Diese Seminararbeit befasst sich mit der Bemessung des Fair Value (Beizulegender Zeitwert) von Vermögensgegenständen in einem IFRS-Abschluss. Sie beleuchtet den 2013 in Kraft getretenen Standard IFRS 13, der eine einheitliche Definition des Begriffs etablierte.
Die Arbeit definiert Fair Value als den Preis, der bei einer gewöhnlichen Transaktion am Bewertungsstichtag erzielt würde. Es handelt sich um einen Veräußerungspreis (exit price) und nicht um einen Beschaffungspreis. Für die Bewertung wird entweder der Referenzmarkt oder, falls dieser nicht vorhanden ist, der vorteilhafteste Markt herangezogen. Die Arbeit beschreibt zudem drei Bewertungsverfahren zur Ermittlung des Fair Value: marktpreisorientierte, kostenorientierte und kapitalwertorientierte Verfahren. Für eine höhere Transparenz wird die Bewertungshierarchie (Fair Value Hierarchy) mit drei Levels eingeführt, die die Objektivität der zugrunde liegenden Daten bewertet.
Die Arbeit weist darauf hin, dass die Umsetzung von IFRS 13 in der Praxis, insbesondere bei Vermögenswerten ohne aktive Märkte, komplex sein kann und die subjektive Zuweisung von Input-Levels durch das Management zu Bilanzverzerrungen führen kann
Inhaltsverzeichnis
A. Zur Notwendigkeit der Einführung von Fair Value Measurement
B. Der Fair Value für Vermögensgegenstände nach IFRS 13
I. Definition Fair Value
II. Vermögensgegenstände nach geltenden IFRS
III. Erst- und Folgebewertung von Vermögensgegenständen
C. Wahl des bewertungsrelevanten Marktes
I. Referenzmarkt
II. Vorteilhaftester Markt
D. Bemessung des Fair Values für Vermögensgegenstände
I. Bewertungsverfahren zur Ermittlung des Fair Value
II. Bewertungshierarchie für eine höhere Transparenz
III. Zum Ansatz der höchsten und besten Verwendung
E. Fazit
Literaturverzeichnis
A. Zur Notwendigkeit der Einführung von Fair Value Measurement
Am 01.01.2013 trat der 13te internationale Rechnungslegungsstandard: „Fair Value Measurement“ (IFRS13) des International Accounting Standards Board (IASB) für kapitalmarktorientiere Gesellschafen in Kraft (vgl. Coenenberg [Jahresabschluss] 58, 120).
Der Standard führt die einheitliche Definition des Begriffes Fair Value ein (vgl. Petersen [Praxishandbuch] 110) und zeigt auf, für welche IFRS und IAS dieser verpflichtend ist (vgl. Böckler Stiftung [Zeitwert] 5). Eine einheitliche Definition war notwendig, da zuvor der Begriff Fair Value in den einzelnen IFRS unterschiedliche Definitionen aufwies und der Begriff somit mehrfach besetzt war (vgl. Coenenberg [Jahresabschluss] 120). Dies führte unweigerlich zu einer Verkomplizierung der Bilanzierung. Durch die Vereinheitlichung soll es den Adressaten von IFRS-Abschlussberichten erleichtert werden, die finanzielle Aufstellung des betrachteten Unternehmens zu verstehen und (potenzielle) Entscheidungen leichter treffen zu können (vgl. Lüßmann [Unternehmenskontrolle] 259). Eine Ausnahme von IFRS13 bilden IFRS2 (IFRS 2.6A) und IFRS16 (Leasing), da für diese Standards der Begriff Fair Value weiterhin anderweitig definiert wird (vgl. Grünenberger [Leitfaden] 325). Im Deutschen wird der Begriff Fair Value mit: „Beizulegendem Zeitwert“ übersetzt (vgl. Grünberger [Leitfaden] 34).
Weiter gibt der Standard darüber Auskunft, welche Angaben im Anhang eines IFRS-Konzernabschlusses bezüglich des Fair Value vorhanden sein müssen (vgl. Coenenberg [Jahresabschluss] 120).
Der Fair Value Measurement Standard wurde in der Vergangenheit immer wieder für seine Komplexität und der damit einhergehenden ausladende Bilanzpolitik kritisiert (vgl. Mannherz [Betrachtung] 1.1). Besonders die Bewertung des Fair Value von immateriellen Vermögensgegenständen stellt sich in der Praxis häufig als komplex heraus (vgl. Gruber [Immaterielle] 10).
B. Der Fair Value für Vermögensgegenstände nach IFRS 13
I. Definition Fair Value
IFRS 13 definiert den Fair Value als den Preis, der am Bewertungsstichtag bei einer gewöhnlichen Transaktion für den Verkauf eines Vermögensgegenstandes (asset) oder der Übertragung einer Schuld (liability) zwischen zwei Marktteilnehmern anfallen würde (vgl. Petersen [Praxis] 111). Durch diese Herangehensweise soll eine Objektivität der Preisbewertung gewährleistet werden (vgl. Petersen [Praxis] 110).
Nach der dargelegten Preisdefinition ist der Fair Value für einen Vermögensgegenstand als Marktwert anzusehen (vgl. Grünberger [Leitfaden] 34f.). Es handelt sich nicht um den Beschaffungs- (entry price) sondern um den Veräußerungspreis (exit price) (vgl. Böckler Stiftung [Zeitwert] 3).
Dabei kann die Transaktion zwischen zwei Marktteilnehmern tatsächlich oder nur fiktiv stattfinden (vgl. Grünberger [Leitfaden] 326). Wichtig dabei ist, dass die Transaktion ohne Zwang, beispielsweise in Form eines Notverkaufes zur Liquiditätserhöhung, stattfindet (vgl. Grünberger [Leitfaden] 326). Die Marktteilnehmer sind als unabhängig voneinander anzusehen (vgl. Grünberger [Leitfaden] 327). Weiter wird ihnen ökonomisches Handeln und Sachkunde unterstellt (vgl. Grünberger [Leitfaden] 327).
Die Bewertung des Fair Value spiegelt lediglich den beizulegenden Zeitwert am Bewertungsstichtag wider (vgl. Beyer [Unternehmenskauf] 199). Es dürfen nur die preisrelevanten Informationen berücksichtigt werden, die am Bewertungsstichtag vorhanden waren (vgl. Petersen [Praxis] 111). Veränderte Marktbedingungen können zu jedem Zeitpunkt vor und nach dem Bewertungsstichtag zu einer Veränderung des Fair Value führen (vgl. Beyer [Unternehmenskauf] 198f.). Dementsprechend handelt es sich um einen hypothetischen Wert, der die aktuellen Marktbedingungen nicht zwingend widerspiegelt (vgl. Beyer [Unternehmenskauf] 198f.).
II. Vermögensgegenstände nach geltenden IFRS
Vermögensgegenstände stellen nach IFRS 13 das Bilanzierungsobjekt für die Ermittlung des Fair Value dar (vgl. Grünberger [Leitfaden] 326). Hierbei kann ein Vermögensgegenstand oder eine Gruppe von Vermögensgegenständen (z.B. aufgekauftes Unternehmen) betrachtet werden (vgl. Grünberger r [Leitfaden] 326). Eine Aufteilung erfolgt nach geltenden IFRS in finanzielle, nicht finanzielle und immaterielle Vermögensgegenstände (vgl. Böckler Stiftung [Zeitwert] 7; Deloitte [IAS38] Wichtige Definitionen). Ein Beispiel für einen finanziellen Vermögensgegenstand stellt eine Aktie dar, welche sich im Besitz eines Unternehmens befinden (vgl. Jensen-Nissen [Gewinnermittlung] 107). Ein erworbenes Grundstück stellt einen nicht finanziellen Vermögensgegenstand dar (vgl. Böckler Stiftung [Zeitwert] 7). Ein immaterieller Vermögensgegenstand stellt ein Patent dar, welches zum eigenen Vorteil einsetzt wird (vgl. Deloitte [IAS38) Wichtige Definitionen).
III. Erst- und Folgebewertung von Vermögensgegenständen
Für Bewertungen nach geltenden IFRS gilt im Jahre 2022, wie bei den Regelungen im HGB, der Grundsatz der Einzelbewertung für Vermögengegenstände (vgl. Coenenberg [Jahresabschluss] 114). Dabei bemisst sich das Bilanzierungsobjekt nach dessen individuelle Beschaffenheit wie Zustand oder Standort und gegebenenfalls anfallende Restriktionen für den Verkauf oder Nutzung (vgl. Grünberger [Leitfaden] 326; Coennenberg [Jahresabschluss] 120f.). Transaktionskosten sind, im Gegensatz zu Transportkosten, in die Kalkulation außen vor zu lassen (vgl. Grünenberger [Leitfaden] 237). Diese stellen kein Charakteristikum des Vermögensgegenstandes dar, sondern können dem Verkauf direkt zugeordnet werden (vgl. Grünenberger [Leitfaden] 237). Der Fair Value findet nach IFRS13 sowohl bei der Erst- als auch bei einer Folgebewertung von Vermögensgegenständen Anwendung (vgl. Coenenberg [Jahresabschluss] 120).
Bei einer Erstbewertung findet eine Aktivierung in Höhe der tatsächlichen Anschaffungskosten bzw. den Herstellkosten statt (vgl. Wöltje [Grundlagen] 28-31). In der Regel deckt sich dabei der Beschaffungspreis mit dem Fair Value (vgl. Petersen [Praxis] 115). Es gibt aber auch Szenarien, bei denen der Fair Value (exit price) vom Beschaffungspreis (entry price) abweicht (vgl. Petersen [Praxis] 115). Eine Möglichkeit stellt eine Transaktion dar, die unter Zwang stattfindet (vgl. Petersen [Praxis] 115). Ein Beispiel wäre ein Unternehmen, welches im Zuge einer wirtschaftlichen Krise ein vorhandenes Grundstück zu einem Preis, welcher niedriger als der Marktpreis ist, erwirbt (vgl. Böckler Stiftung [Zeitwert] 12). Die dadurch entstandene Differenz muss durch einen day one gain/loss erfolgswirksam oder erfolgsmindernd erfasst werden (vgl. Petersen [Praxis] 115).
Für die Folgebewertung von nicht finanziellen und immateriellen Vermögensgegenständen besteht ein Wahlrecht zwischen der Fortführung der An- schaffungs- und Herstellkosten (Anschaffungskostenmodell) oder der Bewertung nach dem beizulegenden Zeitwert (Neubewertungsmodell) nach IFRS 13, welches allerdings nur bei Vermögensgegenständen mit einem aktiven Markt angewandt werden darf (vgl. Wöltje [Grundlagen] 31 - 35).
C. Wahl des bewertungsrelevanten Marktes
Sind für einen Vermögensgegenstand mehrere Marktpreise auf verschiedenen Märkten beobachtbar, ist abzuklären, welcher Markt als bewertungsrelevanter Markt zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes herangezogen werden muss (vgl. Petersen [Praxis] 112). Nach IRFS 13.16 kann dies der Referenzmarkt (principal market) oder der vorteilhafteste Markt für ein Unternehmen (most adantageous market) sein (vgl. Petersen [Praxis] 112f.). Dabei müssen sämtlich, zur Verfügung stehenden, Informationen in die Entscheidung miteinfließen (vgl. Grünberger [Leitfaden] 327).
I. Referenzmarkt
Grundsätzlich sollte zur Bewertung des Fair Value der Referenzmarkt (principal market) für ein Vermögensgegenstand herangezogen werden (vgl. Coenenberg [Jahresabschluss] 121). Ein solcher Referenzmarkt liegt vor, wenn er von dem Unternehmen in der Regel genutzt wird, freier Zugang für die Öffentlichkeit besteht und dieser sich von anderen Märkten durch das größte Aktivitätslevel und Handelsvolumen abgrenzt (vgl. Petersen [Praxis] 112). Der Referenzmarkt wird aus Sicht sämtlicher Marktteilnehmer bestimmt (vgl. Zyla [Measurement] 62). Daraus folgt, dass sämtliche Anbieter bei der Wahl des zutreffenden Marktes den gleichen Referenzmarkt wählen werden (vgl. Zyla [Measurement] 62f.). Der Fair Value ergibt sich aus dem Marktpreis abzüglich der Transportkosten und kann, aufgrund der individuellen Transportkosten, unterschiedlich ausfallen (vgl. Zyla [Measurement] 62f.). Wird beispielsweise ein finanzieller Vermögensgegenstand auf den Märkten A (Handelsvolumen: 5.000 p.a., Marktpreis: 11, Transaktionskosten: -1) und B (Handelsvolumen 10.000 p.a., Marktpreis: 10, Transaktionskosten: -2) gehandelt, so stellt Markt B den Referenzmarkt dar, auch wenn das Unternehmen in der Regel für den Handel Markt A in Anspruch nimmt.
II. Vorteilhaftester Markt
Ist für einen Vermögensgegenstand kein Referenzmarkt vorhanden, muss nach IFRS 13.6 (b) der vorteilhafteste Markt (most advantageous market) ausgewählt werden (vgl. Petersen [Praxis] 113). Dieser zeichnet sich durch den größtmöglich erzielbaren Betrag, (Marktpreis abzüglich Transport- und Transaktionskosten) für einen Vermögensgegenstand aus (vgl. Grünberger [Leitfaden] 326f.). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Preis tatsächlich an dem vorteilhaftesten Markt beobachtbar ist oder sich durch eine, vom Unternehmen ausgewählte Bewertungsmethode, ergibt (vgl. Grünberger [Leitfaden] 326f.). Im Gegensatz zum Referenzmarkt ist der vorteilhafteste Markt stets aus der Sicht des jeweiligen Unternehmens zu bestimmen. Dies hat zur Folge, dass mehrere Anbieter unterschiedliche vorteilhafteste Märkte aufweisen können (vgl. Zyla [Measurement] 51).
D. Bemessung des Fair Values für Vermögensgegenstände
I. Bewertungsverfahren zur Ermittlung des Fair Value
Bei der Bewertung des Fair Value für materielle und immaterielle Vermögensgegenstände lassen sich oftmals keine Preise an aktiven Märkten beobachten (vgl. Zyla [Measurement] 59). Durch Bewertungsverfahren soll dennoch die Ermittlung des Fair Value gewährleistet werden (vgl. Coenen- berg [Jahresabschluss] 119). Es ist möglich, mehrere Bewertungsverfahren (Multiple Bewertungsansätze) zur Ermittlung des Fair Value heranzuziehen (vgl. Beyer [Unternehmenskauf] 200). Das gewählte Bewertungsverfahren muss regelmäßig auf Aktualität überprüft werden. Ändern sich beispielsweise die Marktbedingungen, kann dies ein Anlass darstellen das bestehende Bewertungsverfahren zu wechseln (vgl. Böckler Stiftung [Zeitwert] 10f.). Eine Priorität hinsichtlich eines bestimmten Bewertungsverfahrens sieht IFRS13 nicht vor (vgl. Coenenberg [Jahresabschluss] 119).). Abbildung 1 zeigt die in IFRS 13 genannten Bewertungsverfahre, auf:
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Eigene Darstellung der Bewertungsverfahren in Anlehnung an die KPMG AG (vgl. KPMG [Visuell] 186)
Zur Ermittlung des Fair Value für einen Vermögensgegenstand kommen bei den einzelnen Bewertungsverfahren unterschiedliche Bewertungsmethoden zum Einsatz (vgl. Petersen [Praxis] 117). Eine Auswahl an Bewertungsmethoden wird in Tabelle 1 dargestellt.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Eigene Darstellung der Bewertungsverfahren (vgl. Petersen [Praxis] 116 - 119)
II. Bewertungshierarchie für eine höhere Transparenz
Grundsätzlich ist das Bewertungsverfahren und die zugehörige Bewertungsmethode zur Bestimmung des Fair Value zu wählen, für das die meisten öffentlich beobachtbare Daten (observable inputs), wie beispielsweise Händlermarktpreise, zur Verfügung stehen (vgl. Beyer [Unternehmenskauf] 199). Solche Daten weisen eine hohe objektive Qualität auf (vgl. Petersen [Praxis] 122). Unternehmensinterne, nicht beobachtbare Daten (unobservable inputs), wie geschätzte Eintrittswahrscheinlichkeiten, sind qualitativ schlechter und sollten auf ein Mindestmaß reduziert werden (vgl. Petersen [Praxis] 116). Um die zugrundeliegenden Daten beurteilen zu können, führt IFRS13 eine Bewertungshierarchie (Fair value hierarchy) mit abnehmender Priorität ein. Die Einordnung erfolgt bei Ungewissheit zwischen den einzelnen Level in die jeweilig niedrigere Stufe (vgl. Petersen [Praxis] 123).
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Eigene Darstellung der Fair Value Hierarchie nach abnehmender Priorität (vgl. KPMG [Visuell] 185)
Level 1 Inputs verfügen über die höchste Objektivität und sind daher stets zu präferieren (vgl. Mannherz [Betrachtung] 2.2.4). Level 3 Inputs besitzen hingegen die geringste Aussagekraft (vgl. Zyla [Measurement] 61). Der Detailgrad und damit einhergehende Komplexität für die Angaben im Anhang eines IFRS-Abschlussberichts nimmt mit jedem Input Level zu. (vgl. Petersen [Praxis] 122). Tabelle 2 beschreibt die einzelnen Input Level Parameter:
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Eigene Darstellung der Input Level innerhalb der Fair Value Hierarchie in Anlehnung an Petersen (vgl. Petersen [Praxis] 123)
Der Übergang von Level 2 zu Level 3 Inputs gestaltet sich in der Praxis als fließend (vgl. Lüdenbach [Arbeitshilfe] 52). Welches Input Level aufgrund der vorliegenden Informationen für die Ermittlung des Fair Values herangezogen wird, obliegt oftmals dem Management (vgl. Kühnberger [Immobilie] 256). Dies führt dazu, dass es zu bilanzpolitischen Entscheidungen kommen kann, was wiederum einen bilanzverzerrenden Charakter mit sich bringt (vgl. Mannherz [ Betrachtung] 1.1). Beispielsweise kann eine Anlageimmobilie für die Folgebewertung nach IAS 40 über den Fair Value bewertet werden (vgl. Kühnberger [Immobilie] 255). Für Immobilien gibt es, aufgrund der Individualität und der geringen Anzahl an Transaktionen, oftmals keine aktiven Märkte, sodass ein Level 1 Input faktisch ausscheidet (vgl. Kühnberger [Immobilie] 255). Ob vorhandene Informationen wie der Bodenrichtwert oder der Liegenschaftszinssatz eher dem Input Level 2 oder 3 zuzuordnen sind, hängt vom entscheidungsgebenden Management ab (vgl. Kühnberger [Immobilie] 256). Diese Entscheidung kann den Fair Value des Vermögensgegenstandes beeinflussen, da erstens der beizulegende Zeitwert auf einem Schätzwert basiert und zweitens durch die Wahl eines Input Levels die Auskunftspflicht im Anhang unterschiedlich ausfällt (vgl. Kühnberger [Immobilie] 256).
III. Zum Ansatz der höchsten und besten Verwendung
Für materielle und immaterielle Vermögensgegenstände hat ein Unternehmen nach IFRS 13.27-28 die Bewertung des Fair Value durch den Ansatz der höchsten und besten Verwendung (highest and best use) vorzunehmen (vgl. Pellens [Verwendung] 106). Eine solche Verwendung ist dann gegeben, wenn der Vermögensgegenstand rechtlich genutzt werden darf und sowohl physisch als auch finanziell maximal ausgereizt wird (vgl. Böckler Stiftung [Zeitwert] 11). Der Fair Value ist dabei aus der Sicht der Marktteilnehmer zu bestimmen (vgl. Grünberger [Leitfade] 329).
Hält beispielsweise ein Unternehmen ein ungenutztes Patent, um einen Wettbewerbsvorteil zu halten (defensive Nutzung), gilt es den Fair Value dennoch aus Sicht aller Marktteilnehmer zu bestimmen, da diese das Patent eventuell nutzen würden (vgl. Grünberger [Leitfaden] 329). Ein weiteres Beispiel wäre ein Unternehmen, welches ein Gebäude besitzt, dass derzeit als Hauptsitz und als einzige Produktionsstätte dient. Bei der Bewertung muss überprüft werden, ob das Gebäude durch eine alternative Verwendung (z.B. als Einkaufszentrum) nicht besser genutzt werden könnte (vgl. Zyla [Measurement] 56). Stellt sich bei der Bewertung heraus, dass die alternative Verwendung nutzbringender wäre, muss diese Form der Verwendung zur Bewertung des Fair Value herangezogen werden (vgl. Zyla [Measurement] 56). Im Anhang des IFRS-Abschlussberichtes muss die Wahl der jeweiligen Verwendung begründet werden (vgl. Petersen [Praxis] 113ff.). Fraglich bleibt, ob sämtliche alternative Verwendungsmöglichkeiten für jeden Vermögensgegenstand stets berücksichtigt werden.
E. Fazit
Durch die Einführung der einheitlichen Definition des Fair Value für Vermögensgegenstände nach IFRS 13 soll eine höhere Transparenz und eine bessere Nachvollziehbarkeit des IFRS-Abschlussberichts gewährleistet werden (vgl. Zyla [Measurement] 67). In der Praxis gestaltet sich die Umsetzung des Standards, aufgrund der Komplexität, teilweise als schwierig (vgl. Deloitte [Fokus] 1f.). Besonders bei Vermögensgegenständen, bei denen keine beobachtbaren Marktpreise vorhanden sind, können durch die subjektive Zuweisung eines Input Levels durch das Management bewusst oder unbewusst Bilanzverzerrungen entstehen (vgl. Mannherz [Betrachtung] 1.1; Kühnberger [Immobilien] 256). Trotz der bekannten Kritikpunkten sieht das IASB aktuell keine Notwendigkeit zur Überarbeitung von IFRS 13 Fair Value Measurement (vgl. Deloitte [Kontrolle] Geplante Änderungen).
Literaturverzeichnis
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
[...]
- Quote paper
- Philip Ilgen (Author), 2022, Bemessung des Fair Value von Vermögensgegenständen im Rahmen der Sekundärbewertung in einem IFRS-Abschluss, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1621946