Die Entstehung des deutschen Zivilrechts und das Bürgerliche Gesetzbuch als Modell für andere Kodifikationen in Europa und Japan


Hausarbeit, 2010

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Entstehung der römisch-germanischen Rechtsfamilie

3. Das europäische Mittelalter

4. Die europäische Neuzeit

5. Die Entstehung des BGB

6. Das BGB zur Zeit des Nationalsozialismus

7. Die Ablösung des BGB durch das ZGB in der Deutschen Demokratischen Republik

8. Das BGB als Modell für Zivilrechtskodifikationen im Ausland
8.1 Im europäischen Ausland
8.2 In Brasilien
8.3 In Japan

9. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Unsere Erde ist gegliedert in über 190 Staaten. Um die Rechtsordnungen der verschiedenen Staaten zusammenfassend beschreiben und vergleichen zu können, ist es üblich, diese in Rechtskreise einzuteilen. Dabei gibt es allerdings keine allgemein anerkannte Einteilung. Dies ist auch deshalb schwer, da eine Rechtsordnung beispielsweise im Zivilrecht eine andere sein kann, als im Verwaltungsrecht. Auch lassen sich nicht alle Staaten immer genau einem Rechtskreis zuordnen, da deren Rechtsordnungen zur Rechtskreistheorie variiert, oder aber sich auch zwei Rechtsordnungen annähern können.1

Mögliche Einteilungskriterien können historisch-genealogische, ideologische oder räumliche Merkmale sein. So unterschieden Arminjon / Nolde / Wolff 1950 sieben Rechtskreise historisch-genealogisch, während im selben Jahr David fünf ideologische Rechtsfamilien bezeichnete. Weitere Rechtskreis- und Rechtsfamilientheorien folgten, so u.a. 1966 Zweigert / Kötz oder 1988 David / Jauffret-Spinosi.2

Das deutsche Gebiet liegt im zivilrechtlichen Rechtskreis des „Civil Law“, was wohl am ehesten mit „kodifizierte Rechtsordnungen“ übersetzt werden könnte oder auch römischgermanische Rechtsfamilie genannt wird. Innerhalb des Civil Law wird zwischen romanischem und germanischem Rechtskreis unterschieden.3

Der germanische oder deutsche Rechtskreis kann in die Untergruppen deutsches, österreichisches und schweizerisches Recht gegliedert werden.4

Diese Hausarbeit zeigt die bedeutende Entwicklung des Zivilrechts in Europa ab Beginn des römischen Rechts. Hauptaugenmerk liegt aber im deutschen Raum vom Beginn des römischen Rechts bis hin zur Kodifizierung des Zivilrechts in Gestalt des BGB.

Anschließend wird die Kodifizierung ausländischer Zivilgesetzbücher mit Bezug zum BGB betrachtet.

Ein Resümee soll die europäische, vor allem deutsche Rechtsgeschichte mit Bezug auf andere Zivilrechtskodifikationen abrunden.

2. Die Entstehung der römisch germanischen Rechtsfamilie

Die römisch-germanische Rechtsfamilie hat eine gemeinsame römische Geschichte. Diese beginnt 753 v. Chr. mit der Gründung „der Stadt auf sieben Hügeln“ und endet 1453 n. Chr. mit dem Untergang des byzantinischen Reich. 509 v. Chr. entsteht die römische Republik „Senatus Populusque Romanus“ (SPQR = Senat und römisches Volk) mit ausgeprägtem Verfassungsrecht. Im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. kommt es zwischen dem Adel (Patriziern) und dem Volk (Plebejern) zu Ständekämpfen, aus welchen ca. 450 v. Chr. das sogenannte Zwölftafelgesetz hervorgeht. Dort wurde sowohl Zivilprozessrecht, als auch Schuldrecht, Sachenrecht, Schadenersatz, Familien- und Eherecht und Erbrecht normiert. Der noch heute gültige Aufbau in Tatbestand und Rechtsfolge war entstanden.5

Nachdem bis 145 v. Chr. der gesamte Mittelmeerraum von den Römern erobert wurde, entwickelte sich mit dem Sklavenhandel über die Jahrhunderte ein eigener bedeutender Wirtschaftszweig, welcher ein eigenes Kaufrecht mit dem Recht auf Kaufpreisminderung und Rücktritt vom Vertrag bei versteckten Mängeln hervorbrachte.6

Julius Ceasar beendete 46 v. Chr. die Zeit der Republik. Nach dessen Tod entstand unter Octavian Rechtsliteratur, welche Gutachten und Antworten auf Rechtsfragen enthielten.7

Konstantin der Große verlegte 324 n. Chr. schließlich seine Residenz nach Byzanz, das den Namen Konstantinopel erhielt,8 und erklärte 330 Konstantinopel zum „zweiten Rom“. Nur 65 Jahre später kam es zur Teilung des Römischen Reiches in das Weströmische Reich, welches 476 unterging, und in das Oströmische- oder Byzantinische Reich, welches noch 977 Jahre länger existieren konnte. Der byzantinische Kaiser Justinian ließ 533 / 534 Normen und Gesetze sammeln und konnte so mit dem „Corpus Iuris Civiles“ eine bis dahin einzigartige Gesetzessammlung schaffen. Es bestand aus den „Institutionen“9, den „Digesten“10, dem „Codex“11 und den „Novellen“12. Merkmal des römischen Rechts ist sein säkularer Charakter, welcher die Trennung von Kirche und Staat vorsieht.13

3. Das europäische Mittelalter

Als europäisches Mittelalter wird die Zeit zwischen Ende des (West-)römischen Reiches und der Beginn der niederländischen Wirtschaftsstärke im 16. Jahrhundert gezählt. Am 25.12.800 wurde Karl der Große zum Kaiser gekrönt. Er wollte an das Römische Reich und dessen Recht anknüpfen, denn in den deutschen Gebieten unterschied sich das mittelalterliche Rechtsdenken vom römischen Rechtsdenken. Durch das Lehnssystem kam es zu einer ungeheuren Rechtszersplitterung, da die Vasallen14 eigenes Recht erlassen durften. Es entstand in vielen Städten ein eigenes Stadt- und Handelsrecht. Um dem entgegenzuwirken, wurden Sammlungen königlicher Satzungen verkündet, sogenannte „Kapitularien“. Die Kirche hielt im Gegensatz zum römischen Recht starken Einzug in die Gesellschaft und die Säkularität geriet in Gefahr, so beispielsweise im Investiturstreit, einem Konflikt über die Einsetzung von Bischöfen 1076 bis 1122.15

Zur gleichen Zeit begannen in norditalienischen Städten Rechtsgelehrte den Corpus Iuris Civiles zu kommentierten. Als einer der größten bekannten „Glossatoren“ ist Azo zu nennen, welcher zusammen mit seinem Schüler Accursius im 13. Jahrhundert den „Glossa ordinaria“ schaffte, ein Lebenswerk zum gesamten Corpus Iuris Civiles, bestehend aus über 96.000 „Glossen“.16

In den deutschen Ländern herrschte dagegen bis ins 13. Jahrhundert nicht nur Rechtszersplitterung, oft war auch Gewohnheitsrecht einschlägig, ohne dass es aber Rechtsaufzeichnungen dazu gegeben hätte. Dies verstärkte den Wunsch danach und so entstand zwischen 1220 und 1235 durch Eike von Repgow der „Sachsenspiegel“, eine Sammlung deutschrechtlichem, aber auch kirchenrechtlichem und ein wenig römischen Rechts. Neben Grundstück- und Nachbarschaftsangelegenheiten, Familien-, Ehe- und Erbrecht, war auch Strafrecht und Lehnsrecht abgefasst. Der Sachsenspiegel hatte in Sachsen bis 1865 und in Preußen bis 1794 Gesetzeskraft. Kein anderes deutsches Gesetzbuch hatte bis heute wieder eine solch zeitlich lange Geltung.17

Um 1300 beginnt in Italien der Frühhumanismus, in welchem auch die Rechtswissenschaft einen neuen Aufbruch erfährt indem durch „Konsiliatoren“ u.a. neben dem gemeinen Recht des Corpus Iuris Civiles, dem „ius commune“, ein besonderes Recht, das „ius speciale“ entsteht. Zu dessen bedeutendsten Vertretern dieser Zeit ist Baldus de Ubaldis und Bartolus de Sassoferrato zu nennen. Es dauerte noch ungefähr 200 Jahre, bis diese Rechtslehren in deutsches Gebiet gelangen und dort allmählich das zersplitterte und schlecht aufgezeichnete Recht verdrängten. Hugo Donellus´ Werk „Commentarii de iure civili“ hatte hierzulande große Resonanz, da dort das Zivilrecht bis in jede Einzelheit allein auf römischer Grundlage ausgeführt wurde.18

Das Herrschaftsgebiet des Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen war im ausgehenden Mittelalter durch eine Vielzahl von größeren und kleineren Teilgewalten bestimmt. Diese leisteten sich Kleinkriege und Fehden, welche der Bevölkerung großen Schaden zufügten. Auf dem Wormser Reichstag 1495 wurden diese mit dem „Ewigen Landfrieden“ verboten, mit dem Ziel das Gewaltmonopol des Kaiserstaates zu sichern. Dazu wurde das Reichskammergericht gestärkt. Erstmals bildete die „Ordnung des Kammergerichts“ ein Verfahrensrecht. Wurde gegen das Fehdeverbot verstoßen, konnte nun gegen den Friedensbrecher geklagt werden, auch wenn es an der Umsetzung oft haderte. Eine Reform der Strafrechtspflege stellte 1532, nach einigen Vorgängerwerken, Johann Freiherr von Schwarzenbergs „Constitutio Criminalis Carolina“ dar. Ihr geistiger Vater ließ deutschrechtliche und römische Denkweisen verschmelzen, was den Bedürfnissen der Epoche entsprach. Erstmals wurde zwischen Mord und Totschlag unterschieden, Vergewaltigung als Tatbestand normiert, Notwehr als Entschuldigungsgrund anerkannt und die Vorwerfbarkeit der Schuld19 zur Bedingung einer Verurteilung gemacht. Die amtliche Verfolgung des Verbrechens, „ex officio“, wurde gebräuchlich, während der Zweikampf und unrational begründete Gottesurteile aufgegeben wurden. Zeugen wurden zugelassen und die Wahrheitsfindung durch bedenkenlose Folter eingedämmt.20

An den Rechtsfakultäten der Universitäten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen war die maßgebende Unterrichtsmethode im 16. Jahrhundert „mos italicus“, bei welcher angelehnt an die Glossen des Accursius nach scholastischer Methode an Entscheidungen der Text rekonstruiert wurde. Sie stellte die Grundlage der juristisch- dogmatischen Denkarbeit dar. Eine Darstellung des Stoffes wurde nicht angestrebt; geschichtlich-philosophische Gesichtspunkte nicht in Betracht gezogen. Ulrich Zasius übte scharfe Kritik an den Postglossatoren, welche nach seiner Auffassung keine Kenntnisse der antiken Literatur besaßen und sah ihre Lehren als ungerecht an. Zasius verlangte, den ursprünglichen Sinn des Corpus Iuris Civiles zu erfassen und gründete eine neue Leitschnur zur Lösung von Rechtsfällen, die „Kunst des Billigen und Gerechten“. Seine Lehren wurden bald von den höchsten Institutionen des Reiches21 angewandt. Als Zasius´ größtes Werk gilt das 1520 in Kraft getretene Stadtrecht von Freiburg, in welchem er mittelalterliches Stadtrecht mit römischen Recht verband. Mit Aufkommen der Reformation distanziert er sich von deren Forderungen, da er die Autorität des kirchlichen Rechts nicht in Frage stellte und ein scharfes Vorgehen gegen die aufrührerischen Bauern forderte.22

[...]


1 Vgl. Hertel, Notarius International 1-2/2009, S. 157, unter: URL 2.

2 Vgl. Hein, Einführung in die Rechtsvergleichung, unter: URL 3.

3 Vgl. Notarius International 1-2/2009, Hertel, S. 161, unter: URL 2.

4 Vgl. Notarius International 1-2/2009, Hertel, S. 164, unter: URL 2

5 Vgl. Liebs, Römisches Recht, S. 17 ff.

6 Vgl. Liebs, Römisches Recht, S. 248 ff.

7 Vgl. Liebs, Römisches Recht, S. 76 ff.

8 Das heutige Istanbul.

9 Lehrbuch mit Gesetzeskraft.

10 Lat. „Pandekten“; Auszüge aus den Juristenschriften des 1. bis 3. Jahrhunderts n. Chr.

11 Alte Kaisergesetze.

12 Neue Kaisergesetze.

13 Vgl. Liebs, Römisches Recht, S. 91 ff.

14 Gefolgsleute der Lehnsherren, z.B. Fürst ist Vasall vom Kaiser.

15 Vgl. Hattenhauer, Europäische Rechtsgeschichte, S. 123 ff.

16 Vgl. Hattenhauer, Europäische Rechtsgeschichte, S. 248 ff.

17 Vgl. Hattenhauer, Europäische Rechtsgeschichte, S. 264.

18 Vgl. Schroeder, Vom Sachsenspiegel zum Grundgesetz, S. 28 f.

19 Fahrlässigkeit und Vorsatz.

20 Vgl. Schroeder, Vom Sachsenspiegel zum Grundgesetz, S. 39 ff.

21 Reichstag, Reichsregiment, Reichskammergericht.

22 Vgl. Schröder, Vom Sachsenspiegel zum Grundgesetz, S. 19 ff.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Die Entstehung des deutschen Zivilrechts und das Bürgerliche Gesetzbuch als Modell für andere Kodifikationen in Europa und Japan
Hochschule
Hochschule Schmalkalden, ehem. Fachhochschule Schmalkalden
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
25
Katalognummer
V163545
ISBN (eBook)
9783640780341
ISBN (Buch)
9783640780891
Dateigröße
503 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechtskreise, Civil Law, germanischer Rechtskreis, deutscher Rechtskreis, römisches Recht, römisch-byzantinisches Recht, Zwölftafelgesetz, Justinian, Corpus Iuris Civiles, europäisches Mittelalter, Glossen, Glossatoren, Azo, Accursius, Glossa ordinaria, Eike von Repgow, Sachsenspiegel, Konsiliatoren, Baldus de Ubaldis, Bartolus de Sassoferrato, Ewiger Landfrieden, Johann Freiherr von Schwarzenberg, Constitutio Criminalis Carolina, Ulrich Zasius, europäische Neuzeit, Usus modernus pandectarum, Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis, Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, Code civil, Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, Friedrich Justus Thibaut, Friedrich Carl von Savigny, 18.05.1848, Nationalversammlung, Deutscher Bund, Norddeutscher Bund, BGB, Bürgerliches Gesetzbuch, Pandektenwissenschaft, Bernhard Windscheid, Otto von Gierke, Nationalsozialismus, NSDAP, Volksgesetzbuch, ZGB, Zivilgesetzbuch, DDR, Deutsche Demokratische Republik, Österreich, Griechenland, Japan, JBGB, Japanisches Bürgerliches Gesetzbuch, 1853, Admiral Perry, ungleiche Verträge, Hermann Techow, Otto Rudorff, Hermann Roesler, Boissonade
Arbeit zitieren
Maik Gerstner (Autor:in), 2010, Die Entstehung des deutschen Zivilrechts und das Bürgerliche Gesetzbuch als Modell für andere Kodifikationen in Europa und Japan, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163545

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