Rezension zu Stanley J. Tambiahs "Eine performative Theorie des Rituals"


Rezension / Literaturbericht, 2003

14 Seiten, Note: "keine"


Leseprobe


Inhalt

Einleitung: Kulturelle Performance

Tambiahs Definition von Ritual

Ritual als Medium

Ritual als konventionalisiertes Handeln

Die Idee der performativen Handlung

Rituelle Kommunikation

Gesteigerte Kommunikation

Kritik und Ausblick

Literatur

Eine performative Theorie des Rituals

Von Stanley Jeyaraja Tambiah

Einleitung: Kulturelle Performance

Der Performance-Aspekt des rituellen Handelns wird in den theoretischen Arbeiten der letzten Zeit auffallend betont. Der Begriff Performance scheint den Begriff Ritual oft sogar zu ersetzen. Geertz, Schechner und auch Tambiah sprechen von der „kulturellen Perfomance“ als Darstellung und zugleich als Reproduktion kultureller Sinn- und Handlungsmuster. Die theoretische Begründung von Ritualen als performative Akte geht insbesondere auf Anregungen von Tambiah zurück. In Anlehnung an Austins (1962) Sprachtheorie beschreibt er Rituale als performativ in dem Sinne, daß etwas sagen auch etwas tun bedeutet. Damit ist ausgedrückt, daß Rituale auch über ihren semantischen Gehalt hinaus eine Bedeutung haben, die auf ihre Effektivität als Handlung zurückgeht. Diese Effektivität wird durch die Verwendung multipler Medien- von Liedern, Tänzen, Musik, Formeln und Gaben- sowie durch die den Ritualen eigentümliche formalisierte und redundante Form erzeugt.

In dem Artikel „Eine performative Theorie des Rituals“ aus dem Band „Ritualtheorien“ beschreibt Tambiah, wie kulturelle Inszenierungen (Performanzen), worunter er Rituale versteht, durch ihre spezifische Ausgestaltung eine soziale Kommunikation in gesteigerter Form erzeugen.

Tambiah beginnt mit der Schwierigkeit, rituelles von nicht-rituellem Handeln zu unterscheiden. Zu Beginn seiner Ausführungen erläutert er also, wie er rituelle Ereignisse erkennt: „Obwohl wir weder linguistische noch ostentative Kriterien haben, um einen spezifisch rituellen Bereich von anderen sozialen Bereichen abzugrenzen, kennt jede Gesellschaft Handlungen, Darstellungen und Festlichkeiten, die von anderen abgehoben und differenziert werden. Solche Handlungen können wir als typische oder fokussierende Beispiele „ritueller“ Ereignisse identifizieren.“ (Tambiah 1998, 227). Hier weist Tambiah auf die Parallelen zum Spiel hin, denn auch das Spiel „bewirkt ein Heraustreten aus dem normalen Leben in eine zeitlich begrenzte Tätigkeitssphäre, die eine eigene Struktur aufweist“ (1998, 228). Allerdings weist er auch auf den zentralen Unterschied zwischen Spiel und Ritual hin. Das Ritual ist im voraus nicht nur die Regeln festgelegt, sondern auch der Ablauf, wo hingegen das Spiel in seinem Ergebnis eher überraschend sein kann. Spiele sind ungewiss, aber Rituale haben ein ganz klares Ziel, z.B. die Vermittlung zwischen dem Okkulten und dem Menschlichen beim Wahrsagen. Diese Überlegungen führen Tambiah zu seiner Definition von Ritual.

Tambiahs Definition von Ritual

„Das Ritual ist ein kulturell konstruiertes System der Kommunikation. Es besteht aus strukturierten und geordneten Sequenzen von Worten und Handlungen, die oft multimedial ausgedrückt werden und deren Inhalt und Zusammenstellung charakterisiert sind durch

Formalität (Konventionalität), Stereotypie (Rigidität), Verdichtung und Redundanz (Wiederholung).“

Rituelle Handlung ist auf drei Arten performativ. Erstens nach Austins Sprechakttheorie: „Etwas Sagen bedeutet etwas tun“. Zweitens macht die Dramatik einer Performance das Ereignis zu einer intensiven Erfahrung. Zu diesem Zweck werden auch verschiedene Medien verwendet. Der dritte Aspekt ist der indexikale Wert, das, was die Akteure der Performance zuschreiben und was sie aus ihr ableiten. Nach Tambiah sind Rituale auf doppelte Weise indexikalisch. Die in ihnen verwendeten Symbole und Ikonen verweisen erstens auf einen bestimmten kosmologischen Bedeutungsgehalt und etablieren damit zweitens eine Beziehung zwischen den kosmologischen Annahmen und den die Symbole verwendenden Akteuren. Durch den Verwies auf den Zusammenhang zwischen Kosmos und Welt werden bestehende soziale Beziehungen re-etabliert, sanktioniert oder umgeformt.

Zu dieser Definition haben die Überlegungen geführt, die ich im folgenden erläutern will:

Zunächst handelt es sich nach Tambiah um ein analytisches Problem: die Integration von kultureller Beschreibung und formaler Analyse. Nach Tambiah sind „kulturelle Überlegungen in der Form enthalten, die das Ritual annimmt“ und „eine Verbindung von Form und Inhalt (ist) dem performativen Charakter und der Wirksamkeit rituellen Handelns eigen.“ (Tambiah 1998, 230).

Folgende Formel stellt Tambiah auf: Performativer Charakter entsteht seiner Meinung nach durch die Kombination von Form und Inhalt des Rituals.

Das Ritual besteht aus kulturellem Inhalt (dieser kulturelle Inhalt beinhaltet die kosmologischen und ideologischen Konstruktionen einer Kultur), aus formalen und strukturellen Eigenschaften und dem semiotisch-kommunikativen Element.

Alle Gesellschaften haben bestimmte Kosmologien, die in ihren verschiedenen Klassifikationsformen Beziehungen zwischen Menschen, Menschen und Natur, Menschen und Göttern bzw. Dämonen schaffen. Es gibt verschiedene Klassifikationsformen wie Mythen, Rituale, Gesetze, Verfassungen und andere kollektive Repräsentationen, in denen kosmologische Ideen enthalten sind.

Ritual als Medium

Ritual versteht Tambiah als eigenständiges Medium für die Übertragung von Botschaften, die Konstruktion sozialer Wirklichkeit und die Schaffung und Entwicklung kosmologischer Ideen: Ritual als handlungsmässiges Ereignis hat performative und kreative Eigenschaften.

Der Kontext der Überzeugungen kann aber nicht adäquat die Form des rituellen Ereignisses per se erklären.

Der Schlüssel zum Verständnis liegt in der Gegenseitigkeit, nämlich, dass kosmologische Konstrukte in Ritualen eingebettet sind und das andererseits Rituale kosmologische Ideen darstellen. In dieser Gegenseitigkeit wird offenbar, wie kulturelle Beschreibung und formale Analyse integriert wird.

In der Untersuchung performativer Darstellung (Rituale) hat die traditionelle Unterscheidung zwischen Religiösem und Säkularem wenig Relevanz und die Idee des Heiligen erweitert sich auf das, was „blind“ akzeptiert und traditionalisiert wird, wie z.B. die kosmologischen Ideen, orientierende Begriffe und Prinzipien, so Tambiah.

Zur Funktion des rituellen Handelns schreibt er, dass rituelles Handeln zwischen kulturell differenzierten Instanzen, Ebenen, Bereichen und Ereignissen, aus denen die Kosmologie besteht, vermitteln soll, wie z.B. Tradition, Hierarchie, Beziehung zum Jenseits, Praktiken und Phänomene.

Zur Verbindung zwischen diesen kulturellen Konstrukten und dem Ritual als Modus sozialen Handelns führen die verschiedenen Aspekte der Kommunikation.

Rappaport erwähnt eine Gruppe ritualspezifischer Eigenschaften wie die Formalität, womit er Stilisierung und Wiederholung meint und die Unveränderlichkeit der liturgischen Form. Unveränderlichkeit erzeugt unbezweifelbare Wahrheit, also Sakralität.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Rezension zu Stanley J. Tambiahs "Eine performative Theorie des Rituals"
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Religionswissenschaft)
Note
"keine"
Autor
Jahr
2003
Seiten
14
Katalognummer
V161609
ISBN (eBook)
9783640754182
ISBN (Buch)
9783640754526
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rezension, Stanley, Tambiahs, Eine, Theorie, Rituals
Arbeit zitieren
M.A. Alexa Junge (Autor:in), 2003, Rezension zu Stanley J. Tambiahs "Eine performative Theorie des Rituals", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161609

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