„Die Menschen, die wir sein und werden wollen, die Menschen, die wir nicht werden dürfen“: Was wollen wir sein und werden? Was dürfen wir nicht werden? Heute haben wir bei vielen Entscheidungen in unserem Alltag eine grosse Freiheit. Aber wir haben auch oft die Qual der Wahl. Im ganzen Leben muss sich der Einzelne entscheiden, was er will und was nicht. Wir leben heute ein individuelles Leben und haben den Eindruck, wir seien autonom. Mit der Individualisierung unseres Daseins gestalten wir uns nach unseren Wünschen. Meistens wollen wir gute Menschen sein und nicht böse. Doch wir befinden uns in der ständigen Auseinandersetzung mit dem Bösen, mit dem, was wir nicht werden wollen und nicht werden dürfen. Die meisten von uns wollen keine Verbrecher sein, wollen nicht einen Bruch mit der Rechtsordnung. Vielleicht haben wir uns auch schon ertappt, dass wir in Gedanken zu Mördern geworden sind, wenn wir unsere Gegner mit Wonne beseitigen würden, sei es der Nachbar mit seinen „Macken“ oder der Chef mit seiner Pedanterie.
Im nachfolgenden Essay wird der Fragestellung „Menschen, die wir sein und werden wollen, die Menschen, die wir nicht werden dürfen“ anhand des Romans „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink nachgegangen. Es soll das Schuldigwerden, die Verantwortlichkeit und Moralität betrachtet werden. Im Roman wird dargestellt, wie Menschen oft durch banale Umstände schuldig werden können und die Schwierigkeit mit der jeweiligen Schuld umgehen zu können.
Die Moral ist sowohl für die Hauptfiguren Hanna wie auch für Michael etwas, das mit der Fähigkeit des Lesens und Schreibens im Zusammenhang gesehen werden muss. Die Werte, die das Tötungsverbot als oberstes Prinzip setzen, sind so lange nicht vorhanden, wie jemand von den Kulturtechniken abgeschnitten ist.
Der Analphabetismus steht so im Roman für die Unmündigkeit von Hanna.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Schuldfrage bei Hanna
- Die Schuldfrage bei Michael
- Mitleid mit Hanna als einem Mensch, der sie war und werden wollte, als Mensch, der sie nicht hätte werden dürfen?
- Die Menschen, die wir sein und werden wollen, die Menschen, die wir nicht werden dürfen - eine Illusion?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay befasst sich mit der Fragestellung „Menschen, die wir sein und werden wollen, die Menschen, die wir nicht werden dürfen“ anhand des Romans „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink. Im Mittelpunkt steht die Analyse von Schuld, Verantwortung und Moralität im Kontext der Geschichte. Der Roman zeigt, wie Menschen durch banale Umstände schuldig werden können und mit der Bewältigung ihrer Schuld kämpfen.
- Der Zusammenhang zwischen Moral und Bildung, insbesondere die Rolle des Analphabetismus als Symbol für Unmündigkeit.
- Die Frage der individuellen Schuld im Kontext des Holocaust und die Schwierigkeiten, mit dem eigenen Handeln und seinen Konsequenzen umzugehen.
- Die Bedeutung von Empathie und die Rolle von Emotionen in der moralischen Entscheidungsfindung.
- Die Ambivalenz von Liebe und Schuld, die in der Beziehung zwischen Michael und Hanna deutlich wird.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale Fragestellung des Essays vor und führt den Roman „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink als Untersuchungsgegenstand ein.
- Inhalt des Romans „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink (1997): Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die Handlung des Romans, fokussiert auf die Beziehung zwischen Michael und Hanna sowie die Entstehung und Entwicklung ihrer Liebe.
- Die Schuldfrage bei Hanna: Hier wird Hannas Rolle im KZ und ihre Verurteilung aufgrund ihrer Taten während des Krieges analysiert. Besonderes Augenmerk liegt auf ihrer Analphabetismus und der daraus resultierenden Unfähigkeit, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen.
- Die Schuldfrage bei Michael: Das Kapitel beleuchtet Michaels innere Konflikte, die zwischen seiner Liebe zu Hanna und seiner Abneigung gegenüber ihren Taten im KZ entstehen. Michaels Umgang mit der Schuldfrage und die Auswirkungen auf sein Leben werden diskutiert.
- Mitleid mit Hanna als einem Mensch, der sie war und werden wollte, als Mensch, der sie nicht hätte werden dürfen?: Die Frage nach dem Mitleid mit Hanna wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Die Komplexität ihrer Persönlichkeit und die Frage, ob sie als Opfer der Umstände oder als verantwortungsbewusste Täterin zu betrachten ist, werden erörtert.
Schlüsselwörter
Schuld, Verantwortung, Moral, Analphabetismus, Bildung, Holocaust, KZ, Liebe, Empathie, Mitleid, individuelle Verantwortung, „Der Vorleser“, Bernhard Schlink.
- Quote paper
- Franz Ludin (Author), 2010, Die Menschen, die wir sein und werden wollen, die Menschen, die wir nicht werden dürfen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163349