Dieser Essay soll die qualitative Forschungsrichtung der „Grounded Theory“ erläutern, welche über die systematische Auswertung von vorrangig qualitativen Daten Theorien generieren möchte, um Gedankengänge über die soziale Wirklichkeit anzustellen und diese zu erforschen. So ist sie zunächst einmal als Meta-Theorie zu bezeichnen. Diese Bezeichnung würde ihr aber nicht vollends gerecht werden, da sie auch über eine systematische Sammlung von Einzeltechniken und Leitlinien zur Datenaufbereitung und -analyse, zur systematischen Zusammenstellung der empirischen Daten und ihrer Konzeptualisierung verfügt. Ihre Orginatoren und Fürsprecher legen jedoch viel Wert darauf, dass diese keine „starre[n] Anweisungen oder Kochrezepte“ sein sollen (STRAUSS/CORBIN 1996: 10).
Inhaltsverzeichnis
- Grounded Theory
- Die Entstehung der Grounded Theory
- Variationen der Grounded Theory
- Anwendungsbereiche der Grounded Theory
- Substantive Theory und allgemeine Theorien
- Das Ziel der Grounded Theory: Theoriegewinnung
- „Grounded“: Theorieentwicklung aus dem Forschungsprozess
- Fluidität der Theorie und der „constant comparative method“
- Grounded Theory im Vergleich zur Fallstudie
- Offenheit und Vermeidung starrer Regeln
- Theoretische Konzeptbildung statt bloßer Beschreibung
- Theoretisches Sampling
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay erläutert die qualitative Forschungsrichtung der Grounded Theory, ihre Entstehung, Variationen, Anwendungsbereiche und zentrale Prinzipien. Er vergleicht sie mit anderen Forschungsansätzen und beleuchtet die Bedeutung von Theorieentwicklung, Datenanalyse und theoretischem Sampling.
- Entstehung und Entwicklung der Grounded Theory
- Methodische Prinzipien der Grounded Theory (z.B. "constant comparative method")
- Vergleich der Grounded Theory mit anderen Forschungsansätzen (z.B. Fallstudien)
- Anwendungsgebiete und Beispiele der Grounded Theory in verschiedenen Disziplinen
- Bedeutung von theoretischem Sampling und Konzeptbildung
Zusammenfassung der Kapitel
Grounded Theory: Dieser einführende Abschnitt erläutert den Ansatz der Grounded Theory als qualitative Forschungsrichtung, die durch systematische Auswertung qualitativer Daten Theorien generiert, um Gedankengänge über die soziale Wirklichkeit zu erforschen. Es wird betont, dass die Grounded Theory keine starren Anweisungen darstellt, sondern ein flexibles methodisches Vorgehen ist. Die Ursprünge der Grounded Theory bei Glaser und Strauss und deren unterschiedliche wissenschaftliche Hintergründe werden beleuchtet.
Die Entstehung der Grounded Theory: Dieser Abschnitt beschreibt die Entstehungsgeschichte der Grounded Theory, die als Reaktion auf bestehende deduktive und spekulativ angelegte Theorien entstand. Glaser und Strauss strebten eine Alternative an, die die Theoriegenerierung in den Mittelpunkt stellt und die Verifizierbarkeit qualitativer Forschung betont. Ihr Werk "The Discovery of Grounded Theory" (1967) wird als Meilenstein der öffentlichen Präsentation ihrer Theorie hervorgehoben.
Variationen der Grounded Theory: Dieser Teil untersucht die verschiedenen Vorgehensweisen innerhalb der Grounded Theory, die sich aus dem Forschungszweck und den konkreten Gegebenheiten ergeben. Die Anpassungsfähigkeit der Methode und ihre Kombination mit anderen Forschungsansätzen (z.B. Ethnomethodologie, Feminismus, Postmoderne) wird hervorgehoben. Die weitverbreitete Anwendung der Grounded Theory in der Sozialforschung, Psychologie und Pädagogik wird ebenfalls behandelt.
Anwendungsbereiche der Grounded Theory: Dieser Abschnitt beleuchtet die Anwendungsbereiche der Grounded Theory, beginnend mit der Soziologie und ihrer Ausweitung auf Psychologie und Pädagogik. Es werden Beispiele wie "Berufliche Sozialisation" und "Umgang mit dem Internet" genannt, um die Vielseitigkeit der Methode zu illustrieren. Die Studie von Glaser und Strauss zu sterbenden Patienten wird als frühes Beispiel genannt.
Substantive Theory und allgemeine Theorien: Hier wird der Unterschied zwischen "Substantive Theory" (Theorien geringer Reichweite) und allgemeinen Theorien diskutiert. Es wird betont, dass Theorien geringer Reichweite konstitutiv für allgemeinere Theorien sein können und dass "formale Theorien" sinnvollerweise aus substantiellen Theorien entwickelt werden sollten. Das Werk "Statuspassagen" von Glaser und Strauss (1970) wird in diesem Kontext erwähnt.
Das Ziel der Grounded Theory: Theoriegewinnung: Dieser Abschnitt fokussiert das Hauptziel der Grounded Theory: die Gewinnung von Theorien. Es wird der Unterschied zur Fallstudie verdeutlicht, wobei betont wird, dass die Grounded Theory auf theoretische Erkenntnis abzielt und nicht auf die Beleuchtung einzelner Fälle. Die Bedeutung von Begriffen und Beziehungsgeflechten innerhalb einer Theorie wird hervorgehoben.
„Grounded“: Theorieentwicklung aus dem Forschungsprozess: Dieser Abschnitt erklärt den Begriff "grounded" und betont, dass eine Theorie nur dann "grounded" ist, wenn sie sich aus dem Forschungsprozess heraus entwickelt. Der Prozess der schrittweisen Überführung "roher" empirischer Daten in eine Theorie wird beschrieben. Die Ablehnung einer strikten Vorgängigkeit von Theorie wird im Kontext der Kritischen Rationalisten diskutiert.
Fluidität der Theorie und der „constant comparative method“: Dieser Teil beschreibt die Fluidität der Grounded Theory, die ständigen Veränderungen im Forschungsprozess unterliegt. Die "constant comparative method" wird als wichtiger Aspekt der Methode vorgestellt, bei der die gewonnenen Theorieansätze ständig mit den empirischen Daten verglichen werden. Das "theoretisch orientierte Fragen" spielt eine zentrale Rolle bei diesem Vergleichsprozess.
Grounded Theory im Vergleich zur Fallstudie: Hier wird ein detaillierter Vergleich zwischen der Grounded Theory und der Fallstudie durchgeführt. Der Unterschied im Forschungsansatz und im Umgang mit empirischen Daten wird herausgestellt. Die Fallstudie wird als Methode beschrieben, die vorhandenes Wissen auf einen Einzelfall anwendet, während die Grounded Theory auf die Generierung neuer Theorien aus empirischen Daten abzielt.
Offenheit und Vermeidung starrer Regeln: Dieser Abschnitt betont die Offenheit der Grounded Theory, die durch das Vermeiden starrer Regeln und den Austausch zwischen Forschern entsteht. Das Infragestellen von Vorannahmen und Vorurteilen wird als wichtiger Aspekt hervorgehoben.
Theoretische Konzeptbildung statt bloßer Beschreibung: Dieser Abschnitt verdeutlicht den Unterschied zwischen bloßer Beschreibung und theoretischer Konzeptbildung in der Grounded Theory. Anhand von Beispielen (z.B. das Lesen einer Bedienungsanleitung oder die Interaktion in einem Dessousladen) wird gezeigt, wie Daten im Sinne der Grounded Theory kodiert werden. Die Bedeutung von Vorwissen und das Hinterfragen von impliziten Annahmen werden diskutiert.
Theoretisches Sampling: Dieser Abschnitt beschreibt das theoretische Sampling als aktive Auswahl von Datenquellen, Fällen, oder Ereignissen anhand schon entwickelter Konzepte. Die Bedeutung der Repräsentativität der Konzepte in ihren variierenden Formen wird betont.
Schlüsselwörter
Grounded Theory, qualitative Forschung, Theoriegenerierung, Datenanalyse, qualitative Daten, theoretisches Sampling, constant comparative method, Substantive Theory, Fallstudie, methodischer Vergleich.
Häufig gestellte Fragen zur Grounded Theory
Was ist der Gegenstand dieses Textes?
Der Text bietet einen umfassenden Überblick über die Grounded Theory als qualitative Forschungsmethode. Er behandelt Entstehung, Variationen, Anwendungsbereiche und zentrale Prinzipien der Grounded Theory und vergleicht sie mit anderen Forschungsansätzen wie der Fallstudie.
Was ist Grounded Theory?
Grounded Theory ist eine qualitative Forschungsrichtung, die durch systematische Auswertung qualitativer Daten Theorien generiert. Sie zielt darauf ab, Gedankengänge über die soziale Wirklichkeit zu erforschen und ist kein starres Verfahren, sondern ein flexibles methodisches Vorgehen.
Wie ist die Grounded Theory entstanden?
Die Grounded Theory entstand als Reaktion auf bestehende deduktive und spekulativ angelegte Theorien. Glaser und Strauss entwickelten sie als Alternative, die die Theoriegenerierung in den Mittelpunkt stellt und die Verifizierbarkeit qualitativer Forschung betont. Ihr Werk "The Discovery of Grounded Theory" (1967) ist ein Meilenstein.
Welche Variationen der Grounded Theory gibt es?
Die Grounded Theory kennt verschiedene Vorgehensweisen, die sich aus dem Forschungszweck und den konkreten Gegebenheiten ergeben. Die Methode ist anpassungsfähig und kann mit anderen Forschungsansätzen kombiniert werden (z.B. Ethnomethodologie, Feminismus, Postmoderne). Sie wird in Sozialforschung, Psychologie und Pädagogik angewendet.
Wo wird Grounded Theory angewendet?
Die Grounded Theory findet Anwendung in verschiedenen Disziplinen, beginnend mit der Soziologie und ausgeweitet auf Psychologie und Pädagogik. Beispiele für Anwendungsthemen sind "Berufliche Sozialisation" und "Umgang mit dem Internet".
Was ist der Unterschied zwischen Substantive Theory und allgemeinen Theorien?
Der Text unterscheidet zwischen "Substantive Theory" (Theorien geringer Reichweite) und allgemeinen Theorien. Theorien geringer Reichweite können konstitutiv für allgemeinere Theorien sein. "Formale Theorien" sollten sinnvollerweise aus substantiellen Theorien entwickelt werden.
Was ist das Ziel der Grounded Theory?
Das Hauptziel der Grounded Theory ist die Gewinnung von Theorien. Im Gegensatz zur Fallstudie, die vorhandenes Wissen auf einen Einzelfall anwendet, zielt die Grounded Theory auf theoretische Erkenntnis ab und nicht auf die Beleuchtung einzelner Fälle.
Was bedeutet "Grounded"?
"Grounded" bedeutet, dass sich die Theorie aus dem Forschungsprozess heraus entwickelt. "Rohe" empirische Daten werden schrittweise in eine Theorie überführt. Eine strikte Vorgängigkeit von Theorie wird abgelehnt.
Welche Rolle spielt die "constant comparative method"?
Die "constant comparative method" ist ein wichtiger Aspekt der Grounded Theory. Gewonnene Theorieansätze werden ständig mit den empirischen Daten verglichen. "Theoretisch orientierte Fragen" spielen dabei eine zentrale Rolle.
Wie unterscheidet sich Grounded Theory von der Fallstudie?
Die Grounded Theory zielt auf die Generierung neuer Theorien aus empirischen Daten ab, während die Fallstudie vorhandenes Wissen auf einen Einzelfall anwendet. Der Forschungsansatz und der Umgang mit empirischen Daten unterscheiden sich deutlich.
Welche Bedeutung haben Offenheit und das Vermeiden starrer Regeln?
Offenheit und das Vermeiden starrer Regeln sind wichtig für die Grounded Theory. Der Austausch zwischen Forschern und das Infragestellen von Vorannahmen und Vorurteilen sind zentrale Aspekte.
Wie unterscheidet sich theoretische Konzeptbildung von bloßer Beschreibung?
Der Text verdeutlicht den Unterschied zwischen bloßer Beschreibung und theoretischer Konzeptbildung. Daten werden im Sinne der Grounded Theory kodiert. Vorwissen und implizite Annahmen werden hinterfragt.
Was ist theoretisches Sampling?
Theoretisches Sampling beschreibt die aktive Auswahl von Datenquellen, Fällen oder Ereignissen anhand schon entwickelter Konzepte. Die Repräsentativität der Konzepte in ihren variierenden Formen ist wichtig.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Text?
Schlüsselwörter sind: Grounded Theory, qualitative Forschung, Theoriegenerierung, Datenanalyse, qualitative Daten, theoretisches Sampling, constant comparative method, Substantive Theory, Fallstudie, methodischer Vergleich.
- Arbeit zitieren
- Sven Mally (Autor:in), 2009, Was ist grounded theory?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161573