In der Türkischen Republik stehen sich seit 1984 die türkischen Sicherheitskräfte und die KämpferInnen der PKK in bewaffneten Auseinandersetzungen gegenüber. Dabei wurde in der Vergangenheit zunehmend deutlicher, dass sich keine Konfliktpartei gewaltsam durchzusetzen vermag (vgl. Dietert-Scheuer 1999: 9).
Konflikte zwischen dem türkischen Staat und den auf türkischem Territorium lebenden KurdInnen existieren in verschiedenen Facetten und unterschiedlicher Intensität seit der Gründung der Türkischen Republik im Jahr 1923 (vgl. Bezwan 2008: 247). Mitte der 1980er Jahre eskalierte der Konflikt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen dem türkischen Militär und der PKK, denen viele Menschen, auch unbeteiligte ZivilistInnen, zum Opfer fielen (vgl. Buro 2007: 2).
Die bewaffneten Auseinandersetzungen und die Unterdrückung der Kurden stellen ein Hindernis für eine weitere Demokratisierung in der Türkei dar (vgl. Gürbey 1995: IV) und haben die türkische Gesellschaft tief gespalten. Zudem gefährdet der Konflikt die Stabilität des Landes und behindert die wirtschaftliche Entwicklung in der Türkei (vgl. Steinbach 2002b: 35).
Das Konzept Zivile Konfliktbearbeitung beschäftigt sich mit Möglichkeiten und Wegen, Konflikte ohne militärische Gewalt mit zivilen Mitteln zu bearbeiten. Davon ausgehend, dass Konflikte durchaus auch positive Attribute besitzen und wichtige Impulse für eine Gesellschaft darstellen können, wird versucht, die gewaltsame Konfliktaustragung in eine gewaltlose zu transformieren (vgl. Wolleh 2001).
Intention der Arbeit ist es, den Konflikt zwischen dem türkischen Staat und den Kurden zu analysieren und anhand dieser Analyse, Methoden zu erarbeiten, mit Hilfe derer der türkisch-kurdische Konflikt zivil bearbeitet werden kann. Ferner beschäftigt sich diese Arbeit mit der Frage, inwieweit Strategien Ziviler Konfliktbearbeitung auf den Konflikt zwischen dem türkischen Staat und den Kurden angewendet werden können und welche Akteure oder Gegebenheiten in der Türkei eine zivile Bearbeitung behindern könnten. Die Intention dieser Arbeit ist jedoch nicht, nach möglichen Lösungen des Konfliktes zu suchen. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass diese Suche Aufgabe der Menschen in der Türkei ist. Es sollen jedoch Wege aufgezeigt werden, wie TürkInnen und KurdInnen in Kontakt treten können und so gemeinsam nach Lösungen suchen können.
Inhaltsverzeichnis
- I. EINLEITUNG
- II. ZIVILE KONFLIKTBEARBEITUNG
- 1. EINLEITUNG IN DIE ZIVILE KONFLIKTBEARBEITUNG
- 2. EIN ERSTER ZUGANG ZUR ZIVILEN KONFLIKTBEARBEITUNG: BESONDERE MERKMALE
- 3. DER TRANSFORMATIONSORIENTIERTE ANSATZ
- 4. EBENEN DER ZIVILEN KONFLIKTBEARBEITUNG
- 4.1. Top Down Approach
- 4.2. Middle-Range Approach
- 4.3. Grassroots Approaches
- 5. AKTEURE DER ZIVILEN KONFLIKTBEARBEITUNG
- 6. INSTRUMENTE DER ZIVILEN KONFLIKTBEARBEITUNG
- 6.1. Instrumente der Friedenssicherung und Gewaltprävention
- 6.2. Instrumente der Friedensschaffung
- 6.3. Instrumente der Friedenskonsolidierung
- 6.4. Friedensallianzen
- 6.5. Problem-solving Workshops
- 6.6. Raum für gewaltfreie Aktion erweitern
- 7. ZUSAMMENFASSUNG
- III. DER KONFLIKT ZWISCHEN DEM TÜRKISCHEN STAAT UND DEN KURDEN
- 1. EINLEITUNG IN DEN KONFLIKT
- 2. DER KONFLIKTVERLAUF VOM ZUSAMMENBRUCH DES OSMANISCHEN REICHES BIS ZUM AUSBRUCH DER BEWAFFNETEN AUSEINANDERSETZUNGEN 1984
- 2.1. Die Wurzeln des Konfliktes zwischen dem türkischen Staat und den Kurden
- 2.2. Die Anfangsjahre der Republik
- 2.3. Die verfassungsrechtliche Basis der türkischen Kurdenpolitik
- 2.4. Kurdische Aufstände
- 2.5. Assimilationspolitik
- 2.6. Der Konfliktverlauf von 1938 bis 1984
- 2.7. Zusammenfassung
- 3. DER KONFLIKTVERLAUF SEIT AUSBRUCH DER BEWAFFNETEN AUSEINANDERSETZUNGEN 1984 BIS HEUTE
- 3.1. Der Beginn des bewaffneten Konfliktes
- 3.2. Die PKK
- 3.3. Eine erste Antwort des türkischen Staates auf die PKK
- 3.4. Eine Folge der Auseinandersetzungen: Migration
- 3.5. Höhen und Tiefen: Der Konflikt zwischen der PKK und dem türkischen Staat in der „Ära Özal“
- 3.6. Der Konfliktverlauf in den 1990er Jahren
- 3.6.1. Gewaltfrei agierende kurdische Akteure
- 3.6.2. Kurdische Diaspora
- 3.6.3. Die Verhaftung Öcalans
- 3.7. Bilanz der bewaffneten Auseinandersetzungen 1984 – 1999
- 3.8. Dimensionen des Konfliktes nach der Jahrtausendwende
- 3.8.1. Aktuelle Standpunkte
- 3.8.2. Die Parlamentswahlen 2002
- 3.8.3. Das Ende des Waffenstillstandes
- 3.8.4. Die Rolle der EU
- 3.8.5. Politische Reformen
- 3.8.6. Die Parlamentswahlen 2007
- 3.8.7. Aktuelle Entwicklungen
- 3.9. Zusammenfassung
- IV. STRATEGIEN ZIVILER KONFLIKTBEARBEITUNG IM KONFLIKT ZWISCHEN DEM TÜRKISCHEN STAAT UND DEN KURDEN
- 1. EINLEITUNG
- 2. EIN BEISPIEL FÜR ZIVILE KONFLIKTBEARBEITUNG IM TÜRKISCH-KURDISCHEN KONFLIKT: TOSAV/TOSAM
- 3. AKTEURE DER ZIVILEN KONFLIKTBEARBEITUNG IN DER TÜRKEI
- 3.1. Die Rolle ausländischer Staaten
- 3.2. Die Rolle von ausländischen nicht-staatlichen Akteuren
- 3.3. Die Rolle der Diaspora
- 3.4. Kurdische Interessenvertretung in der Türkei
- 3.5. Die PKK
- 3.6. Kurdisches Exilparlament
- 3.7. Die Rolle des türkischen Staates
- 3.8. Türkische und kurdische nicht-staatliche Akteure
- 4. MABNAHMEN ZIVILER KONFLIKTBEARBEITUNG IN DER TÜRKEI
- 4.1. Fact-Finding Missions und Monitoring
- 4.2. Schutz besonders gefährdeter Personen
- 4.3. Stärkung der Konfliktbearbeitungskompetenz
- 4.4. Stille Diplomatie, Gute Dienste, Consultation
- 4.5. Friedenskonsolidierung
- 4.6. Raum für gewaltfreie Aktion erweitern
- 4.7. Versöhnung
- 4.8. Maßnahmen, die sich nicht eignen
- 5. TÜRKEISPEZIFISCHE KOMPONENTEN, DIE IN EINER ZIVILEN KONFLIKTBEARBEITUNGSSTRATEGIE EINGEARBEITET WERDEN SOLLTEN
- 6. ZUSAMMENFASSUNG: MÖGLICHKEITEN UND HINDERNISSE EINER ZIVILEN KONFLIKTBEARBEITUNG IM TÜRKISCH-KURDISCHEN KONFLIKT
- V. FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht Strategien ziviler Konfliktbearbeitung im türkisch-kurdischen Konflikt. Ziel ist es, die Möglichkeiten und Grenzen ziviler Ansätze im Kontext dieses langjährigen Konflikts zu analysieren.
- Zivile Konfliktbearbeitung und ihre Instrumente
- Der historische Verlauf des türkisch-kurdischen Konflikts
- Die Rolle verschiedener Akteure im Konflikt
- Analyse spezifischer Strategien der zivilen Konfliktbearbeitung
- Möglichkeiten und Herausforderungen für eine friedliche Konfliktlösung
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Diese Einleitung führt in die Thematik der Magisterarbeit ein und beschreibt den Fokus auf zivile Konfliktbearbeitungsstrategien im Kontext des türkisch-kurdischen Konflikts. Sie skizziert den Aufbau der Arbeit und die zentralen Forschungsfragen.
II. Zivile Konfliktbearbeitung: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Einführung in das Feld der zivilen Konfliktbearbeitung. Es werden verschiedene Ansätze, Ebenen und Akteure vorgestellt und detailliert erläutert, um ein solides Fundament für die spätere Analyse des türkisch-kurdischen Konflikts zu schaffen. Der transformationsorientierte Ansatz wird besonders hervorgehoben und in seinen verschiedenen Facetten beleuchtet. Die Bedeutung der verschiedenen Instrumente, wie Friedenssicherung, -schaffung und -konsolidierung, wird im Detail dargestellt.
III. Der Konflikt zwischen dem türkischen Staat und den Kurden: Dieses Kapitel liefert eine detaillierte historische Analyse des Konflikts zwischen dem türkischen Staat und den Kurden. Es werden die historischen Wurzeln des Konflikts, die Entwicklung der Konfliktdynamik von den Anfängen der Republik bis zum Ausbruch der bewaffneten Auseinandersetzungen im Jahr 1984 und die darauffolgenden Entwicklungen bis in die Gegenwart beleuchtet. Dabei werden wichtige politische, soziale und kulturelle Faktoren berücksichtigt, die den Konflikt geprägt haben. Die Rolle der PKK und die Reaktionen des türkischen Staates werden ebenso behandelt wie die Auswirkungen des Konflikts auf die Zivilbevölkerung, insbesondere die Migration. Die Kapitel unterstreichen den komplexen und vielschichtigen Charakter des Konflikts.
IV. Strategien ziviler Konfliktbearbeitung im Konflikt zwischen dem türkischen Staat und den Kurden: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Anwendung und Wirksamkeit ziviler Konfliktbearbeitungsstrategien im türkisch-kurdischen Konflikt. Es wird ein Beispiel für zivile Konfliktbearbeitung (TOSAV/TOSAM) vorgestellt und eingehend analysiert, um die Chancen und Herausforderungen solcher Ansätze aufzuzeigen. Die Rolle verschiedener Akteure, sowohl nationaler als auch internationaler, wird im Detail untersucht und ihre Beiträge zu einer friedlichen Konfliktlösung bewertet. Darüber hinaus werden konkrete Maßnahmen ziviler Konfliktbearbeitung diskutiert und ihre Eignung im spezifischen Kontext des Konflikts beurteilt.
Schlüsselwörter
Türkisch-kurdischer Konflikt, Zivile Konfliktbearbeitung, Friedenssicherung, Friedenskonsolidierung, Akteure, Strategien, TOSAV/TOSAM, PKK, Assimilationspolitik, Migration, Politische Reformen, EU, Gewaltprävention, Friedensförderung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Magisterarbeit: Strategien Ziviler Konfliktbearbeitung im Türkisch-Kurdischen Konflikt
Was ist der Gegenstand dieser Magisterarbeit?
Die Magisterarbeit analysiert Strategien der zivilen Konfliktbearbeitung im langjährigen Konflikt zwischen dem türkischen Staat und den Kurden. Sie untersucht die Möglichkeiten und Grenzen ziviler Ansätze zur friedlichen Konfliktlösung in diesem komplexen Kontext.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Schwerpunktthemen: Zivile Konfliktbearbeitung und ihre Instrumente (inkl. Friedenssicherung, -schaffung und -konsolidierung), der historische Verlauf des türkisch-kurdischen Konflikts von den Wurzeln bis zur Gegenwart, die Rolle verschiedener Akteure (Staat, PKK, Zivilgesellschaft, internationale Akteure), die Analyse spezifischer Strategien der zivilen Konfliktbearbeitung (am Beispiel TOSAV/TOSAM), sowie die Möglichkeiten und Herausforderungen für eine friedliche Konfliktlösung.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Kapitel I bietet eine Einleitung, Kapitel II eine umfassende Einführung in die Theorie der zivilen Konfliktbearbeitung. Kapitel III analysiert den historischen Verlauf des türkisch-kurdischen Konflikts detailliert. Kapitel IV konzentriert sich auf Strategien der zivilen Konfliktbearbeitung im Kontext dieses Konflikts, einschließlich einer Fallstudie (TOSAV/TOSAM) und der Rolle verschiedener Akteure. Kapitel V fasst die Ergebnisse zusammen und zieht Schlussfolgerungen.
Welche Akteure werden im Zusammenhang mit dem Konflikt betrachtet?
Die Arbeit untersucht die Rolle verschiedener Akteure, darunter der türkische Staat, die PKK, kurdische zivile Organisationen, die kurdische Diaspora, internationale Staaten und nicht-staatliche Akteure. Die jeweiligen Interessen und Strategien dieser Akteure werden analysiert.
Welche konkreten Maßnahmen der zivilen Konfliktbearbeitung werden diskutiert?
Die Arbeit diskutiert verschiedene Maßnahmen der zivilen Konfliktbearbeitung, darunter Fact-Finding Missions und Monitoring, Schutz gefährdeter Personen, Stärkung der Konfliktbearbeitungskompetenz, stille Diplomatie, gute Dienste, Consultation, Friedenskonsolidierung, die Erweiterung des Raums für gewaltfreie Aktion und Versöhnungsmaßnahmen. Es wird auch untersucht, welche Maßnahmen sich im türkisch-kurdischen Kontext als weniger geeignet erwiesen haben.
Welche Rolle spielt TOSAV/TOSAM in der Arbeit?
TOSAV/TOSAM dient als Fallbeispiel für zivile Konfliktbearbeitung im türkisch-kurdischen Konflikt. Die Arbeit analysiert die Ansätze, Erfolge und Herausforderungen dieses Projekts im Detail.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Türkisch-kurdischer Konflikt, Zivile Konfliktbearbeitung, Friedenssicherung, Friedenskonsolidierung, Akteure, Strategien, TOSAV/TOSAM, PKK, Assimilationspolitik, Migration, Politische Reformen, EU, Gewaltprävention, Friedensförderung.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit kommt zu Schlussfolgerungen bezüglich der Möglichkeiten und Grenzen ziviler Konfliktbearbeitungsstrategien im türkisch-kurdischen Konflikt. Sie bewertet die Wirksamkeit verschiedener Ansätze und identifiziert Herausforderungen für eine nachhaltige friedliche Konfliktlösung.
- Quote paper
- Lena Niehaus (Author), 2009, Der türkische Staat und die Kurden. Strategien ziviler Konfliktbearbeitung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162365