort (LOLR) ein und verweist auf die historischen Arbeiten von Thornton und Bagehot. Sie beschreibt die Funktion des LOLR als Kreditgeber in Krisensituationen, um Banken- und Unternehmenszusammenbrüche zu verhindern und Spillover-Effekte auf das gesamte Finanzsystem zu vermeiden. Die Arbeit fokussiert auf die Rolle der Zentralbanken als potentielle LOLR und benennt die immanenten Risiken, wie die Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen insolventen und illiquiden Banken, sowie das Problem des Moral Hazard. Die Subprime-Krise von 2007 wird als aktueller Anlass für die erneute Diskussion um die LOLR-Funktion genannt. Ziel der Arbeit ist die Untersuchung der LOLR-Theorie, die Darstellung von Interventionsmöglichkeiten und die Analyse der Kosten und Schwierigkeiten des Eingreifens eines LOLR.
Theorie der Zentralbank als Lender of Last Resort: Dieses Kapitel behandelt die theoretischen Grundlagen der Zentralbank als LOLR. Es erläutert die besondere Stellung des Finanzsystems in einer Volkswirtschaft und die Ineffizienzen im Interbankenmarkt, die die Existenz eines LOLR rechtfertigen. Der Fokus liegt auf der immanenten Instabilität des Finanzsystems, die durch das "Fractional Reserve Banking"-System entsteht. Die Konflikt zwischen kurzfristigen, liquidierbaren Einlagen und langfristigen, illiquiden Darlehen wird als Ursache für potenzielle Bank Runs erläutert. Advers Schocks, welche zu aussergewöhnlichen Liquiditätsnachfragen führen können, werden als Auslöser von Krisen genannt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Seminararbeit: Die Zentralbank als Lender of Last Resort
Was ist der Gegenstand der Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht die Rolle der Zentralbank als Lender of Last Resort (LOLR), analysiert die theoretischen Grundlagen und Interventionsmöglichkeiten und beleuchtet die damit verbundenen Kosten und Risiken. Ein besonderer Fokus liegt auf der Stabilisierung des Finanzsystems in Krisensituationen.
Welche Themen werden in der Seminararbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die theoretischen Grundlagen der Zentralbank als LOLR, die immanente Instabilität des Finanzsystems und die Rolle des Interbankenmarktes, Interventionsmöglichkeiten auf Mikro- und Makroebene, die Kosten-Nutzen-Analyse der LOLR-Funktion sowie die Herausforderungen und Risiken im Zusammenhang mit der LOLR-Funktion. Die Subprime-Krise von 2007 dient als aktuelles Beispiel.
Welche Kapitel umfasst die Seminararbeit?
Die Seminararbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Theorie der Zentralbank als LOLR, ein Kapitel zu den Interventionsmöglichkeiten der Zentralbank als LOLR, ein Kapitel zur Kosten-Nutzen-Analyse und eine Schlussbetrachtung. Die Einleitung führt in die Thematik ein und verweist auf historische Arbeiten von Thornton und Bagehot. Das Kapitel zur Theorie beleuchtet die immanente Instabilität des Finanzsystems und die Funktionsweise des Interbankenmarktes. Das Kapitel zu den Interventionsmöglichkeiten unterscheidet zwischen makro- und mikroökonomischen Interventionen. Die Schlussbetrachtung fasst die Ergebnisse zusammen.
Was sind die zentralen Zielsetzungen der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die theoretischen Grundlagen der LOLR-Funktion zu untersuchen, die Interventionsmöglichkeiten der Zentralbank darzustellen und die Kosten und Schwierigkeiten des Eingreifens eines LOLR zu analysieren. Es geht insbesondere um die Frage, wie Zentralbanken in Krisensituationen das Finanzsystem stabilisieren können und welche Risiken damit verbunden sind (z.B. Moral Hazard, Unterscheidung zwischen illiquiden und insolventen Banken).
Welche konkreten Aspekte der LOLR-Funktion werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die immanente Instabilität des Finanzsystems aufgrund des "Fractional Reserve Banking"-Systems, den Konflikt zwischen kurzfristigen, liquidierbaren Einlagen und langfristigen, illiquiden Darlehen als Ursache für potenzielle Bank Runs und adversen Schocks als Auslöser von Krisen. Sie analysiert auch die Notwendigkeit eines LOLR zur Bewältigung von Ineffizienzen im Interbankenmarkt.
Wie wird die Kosten-Nutzen-Analyse der LOLR-Funktion durchgeführt?
Die Seminararbeit beschreibt die Kosten-Nutzen-Analyse der LOLR-Funktion, geht aber nicht im Detail auf die Methodik oder konkrete Ergebnisse ein. Es wird lediglich erwähnt, dass dieser Aspekt ein zentraler Bestandteil der Arbeit ist.
- Quote paper
- Alexander Charles (Author), 2009, Die Zentralbank als Lender of Last Resort, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161346