Moderne Internettechnologien im internen und externen Einsatz bei Banken

Eine Analyse zum Status quo und künftigen Entwicklungen


Wissenschaftliche Studie, 2008

185 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation für die Diplomarbeit
1.2 Zielsetzung der Arbeit und Formulierung der Forschungsfrage
1.3 Aufbau der Diplomarbeit

2 Eigenschaften und Merkmale von Web 2.0
2.1 Problematik der Begriffsdefinition und -eingrenzung
2.2 Begriffsentstehung – Der Weg zum Web 2.0
2.3 Technologische und gesellschaftliche Entwicklung
2.4 Typologie der Web 2.0-Nutzer
2.5 Web 2.0 Prinzipien

3 Web 2.0 Technologien und Anwendungen
3.1 Die anwenderorientierte Sicht auf Web 2.0
3.1.1 Weblogs
3.1.2 Wikis
3.1.3 Social Tagging und -Bookmarking
3.1.4 Social Networking
3.1.5 Podcasting
3.1.6 Instant Messaging
3.2 Die technische Sicht auf Web 2.0
3.2.1 Ajax
3.2.2 RSS
3.2.3 Mashups

4 Organisationsinterner Einsatz von Web 2.0
4.1 Teamorientiertes Arbeiten und Koordination
4.2 Kontaktmanagement und Expertensuche
4.3 Dialogorientiertes Informationsmanagement
4.4 Wissensverbreitung
4.5 Personalmanagement
4.6 Herausforderungen

5 Web 2.0 an der Schnittstelle zum Kunden
5.1 Marktmacht der Kunden als Chance begreifen
5.2 Kundenbedürfnisse identifizieren und verstehen
5.3 Interaktive Kundenansprache
5.4 Kundenbindung durch Kundennähe
5.5 Usability Optimierung des Internetauftritts
5.6 Kritische Faktoren für ein Web-Engagement

6 Expertenumfrage unter Finanzdienstleistern
6.1 Umfragedesign und Aufbau
6.2 Durchführung der Datenerhebung
6.3 Datengrundlage
6.4 Ergebnisse der Studie
6.4.1 Einsatz von Web 2.0 an der Kundenschnittstelle
6.4.2 Organisationsinterner Einsatz von Web 2.0
6.4.3 Web 2.0 Anwendungen – eine allgemeine Einschätzung
6.5 Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse

7 Zusammenfassung
7.1 Fazit
7.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang
a) Ergänzende Abbildungen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1 – Kriterienerfüllung in Prozent bei den Web 2.0-Funktionen [Bahlinger 2008]

Abb. 1.2 – Aufbau der Diplomarbeit

Abb. 2.1 – Sozio-technische Entwicklungen formen das Web 2

[Kolo/Eicher 2006, S.5]

Abb. 2.2 – Aufrufhäufigkeit des Begriffs Web 2.0 in GoogleTrends [GoogleTrends, 2007]

Abb. 2.3 – Aufkommen gängiger, dem Begriff Web 2.0 zurechenbarer

Begriffe [Garcia 2006]

Abb. 2.4 – Mindmap zum Thema Web 2.0 [Angermeier 2006]

Abb. 2.5 – Zwei-Dimensionen-Matrix [Trump et al. 2007, S.9]

Abb. 2.6 – Zusammenhänge im Web 2.0; i. A. a. [Koch/Richter 2007, S.5]

Abb. 2.7 – Titel des Time Magazine vom 25. Dezember 2006

Abb. 2.8 – Motivstrukturen des Web 2.0; i. A. a. [Kreutzer 2007, S. 281]

Abb. 2.9 – Typologie der Web 2.0-Nutzer [Trump et al. 2007, S.10]

Abb. 3.1 – Zuwachsrate der weltweiten Anzahl an Weblogs [Sifry 2006]

Abb. 3.2 – Artikelwachstum der deutschsprachigen Wikipedia

[Wikipedia 2008a]

Abb. 3.3 – Tag Cloud der Webseite Spiegel Online [SpiegelOnline 2008]

Abb. 3.4 – Kontaktverwaltung im WWW durch bekannte Netzwerke

[Richter/Koch 2007, S.27]

Abb. 4.1 – Das „Social Software Dreieck“; i. A. a. [Schmidt 2006, S. 37-46]

Abb. 4.2 – Nutzung von IM in der IBM Corporation;

i. A. a. [Koch 2007, S. 79]

Abb. 4.3 – Wissensverteilung in einem Unternehmen [Schütt 2003, S.10]

Abb. 4.4 – Aufwand für das Finden, Verstehen und Verarbeiten von Wissen

i. A. a. [Prange 2002, S.174]

Abb. 4.5 – Weblogs und Wikis als Mischform der Kommunikation

i. A .a. [Herring et al. 2004, S.10]

Abb. 4.6 – Organisationsinternes Wiki der Deutschen Bank

[Lourenco 2007, S.9]

Abb. 4.7 – Kommunikationsorientierte Klassifikation von Wikis;

i.A.a [Fuchs-Kuttowski/Köhler 2005, S.76]

Abb. 4.8 – Ideenmanagement „dbInspire“ der Deutschen Bank

[Lourenco 2007, S.16]

Abb. 4.9 – Organisationsinternes Tagging/Bookmarking

der Deutschen Bank [Lourenco 2007, S.12]

Abb. 4.10 – Einsatzmöglichkeiten von Corporate Blogs;

i. A. a. [Zerfaß/Boelter 2005, S.127]

Abb. 4.11 – Organisationsinternes Weblog der Deutschen Bank

[Lourenco 2007, S.15]

Abb. 4.12 – Organisationsinternes Forum der Deutschen Bank

[Lourenco 2007, S.13]

Abb. 5.1 – Die vier Bereiche des Customer Relationship Managements

i. A. a. [Knappe/Kracklauer 2007, S. 127 f.]

Abb. 5.2 – Quellen, denen deutsche Web-User vertrauen;

i. A. a. [Heng 2007a, S.1]

Abb. 5.3 – Startseite der Small Business Online Community

der Bank of America

Abb. 5.4 – “Join2Grow Community” der Fortis Gruppe [Join2Grow 2008b]

Abb. 5.5 – Startseite der Stagecoach Island Community von Wells Fargo

Abb. 5.6 – Career Center der SIOC von Wells Fargo

Abb. 5.7 – „Move Out - Move Up“-Internetplattform der ING Direct

[ING Direct 2008]

Abb. 5.8 – Präsenz der Deutschen Bank „Q110“ in „Second Life“

[Holl 2007, S.1]

Abb. 5.9 – „The Student LoanDown – Weblog“ von WF

Abb. 5.10 – Weblog der Sparkasse Nürnberg

Abb. 5.11 – Mashup der DKB Bank (Geldabheben im Ausland).

Abb. 5.12 – Online-Beratung via Live Chat bei der DEVK Versicherung

Abb. 5.13 – Podcasts zur Kundeninformation

Abb. 5.14 – Vodcasts zur Kundeninformation bei der

Conrad Hinrich Donner Privatbank

Abb. 5.15 – Online Banking Zugang über die Plattform Facebook

[Keypoint CU 2007]

Abb. 5.16 – Postbank Filialfinder als Mashup realisiert

Abb. 5.17 – Dow Jones-Verlauf als Interaktives Chart im Finanzportal GoogleFinance

Abb. 5.18 – TagClouds bei Cortal Consors (links) bzw. bei der

Bank of America (rechts)

Abb. 6.1 – Zugehörige Branche bzw. Bankentyp der Umfrageteilnehmer

Abb. 6.2 – Potential der Anwendungen für den Einsatz

in der Internetpräsenz

Abb. 6.3 – Einsatz von Web 2.0 Anwendungen bei den teilnehmenden Unternehmen

Abb. 6.4 – Potentialeinschätzung für die beiden Weblog Grundtypen

Abb. 6.5 – Zustimmung zu vordefinierten Aussagen bzgl. des

Einsatzes von Weblogs

Abb. 6.6 – Gründe/Ziele für den Einsatz von Weblogs

in der Internetpräsenz

Abb. 6.7 – Gründe/Ziele für den Einsatz von Communities

Abb. 6.8 – Zustimmung zu vordefinierten Aussagen bzgl. des

Einsatzes von Communities

Abb. 6.9 – Potentialeinschätzung zu Online Banking in bestehenden Communities

Abb. 6.10 – Potentialeinschätzung für den Einsatz von Mashups

Abb. 6.11 – Gründe gegen den Einsatz von Mashups

Abb. 6.12 – Gründe gegen den Einsatz von Bookmarking/Tagging

Abb. 6.13 – Potentialeinschätzung für den Einsatz von Live Chats

Abb. 6.14 – Gründe gegen den Einsatz von Live Chats

Abb. 6.15 – Potentialeinschätzung für Text-, Sprach- und Videonachrichten

Abb. 6.16 – Investitionsvorhaben der einzelnen Institute

Abb. 6.17 – Potential der Anwendungen für den innerbetrieblichen Einsatz

Abb. 6.18 – Einsatz von Web 2.0 Anwendungen bei den teilnehmenden Unternehmen

Abb. 6.19 – Mitarbeiterakzeptanz für ausgewählte Web 2.0 Dienste

Abb. 6.20 – Gründe/Ziele für die innerbetr. Einführung von Weblogs

Abb. 6.21 – Gründe gegen die innerbetr. Einführung von Weblogs

Abb. 6.22 – Gründe/Ziele für die innerbetr. Einführung

von Instant Messaging

Abb. 6.23 – Gründe gegen die innerbetr. Einführung von Instant Messaging

Abb. 6.24 – Gründe/Ziele für die innerbetr. Einführung von Wikis

Abb. 6.25 – Gründe gegen die innerbetr. Einführung von Wikis

Abb. 6.26 – Einsatz von Web 2.0 zur Unterstützung der Teamarbeit

Abb. 6.27 – Einsatz von Web 2.0 zur Unterstützung der Wissensverbreitung

Abb. 6.28 – Einsatz von Web 2.0 zur Unterstützung des Kontaktmgmts/Expertensuche

Abb. 6.29 – Einsatz von Web 2.0 zur Unterstützung der Koordination

Abb. 6.30 – Investitionsvorhaben der einzelnen Institute

Abb. 6.31 – Umgang der Institute mit Web 2.0 Anwendungen

Abb. 6.32 – Peer-to-Peer-Kredite als Nischenerscheinung

Abb. 7.1 – Anstieg der Breitband-Nutzerzahlen [eMarketer 2007]

Abb. 7.2 – Breitbandpenetration (in Prozent) in den G7- Staaten

[OECD 2006]

Abb. 7.3 – Verbreitung von Computern und Internetnutzern in Mio

i. A. a. [Graumann 2006, S.283]

Abb. 7.3 – Podcast-Nutzerzahlen in den USA in Mio. [Bridge Rating 2006]

Abb. 7.4 – Klassisches Modell einer Web-Anwendung [Garret, 2005]

Abb. 7.5 – Ajax-Modell einer Web-Anwendung

(asynchrone Datenübertragung) [Garret 2005]

Abb. 7.6 – Typologie der Blognutzer in Deutschland

[Zerfaß/Bogosyan 2007, S.7]

Abb. 7.7 – Bilanzsumme der umfragebeteiligten Finanzinstitute

Abb. 7.8 – Mitarbeiterzahl der umfragebeteiligten Finanzinstitute

Abb. 7.9 – Eingesetzte Weblog-Typen bei den umfragebeteiligten Unternehmen

Abb. 7.10 – Potentialeinschätzung für die verschiedenen Community-Typen

Abb. 7.11 – Potentialeinschätzung für Banking Services in bestehenden Communities

Abb. 7.12 – Potentialeinschätzung für Social Tagging bzw. - Bookmarking

Abb. 7.13 – Potentialeinschätzung für den innerbetr. Einsatz von Weblogs

Abb. 7.14 – Potentialeinschätzung für den innerbetr. Einsatz von Wikis

Abb. 7.15 – Potentialeinschätzung für den innerbetr. Einsatz von Mashups

Abb. 7.16 – Potentialeinschätzung für den innerbetr. Einsatz von Instant Messaging

Abb. 7.17 – Potentialeinschätzung für den innerbetr. Einsatz von Bookmarking/Tagging

Abb. 7.18 – Potentialeinschätzung für den innerbetr. Einsatz

von RSS-Feeds

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1 – Evolutionsstufen des World Wide Web [Arlt 2006, S.25]

Tabelle 4.1 – Unterscheidungsmerkmale für Medien nach der

Media Synchronicity Theory; i. A. a. [Koch 2007, S.123 f.]

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Web 2.0 ist ein Konzept, eine Methode, ein Gedanke, vielleicht ein Plan. Ganz vielleicht sogar eine Philosophie. Es hat mit Offenheit zu tun, mit Vertrauen, mit Authentizität, mit Kollaboration, damit, dass wir im Netz in der Summe eben mehr sind.“ [Sixtus 2005]

Die Welt und mit ihr das World Wide Web befinden sich im Wandel. „Informationen in Form von Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts, das jedem Internet Teilnehmer zugänglich ist“ [Beckert 2007, S.1 f.]. Dabei ist festzustellen, dass sich im Netz eine neue Kultur herausbildet – nicht mehr die business-orientierten Schlagwörter der New Economy sind bestimmend, sondern Vertrauen, Reputation und Authentizität, so dass bereits von einer „soziale[n] Rückeroberung des Netzes“ gesprochen wird. Mobilität und Kreativität sind die Stichwörter einer Zeit, in der Daten und Content beinahe uneingeschränkt, immer und überall verfügbar sind. „Mitmachen ist [dabei] die neue Devise des Internet“ und Web 2.0 ist in diesem Zusammenhang zum Modewort und Inbe-griff einer veränderten, neuen Art der Internetnutzung geworden [Borchert 2006; O`Reilly 2005a].

Auch wenn der Begriff bereits seit drei Jahren durch das Internet kursiert, fällt es schwer, Web 2.0 zu definieren und einzugrenzen. Fest steht jedoch, dass trotz anfänglichen Misstrauens der Begriff Web 2.0 nicht mehr als kurzfristiger Trend und Marketing-Phrase aufzufassen ist, sondern den Wendepunkt in einer neuen Epoche des Internets darstellt. Dabei ist Web 2.0 keinesfalls nur als Schlagwort aufzufassen und auch nicht Gegenstand einer mit dem Jahr 2001 vergleichbaren Internetblase. Laut seinem Namensgeber Tim O`Reilly, stellt Web 2.0 vielmehr einen Wendepunkt dar und ist zum Grundbegriff einer Entwicklung geworden. Ein gesellschaftliches Phänomen, das, im Gegensatz zur „Dotcom – Ära“, von jedem einzelnen Internetnutzer mit bestimmt und mit getragen wird. Möglich gemacht nicht nur durch den technischen Fortschritt, sondern vor allem durch eine Weiterentwicklung des Webumfelds. Mit Hilfe eines wachsenden Spektrums von Anwendungen hat sich das Internet demokratisiert und seine Nutzer emanzipiert. Sie haben verstanden, dass sie nun Teil des Netzes sind und dieses mitgestalten können und sollen. Dieser veränderte Blickwinkel hat durch seine Einfachheit ein Tor geöffnet, das es ihnen möglich macht, persönliche Daten und Meinungen zu publizieren und damit ihrer Stimme öffentlich Gewicht zu verleihen. Inhalte, Personen, Beziehungen und Bewertungen werden „sichtbar“ gemacht, wobei der individuelle Internetnutzer sich und sein Wissen in nie da gewesener Fülle und Offenheit der Gemeinschaft zur Verfügung stellt. Nicht wenige erkaufen ihr Bedürfnis nach Selbstdarstellung, indem sie gar vertrauliche und persönliche Daten veröffentlichen. Um dieses beschriebene, „neue Netzverständnis“, gerecht abzubilden muss man die Entwicklung und Eigenheiten des Web 2.0 verstehen.

Im einleitenden Zitat spricht Sixtus M. von Offenheit, Vertrauen und Kollaboration. In Web 2.0 sind die Beiträge mehr als die Summe ihrer Teile. Dies ist das neue Gesicht des Internets, die neue Philosophie, die in Web 2.0 einen Namen findet. Tim O`Reilly bringt dies auf den Punkt, indem er sagt: „Maybe one day my grandson asks me what web 2.0 is. I guess I`ll say: Web 2.0 was the moment when we stopped using computers and started using the Internet.” Er sieht Web 2.0 regelrecht als soziale Revolution, hervorgerufen durch die „neue Plattformfähigkeit des Internets“. [O`Reilly 2006] Das Internet als Plattform gibt seinen Nutzern Raum zur Kreativität und Entfaltung und veranlasst die Unternehmen zum Umzudenken. O`Reilly sieht diese in der Pflicht, indem er anmahnt: „Web 2.0 is an attitude, not a technology.“ [O`Reilly 2005b] Firmen müssen sich daher vergegenwärtigen, dass es bei Web 2.0 weniger um den Einsatz einer neuen Technologie, sondern vielmehr um neue Denkansätze geht, die die Unternehmenskultur verändern werden.

Wie von den Verfassern des berühmten „Cluetrain Manifesto“ prophezeit, wird durch die neuen Möglichkeiten das klassische Sender-Empfänger-Kommuni-kationsmodell aufgebrochen, was zu einer Machtverschiebung in Richtung des Konsumenten führt [Levine et al. 2001]. Interaktive Mediennutzer begnügen sich schon längst nicht mehr ausschließlich mit der Rolle des passiven Informationskonsumenten. Vernetzte Konversationen statten die Internetnutzer und potentiellen Kunden mit einer neuen Macht aus, die diese nutzen können, um sich über die Unternehmen, deren Produktportfolio und Reputation, sowie Neuigkeiten zu Produkten, Leistungen und Services, zu informieren. Die Konsumenten wissen teilweise mehr über die einzelnen Produkte als die Unternehmen selbst und teilen dieses Wissen via Internet zahlreichen anderen Kunden mit. [Schwarz/Braun 2006, S.184 f.] Denn nichts ist authentischer als die Meinung eines anderen unabhängigen Kunden. Diese Kommunikationsmacht des Einzelnen führt bei Untätigkeit der Unternehmen auch dazu, dass sich Falschmeldungen und Verleumdungen wie ein „Virus“ im Netz verbreiten [Griffel 2007, S.51-54]. Web 2.0 ist dabei Ausdruck einer Veränderung, die sich auf das gesellschaftliche Verhalten auswirkt und Unternehmen sind gut beraten, die sich bietenden Möglichkeiten zu nutzen und sich eingehend mit dem Wandel der Kommunikations- und Kundenbedürfnisse zu beschäftigen. Denn zum einen verändern die Möglichkeiten des „neuen Internets“ die Bedingungen in der Kommunikation mit dem Kunden und zum anderen eröffnen sie Potentiale in den Bereichen internes Wissensmanagement, Datenbeschaffung und

–verteilung sowie Kollaboration innerhalb der Unternehmenskommunikation. Laut Matt Nelson, einem Analysten der Towergroup, werden nur diejenigen Unternehmen einen Marktvorsprung haben, die gelernt haben, das Wissen der Belegschaft, der Kunden und der Partner effektiv zu nutzen. So bietet ein offener Umgang mit Web 2.0 die Chance, auf die prämediale Öffentlichkeit zu reagieren, denn „ die Blogeinträge von heute sind oft die Zeitungsartikel von morgen“ [Herrmann 2007, S.11 f.].

Wie eine Studie des Beratungsunternehmens WG-Data aufzeigt, schöpfen aber gerade Finanzdienstleister dieses Potential jedoch bislang nur am Rande und höchst ineffizient aus. Dabei ließe sich auf der Basis einer gut durchdachten Strategie gerade aus Marketing- und Vertriebsgesichtspunkten ein deutlicher Mehrwert erzielen. [WG-Data 2007] Wie aus einer kürzlich veröffentlichten Trendstudie der Deutschen Bank hervorgeht, ist sich die Branche einig, dass durch Web 2.0 „eine neue Ära der Kommunikation“ eingeleitet wird, die die IT-Nutzung sowohl organisationsintern wie nach außen an der Schnittstelle zum (potentiellen) Kunden grundlegend verändern wird. Jedoch wird darauf verwiesen, dass eine konkrete und detaillierte Umsetzung mit einem Umdenken in der oftmals konservativen Unternehmenskultur einhergehen muss. [Heng 2007b]

Finanzdienstleister sollten die Möglichkeiten von Web 2.0 nutzen und sowohl ihren Kunden, als auch ihren Mitarbeitern Zugang zu allen Kommunikationswegen bieten. So werden Gartner Research zufolge 75% der Finanzdienstleister bis 2012 neue Web-Dienste einsetzen, um Kunden wie Mitarbeiter noch stärker emotional an das Unternehmen und dessen Produkte heranzuführen und zu binden. [Fügemann 2007] Gelingt es den Finanzdienstleistern, auf diesen modernen Typ des medialen Konsumenten ein- und zuzugehen, sind sie in der Lage, außerordentlich positive kommunikative Effekte entstehen zu lassen. [Schwarz/Braun 2006 S.184] Allerdings könne laut einer Umfrage am Kompetenzzentrum Finanzen der Georg-Simon-Ohm-Hochschule in Nürnberg, Web 2.0 nur dann zu einem Mehrwert führen, wenn die Finanzdienstleister gewillt seien, ihre „hierarchischen Unternehmenskulturen“ zu hinterfragen und auf die neuen Technologien und Anwendungen abzustimmen. Für eine erfolgreiche Integration von Web 2.0 Diensten in die Unternehmenskultur ist es für Finanzdienstleister zudem unabdingbar, sich über die einhergehenden Risiken in Form von Reputations- und Kontrollverlusten klar zu werden und Richtlinien sowie Standards im Umgang mit derartigen Anwendungen zu etablieren. Denn letzt-lich, so bezeichnet es Dr. Heng, Senior Economist der Deutschen Bank, treffend, sei es besser, die Kunden „reden mit uns, als sie reden über uns.“

Abgeleitet aus diesen Hintergründen und der Ausgangssituation, dass Web 2.0 Dienste sowohl im Innen-, als auch im Außenverhältnis der Finanzdienstleister trotz der vorhandenen Potentiale nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden, beinhalten die folgenden beiden Abschnitte die Beweggründe und die Aufgabenstellung für diese Arbeit.

1.1 Motivation für die Diplomarbeit

„Unternehmen, die nicht begreifen, dass ihre Märkte von Mensch zu Mensch vernetzt sind, das Gespräch suchen und dabei immer intelligenter werden, verpassen vielversprechende Chancen.“ Cluetrain-Manifest, These 18 [Levine et al. 2001]

In Anlehnung an die 18. These des berühmten Cluetrain-Manifest mahnen die Analysten von Gartner und Forrester Research: „Europas Firmen verschlafen Web 2.0.“ [Computerwoche 2006, Young 2008] Die Unternehmen sollen schleunigst aktiv werden, um den Trend der „neuen Web Generation“ nicht zu verpassen. Sie sind gefordert, die Auswirkungen von Web 2.0 auf ihre Branchen und Geschäftsmodelle zu untersuchen und sich über die einhergehenden Potentiale und Risiken bewusst zu werden. Denn nach der Beratungsgesellschaft Arthur D. Little, handelt es sich bei Web 2.0 keinesfalls um einen kurzlebigen Trend, sondern um eine der wichtigsten „key technologies“ der nächsten zehn Jahre [Morath et al. 2006, S.3]. Laut den o.g. Studien von Forrester Research und Gartner Research eignen sich die Web 2.0 Technologien in erster Linie für die Wirtschaftszweige, die von einer Vielzahl von Interaktionen mit Endkunden geprägt sind, was insbesondere auf die hier zu untersuchende Branche der Finanzdienstleister zutrifft. Diese zeigt sich jedoch bislang äußerst konservativ und zurückhaltend, wenn es um die Kommunikation mit Kunden und anderen Internetnutzern via Web 2.0 geht

So ist festzustellen, dass Finanzdienstleister laut einer aktuellen Benchmark-Analyse der Georg-Simon-Ohm-Hochschule in Nürnberg durchschnittlich nur 5% der möglichen Potentiale im Themenbereich Web 2.0 nutzen. Die Studie weist im Weiteren darauf hin, dass diese Dienste in Deutschland derzeit vernachlässigt werden und „ausländische Institute in diesem Bereich einen Vorsprung besitzen“ (s. Abbildung 1.1).“ [Bahlinger 2007]

Abb. 1.1: Kriterienerfüllung in Prozent bei den Web 2.0-Funktionen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Bahlinger 2008]

Dabei weisen einige Praxisbeispiele bei deutschen Finanzinstituten durchaus großes Potential auf und beweisen, dass mit Hilfe eines abgestimmten Einsat-zes von Web 2.0 auch bei Anbietern von Finanzdienstleistungen persönliche Ansprachen und Beratungen im Vertriebskanal Internet kundennäher realisierbar sind. Finanzdienstleister können auf diese Weise ihre Webauftritte im Markt differenzieren und den Aufbau von Kundenbeziehungen durch Pull-Marketing fördern. [Bahlinger 2008]

Setzen Finanzinstitute Web 2.0 an der Kundenschnittstelle sehr zögerlich ein, so beginnen sie unternehmensintern hingegen, das Potential und den Nutzen von Web 2.0 Anwendungen mehr und mehr zu erkennen und zunehmend auszuschöpfen. So halten laut dem Marktforschungsunternehmen Berlecon Research nutzergesteuerter Informationsaustausch und die vernetzten Wissensstrukturen, die durch Web 2.0 Technologien und –Anwendungen ermöglicht werden, auch allmählich Einzug in die innerbetrieblichen Prozesse und tragen zu einer Steigerung des Workflows bei [Berlecon Research 2007]. Konsequenterweise haben einige innovative Finanzdienstleister bereits den kollaborativen Charakter von Web 2.0 erkannt und bieten ihren Mitarbeitern moderne Kommunikationsmittel wie Wikis, Blogs oder Foren zur Förderung des Wissensaustausches an. Finanzdienstleister, die gewillt sind, Web 2.0 Dienste in ihre Unternehmenskultur einzubetten, machen sich auf diese Weise unmittelbar mit den Prinzipien des Web 2.0 vertraut. Sie gewinnen durch diesen Schritt nicht nur an Erfahrung im Umgang mit den innovativen Diensten im organisationalen Wissensmanagement, sondern erlangen zudem wertvolle Erkenntnisse, wie sich derartige Anwendungen zur Interaktion mit Interessenten, Kunden und Partnern einsetzen lassen.

Um einen umfassenden Überblick der Einsatzmöglichkeiten von Web 2.0 bei Finanzdienstleistern zu erhalten sollen in dieser Arbeit beide Seiten betrachtet werden, die Möglichkeiten des organisationsinternen Einsatzes von Web 2.0 Diensten, zur Unterstützung des Wissensmanagements und der Unternehmenskommunikation, und der Einsatz dieser Dienste an der Schnittstelle zum Kunden.

Dabei ist der Titel der Diplomarbeit „Moderne Internettechnologien im internen und externen Einsatz bei Finanzdienstleistern“ kritisch zu interpretieren. Denn es ist offensichtlich, dass die Bankenbranche bislang nur äußerst zurückhaltend gewillt ist, den positiven Beispielen anderer Branchen zu folgen.

Nachdem nun die Hintergründe und Beweggründe für diese Arbeit erläutert wurden, geht der nächste Abschnitt näher auf die Aufgabenstellung und die Zielsetzungen dieser Arbeit ein.

1.2 Zielsetzung der Arbeit und Formulierung der Forschungsfrage

Die allgemeine Zielsetzung der vorliegenden Arbeit besteht darin, die Einschätzungen der Finanzdienstleister bezüglich des heutigen und zukünftigen Einsatzes von Web 2.0 Anwendungen und Technologien in ihrer Branche aufzuzeigen und zu interpretieren. Inhaltlicher Schwerpunkt der Diplomarbeit ist dabei eine strategische Analyse der Möglichkeiten und Chancen, sowie der Risiken und Grenzen des Einsatzes von Web 2.0 im Umfeld der Finanzdienstleister. Betrachtet wird hierfür sowohl der organisationsinterne, als auch der externe Einsatz dieser neuen Kommunikationsformen zur Verbesserung des Wissensmanagements beziehungsweise der Interaktion mit (potentiellen) Kunden über das Internet. Auf dieser Basis soll die Forschungsfrage der Arbeit definiert werden, die ein grundlegendes Verständnis der Erkenntnisziele bzw. des Erkenntnisgegenstandes vermittelt.

Forschungsfrage: Wie können Kreditinstitute, unter Berücksichtigung der Risiken, die innerbetrieblich erlangten Erkenntnisse und Erfahrungen über den Einsatz von Web 2.0 Anwendungen nutzen, um diese auch an der Schnittstelle zum Kunden einzusetzen?

Anhand von branchenübergreifenden Beispielen und Fallbeispielen baut die Arbeit ein Verständnis für den zielorientierten und durchdachten Einsatz von Web 2.0 Anwendungen auf. Im Focus der Untersuchung liegen, wie in Abschnitt 1.1 ausführlich geschildert, die beiden o.g. Sichtweisen auf die Verwendung von Web 2.0. Auf technische Aspekte der einzelnen Web 2.0 zugehörigen Technologien wird dabei nur am Rande eingegangen.

Die Arbeit zeigt auf der einen Seite mögliche innerbetriebliche Einsatzfelder

derartiger Dienste bei Finanzdienstleistern auf. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht die Web 2.0 gestützte Weiterentwicklung des Wissens-, Informations- und Kontaktmanagements, sowie die Koordinationsunterstützung und Expertensuche. Die Erfahrungen des internen Einsatzes helfen, sich mit den Prinzipien des Web 2.0 vertraut zu machen. Risiken und Reputationsverluste, wie Rufschädigungen, können hierdurch besser eingeschätzt werden, um so Richt-linien und Standards im Umgang mit derartigen Diensten zu entwickeln und zu etablieren.

Auf der anderen Seite können organisationsintern erlangte Kenntnisse genutzt werden, um die neuen Kommunikationsformen, auch als Marketing- und Kommunikationsinstrument, zur Interaktion mit den Kunden anzubieten. Ziel ist es, das Potential der Dienste im Umfeld der Finanzdienstleister kritisch zu betrachten und mit den Risiken abzuwägen. Denn die bei Banken notwendigen regulatorischen Anforderungen, sowie die von Kunden erwartete Diskretion und Professionalität, sind teilweise diametral zur notwendigen, offenen Unternehmenskultur im Web 2.0.

In einem dritten Untersuchungsansatz wird aus der Verbindung der ersten beiden Schritte mit Hilfe einer Online-Experten-Befragung abgeleitet, wie sich die Bankensicht bzgl. des heutigen und zukünftigen Einsatzes von Web 2.0 Anwendungen darstellt.

Adressaten der Diplomarbeit

Die Zielgruppen dieser Arbeit sind vor allem CIO`s (Chief Information Officers) sowie Strategie- und Marketing-Beauftragte für das Web-Engagement der Finanzdienstleister. Aber auch für Unternehmen, die nicht unmittelbar dem Finanzdienstleistungssektor zugeordnet werden, soll diese Arbeit interessante Aspekte auf dem Gebiet der „neuen Web Generation“ liefern und diskutieren. Auch wenn ein Teil der Arbeit speziell am Praxisbeispiel der Finanzbranche erarbeitet wurde, liefern die Ergebnisse dennoch wichtige Erkenntnisse, die auch in anderen Branchen genutzt werden können.

Zu guter Letzt strebt diese Arbeit auch die Vertiefung und Fortführung der Diskussion im Bereich der Intra- und Internetnutzung als Werkzeug der Zusammenarbeit und Kundennähe an und soll daher auch Wissenschaftler und Studenten sowie alle, die sich mit der „neuen Generation“ von Web-Anwendungen beschäftigen, ansprechen.

Im folgenden Abschnitt wird nun kurz der Aufbau der Arbeit beschrieben.

1.3 Aufbau der Diplomarbeit

Nach dieser kurzen Einführung in die Thematik werden im zweiten Kapitel die Prinzipien und Merkmale von Web 2.0 Anwendungen und Technologien be-sprochen. Um ein Verständnis für den Begriff zu erlangen wird dabei näher auf die Entwicklung des WWW und die veränderte Nutzung des Mediums durch die Internetgemeinde eingegangen.

Um die Potenziale, Trends und Risiken von Web 2.0 überschaubar zu behandeln, wird in Kapitel drei („Web 2.0 Anwendungen und Technologien“) eine klare Definition der einzelnen Dienste vorgenommen. Diese Vorgehensweise ist nötig, um in einem nächsten Schritt die im Umfeld von Finanzdienstleistern relevanten Anwendungen herauszuarbeiten.

Das vierte Kapitel beschäftigt sich, aufbauend auf die in Kapitel drei vorgestellten Dienste, mit den organisationsinternen Einsatzmöglichkeiten. Mit Hilfe einer Status Quo Untersuchung werden die einzelnen Anwendungen verschiedenen Themenschwerpunkten zugeordnet und anhand von Fallbeispielen (Best Practices) vorgestellt.

Die Einsatzmöglichkeiten von Web 2.0 Anwendungen und Technologien ist auch der Ausgangspunkt für das fünfte Kapitel. Im Gegensatz zu den innerbe-trieblich erlangten Kenntnissen zu den Einsatzmöglichkeiten der vorgestellten Dienste, behandelt dieses Kapitel den Einsatz von Web 2.0 an der Schnittstelle zum Kunden. Der Trend Web 2.0 wird dabei durch aktuelle Best Practices bei Finanzdienstleistern vorgestellt und kritisch beleuchtet.

Die im vierten und fünften Kapitel erlangten Erkenntnisse dienen als Basis für die unter Finanzdienstleistern durchgeführte Expertenumfrage. Im sechsten Kapitel sollen die Ergebnisse dieser Umfrage interpretiert werden, um einen Überblick über die aktuelle Resonanz der Banken auf die „neue Generation“ von Web-Anwendungen im Umfeld von Finanzdienstleistern zu erhalten.

Das abschließende siebte Kapitel fasst die Inhalte und Ergebnisse dieser Arbeit zusammen und bietet ein abrundendes Fazit. Ein kurzer Ausblick weist zudem auf kommende Herausforderungen und Entwicklungen hin.

Die folgende Grafik (Abbildung 1.2) dient zur übersichtlichen Darstellung der einzelnen Kapitel und zur Verdeutlichung der Kernpunkte.

Abb. 1.2: Aufbau der Diplomarbeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigene Darstellung

Der folgende Abschnitt soll helfen ein ganzheitliches Bild vom Internet Phänomen Web 2.0 zu erlangen. Hierzu werden nach einer Begriffsdefinition die Eigenschaften und Merkmale sowie der Weg vom sogenannten Web 1.0 hin zum Web 2.0 thematisiert.

2 Eigenschaften und Merkmale von Web 2.0

2.1 Problematik der Begriffsdefinition und -eingrenzung

Das Web 2.0 entwickelt sich, wie in Abbildung 2.1 verdeutlicht, aus dem Zusammenwirken technischer Entwicklungen, neuer Anwendungen und einer veränderten Internet-Nutzung.

Abb. 2.1: Sozio-technische Entwicklungen formen das Web 2.0

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigene Darstellung i. A. a. [Kolo/Eicher 2006, S.5]

In Anbetracht der Vielfältigkeit der involvierten Themengebiete lässt sich erschließen, dass es sich bei „Web 2.0“ um ein Thema von bereichsübergreifender Bedeutung handelt. Eine weit verbreitete Definition stammt von Tim O`Reilly, dem Urheber des Begriffs:

„Web 2.0 is a set of economic, social, and technology trends that collectively form the basis for the next generation of the Internet – a more mature, distinctive medium characterized by user participation, openness, and network effects.“ [Musser 2006, S.4]

Web 2.0 ist weder eine Programmier- oder Scriptsprache, noch ist es eine Datenbank oder eine andere Art von Soft- oder Hardware. Der Begriff ist vielmehr eine logische Sache, die sich, wie das einleitende, weit verbreitete Zitat verdeutlicht, nicht eindeutig greifen und auch nicht einheitlich definieren lässt. So ist von einem „set of (…) trends“, die als Basis für die nächste, „reifere“ Generation des Internets dienen sollen, die Rede. Dies zeigt, dass auch Tim O`Reilly, der „Vater“ des Schlagwortes Web 2.0, lediglich die Richtung für eine Eigeninterpretation vorgibt, indem er sich in vielsagende aber wenig konkrete und eindeutige Charakteristika und Kriterien flüchtet. Im Gegensatz hierzu unter-streichen Högg et al. [2006] im Rahmen einer detaillierten Untersuchung von 40 Web 2.0-Anwendungen den informellen Charakter und definieren Web 2.0 als die Philosophie der gemeinschaftlichen Maximierung kollektiver Intelligenz und der Schaffung eines Mehrwertes für jeden Teilnehmer durch eine formalisierte und dynamische Erzeugung und gemeinsame Nutzung von Informationen. [Högg et al. 2006, S. 12 f.] Auch diese Auslegung beschreibt nur ansatzweise die Idee hinter Web 2.0. Denn weder beinhaltet der Begriff Web 2.0 eine genaue Eingrenzung von Technologien, noch kann er die sich in verändertem „Netzverständnis“ widerspiegelnden, gesellschaftlichen Phänomene, wie Nutzer-Partizipation, kollektive Intelligenz und Offenheit, eingrenzend und ausschließend beschreiben. Nach Meinung des Autors ist dies auch nicht sinnvoll, da eine Abgrenzung nur zu einer Einschränkung führen würde und damit nicht mit dem Charakter dieses Begriffes vereinbar wäre. Tim Berners-Lee, der Erfinder des World Wide Web, interpretiert Web 2.0 dagegen pragmatisch und beschreibt die mangelnde Determiniertheit des Begriffs wohl am besten, indem er sagt: Web 2.0? „Nobody even knows what it means.“

Unbestritten ist jedoch, dass sich der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt hat, was u.a. die Aufrufhäufigkeit des Ausdrucks Web 2.0 auf der Suchmaschine google beweist (s. Abbildung 2.2). Auch wenn der Begriff Web 2.0, wie oben angedeutet, keiner allgemein anerkannten Definition unterliegt und in der Wirtschaftspresse und in populärwissenschaftlicher Literatur kontrovers diskutiert wird, so hat er sich dennoch im Umfeld von E-Business-Aktivitäten in vielschichtigen Interpretationen fest verankert. [Karla 2007, S.17] Die Faszination des Begriffes erklärt sich dabei anhand einer anhaltenden Entwicklung, die sowohl eine soziologische, als auch eine technische und betriebswirtschaftliche Sichtweise erfordert. In seinem vielzitierten Artikel „What is Web 2.0“ prägt Tim O`Reilly sieben Paradigmen, um die Eigenschaften und den Charakter des Web 2.0 bestmöglich zu umschreiben.

Die beschriebene Dehnbarkeit und Aktualität des Begriffes, die zu zahlreichen und heftigen Diskussionen darüber geführt hat, was genau unter Web 2.0 zu verstehen ist, macht eine Präzisierung des Untersuchungsgegenstandes Web 2.0 im Hinblick auf die vorliegenden Arbeit notwendig. Es bedarf einer Arbeitsdefinition, die den zu untersuchenden Rahmen der „Web 2.0 Welt“ eingrenzt.

Folgende Arbeitsdefinition wird verwendet:

Der Begriff Web 2.0 steht als Sammelbegriff für eine Reihe von interaktiven und kollaborativen Anwendungen im World Wide Web und fasst den aktuellen Stand der Entwicklung aus technologischen, soziologischen und ökonomischen Per-spektiven zusammen. I. A. a. [Garcia 2007, S.6]

Im Folgenden dient Web 2.0 in dieser Arbeit als begrifflicher Schirm für die wahrnehmbaren technologischen, soziologischen und ökonomischen Verän-derungen des Internet, die Partizipation und Interaktion unter Nutzern fördern sowie Netzwerkeffekte generieren. Das „Web 2.0“ ist demzufolge weder eine bestimmte Applikation, noch ein klarer Zeitpunkt oder eine technische Definition für Internet-Anwendungen. Web 2.0 steht für einen Entwicklungsschritt des Internet und für eine Evolution in der Nutzungsweise. Auch ist Web 2.0 kein abgrenzbarer Teilbereich des Internet und keine technische Basisinnovation. Im Folgenden bezieht sich der Begriff Web 2.0 auf den sozio-technischen Raum, in dem Online-Kommunikation stattfindet.

Der Begriff lässt sich am besten fassen und interpretieren, indem auf die verschiedenen in diesem Kontext diskutierten Entwicklungen und Technologien eingegangen wird, um die Unterschiede zum Web der ersten Generation abzubilden. An dieser Stelle sei auf den Unterpunkt 2.1.3 bzw. das Kapitel 3 verwiesen.

Für das Verständnis der Arbeit wird daher in den nächsten beiden Kapiteln näher auf die Entstehungshistorie des Begriffes Web 2.0 bzw. auf dessen Prinzipien eingegangen, anschließend, in Kapitel 2.1.3, die oben angedeuteten, drei verschiedenen Sichtweisen (technisch, sozial, ökonomisch) veranschaulicht, um sie in den Kontext der Entwicklung vom Web 1.0 zum Web 2.0 einzubinden.

2.2 Begriffsentstehung – Der Weg zum Web 2.0

Um für die Auseinandersetzung mit dem Thema zu sensibilisieren, sollen zunächst die Entwicklungsstufen des World Wide Web in Grundzügen skizziert werden, um in einem weiteren Schritt, unter Zuhilfenahme der Dimensionen „Gestaltungsgrad“ und „ Kommunikationsgrad“ die Unterschiede der „Web Generationen“ zu verdeutlichen.

Die Entwicklung des Web 2.0 lässt sich in drei Phasen unterteilen. (S. Tabelle 2.1) Verband das Web 0.5 zwischen 1988- 1995 noch in erster Linie Forschungseinrichtungen und Experten miteinander wurde das Internet im sogenannten Web 1.0 unter Tim Berners-Lee Anfang der 90er Jahre für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Beiname des „werblichen Netzes“ ist dem Umstand geschuldet, dass das Internet in erster Linie von professionellen Anbietern zum Angebot und der Darstellung von Inhalten und Produkten verwendet wurde. [Duschinski 2007, S. 9-12] So beschränkte sich die Interaktion zwischen Internetnutzer und Webserver in der Regel auf den bloßen Abruf und Konsum von Informationen, die in Form von Hypertexten bereitgestellt wurden und nur in geringem Maße miteinander verknüpft waren [Maaß 2007, S.3].

Zeichnete sich diese Form des Internets noch durch Einwegkommunikation (vom Server zum Internetnutzer) aus, in der öffentliche Kommunikation nur sehr beschränkt stattgefunden hat, so änderte sich dies während der Dotcom-Zeit zwischen 1996 und 2001. Dynamische Webseiten ermöglichten eine verbesserte Interaktion, bei der Internetnutzer jedoch nach wie vor nur sehr eingeschränkt in der Lage waren, eigene Inhalte zu veröffentlichen bzw. sich über Communities zu vernetzen. [Beckert 2007, S.5-25]

Erst mit dem Anspruch, nicht mehr nur Hypertexte, sondern „Inhalte, Orte, Menschen, Meinungen, Ereignisse zu vernetzen und so einen ganz neuen Raum von Produktivität, Interaktion und Miteinander aufzuspannen“, führte der Weg in eine „neue Form der Kommunikation“ [Schroll/Neef 2006, S.2]. Um der Entwicklung einen Namen zu geben, und dem Gegenstand Rechnung zu tragen, dass Menschen gerne einen Begriff für eine Entwicklung und Veränderung haben, der ihnen hilft, diese zu (be)greifen, entstand das „Modewort“ Web 2.0 [Alby 2007, S.16-19]. Im sogenannten „sozialen Web“ finden neben den technischen Entwicklungen zunehmend soziale Aspekte Berücksichtigung und heben die Trennung von Nutzer und Editor auf.

Tabelle 2.1 fasst die Evolutionsstufen des WWW und deren Charakteristika zusammen.

Tab. 2.1: Evolutionsstufen des World Wide Web

WEB-GENERATIONEN 0.5 1.0 2.0

TITEL Das technische Web Das werbliche Web Das soziale Web

ANWENDER Experten Handel und Kunden Menschen

FOKUS Know How und Organisation Klick-Raten und Produkte Meinungsbildung und Community

BEZIEHUNGEN B2B B2C C2C

EFFEKT Rationalisierung Infotainment Sozialisation und Vernetzung

METHODE Rationalisierung Quantifizierung Quantifizierung

i. A. a. [Arlt 2006, S.25]

Als der Begriff bei einer vom Verleger Tim O`Reilly veranstalteten Brainstorming-Session im Jahr 2004 geprägt wurde, ging es zunächst darum die anhaltende Veränderung des World Wide Web aufzuzeigen, indem man die Entwicklung unter einem richtungsweisenden Oberbegriff zusammenfasste. Zunächst als hohle Phrase heruntergespielt fand das Thema Web 2.0 im öffentlichen Internet schnell einen großen Zuspruch (vgl. Abbildung 2.2) und wird inzwischen mit einer Vielzahl von Innovationen in Verbindung gebracht. Dass diese eher als gefühlte Innovationen umschrieben werden müssten, schmälert das Interesse des Publikums in keiner Weise.

Abb. 2.2: Aufrufhäufigkeit des Begriffs Web 2.0 in GoogleTrends

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[GoogleTrends 2007]

Der Begriff Web 2.0 ist nicht nur einfach und einprägsam gewählt, sondern knüpft an klassisch informationstechnische Sprachmuster an. Er hat gleichermaßen für IT-affine, als auch für informationstechnische Laien einen hohen Bekanntheitsgrad sowie eine weit reichende Selbstverständlichkeit. [Maaß 2007, S.1-14]

Ein weiterer Grund für die schnelle Verbreitung und Akzeptanz des Begriffs findet sich in der Versionsnummer und ist genauso trivial wie bedeutsam. So suggeriert der diskrete Versionssprung von 1.0 auf 2.0 zum einen, dass die ur-sprüngliche Version nicht optimal und ausgereift war, zum anderen beinhaltet die inkrementierte Versionsnummer die Aussage, dass eine tiefgreifende Veränderung stattgefunden hat, die eine Erhöhung der Release-Nummer rechtfertigt. Letztlich bedeutet eine Version 2.0 aber auch, dass die ursprüngliche Version derart erfolgreich war, dass weiter an ihr gearbeitet wurde, um sie zu verbessern. [Alby 2007, S.17 f.]

Als übersichtliche Einordnung sei folgende Abbildung (2.3) angeführt, die das erste Aufkommen von vielen in dem Kapitel „Web 2.0 Technologien“ verwendeten Begriffe in einem Zeitstrahl darstellt.

Abb. 2.3: Aufkommen gängiger, dem Begriff Web 2.0 zurechenbarer Begriffe .

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Garcia 2006]

Ob die Release-Nummer 2.0 dabei notwendig und gerechtfertigt ist, hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. So verweisen Kritiker, wie der Internetpionier Sir Tim Berners-Lee, gerne darauf, dass hinter dem Begriff Web 2.0 lediglich ein neues Marketingkonzept, jedoch keine neuartige Idee oder gar Ideologie des Internets zu finden sei. Berners-Lee bezeichnet den Ausdruck gar als Jargon und betont in seiner vielzitierten Kritik, dass die angeblich „Web 2.0“ –typische Vernetzung der Internetnutzer in einem interaktiven Raum bereits von Anfang an das Ziel des Web 1.0 gewesen wäre. Auch die dafür nötige technische Basis sieht er als von Beginn an gegeben. Denn Web 2.0 verwende Standards, die die Entwickler des Web 1.0 geschaffen hätten - wie HTML oder HTTP und Java Script. Web 2.0 beschreibt also vielleicht eine Evolution des Webs, aber keinesfalls eine dramatische Neuerung. [Berners-Lee 2006] Im Gegensatz dazu sieht der Verleger Tim O`Reilly in Web 2.0 gar eine Revolution, die eine Umwandlung des Internets von einer zumeist zusammenhangslosen Ansammlung von Webseiten hin zu einer vollständigen Computerplattform beschreibt. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte und veranlasst den Autor Sascha Lobo zu dem Brückenschlag: „Web 2.0 existiert nur im Kopf, dafür aber in vielen“ [Lobo 2006].

Ob (R)evolution oder nicht, fest steht, dass sich mit dem Begriff Web 2.0 viele Schlagworte und Charakteristika verbinden lassen, was eine weitverbreitete (Web 2.0- typische) Abbildung einer Wortwolke von Thomas Angermeier anschaulich darstellt (s. Abbildung 2.4).

Abb. 2.4: Mindmap zum Thema Web 2.0

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Angermeier 2006]

Unterschied der „Web Generationen“

Der konkrete, nutzerorientierte Unterschied zwischen dem Web 1.0 und Web 2.0 lässt sich am anschaulichsten durch folgendes in Abbildung 2.5 dargestellte „Zwei-Dimensionen-Modell“ verdeutlichen.

Die erste Dimension „Gestaltungsgrad“ verkörpert das „Mitmach Web“ und er-streckt sich von rein „betrachtender Nutzung“, ohne dass Nutzer selbst Content produzieren, bis hin zu „gestaltender Nutzung“ des Internets, bei der Nutzer aktiv Inhalte erzeugen. Zwischen den Extremen befindet sich ein weiter Bereich mehr oder minder intensiver Mitgestaltungsmöglichkeiten, beispielsweise in Form von Verlinkungen (etwa „Track-backs“ in Weblogs), Verschlagwortungen („Tagging“), oder kommentierenden Beiträgen.

Die zweite Dimension „Kommunikationsgrad“ berücksichtigt das „Web als Plattform“. Es erstreckt sich von „individueller Kommunikation“ mit nicht öffentlichen Kommunikationsmitteln, wie z.B. E-mail bis hin zur vernetzten, „öffentlichen Kommunikation“ mit einer Vielzahl anderer Internetnutzern. Dazwischen gibt es wiederum ein weites Feld von mehr oder minder intensiver öffentlicher Kommunikation, beispielsweise in Form von User-Bewertungen, vereinzelten Kommentaren oder „Social Bookmarks“. [Trump et al. 2007, S.1-13]

Abb. 2.5: Zwei-Dimensionen-Matrix

[Trump et al. 2007, S.9]

Nutzer oder Technologien, die sich in den Bereich des linken unteren Quadranten einordnen lassen, sind demnach der „alten“ Web Generation 1.0 zuzuordnen. Sie nutzen das Internet in einer Art und Weise, in der sie auch klassische Medien nutzen, nämlich betrachtend und nicht öffentlich kommunizierend (zum Beispiel via E-Mails). Wohingegen Nutzer und Technologien, die dem rechten, oberen Quadranten zuzuordnen sind, die speziellen Mitgestaltungs- und Kommunikationsmöglichkeiten des Internets auszunutzen vermögen beziehungs-weise möglich machen.

Die schrittweise Annäherung an den Begriff Web 2.0 erfordert eine ganzheitliche Sicht unter Einbezug sämtlicher Einflussgrößen. Im folgenden Abschnitt werden daher jene Determinanten beschrieben, deren Veränderung das Netz und seine Nutzung maßgeblich beeinflusst haben.

2.3 Technologische und gesellschaftliche Entwicklung

Mensch und Technik – diese beiden Aspekte sollen im Weiteren näher beleuchtet werden. Hierbei werden die maßgeblichen Faktoren dargestellt, die den Trend Web 2.0 ausmachen (s. Abbildung 2.6).

Die Entwicklung zum beschriebenen Web 2.0 lässt sich durch soziale Veränderungen erklären, die durch eine technische Weiterentwicklung des Internet gefördert wird. Die anhaltend steigenden Nutzerzahlen lassen neue Geschäftsmodelle und Ideen der Internetnutzung entstehen.

Technische Veränderung

Der Begriff Web 2.0, wie aus den vorangegangenen Ausführungen bereits deutlich wurde, bildet in keiner Weise ausschließlich technische Phänomene und Entwicklungen im Internet ab. Jedoch ist die Entwicklung zum Web 2.0 erst durch verbesserte technische Möglichkeiten (höhere Bandbreiten, steigende Verfügbarkeit) geebnet worden.

Abb. 2.6: Zusammenhänge im Web 2.0

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigene Darstellung i. A. a. [Koch/Richter 2007, S.5]

Die eigentliche Veränderung liegt dabei im Internet an sich begründet. In Web 2.0 wird eine neue Qualität der Internetnutzung erreicht, die aufgrund der technischen Möglichkeiten alle beliebigen Medienformate (Text, Bild, Film, Ton) einzubinden, die Mediennutzung vieler Menschen bereits grundlegend verändert hat.

Die verbesserte Nutzbarkeit des Mediums Internet und die nutzerorientierten Anwendungen gehen einher mit sozialen Veränderungen in der Internetgemeinde.

Soziale Veränderung

"Time`s Person of the Year for 2006 is you" – Die renommierte Zeitschrift Time Magazin verleiht den Preis der Person des Jahres 2006 seinen Lesern (s. Abbildung 2.7). In der Begründung heißt es, dass sich die Internetnutzer dieses Medium in einem Umfang zu eigen gemacht hätten, wie man es bisher nicht für möglich gehalten hätte.

Abb. 2.7: Titel des Time Magazine vom 25. Dezember 2006

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Motive für die Internetnutzung im 21. Jahrhundert sind dabei vielfältiger Natur. Denn das Internet dient nicht mehr ausschließlich der reinen Informationsbeschaffung, sondern als Medium für die eigene Selbstdarstellung und als Plattform der Kontaktaufnahme (s. Abbildung 2.8).

Abb. 2.8: Motivstrukturen des Web 2.0

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigene Darstellung i. A. a. [Kreutzer 2007, S. 281]

Die unterschiedlichen Motive der Internetnutzung ermöglichen eine Einordnung in verschiedene Typologien von Web 2.0 Nutzern, die im folgenden Abschnitt näher erläutert werden sollen.

2.4 Typologie der Web 2.0-Nutzer

Die neuen Möglichkeiten des Mediums Internet, spielerisch einfach gestalterisch und kommunikativ tätig zu werden, gehen einher mit einem weiten Spek-trum an Nutzer-Typologien. In Anlehnung an das in Unterpunkt 2.1.1 vorgestellte „Zwei Dimensionen Modell“, lassen sich diese durch ihre homogenen Verhaltensmuster und Charaktere leicht identifizieren und verschiedenen Gruppen zuordnen. [Trump et al. 2007, S.1-13]

Abb. 2.9: Typologie der Web 2.0-Nutzer

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Trump et al. 2007, S.10]

In dieser Art und Weise lässt sich das Zwei-Dimensionen-Modell auch als eine Art Internet-Landkarte interpretieren, auf der verortet werden kann, wie sehr ein Nutzer von diesen spezifischen Möglichkeiten des Internet Gebrauch macht oder einzelne Websites und Web 2.0 Technologien eine solche Nutzung ermöglichen. [Trump et al. 2007, S.10] Das wichtigste Charakteristikum einer Web 2.0- Plattform ist die aktive Benutzerbeteiligung bei der Erstellung von Inhalten (Daten, Meta-Daten, Kommentare). Ziel ist es daher, die Motivation zur Inhaltserstellung nicht auf Gruppeninteressen fußen zu lassen, vielmehr liegt der Fokus auf dem Nutzen für jeden einzelnen („Me“- Mentalität) [Koch/Richter 2007, S.116-118]. Die in Abbildung 2.9 dargestellten Cluster veranschaulichen, wie sich die individuellen Nutzer aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten, Kontakte und Beziehungen zu Netzwerken zusammenschließen. Die Netzwerke entsprechen der Idee, dass die involvierten Individuen unabhängig voneinander agieren und nach Bedarf auf bereits vorhandene Kontakte zurückgreifen oder neue Kontakte zu Personen ausbilden. So wird der Austausch und fließende Übergang zwischen den Clustern möglich. Entscheidend ist der Fokus auf die Eigeninteressen, da der Verzicht auf Unterordnung bei den Internetnutzern bzw. Mitarbeitern eines Unternehmens eine höhere Motivation zur Beteiligung entstehen lässt [Koch/Richter 2007, S.6-8].

Nach Pleil [2006] lassen sich die wesentlichen Entwicklungsstränge im Nutzungs- und Informationsverhalten der Web-Nutzer wie folgt verdichten:

- Personalisierung und Individualisierung
- Zunehmende Bedeutung von Peers (Word of Mouth)
- Steigender Qualitätsanspruch (Inhaltlich und gestalterisch)
- Dialog, Austausch und Kollaboration
- Storytelling und Self- Publishing
- Wunsch nach Transparenz
- Selbstorganisation

Um dieses Kapitel, das die Basis für die weitere Arbeit schafft, abzuschließen, sollen im Folgenden die wichtigsten Web 2.0 Prinzipien nach Tim O`Reilly kurz erläutert werden.

2.5 Web 2.0 Prinzipien

“It`s a way of thinking, a new perspective on the entire business of software – from concept through delivery, from marketing through support. Web 2.0 thrives on network effects: databases that get richer the more people interact with them, applications that are smarter the more people use them, marketing that is driven by user stories and experiences, and applications that interact with each other to form a broader computing platform.” [Musser et al. 2006, S.3]

In ihrem Aufsatz betonen Musser et al. [2006] die „neue Perspektive“ des Web 2.0, die verknüpft mit neuen Technologie-Konzepten durch verschiedene Prinzipien und Merkmale beschreibbar wird. Jedoch lässt sich, wie in dem Kapitel 2.1„Problematik der Begriffsdefinition“ verdeutlicht, der Begriff Web 2.0 nicht eindeutig von Web 1.0 abgrenzen. Denn „wie viele andere wichtige Konzepte hat Web 2.0 keine genauen Begrenzungen, sondern vielmehr ein Gravitationszentrum“. Es ist daher notwendig, „Web 2.0 als eine Ansammlung von Prinzipien und Praktiken zu visualisieren, die ein regelrechtes Sonnensystem von Seiten zusammenhalten, die einige oder alle dieser Prinzipien in unterschiedlicher Entfernung vom Zentrum demonstrieren.“ [O`Reilly 2005a]

Um diesem Anspruch gerecht zu werden und Web 2.0 greifbar zu machen entwickelte O`Reilly sieben Paradigmen, auf deren Fundament ein breites Verständnis für den Begriff Web 2.0 ermöglicht wird: „Das Web als Plattform“, „Daten als Intel Inside“, „Software ohne Lebenszyklus“, „Leightweigth Programming Models“, „Software über Gerätegrenzen hinweg“ sowie „Rich User Experience“. Dieser Paradigmenkatalog verdeutlicht das vorherrschende Verständnis von Web 2.0 als ein Phänomen, das in einem Spannungsfeld entsteht und das zum einen technologische und ökonomische, als auch soziokulturelle Einflüsse als wesentliche Pole beinhaltet.

Nachfolgend seien die im Kontext dieser Arbeit bedeutendsten Paradigmen kurz erläutert.

Das Web als Plattform

Das Web als eine Plattform zu begreifen, spielt für das Verständnis innovativer Web 2.0 Dienste eine zentrale Rolle. Das Internet entwickelt sich von einer Ansammlung unzusammenhängender Anwendungen zu einer hardwareunabhängigen Plattform miteinander verbundener, unabhängiger Dienste. Viele dieser Dienste lassen lokale Programme auf dem Computer in den Hintergrund treten, und fungieren über das Web selbst als Anwendung. Daten werden im Netz gespeichert und bearbeitet. Exemplarisch seien das Abspeichern von Bildern, das Ablegen von Bookmarks oder „Web-Textverarbeitung“ genannt. Das Netz wird zu einer Plattform, der Desktop zum „Webtop“, einem ortsunabhängigen Arbeitsplatz, per Browser überall und ohne Installation zugänglich. [Sixtus 2006, S.144] Geht es nach Web Pionier Michael Robertson, unterstützt „AjaxOS die direkte Dateiverwaltung auf dem Server: Das heißt, Dateien sollen auf dem Web-Server ebenso einfach geöffnet und gespeichert werden können wie auf dem PC.“ [Zschunke 2006]

Kollektive Intelligenz

Das Prinzip der „kollektiven Intelligenz“ birgt die eigentliche Grundaussage des Web 2.0 in sich. Was James Surowiecki „die Weisheit der Masse” nennt, ist ein tragendes Element der neuen Internet Philosophie. Surowiekis Einsichten lassen sich dabei folgendermaßen zusammenfassen: Die besten kollektiven Entscheidungen können entstehen, wenn eine große Meinungsvielfalt und -unabhängigkeit herrscht. [Surowiecki 2004, S.17] Denn Plattformen wie u.a.„Wikipedia“, „Amazon“, „Ebay“ nutzen die gemeinschaftliche Aktivität und das Wissen aller Beteiligten und geben dem Wissen der Masse einen Rahmen [Angermeier 2006]. Nach O`Reilly lässt sich dieses Phänomen am verständlichsten pragmatisch erklären: "Wir denken immer, es gibt Milliarden Computer da draußen - aber das stimmt nicht. Es gibt eigentlich nur einen, und darum geht es im Web 2.0. Alles wird mit allem verbunden. Und was wir heute unter einem Computer verstehen ist eigentlich nur ein Zugangsgerät zu dem einen weltweiten elektronischen Gehirn, das wir erschaffen". [O`Reilly 2007]

Daten als Intel Inside

Die innerhalb der Web Anwendungen gesammelten Daten stellen die Basis einer Web Anwendung. Denn im Web 2.0 sind nicht die Anwendungen selbst das Wertvolle, sondern die Daten, die sie aggregieren [Richter/Koch 2007, S. 10]. Darin begründet, eröffnet die Erweiterung der Applikationen durch einzigartige, schwer zu beschaffende Daten der Benutzer einen Schlüssel zum Wettbewerbsvorteil. Denn der Nutzen eines Netzwerks steigt quadratisch in Proportion zur Anzahl der Nutzer (Metcalfe`s Gesetz). [Kropf 2003, S.2] Die Entwicklung zeigt, dass diejenige Firma zum Gewinner wird, die zuerst durch Nutzeraggregation in der Lage ist, eine kritische Masse zu erreichen und die aggregierten Daten in einen Systemdienst umzuwandeln[Knappe/Kracklauer 2007, S.65-93]. Die Eigenschaft, bestimmte Klassen von Daten in verlässliche Subsysteme des „Betriebssystems Internet” umzuwandeln, prägen die Generation von Web 2.0 Diensten. Daten sind in der Tat das „Intel Inside” dieser Anwendungen, die alleinige Einkommensquelle in Systemen, deren Software-Infrastruktur größtenteils Open Source oder auf andere Weise öffentlich ist. [Holz 2005]

Rich User Experience

Unter dem Prinzip der „Rich User Experience“ wird die benutzerfreundlichere Handhabung der Anwendungen verstanden. Webentwickler sind durch innovative Technologien in der Lage, im Bereich der User Interfaces Applikationen mit der Mächtigkeit lokaler, PC-basierter Anwendungen auszustatten, welche einen intuitiveren und bedienfreundlicheren Umgang mit dem Server garantieren. Ein Aspekt der beschriebenen „Rich User Experience“ ist die mit einer Desktop-Anwendung vergleichbare Interaktivität. Der Fokus auf eine benutzerorientierte Bedienbarkeit lässt die Nutzungsschwelle sinken und resultiert in einer größeren Nutzergruppe und einer vermehrten Partizipation in den einzelnen webbasierten Anwendungen.

Nach diesem grundlegenden Einblick über die Entwicklung des WWW und den Eigenschaften und Veränderungen des Web 2.0 sollen im Folgenden Kapitel Anwendungen und Technologien im Kontext des Web 2.0 vorgestellt werden.

3 Web 2.0 Technologien und Anwendungen

Dem Begriff Web 2.0 lassen sich verschiedene Anwendungen und Technologien zuordnen, die beginnend mit den bereits beschriebenen Veränderungen des WWW an Bedeutung gewonnen haben. Im Folgenden sollen nun die für den Kontext dieser Arbeit Wesentlichsten näher erläutert werden.

3.1 Die anwenderorientierte Sicht auf Web 2.0

Web 2.0 Technologien werden unter dem Namen Social Software häufig in folgende Anwendungskategorien unterteilt [Koch/Richter 2007, S.23]:

- Weblogs
- Wikis
- Social Tagging (Social Bookmarking)
- Social Networking
- Instant Messaging

In diesem Kapitel wird näher auf die aufgeführten Grundklassen eingegangen, um jeweils die Kerncharakteristika heraus zu arbeiten. Die einzelnen Anwendungsklassen sollen dann in der Folge durch Beispiele aus der Praxis illustriert werden.

In Kapitel 4 (Organisationsinterner Einsatz von Web 2.0 Technologien) bzw. Kapitel 5 (Externer Einsatz von Web 2.0 Technologien an der Schnittstelle zum Kunden) folgen dann weitere Fallbeispiele und Besprechungen von Erfolgsfaktoren und negativen Einflüssen für den Einsatz derartiger Technologien und Anwendungen bei Finanzdienstleistern.

3.1.1 Weblogs

Weblogs bilden eine der wichtigsten Anwendungsklassen, da sie zu einem generischen Konzept für Werkzeuge zur Veröffentlichung benutzergenerierter Inhalte geworden sind.

Definition

Der Begriff Weblog (in Kurzform: Blog) setzt sich aus den Worten Web (kurz für World Wide Web) und Log (Tagebuch, Logbuch) zusammen. Nach Lehel /

Matthes [2003, S.230] und Przepiorka [2006, S.14] ergibt sich somit folgende Definition:

„Ein Weblog ist „eine häufig aktualisierte Webseite, auf der Inhalte jeglicher Art in chronologisch absteigender Form angezeigt werden. (…) Alle Inhalte sind in der Regel durch Links mit anderen Webseiten verlinkt und können unmittelbar durch den Leser kommentiert werden. (…) Der Autor ist dabei entweder eine einzelne Person oder auch eine Gruppe.“ [Przepiorka 2006, S.14] Diese „umgekehrt chronologisch sortiert[e] Liste von Beiträgen, (…) [kann zudem] thematisch organisiert sein und dabei Kategorien zugeordnet werden.“ [Lehel/Matthes 2003, S.230]

Ein typischer Weblog-Eintrag besteht somit aus folgenden Elementen: Titel des Eintrags, Text des Eintrags, Datum des Eintrags sowie Kategorien und Kommentare. Ein entscheidendes Kriterium für die rasante Verbreitung von Weblogs (derzeit ca. 50 Mio. weltweit, s. Abbildung 3.1) ist die leichte Bedienbarkeit durch den Autor (Blogger). Dieser kann seine Artikel nach dem WYSIWYG (What you see is what you get)- Prinzip ohne Kenntnis einer Programmier- oder Auszeichnungssprache unkompliziert publizieren.

Abb. 3.1: Zuwachsrate der weltweiten Anzahl an Weblogs

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Sifry 2006]

Wie oben beschrieben ist ein Blog ein offen geführtes und mit anderen Blogs vernetztes Online-Tagebuch oder –Journal. Charakteristisch für Weblogs ist die intensive Vernetzung durch gegenseitiges Verlinken (z.B. via Blogroll ), Rezensieren, Zitieren und Kommentieren. Hierdurch tritt es in einen riesigen Kommunikationsraum, der sog. „Blogosphäre“, ein und ermöglicht den Austausch über Kommentarfunktionen und Trackbacks . Diese Blog-Landschaft kann eine weit reichende mediale Macht entfalten, da Inhalte mittels der erwähnten Verlinkungen binnen kürzester Zeit einen globalen Empfängerkreis erreichen.

Virale Effekte in der Blogosphäre

„Märkte sind Gespräche“ verkündeten schon Levine et al. [2001] in ihrem bekannten Cluetrain-Manifest. Sieben Jahre nach der Veröffentlichung scheint diese These aktueller denn je. So hat der bereits angesprochene hohe Grad an Vernetzung in der Blogosphäre vielfältige Implikationen für Unternehmen. Virale Effekte führen durch das Zusammenspiel von Kommentaren, Trackbacks und Suchmaschinen zu weit reichenden Kettenreaktionen. Unter einem viralen Effekt versteht man in diesem Kontext „das Ergebnis, wenn bestehende soziale Netzwerke genutzt werden, um eine Information zu verbreiten, vergleichbar mit einem Virus, der sich in einer Population verbreitet.“ [Alby 2007, S.32]

Der angesprochene Effekt lässt sich an dieser Stelle sehr anschaulich am Fall des amerikanischen Fahrradschlossfabrikanten Kryptonite aufzeigen. Dieser nahm den Blogkommentar eines Kunden, der behauptete, einige Fabrikate ließen sich mit einem einfachen Stift öffnen, nicht ernst und erfuhr durch die rasche Verbreitung des Missstandes in der Blogosphäre einen enormen Imageschaden und finanziellen Verlust. [Kollmann 2007, S.198] Unternehmen im Web 2.0 haben es sehr schwer, diese Mund-zu-Mund-Propaganda zu beeinflussen. Doch es gibt Unternehmen, die diese Herausforderung offensiv annehmen und Weblog-Formate, die zu ihrem Image, ihren Produkten und ihrer Kultur passen, konsequent einsetzen. Als bekannte Beispiele deutscher Unternehmen sind das Frosta-Blog, Schraders TeeBlog sowie das Saftblog von Walther zu nennen. [Widra 2007, S.37] Diese aktive Kommunikationsbereitschaft sei am Beispiel des viel zitierten Frosta-Blog[s] verdeutlicht. Dieses Weblog erfreut sich aufgrund der Abwesenheit des ansonsten üblichen Marketingvokabulars großer Beliebtheit und weist höhere Zugriffszahlen auf als die eigentliche Firmen-Webseite „www.frosta.de“. [Ahlers, 2007] Vom einfachen Mitarbeiter bis zum Unternehmensvorstand bloggen hier Menschen ihre ganz persönliche Sicht der Dinge und personifizieren so das Unternehmen in einem eigenen authentischen Stil. Frosta ist hierdurch in der Lage, Transparenz und Kundenbindung zu erhöhen, da Probleme der Blogosphäre abgefangen und Kritikpunkte/Kritik auf dem unternehmenseigenen Blog geäußert werden können/kann [Wolff 2006, S. 31-37].

Abgesehen von öffentlich zugänglichen Blogs kann diese moderne Möglichkeit der Kommunikation auch innerhalb der Unternehmensorganisation eingesetzt werden. So erschließen sich in den Bereichen des Wissens- und Informationsmanagements sowie in der Projektarbeit neue Möglichkeiten der unternehmensinternen Kommunikation und Kollaboration. Dieser Punkt soll jedoch in Abschnitt 4 ausführlicher besprochen werden.

3.1.2 Wikis

Während Blogs meist der subjektiven Meinungsäußerung zu bestimmten Themen dienen, verfolgen Wikis eine andere Zielsetzung. Durch sie soll das Fachwissen mehrerer Nutzer zu bestimmten Themen in einem gemeinsamen Glossar konsolidiert werden, indem sie eine einfache und leicht zu bedienende Plattform für kooperatives Arbeiten an Texten bieten. Bei hinreichender Beteiligung von Experten gelangt ein Wiki sehr schnell in einen äußerst konstruktiven Resonanzzustand in der Qualität der einzelnen Beiträge. [Ebersbach 2008, S.65-70]

Definition

„Ein Wiki, auch WikiWiki genannt, ist eine im World Wide Web [bzw. Intranet] verfügbare Seitensammlung, die von den [autorisierten] Benutzern nicht nur gelesen, sondern auch online geändert werden kann.“ [Wikipedia 2008a]

Bei Wikis handelt es sich ähnlich wie bei Weblogs um eine vereinfachte Form von Content Management-Systemen. Das Grundprinzip eines Wikis besteht darin, dass nicht ein einzelner Autor den gesamten Inhalt für einen Artikel produziert, sondern dass viele verschiedene Mitarbeiter, nach dem Gemeinschafts-Prinzip, einen Eintrag erarbeiten. Die wesentliche Stärke eines Wikis ist dabei der geringe Editieraufwand. Gemäß dem „Anyone can edit“-Grundsatz nach Harnad (Harnad 1990) lässt sich jede Seite von den (autorisierten) Benutzern schnell und einfach verändern. [Ziser 2007, S.8 f.].

Als bekannteste und größte Wiki-Applikation sei an dieser Stelle die freie On-line-Enzyklopädie Wikipedia erwähnt. Die deutschsprachige Wikipedia enthält derzeit mehr als 700.000 Artikel, die englische Version über 2,2 Millionen Einträge (Stand: Januar 2008). [Wikipedia 2008a]

Abb. 3.2: Artikelwachstum der deutschsprachigen Wikipedia

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Wikipedia 2008a]

Ein Wiki kann sich, wie am Beispiel der Wikipedia ersichtlich, potentiell an alle WWW-Anwender richten, kann aber auch auf eine geschlossene Arbeitsgruppe beschränkt bleiben. Wikis werden in Unternehmen dafür eingesetzt, in Teams und „Communities of Practice“ Inhalte gemeinsam zusammenzutragen. Die Einsatzmöglichkeiten sind vor allem in folgenden Bereichen zu finden

[Ebersbach 2005, S.11]:

- Informations- und Wissensmanagement
- Projektmanagement
- Offenes CMS
- Weltweit verfügbarer Notizblock
- Diskussionsforum für Allgemein- und Expertendiskussion

Auf die einzelnen Nutzungsmöglichkeiten von Wikis bei Finanzdienstleistern wird detailliert im Kapitel „4.3 Dialogorientiertes Informationsmanagement“ eingegangen.

3.1.3 Social Tagging und -Bookmarking

Im Gegensatz zu den beiden bereits vorgestellten Anwendungsklassen Blogs und Wikis ermöglicht Social Tagging (Collaborative Tagging) nicht die Generierung neuer Inhalte, sondern beschreibt vielmehr einen „Prozess, über den Benutzer Metadaten in Form von einfachen Schlüsselworten zu gemeinsamen Inhalten hinzufügen“. [Golder/Hubermann 2006, S. 198]

Der Nutzer ordnet in diesem Zusammenhang Objekten (Wissensobjekte, Dokumente, Medien) sogenannte „Tags“ (deutsch: Schlagwort / Schlüsselwort) zu, die ihm ein späteres Wiederfinden dieses inhaltlichen Objektes erleichtern sollen. Der individuelle Nutzen erklärt sich dadurch, dass auf diese Weise einfache Schlagworte für Dokumente vergeben werden können und somit eine oftmals schwierig umzusetzende hierarchische Eingliederung umgangen werden kann. [Koch/Richter 2007, S. 46]

Folksonomien und Tag Clouds

Neben dem individuellen Nutzen in der Selbstorganisation hat jeder Nutzer die Möglichkeit, seine „Tag-Sammlung“ zu veröffentlichen. Diese kollaborative Kategorisierung ermöglicht eine Gruppierung von Inhalten mit den gleichen Schlagworten zu sinnvollen Einheiten. Die daraus resultierende Vernetzung durch die zusammengefasste Sammlung der Schlagwörter vieler einzelner Nutzer, wird als Folksonomie (Folks + Taxonomie ) bezeichnet. Durch sogenannte „Tag Clouds“ (Schlagwortwolke) können häufig verwendete Schlagworte zusätzlich optisch (durch eine größere Schrift) dynamisch hervorgehoben werden. Abbildung 3.3 zeigt eine typische Tag Cloud zur Erleichterung der Navigation und Inhaltssuche auf der Webseite Spiegel Online (Stand 23.Feb.2008).

Abb. 3.3: Tag Cloud der Webseite Spiegel Online

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[SpiegelOnline 2008]

Social Bookmarking

Social Bookmarking (Lesezeichen) -Systeme dienen der Erfassung, Kategorisierung und Verwaltung interessanter Links . Im Gegensatz zu lediglich im Web-Browser gespeicherten Bookmarks eröffnet sich der Vorteil, ortsunabhängig sowohl auf die gespeicherten Bookmarks zugreifen als auch neue Links speichern und verschlagworten zu können. [Bächle/Kolb 2007, S. 29]

Im Unternehmensumfeld eröffnen sich somit Potentiale in der Erschließung von Informationsräumen mittels „gemeinschaftlicher Indexierung“, die das Suchen, Finden und Navigieren sowohl im Intranet als auch auf der Internetpräsenz des Instituts deutlich intuitiver gestalten bzw. die Arbeit mit großen Informationsmengen wesentlich vereinfachen kann. [Kollmann 2007, S. 231]

3.1.4 Social Networking

“XING ermöglicht seinen Mitgliedern überall auf der Welt, zu jeder Zeit, Geschäftsbeziehungen branchenübergreifend zu vertiefen und das eigene Netzwerk einfach und effizient zu erweitern.” [Hinrich 2007]

Xing Mitgründer Lars Hinrichs macht deutlich, dass das Networking den Aufbau von Beziehungen beschreibt. Es ermöglicht somit Personen mit gleichen Interessen oder Berufsorientierungen, unkompliziert in Kontakt zu treten und sich in den vielfältigsten Formen auszutauschen. In Anlehnung an das „Small World-Theorem“ stehen nach einer These Stanley Milgrams weltweit alle Menschen über nur wenige Vermittlungsgrade (Freundesfreunde) in Beziehung. [Milgram 1967, S.60 ff.]

Diese Erkenntnis machen sich die neuen Online-Communities beispielhaft zu Eigen, indem sie jedem Nutzer die Freundesfreunde (Kontakte zweiten Grades) sichtbar und zugänglich machen. Zentrales Element stellen die von den Benutzern selbst angelegten und gepflegten Benutzerprofile (Foto, Lebenslauf, Kontaktdaten, etc.) dar, die eine personalisierte Internetpräsenz ermöglichen. In den vergangenen Jahren haben sich mehrere offene Plattformen sowohl im privaten Bereich („myspace“, „Facebook“, „studiVZ“) als auch eher zu beruflichen Zwecken („linkedIn“, „xing“) etabliert (s. Abbildung 3.4).

Abb. 3.4: Kontaktverwaltung im WWW durch bekannte Netzwerke

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Koch/Richter 2007, S.27]

Im Unternehmen ist es von Vorteil, via Networking schon im Vorfeld Kontakt zu Mitarbeitern und externen Personen aufzubauen und zu dokumentieren. Ein gut gepflegtes Netzwerk dient so u.a. der Minimierung von Suchkosten (Expertensuche) und dem Aufbau einer gemeinsamen, kontextuellen Vertrauensbasis innerhalb eines Unternehmens.

3.1.5 Podcasting

Dass der Begriff „Podcast“ bereits 2005 in Großbritannien zum „Wort des Jahres“ gewählt wurde, zeigt anschaulich die Mäch-tigkeit dieser Anwendung. Als Kofferwort aus den beiden Wörtern iPod und Broadcasting bezeichnet Podcasting das Produzieren und Anbieten von Mediendateien (Audio oder Video, als sogenannter Vodcast) über das Internet bzw. Intranet. Podcasts lassen sich via RSS Feed abonnieren und sind daher zeitunabhängig. Der Zuhörer kann so selbst entscheiden, wann er diese konsumieren möchte. Die leichte Bedienbarkeit und das Gefühl, einer Radio-Sendung zuzuhören, führen zu hohen Wachstumsraten in der Nutzung von Podcasts (s. Abbildung 7.3).

Für eine weitere Akzeptanzsteigerung von Podcasts im Unternehmensumfeld spricht zudem, dass es nach den Einschätzungen von Forrester Research bis 2010 einen Anstieg der Podcast-Nutzer um über 1700% geben wird. [Morrissey 2006]

3.1.6 Instant Messaging

Während bislang hauptsächlich Anwendungen mit asynchronem und indirektem Kommunikationscharakter vorgestellt wurden, bietet das Instant Messaging (IM) die Möglichkeit einer interaktiven Kommunikation. IM ist dabei „ein serverbasierter Dienst, der text-, [voice- und video] Echtzeit-Kommunikation mit einem oder mehreren Kommunikationspartnern ermöglicht.“ [Schertler 2006, S.66]

Die meisten IM-Systeme bieten Funktionen für:

- Text-Sofortnachrichten (auch asynchron mittels „Offline Nachrichten“)
- Echtzeit-Text-, Audio- oder Video-Konferenzen
- Dateien Austausch
- Kontaktlistenverwaltung
- Präsenz- und Verfügbarkeitsstatute

IM-Dienste bieten nicht nur für Privatpersonen, sondern gerade auch für Unternehmen den Vorteil eines schnellen und unkomplizierten Informationsaustausches zwischen den Mitarbeitern [Hein 2007, S.58 ff.]. So ist IM beispielsweise bei IBM in den letzten Jahren zur wichtigsten Business-Anwendung geworden, wenn man die Zahl parallel angemeldeter Nutzer als Kriterium nimmt [Koch/Richter 2007, S.78 f.].

Die beschriebenen Anwendungsklassen werden teilweise durch technische Erweiterungen des Web-Umfelds unterstützt, die im Folgenden vorgestellt werden.

3.2 Die technische Sicht auf Web 2.0

An dieser Stelle ist es nötig, darauf hinzuweisen, dass Web 2.0 keine Basisinnovation darstellt, die durch neuartige Technologien ermöglicht wurde. Doch führen die aufgeführten Technologien zu einer intuitiveren Nutzung des Mediums Internet und tragen daher ihren Teil zum neuen Netzverständnis des Web 2.0 bei. An dieser Stelle wird daher zum Verständnis näher auf folgende Technologien eingegangen:

- Asynchronous Java Script (Ajax)
- Really Simple Syndication (RSS)
- Mashups

3.2.1 Ajax

Der Begriff Ajax ist ein Akronym für die Wortfolge „„Asynchronous JavaScript and XML“ und steht für ein Konzept der asynchronen Datenübertragung zwischen einem Server und dem Browser. Ajax beschreibt dabei keine Programmiersprache, sondern vielmehr eine Technik, die auf dem Zusammenspiel mehrerer, bereits seit Jahren existierender Technologien (XML, Java Sript, etc.), basiert. Der Vorteil liegt in der Bündelung dieser Technologien zu einer gemeinsamen Verwendung. [Ziser 2007, S. 33] Durch die Möglichkeit des asynchronen Datenaustausches zwischen Server und Browser erlaubt Ajax, innerhalb einer HTML-Seite eine HTTP-Anfrage durchzuführen, ohne die Seite komplett neu laden zu müssen. Das eigentliche Novum besteht dabei in der Tatsache, dass nur gewisse Teile einer HTML-Seite oder auch reine Nutzdaten sukzessiv bei Bedarf nachgeladen werden, um eine schnellere Reaktion (Response) der Web-Anwendung zu ermöglichen. Aufgrund des inkrementellen Austausches der relevanten Bereiche, zeichnet sich Ajax durch einen hohen Grad an Interaktivität und Anwenderfreundlichkeit (Rich User Experience) aus, der bislang nur von Desktop-Applikationen erreicht wurde. Es bricht damit das starre Request/Response (Anfrage/Antwort) Interaktionsmuster zwischen Webbrowser und Webserver (s. Abbildungen 7.4 und 7.5). [Bosch 2007, S.39]

Ajax wird bereits auf vielen Webportalen eingesetzt, um eine intuitivere Interaktion mit dem Nutzer zu ermöglichen. Als bekannte Beispiele sind u.a. Google Maps (eine interaktive Weltkarte), Social Software (Fotoarchiv Flickr) , aber auch virtuelle Officeanwendungen (z.B. Google Text & Tabellen & Kalender, AjaxWrite, etc.) zu nennen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 185 Seiten

Details

Titel
Moderne Internettechnologien im internen und externen Einsatz bei Banken
Untertitel
Eine Analyse zum Status quo und künftigen Entwicklungen
Hochschule
Universität Regensburg  (Wirtschaftsinformatik II)
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
185
Katalognummer
V163514
ISBN (eBook)
9783640785155
ISBN (Buch)
9783640784837
Dateigröße
7248 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ausgezeichnet von der DZ-Bank-Gruppe in Frankfurt im Rahmen des Karrierepreises (unter den Top 8 eingereichten Arbeiten).
Schlagworte
web 2.0, o'reilly, blog, wiki, social tagging, social bookmarking, social networking, podcasting, instant messaging, ajax, rss, mashups, banken, finanzdienstleister, internet, technologien, usability
Arbeit zitieren
Diplom Kaufmann Univ. / Diplom Wirtschaftsinformatiker Univ. Christian Werner (Autor:in), 2008, Moderne Internettechnologien im internen und externen Einsatz bei Banken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163514

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