Gesellschaftliche Vorstellungen von Liebe, Ehe und Familienglück tragen häufig romantisierende Züge: Die Suche nach dem Gentleman, der Traumfrau oder der glücklichen Partnerschaft zwischen Mann und Frau und einer Familie, welche letztlich die endgültige seelische Befriedigung liefern soll, stellt einen zentralen Kern gesellschaftlicher Sehnsuchtsvorstellungen dar. Häufig bleiben diese jedoch lediglich Wunschvorstellungen, die nie erreicht werden können und die enttäuschende Realität verschleiern.
Sinnbild für diese falschen Vorstellungen von Liebe und Glück stellt der Roman „Die Liebhaberinnen“ von Elfriede Jelinek dar. Der Titel weckt Erwartungen, welche jedoch nicht erfüllt werden: Der Leser würde eine Liebesgeschichte mehrerer Frauen erwarten, erotisch untermalt und von positiven Emotionen erfüllt. Er wird jedoch in eine Welt hi-neinversetzt, welche die Realität mit ungeschminkten Wahrheiten darstellt und jeden Glauben an die Vorstellung von wahrer, glücklicher Liebe und zärtlicher gegenseitiger Zuneigung im Ansatz zerstört. Es wird der Kampf zweier Frauen geschildert, die durch die Ehe mit einem Mann, welchen sie in ihrer individuellen Situation als die beste Wahl zum Erreichen eines höheren sozialen Status betrachten, ihre Ziele verwirklichen wollen.
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Im Folgenden soll versucht werden, diese Instrumentalisierung der Mitmenschen, insbe-sondere des anderen Geschlechts, aus Sicht des Mannes darzustellen, um zu beweisen, dass die Autorin keine einseitigen Schuldzuweisungen tätigt: Wie wird der Mann ausgenutzt und wie nutzt er selbst aus, welche Rolle spielen hierbei insbesondere die Ehefrauen und seine Familie?
Hierzu sollen die beiden wichtigsten männlichen Persönlichkeiten im Roman, Heinz und Erich, charakterisiert werden. Es soll dargestellt werden, inwiefern sie ihre geschlechtlichen Bedürfnisse und ihre Aggressionen am vermeintlich schwächeren Geschlecht abrea-gieren, sie zudem als Arbeitskraft einsetzen. Im Gegenzug soll ihre Stellung gegenüber der Frau sowie ihren Familienmitgliedern herausgearbeitet werden und inwiefern sie ihnen als Befruchter, Ernährer oder Familienvater dienen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Hauptteil
- 1. Die Personen im Roman
- 1.1 Charakterisierung der männlichen „Protagonisten“
- 1.1.1 Heinz
- 1.1.2 Erich
- 1.2 Darstellung der weiblichen Figuren
- 1.2.1 Brigitte
- 1.2.2 Paula
- 2. Instrumentalisierung und Ausbeutung als gesellschaftliche Normalität
- 2.1 Instrumentalisierung durch den Mann
- 2.1.1 Triebbefriedigung
- 2.1.2 Arbeitskraft
- 2.1.3 Aggressionsventil
- 2.2 Ausbeutung des männlichen Geschlechts
- 2.2.1 Befruchter
- 2.2.2 Ernährer und Arbeiter
- 2.2.3. Höherer sozialer Status und Prestigefaktor
- 2.1 Instrumentalisierung durch den Mann
- 1.1 Charakterisierung der männlichen „Protagonisten“
- 1. Die Personen im Roman
- III. Schlussteil
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Roman „Die Liebhaberinnen“ von Elfriede Jelinek untersucht die komplexen und dysfunktionalen Machtverhältnisse in Beziehungen, insbesondere im Kontext von Liebe, Ehe und Familie. Jelinek hinterfragt die romantisierten Vorstellungen gesellschaftlicher Normen und präsentiert eine nüchterne Darstellung der Instrumentalisierung und Ausbeutung zwischen den Geschlechtern.
- Instrumentalisierung des Mannes und der Frau in Beziehungen
- Machtstrukturen und Geschlechterrollen in der Gesellschaft
- Der Einfluss von sozialen Normen auf die Erwartungen an Liebe und Familie
- Die Rolle von ökonomischen Überlegungen in zwischenmenschlichen Beziehungen
- Die Auswirkungen von patriarchalen Strukturen auf die individuellen Lebensentwürfe
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die zentralen Themen des Romans vor und beleuchtet die Diskrepanz zwischen gesellschaftlichen Idealen und der realen Erfahrung von Liebe und Familie. Der Fokus liegt auf der Darstellung der weiblichen Figuren Brigitte und Paula, die in ihren Beziehungen unterschiedliche Formen von Ausbeutung und Instrumentalisierung erfahren.
Das zweite Kapitel, „Die Personen im Roman“, analysiert die Charakterisierungen der männlichen Protagonisten Heinz und Erich. Hierbei werden die Motive und Handlungsweisen der Männer im Kontext ihrer geschlechtlichen und ökonomischen Interessen beleuchtet. Die Analyse untersucht, wie sie ihre Bedürfnisse am „vermeintlich schwächeren Geschlecht“ abarbeiten und gleichzeitig die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen und Machtverhältnisse für ihre persönlichen Vorteile nutzen.
Im weiteren Verlauf des Hauptteils werden die Themen Instrumentalisierung und Ausbeutung in ihren unterschiedlichen Facetten betrachtet. Jelinek untersucht, wie Männer und Frauen in Beziehungen ihre Bedürfnisse und Wünsche durchsetzen und dabei die Grenzen der Moral und des Respekts überschreiten. Die Autorin stellt die Frage, ob die Schuld für die dysfunktionalen Beziehungen nur bei den Männern oder auch bei den Frauen liegt, und hinterfragt die gesellschaftlichen Normen, die diese Verhaltensweisen bedingen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen des Romans „Die Liebhaberinnen“ lassen sich in Schlüsselbegriffen wie Instrumentalisierung, Ausbeutung, Liebe, Ehe, Familie, Machtverhältnisse, Geschlechterrollen, ökonomische Interessen und gesellschaftliche Normen zusammenfassen. Jelinek beleuchtet die Interaktion dieser Aspekte in den verschiedenen Beziehungen und zeigt, wie diese das Leben der Figuren prägen und beeinflussen. Die Darstellung der Charaktere und ihrer Motivationen deckt die ambivalente Natur der Beziehungen auf und hinterfragt die oft idealisierten Vorstellungen von Liebe und Zuneigung.
- Arbeit zitieren
- Matthias Billen (Autor:in), 2006, Eigennutz als reziproke Bedingung zwischenmenschlicher Beziehungen des Mannes in Elfriede Jelineks 'Die Liebhaberinnen', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162171