Es erscheint sinnvoll, zunächst den Begriff Marxismus zu klären, da eine Vielzahl von Konnotationen mit ihm verbunden ist, sodass er einer gewissen definitorischen Schärfe entbehrt . Als marxistisch soll hier definiert werden, was sich auf gewisse grundlegende Annahmen bezieht. Insbesondere seien hier die Marx´sche Arbeits- und Mehrwerttheorie, die Existenz eines antagonistischen Klassengegensatzes zwischen Kapital und Arbeit sowie die Notwendigkeit der Überwindung des kapitalistischen Systems genannt. Ausgehend von diesen Kriterien lässt sich festhalten, dass es allen marxistischen Analysen des Faschismus gleich ist, dass sie die Frage nach der ökonomischen Funktion des Phänomens Faschismus in kapitalistischen Gesellschaften und die nach der sozialen Zusammensetzung der faschistischen Bewegung in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen rücken. Dabei wird von allen zeitgenössischen Autoren von einem generalisierenden Faschismusbegriff ausgegangen, dem zwar historisch bedingte nationale Unterschiede zugebilligt werden, was aber an der ihm zugesprochenen objektiven ökonomischen Funktion nichts ändert.
Die Analysen des Faschismus und ihre realpolitische Umsetzung lassen sich nur aus ihrer Einordnung in den zeithistorischen Kontext voll erfassen. Bis spätestens 1923 waren sämtliche revolutionären Bewegungen, die im Gefolge der sozialistischen Oktoberrevolution in Russland und des Zusammenbrechens des alten Staatengefüges nach Ende des 1. Weltkrieges eingesetzt hatten, entweder niedergeschlagen oder (zumindest zeitweise) in demokratische Systeme integriert worden . Dabei zeichnete sich vor allem in den Staaten, die zu den Verlierern des 1. Weltkriegs gehörten, eine Tendenz zu reaktionären, autoritären und antikommunistischen Regimes ab. Entsprechend der Erfahrungen der italienischen Arbeiterbewegung wurden von kommunistischer Seite alle gegen eine sozialistische Revolution ausgerichteten politischen Regimes zunächst als „faschistisch“ definiert. Dies trug zu einer besonderen Unschärfe des Begriffes bei, da er schnell auch auf sozialistische und sozialdemokratische Parteien ausgeweitet wurde, sodass bald alles was nicht-kommunistisch war, als „faschistisch“ angesehen wurde.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ideologische Prämissen marxistischer Faschismusanalysen
- Zeithistorischer Kontext
- Die kommunistische Bewegung in den 20er Jahren
- Hauptströmungen marxistischer Faschismusanalysen
- Tendenzen marxistischer Theorie zu Beginn des 20. Jahrhunderts
- Der Faschismus als Agent großkapitalistischer Interessen
- Sozialfaschismus
- Bonapartismustheoretische Konzepte
- Das Thalheimer'sche Bonapartismuskonzept
- Otto Bauers Faschismusanalyse
- Abschließende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text untersucht marxistische Faschismusanalysen aus den 1920er und 1930er Jahren, die sich mit der Frage der ökonomischen Funktion des Faschismus in kapitalistischen Gesellschaften und der sozialen Zusammensetzung der faschistischen Bewegung auseinandersetzen. Dabei werden die ideologischen Prämissen dieser Analysen, der historische Kontext und die verschiedenen Strömungen des marxistischen Denkens in Bezug auf den Faschismus beleuchtet.
- Ideologische Grundlagen marxistischer Faschismusanalysen
- Der Faschismus als Instrument des Kapitalismus
- Die Rolle der kommunistischen Bewegung in der Analyse des Faschismus
- Die Entwicklung marxistischer Faschismusanalysen im Kontext der Zeit
- Die verschiedenen Strömungen des marxistischen Denkens im Hinblick auf den Faschismus
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Dieses Kapitel definiert den Begriff Marxismus und skizziert die grundlegenden Annahmen, auf denen marxistische Faschismusanalysen beruhen. Es werden die zentralen Fragestellungen des Textes vorgestellt, wie die ökonomische Funktion des Faschismus und die soziale Zusammensetzung der faschistischen Bewegung.
- Zeithistorischer Kontext: Das Kapitel analysiert den historischen Kontext, in dem die marxistischen Faschismusanalysen entstanden sind. Es wird die Entwicklung der kommunistischen Bewegung nach dem Ersten Weltkrieg und der Aufstieg reaktionärer, antikommunistischer Regime in Europa beleuchtet.
- Die kommunistische Bewegung in den 20er Jahren: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Spaltung der traditionellen Arbeiterparteien in radikale und reformistische Flügel und der Entstehung der kommunistischen Parteien als nationale Sektionen der Kommunistischen Internationale. Die Entwicklung der Komintern im Laufe der 1920er Jahre und die zunehmende Stalinisierung der kommunistischen Bewegung werden dargestellt.
- Tendenzen marxistischer Theorie zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Das Kapitel beleuchtet die verschiedenen Strömungen des marxistischen Denkens im frühen 20. Jahrhundert, insbesondere die ökonomistische und die undogmatische Marxismusrezeption. Es werden die verschiedenen Ansätze in der Analyse des Kapitalismus und der Gesellschaft vorgestellt.
- Der Faschismus als Agent großkapitalistischer Interessen: Dieses Kapitel behandelt eine der wichtigsten Strömungen marxistischer Faschismusanalysen, die den Faschismus als Instrument des Kapitalismus betrachtet. Es werden die Argumente für die These dargelegt, dass der Faschismus als Reaktion auf die wachsende Klassenkämpfe und die Krise des Kapitalismus eingesetzt wurde.
- Sozialfaschismus: Dieses Kapitel behandelt die umstrittene Theorie des Sozialfaschismus, die sozialistische und sozialdemokratische Parteien als gleichwertig mit dem Faschismus betrachtete. Es werden die Kritikpunkte an dieser Theorie und ihre historischen Hintergründe beleuchtet.
- Bonapartismustheoretische Konzepte: Dieses Kapitel widmet sich den Bonapartismustheorien, die den Faschismus als eine Form von Diktatur betrachteten, die weder vollständig von der Bourgeoisie noch vom Proletariat kontrolliert wurde. Es werden die Konzepte von Thalheimer und Bauer im Detail erläutert.
Schlüsselwörter
Marxistische Faschismusanalysen, Faschismus, Kapitalismus, Klassenkampf, Kommunistische Internationale, Sozialfaschismus, Bonapartismus, Thalheimer, Bauer, Zeithistorischer Kontext, Oktoberrevolution, Kommunistische Bewegung, 1920er Jahre, Marxismus, Ökonomismus, Undogmatische Marxismusrezeption, Theorie, Analyse, Interpretation
- Arbeit zitieren
- Magister André Keil (Autor:in), 2004, Marxistische Faschismustheorien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161469