Das Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung der Entwicklung des Geschichtsbildes von Hans Rothfels vor dem Hintergrund seiner Biographie und der Zäsuren der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Dazu wird im Folgenden eine Untersuchung seiner Positionen vor 1933, insbesondere im Zusammenhang mit seiner wissenschaftlichen und politischen Beschäftigung mit Ost-Mitteleuropa und den dort lebenden deutschen Minderheiten, sowie seiner Rolle nach 1945 vor dem Hintergrund seiner Zeit im Exil, seiner Bedeutung für die deutsche Widerstandsforschung und seiner Rolle als Remigrant, insbesondere für die deutsche Historikerzunft nach dem Nationalsozialismus, vorgenommen.
Dies soll vornehmlich anhand der Auswertung von – auch bereits von den Zeitgenossen als solche wahrgenommene – besonders symbolträchtiger Äußerungen geschehen. Die Quellenlage kann als relativ gut bezeichnet werden, obwohl Rothfels Nachlass, der sich im Bundesarchiv in Koblenz befindet, nicht öffentlich zugänglich ist. Aufgrund seiner herausragenden Rolle in der deutschen Geschichtswissenschaft und seiner engagierten Stellungnahmen zu politischen Fragen vor und nach 1933/39 haben sowohl die Person als auch der Historiker Hans Rothfels bereits häufig das Interesse von Zeithistorikern auf sich gezogen. Die in Aussicht gestellte Biographie von Jan Eckel steht allerdings bedauernswerterweise noch aus.1 Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf Publikationen und Vorträge, da Rothfels Geschichtsbild nicht von seiner Intention, es politisch wirksam zu vermitteln, getrennt werden kann. Öffentliche und politische Wirksamkeit waren ein zentrales Anliegen im Rahmen seiner geschichtswissenschaftlichen Arbeit.
Über die Positionen von Hans Rothfels vor 1933 ist kürzlich eine Kontroverse entbrannt. Ausgangspunkt war das Buch von Ingo Haar „Historiker im Nationalsozialismus“. Heinrich August Winkler wandte sich daraufhin in den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte vehement gegen die Darstellung von Rothfels als dem „einzige[n] Historiker, der die Osthilfe und die Siedlungskampagne der deutschen Reichsregierung durch ein geschlossenes Geschichtsbild zu rechtfertigen wusste“2; vielmehr sei er, der Gruppe der „konservativen Vernunftrepublikaner“3 zuzurechnen. Nach der Erwiderung von Haar4 eskalierte die Kontroverse5. Aktuell haben sich nun auch eine Reihe anderer Historiker zu diesem Thema geäußert, worauf im Folgenden näher eingegangen werden wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kurzbiographie
- Hans Rothfels in den Jahren vor 1933/39
- Die Zeit in Königsberg
- Der Vortrag auf dem Historikertag in Göttingen 1932
- Die aktuelle Diskussion
- Entwicklungen in der Zeit des Exils
- Politisch-historische Äußerungen nach dem 2. Weltkrieg
- Der Aufsatz „Frontiers and Mass Migrations in Eastern Central Europe“
- Die Rückkehr nach Deutschland
- Der Vortrag auf dem Historikertag in München 1949
- „Die deutsche Opposition gegen Hitler“
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entwicklung des Geschichtsbildes von Hans Rothfels im Kontext seiner Biographie und der bedeutsamen Umbrüche in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Sie analysiert seine Positionen vor 1933, insbesondere im Zusammenhang mit seiner wissenschaftlichen und politischen Auseinandersetzung mit Ost-Mitteleuropa und den dortigen deutschen Minderheiten, sowie seine Rolle nach 1945 im Exil, seine Bedeutung für die deutsche Widerstandsforschung und seine Position als Remigrant, insbesondere für die deutsche Historikerzunft nach dem Nationalsozialismus.
- Entwicklung von Hans Rothfels' Geschichtsbild im Laufe seines Lebens
- Rothfels' Positionen zu Ost-Mitteleuropa und deutschen Minderheiten vor 1933
- Rothfels' Rolle im Exil und seine Beiträge zur deutschen Widerstandsforschung
- Rothfels' Einfluss auf die deutsche Historikerzunft nach dem Nationalsozialismus
- Die politische Wirksamkeit von Rothfels' Geschichtswissenschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Zielsetzung und den methodischen Ansatz der Arbeit dar, die sich auf eine Analyse der Entwicklung des Geschichtsbildes von Hans Rothfels konzentriert. Es wird darauf hingewiesen, dass seine wissenschaftlichen und politischen Positionen eng miteinander verbunden sind. Die Kurzbiographie beleuchtet wichtige Stationen in Rothfels' Leben, insbesondere seine Zeit als Schüler von Friedrich Meinecke, seine Erfahrungen im Ersten Weltkrieg und seine Professur an der Universität Königsberg. Der dritte Teil behandelt Rothfels' Positionen vor 1933, wobei seine Beschäftigung mit Ost-Mitteleuropa und seine Rolle in der aktuellen Debatte um seine Haltung im Nationalsozialismus im Vordergrund stehen. Der vierte Teil analysiert Rothfels' Entwicklung in der Zeit des Exils, seine Beiträge zur Widerstandsforschung und seine Bedeutung als Remigrant. Der fünfte Teil untersucht Rothfels' politisch-historische Äußerungen nach dem Zweiten Weltkrieg, darunter sein Aufsatz „Frontiers and Mass Migrations in Eastern Central Europe“, seine Rückkehr nach Deutschland, sein Vortrag auf dem Historikertag in München 1949 und seine Analyse der „deutschen Opposition gegen Hitler“.
Schlüsselwörter
Hans Rothfels, Geschichtsbild, Ost-Mitteleuropa, deutsche Minderheiten, Exil, Widerstandsforschung, Remigration, Historikerzunft, politische Wirksamkeit, Nationalsozialismus, Historikerstreit, Ostforschung.
- Arbeit zitieren
- Timo Metzner (Autor:in), 2003, Hans Rothfels und die Kontinuität seines Geschichtsbildes anhand ausgewählter Publikationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162584