Die Demokratie im antiken Athen gilt als eine Errungenschaft der griechischen Bevölkerung und entfaltete sich bis zur zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Die Gesetze Drakons und Solons aus den Jahren 621 und 594 v. Chr. gelten als wichtiger Schritt für Entwicklung der Volksherrschaft in Athen. Doch um 561 v.Chr. errang die Adelsfamilie der Peisistratiden in Auseinandersetzungen die Befehlsgewalt und regierte in der Folgezeit in Manier einer Tyrannis. Diese Regierungsform ist eine Alleinherrschaft und beschnitt somit die Beteiligung des Demos an der Politik. Denn vielmals waren es nun die Anhänger des Tyrannen, die politische Positionen besetzten. 510 v. Chr. gelang es Kleisthenes mit Hilfe der Spartaner Athen zu besetzen und die Alleinherrschaft zu beenden. Zu seinen Reformen um 508/507 v.Chr. gehörte eine Phylenreform, in der er Attika in verschiedene Bereiche einteilte und somit eine Vermischung der Bevölkerung aus den verschiedenen Landesteilen bezweckte. Darüber hinaus löste Kleisthenes die Bindung der politischen Mitbestimmung an die soziale Herkunft auf. Damit war ein Grundstein für die Entfaltung der Demokratie gelegt, die sich im 5.Jahrhundert v.Chr. durch die Reformen des Ephialtes und des Perikles weiterentwickeln sollte. Zu den Veränderungen der Verfassung Athens um 507/508 v. Chr. gehörte wahrscheinlich auch die Bildung des Scherbengerichtes, beziehungsweise „Ostrakismos“. Es stellte nach Aristoteles ein besonderes Gesetz dar, das „wegen des Mißtrauens gegen die Inhaber der Machtstellungen erlassen worden war, da sich Peisistratos […] zum Tyrannen gemacht hatte.“ Auf Basis dieser These wird in der Arbeit an drei Fallbeispielen untersucht, inwiefern die Funktion des Ostrakismos im Zeitraum seiner Anwendung tatsächlich der uns überlieferten Intention gerecht wurde.
[...]
1 Vgl. J. Bleicken, Die athenische Demokratie, S.17.
2 Vgl. M.H. Hansen, Die Athenische Demokratie im Zeitalter des Demosthenes, S.28ff.
3 Vgl. M.H. Hansen, Die athenische Verfassung bis 403 v.Chr.: Eine historische Skizze, S.33.
4 Vgl. K.A. Raaflaub, in: K.H. Kinzl, Demokratia, S.1-3; H. Hansen: Die Athen. Demokratie, S.32f.
5 Aristoteles, Staat der Athener, X 22,3.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einführung, Intention und Quellenlage
- Umsetzung der Intention
- Der Ostrakismos des Aristeides
- Der Ostrakismos des Themistokles
- Der Ostrakismos des Hyperbolos
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Intention und die tatsächliche Umsetzung des Ostrakismos in Athen, einem Verfahren zur Verbannung von Personen, die als Gefahr für die Volksherrschaft galten. Sie analysiert, ob das Gesetz, dessen Einführung Kleisthenes zugeschrieben wird, im Laufe der Zeit seinen ursprünglichen Zweck erfüllte.
- Die Intention des Ostrakismos als Instrument zur Sicherung der Demokratie
- Die Quellenlage zur Einführung und Anwendung des Ostrakismos
- Die konkrete Umsetzung des Ostrakismos in ausgewählten Fallbeispielen
- Die mögliche Veränderung der Funktion des Ostrakismos im Laufe der Zeit
- Die Bedeutung von Primär- und Sekundärquellen für die Analyse des Ostrakismos
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung Die Einleitung stellt die historische Bedeutung der Demokratie in Athen und den Prozess ihrer Entwicklung dar. Sie führt den Ostrakismos als ein wichtiges Element der athenischen Verfassung ein und erläutert die Zielsetzung der Arbeit, die sich auf die Analyse der Intention und Umsetzung des Gesetzes konzentriert.
- Kapitel 2: Einführung, Intention und Quellenlage Dieses Kapitel analysiert den Ursprung und die Intention des Ostrakismos. Es beleuchtet die Quellenlage, die über die Entstehung des Gesetzes Auskunft gibt, und diskutiert die verschiedenen Interpretationen der Historiker. Es wird auf die mögliche Einführung durch Kleisthenes eingegangen und verschiedene Argumente für und gegen diese Annahme dargelegt.
- Kapitel 3: Umsetzung der Intention Dieses Kapitel behandelt die Anwendung des Ostrakismos an drei Fallbeispielen: der Ostrakisierung des Aristeides, des Themistokles und des Hyperbolos. Die Analyse der Fälle soll die Frage beantworten, ob die Funktion des Ostrakismos in der Praxis der ursprünglichen Intention entsprach.
Schlüsselwörter
Athenische Demokratie, Ostrakismos, Scherbengericht, Kleisthenes, Aristeides, Themistokles, Hyperbolos, Volksherrschaft, Tyrannis, Quellenlage, Intention, Umsetzung, Primärquellen, Sekundärquellen, Fallbeispiele, Zeitraum der Anwendung, historische Forschung, historische Interpretation.
- Arbeit zitieren
- David Kirsch (Autor:in), 2010, Intention und Wirklichkeit des Ostrakismos in Athen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161930