Freiwillige Vereinigungen im Blick der Sozialkapitaldebatte


Seminararbeit, 2009

29 Seiten, Note: 5.5


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Fragestellung

3. Sozialkapital und freiwillige Vereinigungen
3.1. Individuelle Ansätze des Sozialkapitals
3.1.1. Pierre Bourdieu: Sozialkapital als Statuserhalt
3.1.2. James Coleman: Sozialkapital als Nebenprodukt
3.2. Das gesellschaftliche Sozialkapital
3.2.1. Rober D. Putnam: Zivilgesellschaft und Demokratie
3.3. Das Konstrukt des Sozialkapitals
3.4. Freiwillige Vereinigungen

4. Differenzierungen des Sozialen Kapitals
4.1. Die Differenzierung nach Esser
4.2. Die Differenzierung nach Braun
4.3. Die Differenzierung nach Gabriel
4.3.1. Indiviuelles Sozialkapital
4.3.2. Gesellschaftliches Sozialkapital

5. Differenzierungsebenen von freiwilligen Vereinigungen
5.1. Differenzierungsebenen freiwilliger Vereinigungen nach Putnam
5.2. Differenzierungsebenen freiwilliger Vereinigungen nach Zmerli
5.3. Fazit freiwillige Vereinigungen und Sozialkapital

6. Befunde

7. Schlussbemerkungen

8. Literaturverzeichnis

9. Abbildungsverzeichnis

10. Anhang

1. Einleitung

Das Sozialkapital unserer Gesellschaft verschwindet! Die Demokratie zerfällt! So oder ähnlich lauten Schlagzeilen über den in den Sozialwissenschaften häufig diskutierten Sozialkapitalansatz, welchem vor allem seit den frühen 90er Jahren eine All-Heilmittel- Funktion zugeschrieben wird. In zahllos vorhandenen Studien und Schriften wird Sozialkapital als ausschlaggebend für eine funktionierende Demokratie, eine gelungene Integration von Minderheiten und für einen Rückgang der Kriminalität verantwortlich gemacht, um hier nur einige Aspekte zu nennen. Kurz, Sozialkapital gilt als „sozialer Kitt“, der die Gesellschaft zusammenhält.

Der Grundstein dieser Arbeit soll die Frage klären, was Sozialkapital beinhaltet und in welchen Bereichen Sozialkapital eine Wirkung auf die Gesellschaft und das Individuum nach sich zieht.

Im Zentrum steht zudem, welche Funktion freiwillige Vereinigungen in der Sozialkapitaldiskussion übernehmen. Sind hohe Mitgliedschaftszahlen und eine vielfältige Vereinslandschaft in der Gesellschaft wirklich einer der Hauptindikatoren für Sozialkapital, welcher wiederum die Demokratie unterstützt? Oder unterstützt eine Vereinsmitgliedschaft nur die individuelle Integration in einen kleinen Kreis von Gleichgesinnten?

Diese Fragen sprechen bereits einen weiteren Schwerpunkt dieser Arbeit und gleichzeitig die Schwierigkeit an. Sozialkapital wird je nach Studie oder theoretischem Ansatz als individuell- oder gesellschaftlich-wirkendes Konzept verstanden, ohne vielfach explizit zu differenzieren. Dabei wird häufig angenommen, dass bei der Messung von individuellem Sozialkapital, wie der Vereinsaktivität einzelner Mitglieder, auf das gesellschaftliche Sozialkapital geschlossen werden kann.

Diese Schwierigkeit zeigt sich bereits bei der Betrachtung von theoretischen Arbeiten. Insbesondere Coleman und Bourdieu gingen von einer individualistischen Sichtweise aus, wogegen sich Putnam, als Politikwissenschaftler, aus gesellschaftlicher Perspektive mit dem Sozialkapital auseinandersetzte.

In einem ersten Schritt wird der Begriff des Sozialkapitals betrachtet und aus Sicht von drei Theoriekonzepten beleuchtet. Ebenso wird der Begriff der freiwilligen Vereinigungen für diese Arbeit definiert.

In einem zweiten Schritt werden die verschiedenen Dimensionen des Sozialkapitals genauer betrachtet. Dabei werden verschiedene Konzepte und Analysen vorgestellt. Dadurch wird ein Überblick über die aktuelle Forschung gegeben.

In einem letzten Schritt wird explizit auf die Wirkung von freiwilligen Vereinigungen eingegangen. Dabei soll eine Verknüpfung zwischen der individuellen und gesellschaftlichen Ebene des Sozialkapitals erreicht werden, welche uns einen differenzierteren Blick auf die Wirkungsweise von Sozialkapital ermöglichen soll.

2. Fragestellung

Die Frage über die gesellschaftliche Integration der Individuen ist in Wissenschaft und Politik ein viel diskutiertes Thema. Dabei hat vor allem auch Beck mit seiner zukunfts-pessimistischen Sichtweise über moderne Gesellschaften und Putnam mit seiner Italienstudie (siehe Kapitel 3.2.1.) wesentlich dazu beigetragen.

Es wird vor einem gesellschaftlichen Zerfall durch den Individualisierungsschub der postmodernen Gesellschaft gewarnt. Diese Anregungen führten zu einer verstärken Suche nach den Ursachen des Zerfalls und nach Möglichkeiten, wie dieser verhindert werden kann. Dabei wurde den freiwilligen Vereinigungen eine gewichtige Rolle zugesprochen. Die freiwilligen Vereinigungen hätten die Macht, die Bürger stärker zu integrieren und dadurch die Demokratie und den Gemeinsinn zu stärken.

Diese Ansicht wirft verschiedene Fragen auf. Sind freiwillige Vereinigungen wirklich in der Lage, Bürger in die Gesellschaft zu integrieren oder reicht die Integration nur für die gruppenspezifische Gemeinschaft? Durch welche Faktoren, wenn überhaupt, beeinflussen freiwillige Vereinigungen die Demokratie?

Aus diesen ungeklärten Fragen ergibt sich die erste Fragestellung für diese Arbeit. Wirkt sich das individuelle Sozialkapital auch auf das gesellschaftliche Sozialkapital aus?

Um diese Frage zu klären, muss vorerst eine Differenzierung des individuellen und gesellschaftlichen Sozialkapitals vorgenommen werden, um danach die Wirkungsweisen zu untersuchen. Dies wird anhand von aktuellen Studien versucht, welche sich mit einzelnen Aspekten des Sozialkapitals auseinander setzen.

Eine zweite Fragestellung ergibt sich, wenn nach der Rolle von freiwilligen Vereinigungen im Sozialkapitalansatz gefragt wird. Da freiwillige Vereinigungen anscheinend die Gesellschaft zusammenhalten, stellt sich die Frage nach der genauen Wirkungsweise. Insbesondere bezüglich der individuellen Integration und der gesellschaftlichen Integration. Inwiefern wirken freiwillige Vereinigungen auf der individuellen und gesellschaftlichen Ebene und wird eine sozialintegrative Leistung bestätigt? Dies soll die zweite Fragestellung dieser Arbeit sein.

Um diese Frage zu beantworten werden die Resultate der ersten Fragestellung betrachtet und durch eine weitere Studie ergänzt.

So soll schlussendlich ersichtlich werden, durch welche Faktoren Sozialkapital auf der individuellen sowie der gesellschaftlichen Ebene wirkt, und inwiefern ein Zusammenhang mit den freiwilligen Vereinigungen besteht.

3. Sozialkapital und freiwillige Vereinigungen

Das Konzept des Sozialkapitals geht im Wesentlichen auf drei zentrale Klassiker zurück, welche sich mit diesem Begriff auseinandersetzten. Bevor wir Sozialkapital definieren können, sollen zuerst die drei Klassiker mit ihren Ansichten über das Sozialkapital vorgestellt werden.

3.1. Individuelle Ansätze des Sozialkapitals

Im Folgenden werden zwei theoretische Ansätze von Bourdieu und Coleman beschrieben, welche auf der Mikroebene[1] angesiedelt sind. Diese gehen vom Individuum und seinen Beziehungen aus und betonen die Wirkung des Sozialkapitals in einer direkten Verbindung mit dem Individuum.

3.1.1. Pierre Bourdieu: Sozialkapital als Statuserhalt

Bourdieus Klassentheorie entstand aus Beobachtungen der oberen französischen Gesellschaftsschicht der 1980er Jahre. Sein Hauptinteresse lag in der Frage, wie eine soziale Ordnung und soziale Hierarchien zustande kommen und erhalten werden können. Dabei unterscheidet er drei verschiedene Kapitalformen, mit welchen jedes Individuum ausgestattet ist. Jedoch sieht er Unterschiede in Menge und Verteilung der Kapitalformen zwischen den Individuen. Diese ungleiche Verteilung und Menge bestimmen den Lebensstil und Habitus der Personen. Der Habitus ist schlussendlich ausschlaggebend für die Zugehörigkeit zu einem sozialen Status und somit ein wichtiger Faktor für die soziale Ordnung einer Gesellschaft.

Die drei Kapitalarten beschreibt Bourdieu als ökonomisches Kapital, welches das eigentlich wichtigste und elementarste Kapital darstellt, sowie das kulturelle und das soziale Kapital. Die letzteren sind jedoch nicht minder wichtig und können nicht einfach durch ökonomisches Kapital ersetzt werden.

Das ökonomische Kapital ist „unmittelbar und direkt in Geld konvertierbar“ (Bourdieu, 1983:185) und damit nicht an die Person gebunden. Das kulturelle Kapital wird wiederum in drei verschiedene Arten[2] unterteilt und kann zusammenfassend als dasjenige Kapital verstanden werden, welches einem Individuum als Statussicherung dient. Als soziales Kapital beschreibt er

„die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen, gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind“ (Bourdieu, 1983:190).

Diese Definition liegt sehr nahe an unserem Alltagsverständnis des „Vitamin B“ oder des „Networking“ und geht davon aus, dass soziale Beziehungen uns in einem wichtigen Moment die richtige Türe öffnen, einen neuen Job oder Konzerteintritt vermitteln können. Demnach geht Bourdieu ganz eindeutig davon aus, dass sozial Kapital[3] eine individuelle Ressource darstellt, welche auf der Mikroebene generiert wird und an das Individuum gebunden ist. Bourdieu unterteilt das soziale Kapital in zwei verschiedene Dimensionen, welche beide für den Umfang des sozial Kapitals verantwortlich sind. Zum einen nennt er „die Ausdehnung des Netzes von Beziehungen (…) die er tatsächlich mobilisieren kann“ und „den Umfang des Kapitals, das diejenigen besitzen, mit denen er in Beziehung steht“ (Bourdieu, 1983:191). Es kommt also sowohl auf die Grösse des Beziehungsnetzwerkes als auch auf den Habitus[4] der Personen an, mit welchen der Kontakt gepflegt wird. Daraus resultiert, dass soziales Kapital vergänglich ist und aktiv – mit dem Einsatz von finanziellen Mitteln und der Investition von Zeit – aufrechterhalten werden muss.

Durch den steten Einsatz von Mitteln ist sozial Kapital zusammen mit dem kulturellen Kapital für den Statusherhalt und somit für die Reproduktion von sozialen Ungleichheiten verantwortlich.

Obwohl Bourdieu einen wichtigen theoretischen Beitrag zur Sozialkaptialtheorie geleistet hat und er auch in vielen Arbeiten Erwähnung findet (vgl. Westle, 2008; Zmerli, 2008), wird ihm in empirischen Arbeiten wenig Beachtung geschenkt. Westle vermutet, dass Bourdieus spezifischen Sichtweise, die Sozialkapital eng mit der Reproduktion sozialer Ungleichheiten verknüpft, die Ursache ist, da dieser Ansatz nicht zur Sichtweise des Sozialkapitals als All-Heilmittel passt (vgl. Westle, 2008:27).

3.1.2. James Coleman: Sozialkapital als Nebenprodukt

Coleman definiert Sozialkapital über seine Funktion und nicht über seinen konkreten Nutzen wie Bourdieu. Dies bedeutet jedoch auch, dass es sich in vielfältigen Formen manifestieren kann, jedoch zwei Gemeinsamkeiten aufweist. Zum einen weist Sozialkapital einen sozialstrukturellen Aspekt auf, zum anderen werden Handlungen von Personen, welche sich innerhalb dieser Sozialstruktur befinden, begünstigt.

„Social capital is defined by its function. It is not a single entity, but a variety of different entities having two characteristics in common: They all consist of some aspect of a social structure, and they facilitate certain actions of individuals who are within the structure. Like other forms of capital, social capital is productive, making possible the achievement of certain ends that would not be attainable in its absence“ (Coleman, 1990:302).

Coleman`s Ausgangspunkt sind zwei Theorien, welche er zusammen zu führen versucht. Erstens das allgemeine soziologische Paradigma, welches gesellschaftliches Handeln aus dem sozialen Kontext erklärt. Zweitens das Rational-Choice Paradigma, welche das Individuum als selbstbestimmt und nur seine eigenen Interessen verfolgend sieht (vgl. Westle, 2008:27). Mit der Verbindung dieser Ansätze kann soziales Kapital als spezifische Handlungsressource individueller und kollektiver Akteure verstanden werden. Er sieht dabei gesellschaftliche Strukturen als Einflussfaktoren auf die einzelnen Individuen, welche wiederum die gesellschaftichen Strukturen konstruieren. Die Ressourcen, welche die gesellschaftlichen Strukturen bestimmen, werden jedoch auf der Mikroebene, das heisst durch jedes einzelne Individuum in Interaktionen erstellt. Diese Wechselbeziehung zwischen dem Individuum und den gesellschaftlichen Strukturen nennt Coleman einen Doppelcharakter, welcher für ihn das Sozialkapital beschreibt. Somit geht er von der Mikroebene aus, welche die Ressourcen durch Interaktionen erstellen und welche sich auf die Makroebene auswirken.

Coleman unterscheidet zudem drei verschiedene Kapitalformen innerhalb des Sozialkapitals. Die erste Form ist stark von der Rational-Choice Theorie bestimmt. Es wird davon ausgegangen, dass wenn eine Person einer anderen Person etwas gibt, zum Beispiel ihr Geld leiht, diese an sich altruistische Geste nur ausgeführt wird, weil das Vertrauen in die andere Person vorhanden ist, dass diese sich bei einer Gelegenheit revanchieren wird und so ihre „Schulden“ zurückbezahlt. Dementsprechend ist diese Form, welche Coleman „credit slips“ nennt, von dem Ausmass an gegenseitigen Verpflichtungen und an die Vertrauenswürdigkeit des Umfelds gebunden. Die zweite Form betrifft die sozialen Netzwerke, welche als Informationskanäle wirken. Informationen sind normalerweise zeit- und kosteninstensiv, jedoch lassen sich durch soziale Netzwerke kostenfrei Informationen über geknüpfte Beziehungen beziehen.

In der dritten Form sieht er eine Möglichkeit für die Überwindung des Kollektivproblems. Dies ist nach Coleman durch soziale Normen konstituiert, welche bestimmtes Handeln erleichtern oder unerwünschtes Handeln erschweren kann.

Im Gegensatz zu Bourdieu, welcher soziales Kapital im entferntesten Sinne auch als monetären Besitztum betrachtet, welchen es aktiv zu erlangen und erhalten bedarf, sieht Coleman im sozial Kapital ein Nebenprodukt, welches entsteht, während andere Ziele und Aktivitäten verfolgt werden. Und da es ein Nebenprodukt ist, kann es auch als Allgemeingut betrachtet werden, welches schlussendlich für die Gesamtgesellschaft nützlich wird. Für die Aufrechterhaltung nennt er Organisationsnetzwerke, jedoch wird nicht genau beschrieben, inwiefern das sozial Kapital als Gemeingut verstanden werden soll.

3.2. Das gesellschaftliche Sozialkapital

Die Debatte über das gesellschaftliche Sozialkapital und ihre Wirkung auf die Demokratie wurde 1993 von Putnam mit seiner Italienstudie ausgelöst. Dabei stellt er eine enge Beziehung zwischen der Effizienz von Regierungen, dem Funktionieren moderner Demokratien sowie dem in der Gesellschaft vorhandenem Sozialkapital fest. Dadurch erlebte die Sozialkapitaldiskussion einen Aufschwung und wurde für viele gesellschaftliche Probleme als Lösung angesehen. So sah man einen Einfluss des Sozialkapitals auf die Kriminalitätsrate, das politische Engagement, die Wohlfahrt sowie auf die Gesundheit (vgl. Putnam 1993).

3.2.1. Rober D. Putnam: Zivilgesellschaft und Demokratie

Der Schwerpunkt von Putnams Arbeiten ist auf die Makroebene gerichtet und wurden in zwei Untersuchungen von ihm abgefasst. In seiner ersten Arbeit „Making Democracy Work: Civic traditions in modern Italy“, welche 1993 erschien, befasst sich mit der Leistungsfähigkeit öffentlichen Verwaltungen in Italien im Zusammenhang mit Sozialkapital. In seiner zweiten Arbeit „Bowling alone: The Collapse and Revival of American Community“ steht das Sozialkapital und die Wirkungen auf die Demokratie der Vereinigten Staaten im Mittelpunkt. Ähnlich wie Coleman sieht er im Sozialkapital ein Zusammenwirken von Normen, Vertrauen und Netzwerken.

Er definiert soziales Kapital als

„features of social organization, such as trust, norms, and networks, that can improve the efficiency of society by facilitating coordinated actions“ (Putnam, 1993:167).

Ausgangspunkt seiner Überlegungen bildet „die Frage nach der Beschaffenheit der Zivilgesellschaft, den Aufbau und Fortbestand einer Demokratie sowie die Funktionsfähigkeit demokratischer Institutionen“ (Zmerli, 2008:42). Die Zivilgesellschaft kennzeichnet sich dadurch aus, dass sie „Dilemmata kollektiven Handelns“ überwinden kann. Für diese Überwindung ist das vorhandene Sozialkapital eine massgebliche Grösse. Ein weiterer Punkt, welcher denen Colemans ähnlich ist, ist seine Annahme über das Sozialkapital als öffentliches Gut. Es entsteht als Nebenprodukt von anderen Aktivitäten der Individuuen. Denn Individuuen verfolgen hauptsächlich ihre eigenen Ziele und investieren nur sekundär in kollektive Allgemeingüter (vgl. Putnam, 1993:170). Jedoch ist Putnam stark von den Arbeiten Alexis de Tocquevilles beeinflusst, welcher in seinem 1835 geschriebenem Werk[5] auf den Zusammenhang zwischen freiwilligen Vereinigungen und Demokratie einging. Darin vertritt er die Meinung, dass Bürger ziviles Engagement in freiwilligen Vereinigungen lernen und verinnerlichen und dies wiederum der Kern einer funktionsfähigen Demokratie darstellt (vgl. Westle, 2008:33). Daraus resultiert eine weitere Grundannahme Putnams. Er sieht in den freiwilligen Vereinigungen das strukturelle Element des sozialen Kapitals, welche notwendig sind für die kulturellen Komponenten, nämlich Normen und Vertrauen. In seiner zweiten Schrift über die amerikanische Gesellschaft sieht er einen Verlust der zivilen Tugenden und damit eine Gefährdung der amerikanischen Demokratie. Um die amerikanische Demokratie zu schützen und zu stabilisieren fordert er eine Zunahme des Sozialkapitals, welches durch die vermehrte Teilhabe der Bürger in freiwilligen Vereinigungen entstehen soll. Den Rückgang der Mitgliedschaftsbeteiligungen führt er vor allem auf das veränderte Freizeitverhalten zurück, wobei er den zunehmenden Fernsehkonsum der amerikanischen Bevölkerung kritisiert.

[...]


[1] Die Unterteilung der Gesellschaft in die Mikro-, Meso- und Makroebene kommt aus der Systemtheorie. Dabei beschreibt die Mikroebene die Personen und ihre Lebensläufe, die Mesoebene Institutionen und Gemeinschaften und die Makroebene die Sozialstruktur und Kultur (vgl. Weymann, 1998:14).

[2] Die drei Arten sind: das inkorporierte Kulturkapital, in Form des erworbenen Bildungsstatus, welcher eine wichtige Bedeutung für den Habitus der Person aufweist; das objektivierte Kulturkapital welches durch Kunstobjekte oder Musikinstrumente und das damit verbundene Wissen definiert wird und das institutionalisierte Kulturkapital, welchem in Form von zertifizierten Bildungsabschlüssen Ausdruck verliehen wird (vgl. Bourdieu, 1983).

[3] Die Begriffe „Sozialkapital“ und „sozial Kapital“ werden im Folgendem Synonym zueinander verwendet

[4] Der Habitus setzt sich aus allen drei Kapitalformen zusammen. Bourdieu geht davon aus, dass die höheren sozialen Milieus, wie Rechtsanwälte und Ärzte von allen drei Kapitalien mehr besitzen als ein normaler Arbeiter (vgl. Bourdieu, 1987).

[5] Das Werk hiess „Democracy in America“ und wurde 1987 nachgedruckt

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Freiwillige Vereinigungen im Blick der Sozialkapitaldebatte
Hochschule
Universität Zürich  (Soziologie)
Note
5.5
Autor
Jahr
2009
Seiten
29
Katalognummer
V162022
ISBN (eBook)
9783640757473
ISBN (Buch)
9783640757824
Dateigröße
898 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vereine, Verbände, Sozialkapital, Soziales Kapital
Arbeit zitieren
Andrea Thoma (Autor:in), 2009, Freiwillige Vereinigungen im Blick der Sozialkapitaldebatte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162022

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