Diese Studie untersucht, ob die Theorie des Neokolonialismus von Kwame Nkrumahs heute noch als analytisches Werkzeug dienen kann. Die Forschungsfragen lauten: Gibt es im 21. Jahrhundert neokoloniale Kontrolle über ehemals kolonialisierte Staaten? Wodurch sind ihre Strukturen und Praktiken in der globalisierten Weltwirtschaft gekennzeichnet? Zur Beantwortung dieser Fragen werden zwei empirische Fallstudien durchgeführt. Als Fallbeispiele dienen Argentinien und die Zentralafrikanische Republik. Ausgehend von der Theorie Nkrumahs wird Neokolonialismus als System definiert, das durch die Kontrolle der Wirtschaft von formal unabhängigen Staaten durch externe Akteure, wie Staaten, internationale Organisationen und TNU, mit dem Ziel der wirtschaftlichen Ausbeutung, insbesondere jedoch der Ressourcenausbeutung und der Erschließung neuer Absatzmärkte für ausländische Produkte, gekennzeichnet ist. Für den Analyserahmen dieser Arbeit wurde das Konzept des Neokolonialismus anhand von drei Kriterien mit jeweils zwei Ausprägungen operationalisiert. Die Präsenz neokolonialer Herrschaft wurde als gegeben betrachtet, insofern mindestens eine Ausprägung der jeweiligen Kriterien als zutreffend erachtet werden konnte. In beiden Ländern konnte mindestens eine Ausprägung aller drei Kriterien im Zeitraum von 2000–2022 nachgewiesen werden. Neokoloniale Herrschaft, verstanden als externe Kontrolle der Wirtschaft, ist damit in Argentinien und der Zentralafrikanischen Republik auch im 21. Jahrhundert weiterhin präsent. Die Befunde stützen Nkrumahs Theorie: Neokolonialismus bleibt ein relevantes Analyseinstrument, um Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen ökonomisch schwachen Staaten und externen Akteuren zu beschreiben. Forscher_innen der Politikwissenschaft sollten dem Konzept wieder stärkere Aufmerksamkeit schenken.
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- Anonym (Author), 2023, Neokoloniale Strukturen und Praktiken innerhalb der globalisierten Weltwirtschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1617782