In seinem Werk "Roppongi. Requiem für einen Vater" setzt sich Josef Winkler erneut mit seiner Vergangenheit auseinander. Seine Beziehung zum Vater sowie die Angst vor dem Tod sind die Leitmotive seiner Erzählung. Doch anders als seine vorangegangenen Romane und Novellen, in denen er mit seinem Heimatdorf Kamering abrechnet, erscheint Roppongi sanfter, beinahe versöhnlich. Zwar ist ein gewisser Spott gegenüber dem Dorf Kamering und dessen Bewohnern unüberhörbar, doch es finden sich auch durchaus versöhnliche Töne, besonders im Hinblick auf den Vater. Gemeinsam mit ihm scheint auch der literarische Gegner Winklers gestorben zu sein. Was noch aussteht, ist die Bewältigung der eigenen Vergangenheit, die Verarbeitung der eigenen Todesangst. Die Absicht des Erzählers ist nicht, die Dorfbewohner Kamerings vorzuführen, sondern kulturspezifische Unterschiede im Umgang mit dem Tod aufzuzeigen. Winklers erster Aufenthalt in Indien, der ebenfalls im Buch beschrieben wird, stellt einen Versuch dar, einen neuen Zugang zum Tod zu finden. Die Todesrituale im indischen Varanasi stehen im kompletten Gegensatz zu den bekannten katholischen Bestattungsbräuchen. Sie eröffnen dem Ich-Erzähler eine völlig neue Sichtweise und lassen ihn seine Vergangenheit auf neue Art und Weise reflektieren.
In den folgenden Darstellungen soll die persönliche Todeserfahrung des Erzählers im Hinblick auf die beiden Kulturräume Kärnten und Varanasi im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen. Dieser Vergleich ist besonders hinsichtlich der Angstbewältigung des Ich-Erzählers relevant, der zunächst nach Indien geht, um dort Inspiration für sein literarisches Schaffen zu finden, sich dort aber angesichts der starken Präsenz des Todes ge-zwungen sieht, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen.
Zunächst soll analysiert werden, inwiefern sich die Kindheitserfahrungen des Ich-Erzählers auf dessen Beziehung zum Tod ausgewirkt haben. Im Anschluss daran werden dieser heimatlichen Todeserfahrung die Beobachtungen in Varanasi gegenübergestellt. Es gilt herauszufinden, inwiefern die beiden Schauplätze Einfluss auf die Wahrnehmung des Todes ausüben. In diesem Zusammenhang soll vor allem der kulturspezifische Umgang mit dem Tod analysiert und die unterschiedlichen Bestattungsrituale erläutert werden. Die Narayama-Lieder, die eine zusätzliche Metaebene zur eigentlichen Handlung bilden, bleiben in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Dorf Kamering als Zentrum der Todesangst
- Varanasi als Ort der Symbiose von Leben und Tod
- Zur Bedeutung des Anfangskapitels
- Die Narayama-Lieder
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
In seiner Novelle "Roppongi. Requiem für einen Vater" setzt sich Josef Winkler mit seiner Vergangenheit, insbesondere seiner Beziehung zum Vater und der Angst vor dem Tod, auseinander. Die Geschichte zeichnet ein Bild der kulturellen Unterschiede im Umgang mit dem Tod, wobei Winklers Heimatdorf Kamering und die indische Stadt Varanasi als Kontrastpole dienen.
- Die prägenden Kindheitserfahrungen des Erzählers in Kamering und deren Einfluss auf seine Beziehung zum Tod
- Der Vergleich zwischen den Todesritualen in Kamering und Varanasi
- Die Rolle des Katholizismus in der Wahrnehmung des Todes
- Die Narayama-Lieder als zusätzliche Metaebene zur eigentlichen Handlung
- Winklers Versuche, mit seiner eigenen Todesangst umzugehen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Kapitel Zwei bis Fünf schildern die Kindheitserlebnisse des Erzählers in Kärnten. Durch die Erinnerung an den Tod seines Vaters werden die Erlebnisse aktualisiert und der Leser erhält Einblicke in Winklers Groll gegenüber dem Heimatdorf sowie seine Angst vor dem Tod.
Das Kapitel über Varanasi beschreibt die Todesrituale in der indischen Stadt und stellt diese den katholischen Bestattungsbräuchen gegenüber. Winklers Beobachtungen in Varanasi bieten dem Ich-Erzähler eine neue Perspektive auf den Tod und ermöglichen ihm, seine Vergangenheit neu zu reflektieren.
Schlüsselwörter
Die Novelle "Roppongi. Requiem für einen Vater" befasst sich mit den Themen Tod, Angst, Kulturvergleich, Katholischer Glaube, Kindheitserfahrungen, Heimat, Tradition, Todesrituale, Varanasi, Kamering und Narayama-Lieder.
- Quote paper
- Susann Schrödter (Author), 2010, Todeserfahrungen im interkulturellen Kontext in Josef Winklers "Roppongi", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162726