Zur Position des Bildes innerhalb des Gesamtwerkes des Künstlers – so lautet das Thema der hier vorliegenden Minifacharbeit zum Bild Der Abend von Philipp Otto Runge. Ich empfinde dies als ein besonders schönes Bild, das sich besonders durch seine Vielfältigkeit auszeichnet. Doch gerade bei dieser Vielfältigkeit fällt es mir schwer die Vorgabe von drei Seiten Ausarbeitung einzuhalten, und so habe ich auf fünf Seiten verlängern müssen, aber dennoch nur an der Oberfläche kratzen können. Die Aufgabenstellung verlangt eine Auseinandersetzung mit Philipp Otto Runges Gesamtwerk, doch bin ich der Überzeugung, dass dies nur geschehen kann, wenn man sich auch mit dem Einzelbild auseinandersetzt und so ist diese Ausarbeitung so aufgebaut, dass ich zunächst auf das Bild an sich eingehe und Informationen zum Bild geben werden und dann die Einordnung erfolgt.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Philipp Otto Runge: Der Abend
2.1 Das Bild in äußerer Form
2.2 Interpretation des Bildes
3. Philipp Otto Runge – eine Kurzbiographie
4. Einordnung des Kupferstichs in das Gesamtwerk Philipp Otto Runges
5. Nachwort
6. Literaturverzeichnis
1. Vorwort
Zur Position des Bildes innerhalb des Gesamtwerkes des Künstlers – so lautet das Thema der hier vorliegenden Minifacharbeit zum Bild Der Abend von Philipp Otto Runge. Ich empfinde dies als ein besonders schönes Bild, das sich besonders durch seine Vielfältigkeit auszeichnet. Doch gerade bei dieser Vielfältigkeit fällt es mir schwer die Vorgabe von drei Seiten Ausarbeitung einzuhalten, und so habe ich auf fünf Seiten verlängern müssen, aber dennoch nur an der Oberfläche kratzen können.
Die Aufgabenstellung verlangt eine Auseinandersetzung mit Philipp Otto Runges Gesamtwerk, doch bin ich der Überzeugung, dass dies nur geschehen kann, wenn man sich auch mit dem Einzelbild auseinandersetzt und so ist diese Ausarbeitung so aufgebaut, dass ich zunächst auf das Bild an sich eingehe und Informationen zum Bild geben werden und dann die Einordnung erfolgt.
2. Philipp Otto Runge Der Abend
2.1 Das Bild in äußerer Form
Der Abend ist ein Kupferstich aus dem Jahr 1805 als Teil des vierteiligen Zyklus‘ Die vier Tageszeiten. Die vier Teile entstanden 1803 als Vorlage und wurden 1807 erneut in veränderter und größerer Form herausgegeben.[1]
Das Bild ist aufgeteilt in einen Rahmen und ein inneres Hauptbild. Die linke und die rechte Seite des Bildes sind symmetrisch; lediglich die im Bild auftauchenden Knaben zeigen Unterschiede. Der Rahmen zeigt mehrere Knaben. Der erste liegt am oberen Bildrand, seine Hand ergreift ein Lamm. Im Hintergrund dieser beiden befindet sich die Sonne und in den oberen Ecken jeweils ein Engel. Am unteren Bildrand sitzen zwei weitere Knaben, die Trompeten halten und sie „trauern […], hingewendet zum Passions- und Erlösungskelch Christi in der Mitte“[2]. Auch an den unteren Ecken befinden sich Kelche, allerdings ohne die Initialen Jesu, INRI. Sie schweben oberhalb einer Aloe Vera Pflanze, auf dessen Blättern die trauernden Knaben sitzen.
Auch an den linken und rechten Seitenrändern befindet sich noch jeweils ein Knabe. Sie stehen jeweils auf einer Blüte in der Mitte der Ränder. Unterhalb und oberhalb der Blüten zeigen sich die Stängel der Aloe Vera Blüten.
Das innere Hauptbild zeigt im oberen Bildteil eine Frau, die ein Tuch aufspannt, auf dem Sterne zu sehen sind. Innerhalb dieses Tuches steht sie hinter einer Mohnblume. Auf deren Stängeln liegen zwei Knaben innerhalb des Tuches und zwei außerhalb des Tuches mit Hörnern; dort geht das Tuch in Wolken über. Am unteren Bildrand sieht man die Rundung einer untergehenden Erdkugel, von der jeweils links und rechts eine Rose nach oben wächst. Auf diesen Rosen sitzen fast symmetrisch musizierende Knaben. In der Mitte stapeln sich von einer Lilie ausgehend neun Knaben, über denen sich ein Stern befindet.
2.2 Interpretation des Bildes
Das Leben von Philipp Otto Runge war stark vom protestantischen Glauben geprägt. Dies zeigt sich in vielen seiner Bilder, so auch in Der Abend. Darüberhinaus zeigt sich hier, dass Runge sich Gedanken macht, welche Rolle der Mensch innerhalb des Universums einnimmt.[3]
Wenn man sich in diesem Bild auf die Suche nach kosmischen Attributen macht, fällt gleich die Erdkugel auf, die am unteren Rand des Hauptbildes unterzugehen scheint. An dieser Stelle, lässt sich vermuten, dass Runge die Auffassung vertrat, dass die Erde nur einen kleinen Platz im Universum einnimmt. Diese These wird zusätzlich von der Frau weiter oben gestützt. So identifizierte schon Hermann Nasse diese Person als „Venus, über der der Morgenstern aufgeht“.[4] Die Venus als Planet unseres Sonnensystems steht an dieser Stelle stellvertretend für den gesamten Kosmos und ihre Größe in diesem Bild zeigt das Verhältnis zwischen Erde und Universum.
Doch zeugt dieses Bild auch davon, dass für ihn der Himmel existent ist. So zeigen sich am Kopf des Bildes die zwei Engel und in der Mitte der Knabe mit dem Lamm. Das Lamm, das ein Zeichen für Jesus Christus ist,[5] nimmt somit eine Position oberhalb des Kosmischen ein. Es setzt den Himmel, wo Jesus dem christlichen Glauben entsprechend zur Rechten Gottes sitzt, über das Universum. Genauso bildet das Kreuz mit dem Passionskelch Christi am unteren Rand des Bildes das Fundament. Insgesamt ist zu sagen, dass Runge den Glauben als Rahmen um die reale, beweisbare Kosmologie setzt und auch keinen Übergang, sondern zwei getrennte Welten schafft.
Doch Der Abend zeugt daneben von einer Auseinandersetzung mit menschlichen Gefühlen, die für die Entstehungszeit, die Romantik, sehr typisch war. Man romantisierte die Welt und dies wird auch im Hauptbild deutlich. So weist schon die Grundsituation, die Abenddämmerung, Gefühle wie Sehnsucht und Hoffnung auf. Sie ist ein „Sinnbild der Selbstreflexion“[6] und läd ein zum Nachdenken über den vergangenen und gibt Hoffnung für den nächsten Tag. Neben dieser Grundsituation deuten auch die Knaben, die eigentlich Genien sind,[7] auf die Gefühlswelt hin. Ein Genius war ursprünglich ein Schutzgeist, der einen Menschen von der Geburt bis zum Tod begleitet[8] ; auch die Mohnpflanze, in der die Venus steht ist ein Symbol für den Tod.[9] Sogar die Venus selbst wird in Lexika als Personifikation des Vergänglichen gehandhabt.[10] Das Bild gibt so Spielraum für Gefühle; in diesem Fall Gefühle, die mit dem Tod verbunden sind. Doch zeugen gleichzeitig Rose und Lilie, als wiederblühende Pflanzen, und die Sonne am Kopf des Rahmens von der Auferstehung und bieten ebenso Raum für die hoffnungsvollen Gedanken über ein Leben nach dem Tod.
[...]
[1] vgl. Rebel, 2010, S. 189
[2] ebd.
[3] vgl. Stadler, 1994, S. 220-222
[4] Nasse, 1924, S. 54
[5] vgl. Biedermann, 2004, S. 261
[6] Zuffi, 2003, S. 66 f.
[7] vgl. Rebel, 2010, S. 189
[8] vgl. Biedermann, 2004, S. 162 f.
[9] vgl. Jensen, 1977, S. 127
[10] vgl. Biedermann, 2004, S. 459 f.
- Arbeit zitieren
- Tim Fischer (Autor:in), 2010, Philipp Otto Runge "Der Abend", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162735