Harold Mattingly bezeichnet die römischen Münzen als „newspapers of the day.“1 Mit dieser Formulierung setzt er die numismatischen Erzeugnisse jener Tagen parallel zu den modernen Massenkommunikationsmitteln. Woher rührt dieses Urteil und inwiefern trifft diese Gleichsetzung zu? Die emittierten römischen Münzen trugen im Normalfall auf der Vorderseite, dem Avers, das Porträt des jeweiligen Herrschers oder eines Familienangehörigen; auf der Rückseite, dem
Revers, waren unterschiedliche Motive verewigt. So konnte man dort architektonische Meisterwerke, Gottheiten und deren Tempel, zeitgenössische Szenen – von erfolgreichen Schlachten und abgehaltenen Triumphen – und vieles mehr sehen.2 Während der Münzavers
in der Regentschaft eines Kaisers weitgehend unverändert blieb, – natürlich wurden seine Titulatur und seine Physiognomie aktualisiert – unterlag der Münzrevers starken Veränderungen. Innenpolitische Reformen, außenpolitische Erfolge, soziale Veränderungen
und das alltägliche religiöse Empfinden prägten die Darstellungsweise. Dies führte im Laufe der Zeit zu einem umfangreichen Bildrepertoire, aus dem – je nach Anlass und tagespolitischer Situation – geschöpft werden konnte. Der dadurch entstandene Motiv- und Aussagereichtum war in der Tat dazu geeignet, die römischen Münzen aus heutiger Sicht als
zeitgenössisches Kommunikationsmittel zu verstehen. Dies gilt v.a. wenn man bedenkt, dass die Münzen seit jeher mit Bild und Schrift – also zwei zentralen kommunikativen Ausdrucksformen – arbeiten.3 Wenn man daran festhält, d.h. wenn man die numismatischen Erzeugnisse des Römischen Reiches als Tageszeitung verstehen will, stellt sich aber die Frage nach der Aussageabsicht dieses Mediums. Handelte es sich bei den römischen Reichsprägungen um Boulevard-Medien, die eher zur einseitigen Meinungsverbreitung und zur Propagierung vereinzelter Ansichten genutzt wurden oder handelte es sich um seriöse, kritisch-reflektierte Medien, die sich ernsthaft mit ihrer Umwelt und ihrer Zeit auseinandersetzten und die dabei sowohl positive als auch negative Aspekte in den Blick
nahmen? Erfüllten die römischen Prägungen also ideologisch propagandistische oder programmatisch-repräsentative Zwecke?
In den nachfolgenden Ausführungen soll anhand der numismatischen Zeugnisse zur Regentschaft Kaiser Marcus Aurelius´ eine Beantwortung dieser Fragen versucht werden [...].
Inhaltsverzeichnis
- 1. Tageszeitung der Antike - Münzen als Kommunikationsmittel
- 2. Das Leben Marcus Aurelius'
- 2.1. Die Jugend des Marcus Annius Verus
- 2.2. Die Designation unter Antoninus Pius
- 2.3. Die Jahre der Doppelherrschaft
- 2.4. Alleinherrschaft
- 2.5. Vom Aufstand des Avidius Cassius bis zum Tod des Kaisers
- 3. Die Reichsprägung unter Aurelius als antike Werbung? – Zwischen propagierter Beeinflussung und tradierter Programmatik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Leben Kaiser Marcus Aurelius anhand der römischen Reichsprägungen seiner Regierungszeit. Ziel ist es, die Funktion der Münzen als Kommunikationsmittel zu analysieren und zu ergründen, ob sie primär propagandistische oder programmatisch-repräsentative Zwecke erfüllten. Die Arbeit konzentriert sich auf ausgewählte Episoden aus dem Leben des Kaisers, um diese mit den entsprechenden Münzdarstellungen in Verbindung zu setzen.
- Römische Münzen als Kommunikationsmittel der Antike
- Das Leben und die Herrschaft Kaiser Marcus Aurelius
- Analyse der Reichsprägung unter Marcus Aurelius
- Die Rolle von Propaganda und Programmatik in der römischen Münzprägung
- Bewertung der Münzen als historische Quellen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Tageszeitung der Antike - Münzen als Kommunikationsmittel: Die Einleitung stellt die These auf, dass römische Münzen als "Tageszeitungen" ihrer Zeit fungierten, da sie durch Bild und Schrift aktuelle Ereignisse und politische Botschaften verbreiteten. Der Autor hinterfragt die Intention dieser Kommunikation: handelte es sich um einseitige Propaganda oder um eine differenziertere Darstellung der politischen und gesellschaftlichen Realität? Die Arbeit fokussiert sich auf die Münzen unter Marcus Aurelius, um diese Fragen zu beantworten, wobei die Einschränkung besteht, dass nicht alle Prägungen analysiert werden können. Die Lebensgeschichte des Kaisers dient als Rahmen für die Analyse ausgewählter Münzen.
2. Das Leben Marcus Aurelius': Dieses Kapitel, der Hauptteil der Arbeit, skizziert die Biographie Marcus Aurelius. Beginnend mit seiner Geburt und Jugend, wird sein Werdegang bis zu seiner Alleinherrschaft nachgezeichnet. Die Darstellung betont die frühzeitige Aufmerksamkeit Hadrians, die Adoption durch Hadrian und die politische Brisanz der Nachfolgeregelung, einschließlich der Adoption und des frühen Todes von Ceionius Commodus. Der Fokus liegt auf den politischen und familiären Verhältnissen, die seine Position prägten, und den Einfluss der stoischen Philosophie auf seine Erziehung und sein Leben.
Schlüsselwörter
Marcus Aurelius, Römische Reichsprägung, Münzen als Propaganda, Münzen als Kommunikationsmittel, Antike, Kaiserzeit, Numismatik, Stoa, Hadrian, Antoninus Pius, Avidius Cassius, Propaganda, Programmatik, Geschichtsquellenkritik.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse der Reichsprägung unter Marcus Aurelius
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert das Leben Kaiser Marcus Aurelius anhand der römischen Reichsprägungen seiner Regierungszeit. Das zentrale Thema ist die Funktion der Münzen als Kommunikationsmittel und die Frage, ob diese primär propagandistische oder programmatisch-repräsentative Zwecke erfüllten.
Welche Aspekte des Lebens von Marcus Aurelius werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet verschiedene Phasen des Lebens von Marcus Aurelius, beginnend mit seiner Jugend, über seine Designation unter Antoninus Pius, die Jahre der Doppelherrschaft, seine Alleinherrschaft bis hin zum Aufstand des Avidius Cassius und seinem Tod. Der Fokus liegt auf den politischen und familiären Verhältnissen, die seine Position prägten, und dem Einfluss der stoischen Philosophie.
Wie werden die römischen Münzen in dieser Arbeit betrachtet?
Römische Münzen werden als "Tageszeitungen" der Antike betrachtet, die durch Bild und Schrift aktuelle Ereignisse und politische Botschaften verbreiteten. Die Arbeit untersucht die Intention dieser Kommunikation und hinterfragt, ob es sich um einseitige Propaganda oder eine differenziertere Darstellung der politischen und gesellschaftlichen Realität handelte.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in drei Kapitel: Kapitel 1 behandelt die Münzen als Kommunikationsmittel der Antike. Kapitel 2 skizziert die Biographie Marcus Aurelius. Kapitel 3 analysiert die Reichsprägung unter Aurelius im Hinblick auf Propaganda und Programmatik.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Marcus Aurelius, Römische Reichsprägung, Münzen als Propaganda, Münzen als Kommunikationsmittel, Antike, Kaiserzeit, Numismatik, Stoa, Hadrian, Antoninus Pius, Avidius Cassius, Propaganda, Programmatik, Geschichtsquellenkritik.
Welche Methodik wird angewendet?
Die Arbeit verbindet die Analyse ausgewählter Münzdarstellungen mit der Biographie Marcus Aurelius. Es wird untersucht, wie Ereignisse aus dem Leben des Kaisers auf den Münzen dargestellt wurden und welche Botschaften damit vermittelt werden sollten.
Welche Einschränkungen gibt es bei der Analyse?
Die Arbeit kann nicht alle Prägungen analysieren, sondern konzentriert sich auf ausgewählte Episoden aus dem Leben des Kaisers und die dazugehörigen Münzdarstellungen.
Welche Schlussfolgerungen werden angestrebt?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Funktion der Münzen als Kommunikationsmittel zu analysieren und zu klären, ob sie primär propagandistische oder programmatisch-repräsentative Zwecke erfüllten. Die Bewertung der Münzen als historische Quellen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.
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- Daniel Meyer (Author), 2010, Das Leben Kaiser Marcus Aurelius´ im Spiegel der Reichsprägung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163253