Leseprobe
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT:
Einleitung
Teil I: Das Universalienproblem im Mittelalter
1. Die Universalienlehre des Duns Scotus
2. Ockhams Kritik am Realismus
Teil II: Die Stellungnahme des Ch. S. Peirce zum Universalienproblem
1. Die Einwände gegen den Nominalismus
2. Peirce’s scotistischer Universalienrealismus
3. Der Universalienrealismus als Pragmatismus
Teil III: Der Nominalismus bei W.v.O. Quine
I. Vorbemerkungen
a) Die Wiederkehr des Universalienstreits in der modernen Mathematik und. Logik. Die Antinomien der Mengenlehre
b) Die Positionen des Platonismus, Realismus, Konzeptualismus und Nominalismus als Stellungnahmen zum Antinomieproblem
c) Allgemeines und ideales Sein
2. Der Nominalismus W.v. O. Ouines
3. Einige kritische Fragen an Quines Nominalismus
Literaturverzeichnis
1. Quellen
2. Sekundärliteratur
VORWORT:
Diese Seminararbeit ist gedacht als Weiterführung eines Teilaspekts meiner Diplomarbeit über den Personbegriff des Johannes Duns Scotus. Vor allem die systematische Bedeutung des realistischen Denkens des Doctor subtilis in Aus- einandersetzung mit modernen philosophischen Entwürfen, paradigmatisch am Beispiel von Ch. S. Peirce und W. v. O. Quine, soll dabei – einer Anregung des Gutachters, Professor Dr. F. Inciarte, folgend – im Vordergrund stehen. Wenn ich gelegentlich auf meine Diplomarbeit verweise, so hat das lediglich den Grund, daß das dort Dargestellte als Ausgangspunkt dienen soll; nähere Belege zur Interpretation des scotischen Gedankenguts finden sich dort.
Die Knappheit der zur Verfügung stehenden Zeit und des für eine Hauptsemi- nararbeit angemessenen Umfangs bringen es mit sich, daß Vieles, das für die Problemgeschichte bedeutsam wäre, nur andeutungsweise und skizzenhaft zur Sprache kommen kann. Dennoch hoffe ich, eine befriedigende Synthese von historischem und systematischem Aspekt gefunden zu haben.
Einleitung
„Wie, o Zenon, meinst du dieses? Wenn das Seiende vieles wäre, so müßte dieses Vie- le untereinander auch ähnlich sein und unähnlich? Dieses aber wäre unmöglich, denn weder könnte das Unähnliche ähnlich noch das Ähnliche unähnlich sein? Meinst du es nicht so? Gerade so, habe Zenon gesagt.
Und also, wenn unmöglich das Ähnliche unähnlich sein kann und das Unähnliche ähn- lich, so könnte ja unmöglich Vieles sein. Denn wenn Vieles wäre, begegnete ihm jenes Unmög- liche. […]
Wohl, ich nehme das an, habe Sokrates gesagt, und glaube, daß es sich nach deiner Aussage verhält. Dies aber sage mir: Nimmst du nicht an, daß es an und für sich einen Begriff der Ähnlichkeit gibt, und wiederum einen anderen, diesem entgegengesetzten, von dem, was das Unähnliche ist? Und daß ich und du und alles andere, was wir vieles nennen, diese beiden an sich nehmen? Und was die Ähnlichkeit an sich nimmt, wird ähnlich, eben dadurch und sofern es die Ähnlichkeit an sich nimmt, was aber die Unähnlichkeit, unähnlich, und was beide, bei- des? [...]“
(Platon, Parmenides, 127 e. 128 e-129a)
Dieser mehr oder weniger willkürlich ausgewählte Text gibt einen ersten Ein- druck in eines der wichtigsten und zugleich schwierigsten Probleme der Philo- sophie, das Universalienproblem. Die Frage, um die es dabei geht, verrät auf den ersten Blick nicht viel von ihrer Widerstandskraft gegen „glatte“ Lösungen: Worin liegt die Berechtigung, von Vielem ein Eines und Einziges auszusagen? Wenn zum Beispiel gesagt wird, Peter sei ein Mensch und Paul sei ein Mensch, dann sind Peter und Paul einerseits gleich, da sie beide Menschen sind, und andererseits verschieden, da sie zwei (verschiedene) Individuen sind.1
Wie verhalten sich nun Gleichheit und Verschiedenheit, Einheit (des Prädikats) und Vielheit (der Subjekte)? Wenn weder die Gleichheit noch die Verschieden- heit Schein sind2, fragt sich, worin das Fundament für die Gleichheit verschie- dener Dinge besteht und in welcher Weise es existiert.3
Diese Frage ist identisch mit der Frage nach der Berechtigung und dem logisch- ontologischen Stellenwert der Allgemeinbegriffe. Drei Lösungstypen bieten sich an und sind (teilweise auch als Mischformen) in der Geschichte der Philosophie vertreten worden:
a) Der sog. Begriffs- oder Universalienrealismus,
b) der sog. Konzeptualismus,
c) der sog. Nominalismus.
Der Begriffsrealismus (hier meist abgekürzt einfach als Realismus bezeichnet) behauptet das reale (d.h. verstandesunabhängige) Bestehen einer allgemeinen Seinsschicht4, die als Grundlage für die Bildung von Allgemeinbegriffen dient. Der Realismus zerfällt wiederum in zwei Spielarten, den „extremen Realismus“ (auch Platonismus genannt) und den „gemäßigten Realismus“.
Der extreme Realismus denkt das allgemeine Sein vom Einzelsein abgetrennt und selbständig und verfehlt deshalb den unterschiedlichen Charakter des all- gemeinen und des individuellen Seins (Individualisierung des Allgemeinen); dies liegt daran, daß die Seinsweise des Allgemeinen der Denkweise des All- gemeinbegriffs angeglichen vorgestellt wird.
Der gemäßigte Realismus betont demgegenüber, daß der durch Abstraktion gebildete Allgemeinbegriff zwar ein Fundament in den Einzeldingen hat, aber nicht die genaue Abbildung einer vom Einzelnen getrennten „Idee“ ist, sondern im Denken eine andere Seinsweise hat als die am Einzelnen vorfindbare allge- meine Bestimmung, die er bezeichnet.5
Nach dem Konzeptualismus besitzt das Allgemeine kein reales, verstandesun- abhängiges Sein, sondern nur ein Sein im Begriff. Der Konzeptualismus bestrei- tet also gerade das, was der Realismus behauptet, nämlich ein seinsmäßiges Korrelat oder Fundament der Allgemeinbegriffe. Der Nominalismus geht noch darüber hinaus, indem er überhaupt das Bestehen von Allgemeinbegriffen leugnet: nach dieser Auffassung gibt es nur allgemein verwendete Wortzeichen, welche das Bestehen von Allgemeinbegriffen vortäuschen.6
Nominalismus und Konzeptualismus kommen also darin überein, daß sie eine reale Gleichheit unter den verschiedenen Dingen verwerfen: es gibt also nur Verschiedenheit, alle Gleichheit ist Schein; außer der numerischen Einheit gibt es nur Vielheit.
In dieser Arbeit soll nach einer mehr vorbereitenden Kurzdarstellung von zwei mittelalterlichen Stellungnahmen zum Universalienproblem (Teil I) das Wie- deraufleben des alten Streits in der Gegenwartsphilosophie, v.a. innerhalb der Grundlagenforschung der Mathematik, charakterisiert werden. Die Position des Ch. S. Peirce († 1914) nimmt dabei eine gewisse Sonderstellung ein, da sie einer- seits manche Überlegungen der späteren analytischen Philosophie vorweg- nimmt und andererseits im Gegensatz zu dieser eine metaphysische Grundle- gung für notwendig hält. Da sich Peirce ausdrücklich auf Duns Scotus bezieht, verspricht seine Auffassung interessante Lichtblicke für die Beurteilung des originellen scotischen Ansatzes geben zu können (Teil II).
In W. v. O. Quine hat der Nominalismus seinen vielleicht schärfsten Verteidiger gefunden. (Daß Quine mittlerweile den Nominalismus aufgegeben hat, soll für diese Darstellung nicht wesentlich sein.) Deshalb soll hauptsächlich auf die Po- sition Quines eingegangen werden, obwohl auch andere bedeutende Logiker und Philosophen unserer Zeit in dieser Richtung gearbeitet haben. Leider kön- nen viele Einzelheiten aus Raumgründen nicht erwähnt werden; solche können aus der angeführten Literatur entnommen werden.
Teil I: Das Universalienproblem im Mittelalter
1. Die Universalienlehre des Duns Scotus
Duns Scotus († 1308) erörtert das Universalienproblem ebenso wie seine Zeit- genossen vorrangig in seinem ontologischen Aspekt. Die entscheidende Frage ist die nach der Notwendigkeit, ein Individuationsprinzip für die (materielle) Substanz anzunehmen oder nicht.7 Unter dieser Fragerücksicht erscheint der Nominalismus als diejenige Position, wonach jedes Ding durch seine Wesenheit bereits numerisch eines, d.h. individuell ist, denn dann ist ein eigenes Individu- ationsprinzip „neben“ der (allgemeinen) Natur überflüssig, und das heißt wie- derum, daß es in der Wirklichkeit nur Individuelles gibt und daß das Allge- meine lediglich Produkt des Verstandes ist.8
Duns Scotus lehnt diese nominalistische (bzw. konzeptualistische) Auffassung energisch ab und entwickelt eine eigene Ontologie: In jedem aktuell Seienden sind zwei Seinsschichten (formal) unterscheidbar, die Schicht des allgemeinen oder quidditativen Seins und die Schicht des individuellen9 oder suppositori- schen Seins. Beiden Seinsschichten entspricht eine eigene reale10 Einheit: die numerische Einheit des Individuums und die spezifische Einheit der Artnatur oder natura communis. Davon zu unterscheiden ist noch die Einheit des vom Verstande gebildeten Allgemeinbegriffs (universale actu), der als Begriff zweiter Intention11 Terminus einer gedanklichen Relation (relatio rationis) ist und somit in der Wirklichkeit kein Korrelat hat und der sich dadurch auszeichnet, daß er von jedem unter die Art fallenden Individuum in Identität prädizierbar ist.12
Während Scotus den Nominalismus (bzw. Konzeptualismus) durch die Diffe- renzierung von quidditativer und suppositorischer Seinsschicht vermeidet, glei- tet er zugleich auch nicht in den Platonismus ab, da er sorgsam das Commune (natura communis) vom Universalen (universale actu) unterscheidet.13
Die dargestellte Lehre des Duns Scotus versucht, den griechischen Primat des Allgemeinen vor dem Individuellen zu überwinden, ohne das Aristotelische Anliegen, Wissenschaft als Erkenntnis des Allgemeinen zu verstehen und me- taphysisch grundzulegen14, aufzugeben. Diese im Grundansatz schon von der Tradition abweichende Neukonzipierung der Metaphysik bereitet allerdings schon den Beginn der Neuzeit vor.15
2. Ockhams Kritik am Realismus
Weitaus radikaler als Scotus betont Wilhelm von Ockham († 1349) den Vorrang des Individuellen vor dem Allgemeinen. Er folgt damit zwar dem grundsätzli- chen Anliegen des Doctor subtilis, geht aber an der entscheidenden Stelle über diesen hinaus und kommt zu einem – für das Universalienproblem relevanten – gegensätzlichen Ergebnis: „Kein Ding außerhalb der Seele ... ist ein Universale.“16
Es gibt kein Individuationsprinzip; vielmehr sind alle Dinge aus sich selbst sin- gulär.17 Damit erübrigt sich die scotische Formalunterscheidung zwischen na- tura communis und haecceitas18 ; diese wird nur noch für die Erklärung des Geheimnisses der Trinität herangezogen.19
Das Universale ist nach Ockham ein vom Verstand gemachtes Bild, das „indif- ferenter“ für die ihm entsprechenden Individuen steht, welche aber keineswegs eine Wesenheit gemeinsam haben.20
Diese kurze Zusammenfassung der Ockhamschen Position zeigt, daß Ockham typischer Vertreter des Konzeptualismus ist. Alles Wohlwollen gegenüber die- ser Problemlösung, motiviert durch die Korrektur des alten Vorwurfs, mit Ock- ham beginne die Epoche der Dekadenz in Theologie und Philosophie („Nomi- nalismus“ im abwertenden Sinne21, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Ockham sich damit einen realistischen Zugang zur Wirklichkeitserkenntnis versperrt hat und auf die erkenntnistheoretische Frage nach der Rechtfertigung der Allgemeinerkenntnis keine überzeugende Antwort geben kann.22
Denn nach der knapp skizzierten Auffassung Ockhams ist es nur konsequent, daß er das Universalienproblem nicht als ontologisches, sondern als rein logi- sches bzw. semantisches Problem ansieht und die Frage, wie das Verhältnis von Einheit (des Allgemeinbegriffs) und Vielheit (der Einzeldinge) zu bestimmen ist, trivialisiert, indem er sie nur auf der logischen Ebene diskutiert: Die Einheit des Begriffs bleibt unberührt davon, daß dieser auf eine Vielfalt von Einzeldin- gen bezogen werden kann; der Begriff ist reines Verstandesprodukt – ohne Kor- relat in den Einzeldingen.23
Freilich hatte auch Scotus betont, daß der Allgemeinbegriff (universale actu) als universale in multis et de multis ein Gedankending ist, dessen Einheit sich durch eine besondere Indifferenz auszeichnet, kraft welcher der Begriff „ praedicabile de quolibet individuo, ita quod quodlibet sit ipsum (universale)“, ist.24 Doch ist damit die Frage, um die es eigentlich geht, noch keineswegs beantwortet: Wo liegt die seinsmäßige Grundlage für die Möglichkeit, Allgemeinbegriffe zu bilden? Oder ist etwa jeder Allgemeinbegriff ein reines Willkürprodukt des Verstandes? Dann müßte man jedoch mit Scotus fragen, wie der Verstand von Platon und Sokrates etwas Gemeinsames abstrahieren kann, von Sokrates und einer Linie aber nicht (oder wenigstens nicht so viel Gemeinsames).25
Selbst wenn es zuträfe, wie Böhner meint26, daß Ockham die Genese der All- gemeinbegriffe durch eine kausale Theorie zu erklären versucht hat, so wäre damit noch keine Antwort auf die gestellte Frage gegeben27 ): eine kausale The- orie kann zur Erklärung erkenntnistheoretischer Fragen nicht ohne genetischen Fehlschluß herangezogen werden; die Folge wäre Psychologismus.28
[...]
1 Vgl. R. CARLS, Idee und Menge, München 1974, 52.
2 So die beiden extremen Behauptungen der eleatischen Schule einerseits, die die Ver- schiedenheit für Schein erklärte, und Heraklits andererseits, der alle Gleichheit als Schein ansah. Vgl. R. Carls, 53.
3 Vgl. R. Carls, ebd.
4 Dieser Ausdruck soll hier noch möglichst unbestimmt bleiben, so dass so verschiedene Lösungen wie die von Platon, von Aristoteles oder auch von Duns Scotus darunter fal- len.
5 Vgl. J. de VRIES, „ Realismus “, in: Philosophisches Wörterbuch (hrsg. von W. BRUGGER), Freiburg-Basel-Wien 1981, 316-318, bes. 318; R. Carls, 53; W. STEGMÜLLER, Hauptströ- mungen der Gegenwartsphilosophie, I, Stuttgart 61978, 56.
6 Vgl. J. SANTELER, „ Nominalismus”, in: Philosophisches Wörterbuch (hrsg. v. W. Brugger), 270f; ders., „ Konzeptualismus “, in: Philosophisches Wörterbuch, 202f; zur Geschichte F. HOFFMANN, „ Nominalismus “, in: HWP VI (1984) 874-884.
7 Ord. II d.3 q.1 n.1 (Vat. VII 391): „Utrum substantia materialis ex se sive ex natura sua sit individua vel singularis.“
8 An sich ist dies die Position des Konzeptualismus und nicht des Nominalismus, wel- cher überhaupt die Existenz des Allgemeinen, auch im Geiste, bestreitet.
9 Das Merkmal der Individualität kommt dem Suppositum nur im Bereich des ge- schöpflichen Seins zu; das suppositorische Sein ist aber ganz allgemein als inkommuni- kables zu kennzeichnen.
10 „Real“ ist alles das zu nennen, was unabhängig vom Verstand Sein hat. Vgl. Ord. I d. 2 p. 2 q. 1-4 n.390 (Vat. II 350): „Et intelligo sic ‘realiter’, quod nullo modo per actum intellectus considerantis, immo quod talis entitas esset ibi si nullus intellectus esset considerans...” Die erste fundamentale Seinsdifferenz besteht somit zwischen den entia rationis und den entia realia. Vgl. Quodl. q. 3 n. 2 (Viv. XXV 114a); dazu H. MÜHLEN, Sein und Person nach Johannes Duns Scotus, Werl 1954, 10-13.
11 Vgl. W. HOERES, Der Wille als reine Vollkommenheit, München 1962, 20-23. Vgl. weiter unten Anm. 30.
12 Vgl. Ord. II d.3 q.1 n.37f (Vat. VII 406-408).
13 Vgl. E. WÖLFEL, Seinsstruktur und Trinitätsproblem, Münster 1965, 60. Zur näheren Inter- pretation des zusammenhängenden Gedankengangs und seiner Begründung vgl. E. GILSON, Johannes Duns Scotus, Düsseldorf 1959, 461- 469; J. KRAUS, Die Lehre des Johannes Duns Scotus von der natura communis, Freiburg (Schweiz) 1927, 76-86.
14 Vgl. Aristoteles, An.hyst. A.11, 77 a 5-9; Met. III, 4, 999 a 26-29; XIII, 9, 1086 b 5-7. Duns Scotus, Met. VII q. 18 n. 10 (Viv. VII 459f). Dazu L. HONNEFELDER, Ens inquantum ens, 136-138.141-143.
15 Vgl. Ludger HONNEFELDER, Scientia transcendens. Die formale Bestimmung der Seiendheit und Realität in der Metaphysik des Mittelalters und der Neuzeit (Duns Scotus – Suárez – Wolff – Kant – Peirce), Hamburg 1990.
16 Sent. I d.2 q.7 (OT II 248f): „Ideo aliter dico ad quaestionem quod nulla res extra animam, nec per se nec per aliquid additum, reale vel rationis, nec qualitercumque consideretur vel intelligatur, est universalis . . .”
17 So Ockham in seiner Auseinandersetzung mit Scotus in Sent. I d.2 q.6 (OT II 173-192); ganz klar in seiner eigenen Antwort zur 6. Quaestio (OT II 196): „Ideo dico aliter ad quaestionem. Et primo ostendo istam conclusionem quod quaelibet res singularis se ipsa est singularis. Et hoc persuadeo sic: quia singularitas immediate convenit illi cuius est, igitur non potest sibi convenire per aliquid aliud; igitur si aliquid sit singulare, se ipso est singulare.”
18 So. S. 5f. Auf diese scotische Lehre kann im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegan- gen werden. Vgl. zur Orientierung L. HONNEFELDER „ Natura communis “, in: HWP VI (1984) 494-504, bes. 497-501.
19 Vgl. Sent. I d.2 q.1 (OT II 17-20). – Hier kann der Zusammenhang nur angedeutet wer- den: Durch diese Restriktion der Anwendung der scotischen distinctio formalis verliert diese ihren eigentlich metaphysischen Gehalt und wird zum bloßen (Sprach)Mittel, um das Trinitätsgeheimnis widerspruchsfrei begrifflich auszusagen.
20 Sent. I d. 2 q. 8 (OT II 272); vgl. L. HONNEFELDER, “Natura communis” in: HWP VI (1984) 501.
21 Vgl. W. ERNST, Gott und Mensch am Vorabend der Reformation, Leipzig 1972, 70-81.
22 Dies ist m.E. gegen Ph. Böhner festzuhalten, der die Position Ockhams als „realistischen Konzeptualismus“ bezeichnet hat, um die angeblich bestehende sachliche Nähe Ock- hams zu den großen Vertretern des Realismus Thomas von Aquin und Duns Scotus herauszustellen. Vgl. Ph. BÖHNER, The Realistic Conceptualism of William Ockham: Traditio 4 (1946) 307-335. Zur Kritik vgl. K. BANNACH, Die Lehre von der doppelten Macht Gottes bei Wilhelm von Ockham, Wiesbaden 1975, 346-352.
23 So ist die Möglichkeit allgemeiner Erkenntnis in der Wissenschaft nach Ockhams Sup- positionslogik schon dadurch gerechtfertigt, daß die Allgemeinbegriffe für die Dinge außerhalb des Verstandes supponieren: „Nihil igitur refert ad scientiam realem an ter- mini propositionis scitae sint res extra animam vel tantum sint in anima, dummodo stent et supponant pro ipsis rebus extra; et ita propter scientiam realem non oportet po- nere aliquas tales res universalesdistinctas realiter a rebus singularibus. (Sent. I d. 2 q. 4; OT II 137).
24 Duns Scotus, Ord. II d. 3 q. 1 n. 38 (Vat.VII 408) und davor n.37 (Vat.VII 406).
25 Vgl. Ord. II d. 3 q. 7 n.23 (Vat. VII 400f). Vgl. auch Bannach, 346. - Ockham zitiert diesen Einwand von Scotus (Sent. I d. 2 q. 6; II 171f) und antwortet (ebd. OT II 210-212) leicht- hin, daß Sokrates eben „ secundum substantiam “ dem Platon sehr ähnlich (simillimus) sei. Auf das Argument, daß zwischen Sokrates und Platon realiter eine größere Gemein- samkeit bestehe als zwischen Sokrates und einem Esel und folglich Sokrates und Platon in etwas Realem (in aliquo reali) übereinkommen müssen, in dem Sokrates und der Esel nicht übereinkommen, wobei dieses reale Gemeinsame weder mit Platon noch mit Sok- rates zusammenfallen kann, sagt Ockham lapidar: Sokrates kommt mit Platon nicht „ in aliquo“ überein, sondern nur „ aliquo “, nämlich durch sich selbst (se ipso).
26 Vgl. Anm. 22.
27 Vgl. Bannach, 351.
28 In der weiteren philosophiegeschichtlichen Entwicklung wird dann tatsächlich häufig