Karl Marx (1818-1883) und seine Philosophie haben zweifellos einen großen Einfluss auf das zwanzigste Jahrhundert ausgeübt. War seinen Schriften zu Lebzeiten kein großer Erfolg beschieden, so wurden sie später doch beispielsweise von Lenin aufgegriffen, auch
wenn es strittig erscheint, ob der Realkommunismus sowjetischer Prägung noch etwas mit Marx‘ Vorstellung von der Diktatur des Proletariats gemein hatte. Abgesehen vom realen Lauf der Geschichte – gerade zu Beginn des 20. Jahrhundert entscheidend geprägt
vom Aufstieg und zum Ende vom Niedergang kommunistischer Systeme – hat Marx selbst eine Geschichtstheorie entworfen, den Historischen Materialismus. Auch wenn sich in seiner Theorie keine Forderungen nach Konzentrationslagern und Terror finden, so ist nach Ottman bereits hier einiges angelegt, was später zu solcherlei Auswüchsen führen konnte. Der Philosoph wird vom reinen Interpreten der Welt zu einem aktiven Veränderer, die reine Theorie wird mit Klasseninteresse eingefärbt.2 Marx entstammt der linkshegelianschen Schule. Atheismus und politische Befreiung waren für die Linkshegelianer gleichbedeutend. Insofern erscheint auch die Ablehnung des
hegelianschen Idealismus, wie überhaupt jeder teleologischen Hinsichtnahme der Weltgeschichte, folgerichtig. Nicht die Idee, sondern die materielle Praxis sollte den entscheidenden Faktor ausmachen. Fraglich erscheint, inwieweit die marxsche
Geschichtsphilosophie wirklich frei ist von jeder Teleologie; hat sie sich frei gemacht von jeder Beeinflussung durch den Weltgeist, oder spukt dieser noch immer schemenhaft als „metaphysisches Gespenst“ durch die Geschichtsvorstellung von Karl Marx? Was kann
diesbezüglich bei einer Untersuchung der von Marx kolportierten Entwicklung der Geschichte gesagt werden?
Ziel dieser Arbeit ist, die Geschichtsphilosophie von Karl Marx dementsprechend zu untersuchen. Dieses Vorhaben könnte kaum glücken, ohne zuvor die Geschichtsphilosophie von Georg Wilhelm Friedrich Hegel einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Einige Beachtung sollen dabei auch die Staatskonzeptionen beider Philosophen erfahren; zweifellos spielte der Staat sowohl bei Hegel, als auch bei Marx
eine wichtige Rolle in der Menschheitsgeschichte, wenn auch von sehr unterschiedlicher Qualität. Grundsätzlich ist zu fragen, ob G.H.R. Parkinson recht zu geben ist mit der Aussage “[…] that there is more of Hegel in Marx than is sometimes supposed, and that if
this fact is ignored one seriously distorts Marx”
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hegels Geschichtsphilosophie
- Teleologie und Fortschritt
- Weltgeist und die List der Vernunft
- Staat und Gesellschaft bei Hegel
- Geschichtsphilosophie bei Marx
- Idealismus versus materielle Praxis
- Basis und Überbau
- Produktionsverhältnisse und Klassengesellschaft
- Revolution und Klassenkampf
- Staat und Gesellschaft bei Marx
- Schlussbetrachtung: Hegel und Marx in Kontinuität
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Geschichtsphilosophie von Karl Marx und untersucht ihren Bezug zu Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Dabei wird insbesondere auf die Rolle des Staates in den Geschichtskonzeptionen beider Philosophen eingegangen. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Frage, ob sich Marx' Geschichtsphilosophie tatsächlich von der Teleologie Hegels gelöst hat oder ob der "Weltgeist" weiterhin eine implizite Rolle spielt.
- Hegels Geschichtsphilosophie
- Marx' Geschichtsphilosophie
- Der Einfluss Hegels auf Marx
- Die Rolle des Staates in der Geschichte
- Teleologie und Fortschritt in der Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und beleuchtet den historischen Kontext von Marx' Werk sowie die Relevanz seiner Ideen im 20. Jahrhundert. Es werden die zentralen Fragestellungen der Arbeit, die Auseinandersetzung mit Hegel und die Rolle des Staates in der Geschichte, vorgestellt.
Das zweite Kapitel widmet sich Hegels Geschichtsphilosophie. Es wird die Bedeutung der Vernunft und der Teleologie in Hegels Denken dargestellt. Die Rolle des Weltgeists und die List der Vernunft werden erläutert, sowie die Vorstellung von Fortschritt und der Einordnung von Leid und Übel in den historischen Prozess.
Das dritte Kapitel befasst sich mit Marx' Geschichtsphilosophie. Der Gegensatz zum hegelschen Idealismus und die Betonung der materiellen Praxis werden beleuchtet. Die Konzepte von Basis und Überbau, sowie die Rolle von Produktionsverhältnissen und Klassengesellschaft werden erläutert.
Das vierte Kapitel beleuchtet die Schlussbetrachtung der Arbeit, in der die Kontinuität zwischen Hegel und Marx untersucht wird.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen der Arbeit sind die Geschichtsphilosophie von Karl Marx und Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Teleologie, Fortschritt, Weltgeist, Materialismus, Idealismus, Basis und Überbau, Produktionsverhältnisse, Klassengesellschaft, Staat und Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Martin Maerschalk (Autor:in), 2010, Geschichtsphilosophie bei Hegel und Marx, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162587