Die Verflechtungen der Finanzkrise


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Gliederung

1. Einleitung

2. Der Immobilienmarkt in den Vereinigten Staaten

3. Die Entwicklung und das Platzen der Immobilienblase
3.1. Das System bricht zusammen

4. Die Marktteilnehmer und die Verhältnisse am Markt
4.1. Hedge Fonds
4.2. Rating-Agenturen
4.3. Fondgesellschaften
4.3.1. Zweckgesellschaften
4.4. Die Monoliner (Anleihenversicherer)
4.5. Wo ist der Markt für die strukturierten Produkte
4.5.1. Der Zusammenbruch des Marktes

5. Die Rolle der Zentralbanken in der Krise
5.1. Aufgaben und Instrumente der FED
5.2. Reaktionen der FED in der Krise
5.3. Aufgaben, Instrumente und Reaktionen der EZB
5.4. Reaktionen der EZB in der Krise

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Zunächst ist festzuhalten, dass diese Krise per se nichts Neues ist. Es gibt bereits zahllose Beispiele für vergleichbare Entwicklungen an den Finanzmärkten, bei denen eine anfangs innovative Idee letztlich zum Crash führte. Durch Innovation wird zunächst die Verschuldung erhöht, da Kredite gerne als Spekulationskapital genutzt werden. Ist die Idee erfolgreich, kommt es zu einer Phase, in der jeder an der endlos scheinenden Kapitalakkumulation Teil haben will. Diejenigen Investoren, die sich erst in dieser zweiten Phase beteiligen, sind allerdings häufig weniger gut informiert als die Vorreiter, die nun bereits verkaufen. In der Folge steigt die Schuldenlast überproportional an und Risiken werden falsch bewertet.

Derartige Phasen können lange anhalten. Währenddessen bläht sich die Schuldenblase ungehindert auf. Der Governor der Bank of England, Mervyn King, warnte beispielsweise bereits lange Zeit vor der verzerrten Bewertung von Risiken an den Finanzmärkten. Am Ende steht für viele Investoren die bittere Erkenntnis, dass sie niemanden mehr finden, der dazu bereit ist, zu kaufen und die Blase platzt. Eben die Banken, die gerade noch eifrig das Aufblähen der Blase mitfinanzierten, drehen im Zuge einer Neubewertung ihrer Darlehenspraktiken nunmehr den Kredithahn zu. Finanzielle Engpässe und Kreditkrisen sind die Folge.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den einzelnen Komponenten, welche für das Entstehen der Finanzkrise verantwortlich sind. Die einzelnen Bereiche sollen beschrieben werden, um ein Verständnis für die Komplexität der Entwicklungen zu entwickeln. Ein besonderes Augemerk soll auf die Verwebungen der internationalen Märkte gelegt werden. Es sollen aber auch die Reaktionen der Zentralbanken erläutert werden, um ein komplettes Bild der Krise zu zeichnen. In einem kurzen Fazit soll die Perspektive für die Zukunft dargelegt werden.

2. Der Immobilienmarkt in den Vereinigten Staaten

Die Beschaffenheit des Immobilienmarktes in den USA und das damit verbundene Kreditrecht sind neben der Niedrigzinspolitik der FED seit dem 11. September die wesentlichen Ausgangspunkte des Entstehens der Immobilienblase.

Zunächst einmal ist hier herauszustellen, worum es sich bei einem Hypothekendarlehen handelt. So definiert es sich als „Darlehen, das durch Grundbesitz abgesichert ist“.[1] Ein solches Darlehen ist in den Vereinigten Staaten allerdings nur mit der Immobilie behaftet und nicht mit dem gesamten Vermögen des Schuldners. Daraus lässt sich die Problematik beim Ausfall der Kredite erklären: Das Risiko liegt hierbei weniger beim Schuldner als verstärkt bei der Kredit gewährenden Institution.

Eine weitere Besonderheit liegt in der Tatsache, dass es sich bei den US-Amerikanern um eine Gesellschaft von Hauseigentümern handelt und nicht, wie beispielsweise in der Bundesrepublik, um eine Mietergesellschaft. Die Immobilien werden meist als Geldanlage betrachtet und sind – nicht nur im Subprimesegment[2] – im Wesentlichen durch Hypothekendarlehen finanziert.

3. Die Entwicklung und das Platzen der Immobilienblase

Um zunächst einen Überblick über das Wachstum des Immobilienmarktes zu bekommen, sei die Steigerungsrate der Immobilienpreise genannt. Diese betrug von 2004 auf 2005 mit 13,6% Wachstum das 3-Fache der Steigerung des Bruttoinlandsproduktes der USA. In einigen Regionen, vor allem im mittleren Westen, stiegen die Preise gar um 30% innerhalb eines Jahres.[3] Nun liegt es in der Natur des Finanzwesens, dass lukrative Geschäftsmodelle kopiert werden und so ein circulärer Effekt der Preissteigerung auf den Immobilienmarkt wirkt. Diese Zahlen sollen die Abkoppelung des Immobilienmarktes von der übrigen wirtschaftlichen Entwicklung belegen und verdeutlichen, dass die abstrakte Entwicklung bereits mehrere Jahre vor dem Platzen der Blase zu erkennen war. Im Folgenden soll jedoch erst einmal herausgearbeitet werden, wie es zu der Kapitalkonzentration auf den Immobilenmarkt kam.

Nach dem Platzen der Spekulationen um die New Economy im Jahr 2001 wurde vom damaligen US-Notenbankchef Alan Greenspan eine Deflation befürchtet. Um eine solche zu verhindern, senkte die FED den Leitzins auf 1%. In Folge dessen wurde die Geldmenge in den Jahren von 2001 bis 2003 um 20% erhöht. Dem wurde von der FED erst Ende 2004 wieder durch Erhöhung der Zinsen entgegengewirkt.[4] Hierin zeigt sich der erste wichtige Teil des Entstehens der Blase. Der Markt wurde mit einer enormen Geldmenge überhäuft. In Verbindung mit den oben erwähnten hohen Renditeerwartungen im Immobiliensektor war die logische ökonomische Schlussfolgerung, dass sich das überschüssige Kapital in dieser lukrativen Niesche des Finanzmarktes konzentrierte.

Der zweite in Betrachtung zu ziehende Aspekt der Entstehung der Blase ist auch aus mikroökonomischer Sicht zu sehen. Die bereits erwähnte Basis zur Sicherung der Kredite wird mit kontinuierlich höher bewerteten Immobilienpreisen auch für die Menschen interessant (gemacht), die bei anderen Vorraussetzungen nicht zu Marktteilnehmern geworden wären. So wurde es Menschen, die über keine oder geringste Bonität verfügen möglich, Kredite aufzunehmen, die sie bei realistischer Betrachtungsweise nie hätten zurückbezahlen können. Steigt jedoch der Wert der Immobilie kontinuierlich, steigt die für die Bank relevante Bonität ebenfalls mit an. Darin lässt sich die Erklärung für die zunächst irrational scheinende Vergabepraxis der Kreditinstitute finden.

Doch nicht nur das Risiko des Zahlungsausfalls wurde zunehmenden außer Acht gelassen. Eine mit der Schufa vergleichbare Institution ist in den USA nicht vorhanden. Darüber hinaus wurde von den Banken ein Weg ersonnnen, die nach Basel I[5] notwendige Unterlegung der vergebenen Kredite mit Eigenkapital zu umgehen. So lagerte man die Bilanz belastenden Papiere gebündelt und verbrieft in eigens dafür gegründete Zweckgesellschaften aus. Infolge dessen war es den Banken möglich, weitere Kredite zu vergeben, da sie diese nicht mehr mit Eigenkapital unterlegen mussten und darüber hinaus die gesteigerte Liquidität die Institute zur Vergabe weiterer Kredite befähigte.[6] So wurde der Grundgedanke der Verbriefung, der in der Streuung des Ausfallrisikos liegt, verworfen und in eine Methode der potentiellen Gewinnmaximierung umgeändert. Die schier unendlich scheinende Akkumulation von frischem Kapital sorgte zudem für eine Loslösung des Geldmarktes von den Realwerten. So wurde die neu generierte Liquidität weder auf Grund des Vorhandenseins realwirtschaftlicher Produkte ermöglicht, noch direkt in diese investiert. Die von den Aktionären erwarteten astronomischen Renditen von circa 30% als wesentliche Quelle des Ersinnens kompliziert strukturierter Produkte sollen an dieser Stelle zunächst nur am Rande erwähnt werden.[7]

Zur Vervollständigung seien noch zwei weitere Punkte, welche für das Entstehen der Krise von immenser Bedeutung sind, genannt. So ist der Zinssatz, welchen der Schuldner an die Bank zu errichten hat, meist nicht langfristig festgeschrieben, wie es in Deutschland Usus ist. Stattdessen ist er in Abhängigkeit der Marktlage zu entrichten und kann - bei weiterem Anstieg - zu einer weiteren Belastung des Schuldners werden.[8] Auch wurde es den überschuldeten Haushalten möglich, durch ihre steigende virtuelle Bonität weitere Hypotheken zur Tilgung ihrer Schulden sowohl in Bezug auf die Hypothekenlasten, wie auch auf davon losgelöste Investitionen und damit neue Darlehen aufzunehmen.[9]

3.1. Das System bricht zusammen

Der Grund für den Ausbruch der Krise ist eindeutig auf den massiven Ausfall von Krediten im Subprime-Segment zurückzuführen. Dieser ist jedoch nicht direkt auf die absolute Bonität der Schuldner zurückzuführen, sondern auf deren relative Bonität. Um den Ursprung der Kausalkette zu erklären, ist auf die letzten beiden Punkte im vorherigen Abschnitt zu verweisen. Da die FED die Liquidität durch eine Anhebung des Leitzinses verringern wollte, wurden indirekt auch die Kosten zur Tilgung der Hypothekendarlehen erhöht, da diese ja an den Marktbedingungen festgemacht werden.[10] Somit war es für die Schuldner auch nicht weiter möglich neue Kredite zur Tilgung ihrer angehäuften Schulden aufzunehmen. Dadurch wurde ein circulus vitiosus in Gang gesetzt. Durch den Anstieg der Insolvenzen sank der Wert der Immobilien, was wiederum die Ausfallzahlen bei den Krediten befeuerte. Der Ausfall der Kredite beschränkte sich zwar nicht auf das Subprime-Segment, jedoch ist der Verfall der Kredite in diesem Sektor von entscheidenderer Bedeutung als Ausfälle im Segment für Kredite mit Schuldnern höherer absoluter Bonität.[11]

Den nächsten Schritt bedeutete der Konkurs zweier Hedgefonds: Denen von Bear-Stearn und die Pleite des ersten Kreditgebers New Century (dem zweitgrößten privaten Immobilienfinanzierer der USA) im Februar 2007.[12] Die Gründe hierfür liegen in der zuvor genannten Risikoverteilung im US Immobilienkreditrecht, die zum Großteil bei den Gläubigern liegt. Die massiven Zahlungsausfälle konnten von den Kreditgebern auf Grund der katastrophalen Eigenkapitalunterlegung nicht abgefedert werden.[13] Es sei noch angemerkt, dass die zunächst logische Schlussfolgerung höhere Standards für die Vergabe von Darlehen einzuführen zu diesem Zeitpunkt der Krise dem Verfasser als äußerst zweischneidig erscheint. Eine Anhebung würde zwar den Markt auf lange Sicht teilweise sanieren, kurzfristig aber zu einer weiteren Verstärkung der Krise führen. Das liegt darin begründet, dass die Nachfrage am Markt weiter sinken würde und die damit verbundenen Folgen katastrophale Auswüchse annehmen würden. Die Folge des Auslassens von Regulierung ginge allerdings zu Lasten der Steuerzahler und Schuldner in spe. Es ist jedoch auch ohne den Schritt der Regulierung zu beobachten, dass sich die Vergabepraxis der Banken ändert. Allerdings nicht aus Gründen der Einsicht sondern der wachsenden Risikoaversität als Folge der Notlage.[14]

[...]


[1] Münchau,Vorbeben, 2008, S. 219.

[2] Die Einstufung als Subprime erfolgt unter anderem dann, wenn der Kreditnehmer bereits eine Zahlungsunfähigkeit oder Zwangsversteigerung hinter sich hat oder wenn er mit Kreditraten in der jüngeren Vergangenheit in Verzug geraten ist. (Vgl. Jahresgutachten Sachverständigenrat 2007, S. 126).

[3] Vgl. Pitzke, US-Immobilienmarkt, 2005.

[4] Vgl. Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2007, S. 68.

[5] Zwar war die Basel II Regelung zu dieser Zeit schon beschlossen, wurde jedoch erst Mitte 2008 in Europa aktiv und Anfang 2009 in den USA.

[6] Vgl. Spiegel Wissen, Subprime, 2008.

[7] Vgl. ebd.

[8] Vgl. Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2007, S. 68.

[9] Vgl. DIW, Wirtschaftsentwicklung, 2008, S. 2.

[10] Vgl. ebd.

[11] Sommer, Hypothekenmarkt, 2007.

[12] Vgl. Sachverständigenrat Jahresgutachten 2007, S. 166.

[13] Vgl. Handelsblatt.com, Finanzmarktkrise, 2007.

[14] Vgl. manager-magazin.de, Unsicherheit, 2007.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Verflechtungen der Finanzkrise
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
22
Katalognummer
V161574
ISBN (eBook)
9783640753765
ISBN (Buch)
9783640753895
Dateigröße
418 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verflechtungen, Finanzkrise, Kreditkrise, Staatsschuldenkrise, Europakrise, Finanzmarkt, Hedgefonds, Ratingagentur, Politikwissenschaft, VWL, Politische Ökonomie
Arbeit zitieren
Sven Mally (Autor:in), 2009, Die Verflechtungen der Finanzkrise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161574

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Im eBook lesen
Titel: Die Verflechtungen der Finanzkrise



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden